Chronik der DDR (1949–1960)

Chronik der DDR (1949–1960)
Die jüngste Abgeordnete der Volkskammer, Margot Feist, beglückwünscht Wilhelm Pieck zu seiner Wahl als Staatspräsident.

Chronik der DDR (1949–1960) ergänzt den Hauptartikel Geschichte der DDR um eine Chronologie der Ereignisse der ersten Jahre.

Inhaltsverzeichnis

1949

Am 7. Oktober erklärt sich der 2. Deutsche Volksrat zur Provisorischen Volkskammer und setzt die Verfassung der DDR in Kraft. Damit ist die Deutsche Demokratische Republik gegründet. Der Ost-Berliner Magistrat erklärt Berlin zur Hauptstadt der DDR.

Die Verwaltungsfunktionen werden am 10. Oktober an die Provisorische Regierung der DDR übertragen. An die Stelle der SMAD tritt die Sowjetische Kontrollkommission (SKK).

Am 11. Oktober wird Wilhelm Pieck Präsident der DDR.

Am 12. Oktober wird Otto Grotewohl Ministerpräsident der DDR.

Die Volkskammer bestätigt am 12. Oktober die provisorische Verfassung der DDR.

1950

Das Politbüro der SED beschließt am 24. Januar die Bildung eines Ministeriums für Staatssicherheit. Die Regierung der DDR verabschiedet einen „Beschluss über die Abwehr von Sabotage“ und empfiehlt ebenfalls die Bildung eines solchen Ministeriums. Es wird am 8. Februar nach einstimmigem Beschluss der Volkskammer der DDR über das „Gesetz über die Bildung eines Ministeriums für Staatssicherheit“ gebildet. Wilhelm Zaisser wird am 16. Februar zum Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke zum Staatssekretär ernannt.

Beginnend am 21. April werden bis Juni die Waldheimer Prozesse durchgeführt. In Waldheim (Sachsen) werden die von der sowjetischen Besatzungsmacht nach Auflösung der Internierungslager nicht freigelassenen Gefangenen der deutschen Gerichtsbarkeit überstellt. Dabei werden in als Schauprozesse zu bezeichnenden Verhandlungen, unter Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien, mehr als 3400 wegen Kriegs- und nationalsozialistischen Verbrechen Angeklagte zu hohen Zuchthausstrafen und 32 von ihnen zum Tode verurteilt. Nach internationalen Protesten werden schon 1952 zahlreiche Urteile revidiert.

Vom 27. bis 30. Mai (Pfingsten) findet das erste Deutschlandtreffen der Jugend in Berlin statt.

Im Görlitzer Vertrag zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen vom 6. Juli wird die Oder-Neiße-Linie als neue polnische Westgrenze festgelegt.

Auf dem III. Parteitag der SED vom 20. bis 24. Juli wird ein neues Parteistatut verabschiedet und die Umwandlung des Parteivorstandes in ein Zentralkomitee (ZK) beschlossen.

Das ZK der SED wählt am 25. Juli das Politbüro, das Sekretariat des ZK und die Zentrale Parteikontrollkommission. Vorsitzende der Partei werden Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl; Generalsekretär des ZK wird Walter Ulbricht.

Die SED beginnt mit Parteisäuberungen (Fieldaffäre). Am 23. August wird Leo Bauer, Chefredakteur des Deutschlandsenders, am 25. August Willi Kreikemeyer, Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn, verhaftet.

Am 18. August 1950 gab der Minister für Industrie der DDR, Fritz Selbmann, mit den ersten Axtschlägen zum Fällen einer Kiefer den Start frei für den Bau des Eisenhüttenkombinats Ost (EKO).

Am 15. Oktober finden erste Wahlen zur Volkskammer der DDR statt. Die von der SED dominierte Einheitsliste der Nationalen Front erhält nach offiziellen Angaben 99,7 % [1] der Stimmen.

Das ZK der SED beschließt am 26./27. Oktober die Überprüfung aller Parteimitglieder und Kandidaten der Partei.

Im September des Jahres wurde die DDR Mitglied im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) – dem Äquivalent zur Europäischen Gemeinschaft.

1951

Ab dem 1. Januar folgt die Wirtschaft der DDR dem ersten Fünfjahrplan.

Konrad Adenauer lehnt am 15. Januar Otto Grotewohls Vorschlag eines „Gesamtdeutschen Konstituierenden Rats“ ab und fordert freie Wahlen als ersten Schritt zur Wiedervereinigung Deutschlands.

Das Nationale Olympische Komitee (NOK) der DDR konstituiert sich am 22. April.

Am 26. April wird die Leitung und Kontrolle der Sozialversicherung dem FDGB übertragen.

Robert Havemann wird am 18. Juli von der West-Berliner Polizei beim Verteilen von Flugblättern festgenommen.

Am 19. Juli verbietet das Ministerium des Innern der DDR allen in der DDR zugelassenen Kraftfahrzeugen die Durchfahrt durch West-Berlin.

Vom 5. bis 19. August finden in Ost-Berlin die 3. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt.

Am 16. August wird auf Beschluss des Politbüros der KPdSU der Außenpolitische Nachrichtendienst (APN) unter der Tarnbezeichnung „Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten“ gegründet.

Am 8. Oktober wird die Rationierung aller Lebensmittel, bis auf die für Fleisch, Fett und Zucker, aufgehoben.

Die Deutsche Volkspolizei besetzt am 18. Oktober die zum US-Sektor von Berlin gehörende Enklave Berlin-Steinstücken, muss sie aber am 23. Oktober auf Befehl der Sowjetischen Kontrollkommission wieder räumen.

1952

Zum Wiederaufbau gehörte auch das Verbreiten sozialistischer Werte über die Kunst, wie dieses Wandbild aus den 50er-Jahren am Faradaybau der Ilmenauer Universität zeigt

Die Volkskammer verabschiedet am 9. Januar ein Gesetz für freie Wahlen zu einer gesamtdeutschen Nationalversammlung. Am 15. Januar verweigert die DDR-Regierung einer UN-Kontrollkommission, die die Voraussetzungen für freie Wahlen überprüfen soll, die Einreise.

Am 3. Februar wird der Grundstein für die ersten neuen Wohngebäude an der Stalinallee in Ost-Berlin gelegt. Chefarchitekt ist Hermann Henselmann.

Die erste „Stalin-Note“ der Sowjetunion vom 10. März an die drei Westmächte Frankreich, Großbritannien und die USA enthält die Forderung nach einem neutralen einheitlichen Deutschland. Sie wird von den Westmächten am 25. März als Störmanöver gegen die Westintegration der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt. Die Westmächte fordern im Gegenzug freie Wahlen unter UN-Aufsicht. In der zweiten Stalin-Note vom 9. April erklärt sich die Sowjetunion zu freien gesamtdeutschen Wahlen bereit unter der Bedingung, dass die Wahlen nicht unter UN-, sondern unter Viermächte-Kontrolle stattfinden. Außerdem bietet sie einen Friedensvertrag an. Die Westmächte lehnen die zweite Stalin-Note am 13. Mai ab: Ein Friedensvertrag sei erst möglich, wenn durch gesamtdeutsche freie Wahlen eine deutsche Regierung gebildet worden sei.

Am 28. April übergibt die Sowjetunion 66 von 213 Betrieben der Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) an die DDR. Diese werden in Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt

Am 8. Mai kündigt Außenminister Georg Dertinger den Aufbau nationaler Streitkräfte an.

Die Deutsche Grenzpolizei (DGP) wird am 13. Mai dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt.

Am 26./27. Mai beginnt die Einrichtung einer fünf Kilometer breiten Sperrzone entlang der Demarkationslinie zur Bundesrepublik Deutschland. Damit startet die Zwangsumsiedlung von über 12.000 Anwohnern. Auf Anordnung der SED werden am 27. Mai die Telefonleitungen zwischen West-Berlin und der DDR gekappt.

Britisches Militär und West-Berliner Polizei blockieren am 3. Juni den (Ost-)Berliner Rundfunk im Haus des Rundfunks in der Masurenallee in (West-)Berlin-Charlottenburg. Zu den Eingeschlossenen zählt Karl-Eduard von Schnitzler. Etwas mehr als einen Monat später geht am 6. Juli die Sendeanlage des Berliner Rundfunks in Köpenick (Ost-Berlin) in Betrieb.

Ab dem 1. Juni müssen West-Berliner, die in die DDR einreisen wollen, in Ost-Berlin eine Genehmigung beantragen.

In Merxleben wird am 8. Juni die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) in der DDR gegründet.

Die Hauptverwaltung Ausbildung mit den Volkspolizei-Bereitschaften im Ministerium des Innern (MdI) erhält am 1. Juli die Bezeichnung „Kasernierte Volkspolizei“.

Zum Abschluss der II. Parteikonferenz der SED (9.–12. Juli) wird der „planmäßige Aufbau des Sozialismus in der DDR“ zur grundlegenden Aufgabe erklärt. Teil dieses Programms ist die Umwandlung der DDR zu einem Staat, der nach dem marxistisch-leninistischen Strukturprinzip des „demokratischen Zentralismus“ aufgebaut sein soll. Dem folgend werden die fünf Länder der DDR (Mecklenburg, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen) am 23. Juli in 14 Bezirke und 217 Kreise aufgeteilt. Die Länderkammer der DDR bleibt jedoch bis 1958 bestehen.

Acht Berliner Stuckateure gründen am 21. Juli die erste Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) in der DDR.

Am 1. August wird die Transportpolizei dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterstellt. Dieser Zustand bleibt bis Februar 1957 erhalten.

Am 7. August wird die paramilitärische „Gesellschaft für Sport und Technik“ (GST) gegründet.

Der bis dahin propagierte Verkauf von Lebensmitteln und Industrieerzeugnissen an West-Berliner wird am 27. November verboten.

Der Handelsminister der DDR, Karl Hamann, wird am 11. Dezember wegen „Sabotage an der Versorgung“ verhaftet und 1954 zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Die Reisefreiheit von Einzelpersonen in der DDR wird ab dem 15. Dezember auf einen Umkreis von 100 km beschränkt.

Am 15. Dezember wird Markus Wolf zum Leiter des Außenpolitischen Nachrichtendienstes (APN).

Das staatliche Fernsehen der DDR (Deutscher Fernsehfunk) beginnt am 21. Dezember mit Versuchssendungen aus Berlin-Adlershof.

1953

Am 4. Januar veröffentlicht die Parteizeitung der SED „Neues Deutschland“ die „Lehren aus dem Prozess gegen das Verschwörerzentrum Slánský“. Rudolf Slánský war seit 1945 Generalsekretär der tschechoslowakischen KP. Im September 1951 wurde er abgesetzt, zwei Monate später verhaftet und im November 1952 wegen angeblicher titoistischer und zionistischer Verfehlungen zum Tode verurteilt und mit elf anderen Delinquenten hingerichtet. Dieser größte Schauprozess der tschechischen Nachkriegszeit führte zur Hinrichtung zahlreicher Juden, die hohe Stellungen innehatten. Die sowjetische Führung benutzte den Vorwand einer Ärzteverschwörung, um die unbequemen Genossen auszuschalten. Der Prozess zog noch zahlreiche Verurteilungen im gesamten Ostblock in den folgenden Jahren nach sich.

Der Außenminister und stellvertretende Vorsitzende der CDU der DDR, Georg Dertinger, wird am 15. Januar verhaftet.

Die Aktion Rose wurde am 10. Februar in den Badeorten der Ostseeküste, Rügen und Usedom gestartet, mit dem Ziel der Verstaatlichung von Hotel- und Dienstleistungsbetrieben. Viele Hoteliers und Gästehausbesitzer wurden nach ihrer Enteignung unter dem Vorwand von Wirtschaftsdelikten oder Agententätigkeit für den Westen zu Zuchthausstrafen verurteilt. Viele Familien wurden im Rahmen der so genannten „Küstenbereinigungsaktion“ in andere Gebiete der DDR umgesiedelt. Einigen gelang die Flucht in den Westen. In Thüringen gab es eine ähnlich gelagerte „Aktion Oberhof“.

Am 5. März stirbt Josef Stalin. An seine Stelle tritt die Troika Chrustschow, Malenkow und Lawrenti Beria.

Die Evangelische Kirche protestiert am 21. April gegen den Kirchenkampf der SED und das Vorgehen der Regierung der DDR gegen die evangelische JugendorganisationJunge Gemeinde“ und die evangelische Studentengemeinde. Am 28. April bezeichnet das Ministerium des Innern der DDR die „Junge Gemeinde“ als illegal.

Auf der 13. Tagung des ZK der SED am 13./14. Mai fällt ein Beschluss über die Erhöhung der Arbeitsnormen um mindestens 10 %.

Am 29. Mai wird die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) aufgelöst und das Amt des „Hohen Kommissars der UdSSR in Deutschland“ eingerichtet. Wladimir S. Semjonow wird erster Hoher Kommissar.

In der Bevölkerung regt sich Widerstand gegen den Beschluss über die Erhöhung der Arbeitsnormen vom 14. Mai. Das Politbüro der SED übt Selbstkritik und verkündet einen „Neuen Kurs“. Die „Maßnahmen zum Aufbau des Sozialismus“ werden zurückgenommen, die Erhöhung der Arbeitsnormen bleibt jedoch bestehen. Am 16. Juni treten die Bauarbeiter der Ost-Berliner Stalinallee aus Protest gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen in den Streik. In den Tagen um den 17. Juni herum kommt es zu dem Volksaufstand in der DDR. Die Ost-Berliner Streikbewegung greift auf andere Städte der DDR über. Der sowjetische Militärbefehlshaber übernimmt die Regierungsgewalt und setzt sowjetische Truppen gegen Streikende und Demonstranten ein. Der Aufstand wird blutig niedergeschlagen. Das ZK der SED erklärt den Volksaufstand zu einem vom Westen gelenkten „faschistischen Putsch“.

Am 26. Juni wird der Leiter des sowjetischen Geheimdienstes, Volkskommissar und Minister des Innern, Lawrenti Beria in Moskau verhaftet und am 23. Dezember hingerichtet.

Die Deutsche Grenzpolizei (DGP) wird am 27. Juni aus dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in das Ministerium des Innern (MdI) umgegliedert.

Zwischen 18. und 23. Juli wird der Minister für Staatssicherheit, Wilhelm Zaisser, entlassen. Sein Nachfolger wird Ernst Wollweber. Das MfS wird als Staatssekretariat für Staatssicherheit (StfS) in das MdI eingegliedert. Der Außenpolitische Nachrichten Dienst (APN) wird als „Hauptabteilung XV“ in den Staatssicherheitsdienst eingegliedert.

Auf der 15. Tagung des Zentralkomitees (ZK) der SED werden Wilhelm Zaisser und Rudolf Herrnstadt aus dem ZK ausgeschlossen. Walter Ulbricht wird zum 1. Sekretär (bisher „Generalsekretär“) des ZK gewählt.

Im November beginnt die Aktion „Feuerwerk“. Verhaftungswellen wegen angeblicher Agententätigkeit rollen durch die DDR und Personen aus dem Westen werden in den Machtbereich der SED entführt.

Am 15. Dezember wird der am 8. Juli 1952 vom MfS aus West-Berlin entführte Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses Freiheitlicher Juristen Walter Linse in Moskau hingerichtet.

1954

Zum 1. Januar werden die letzten 33 Betriebe der Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) mit Ausnahme der Wismut AG an die DDR übergeben und in VEB umgewandelt.

Vom 25. Januar bis zum 18. Februar findet in Berlin die so genannte Viererkonferenz der Außenminister der Siegermächte Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion und USA statt. Die Debatten über die Deutschland-Frage, den österreichischen Staatsvertrag sowie die Triest-Frage bleiben ohne Ergebnis.

Der im Juli 1953 aus dem Amt entlassene und aus dem ZK der SED ausgestoßene Minister für Staatssicherheit, Wilhelm Zaisser, wird am 23. Januar auch aus der SED ausgeschlossen.

Der Schriftsteller Johannes R. Becher wird am 4. Januar Minister im neu gebildeten Ministerium für Kultur der DDR.

Am 25. März wird eine Erklärung der Sowjetunion über die Gewährung der Souveränität der DDR veröffentlicht. Die DDR gibt daraufhin am 27. März ihre Souveränitätserklärung ab.

Vom 30. März bis zum 4. April findet der IV. Parteitag der SED statt.

Die Bundesrepublik erklärt am 7. April die Souveränitätserklärung der DDR für nichtig und erklärt ihren Alleinvertretungsanspruch für alle Deutschen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) lehnt am 14. Mai die Aufnahme des Nationalen Olympischen Komitees der DDR (NOK) ab.

Vom 5. bis zum 7. Juni findet in Ost-Berlin das II. Deutschlandtreffen der Jugend statt.

Am 9. Juni wird der am 15. Januar 1953 verhaftete ehemalige Außenminister der DDR und ehemalige stellvertretende CDU-Vorsitzende Georg Dertinger wegen Spionage zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes Otto John gibt am 23. Juli im DDR-Rundfunk sein Überwechseln in die DDR bekannt. Ihm folgt am 21. August der CDU-Bundestagsabgeordnete Karlfranz Schmidt-Wittmack.

Bei den Volkskammerwahlen am 17. Oktober entfallen nach offiziellen Angaben 99,46 % auf die Einheitslisten.

Eine 15-Mächte-Konferenz lädt die Bundesrepublik am 23. Oktober zum Eintritt in die NATO ein und erkennt den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik Deutschland für Gesamtdeutschland an.

Am 13. November wird ein „Zentraler Ausschuss für Jugendweihe“ gegründet. Im „Neuen Deutschland“ erscheint ein „Aufruf zur Vorbereitung der Jugendweihe 1955“.

1955

Ab dem 10. Januar müssen auf Anweisung des Magistrats von Ost-Berlin West-Berliner und Westdeutsche in den gastronomischen Einrichtungen in Ost-Berlin mit West-Mark zum Kurs 1:1 zahlen.

Die Sowjetunion bietet am 15. Mai gesamtdeutsche Wahlen an, sollte die Bundesrepublik auf die Ratifizierung der Pariser Verträge verzichten. Diese schreiben die bundesdeutsche Mitgliedschaft in der NATO, den Verzicht der Bundesrepublik Deutschland auf atomare, biologische und chemische Waffen (ABC-Waffen), die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der Westeuropäischen Union (WEU), das Europäische Saarstatut und die Gewährung der vollen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland fest (siehe auch: Deutschlandvertrag).

Am 25. Januar erklärt die Sowjetunion den Kriegszustand mit Deutschland für beendet.

Der Deutsche Bundestag ratifiziert am 27. Februar die Pariser Verträge.

Die Volkspolizei-Bereitschaften werden am 17. März in das Staatssekretariat für Staatssicherheit überführt.

Am 27. März findet die erste Jugendweihe in Ost-Berlin statt. Die Jugendweihe soll als sozialistisches Gegenstück die kirchliche Konfirmation/Firmung ablösen.

Paul Merker wird am 30. März zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.

Die Straßennutzungsgebühren werden am 30. März im Transit Bundesrepublik–West-Berlin für Pkw auf 30 Mark, für Lkw auf 100 bis 550 Mark erhöht.

Am 1. Mai nehmen erstmals bewaffnete „Kampfgruppen der Arbeiterklasse“ an den Maidemonstrationen teil.

Die Pariser Verträge treten am 5. Mai in Kraft; die Bundesrepublik erhält am die staatliche Souveränität und wird am 9. Mai Mitglied der NATO.

Die DDR wird am 14. Mai Mitglied des Warschauer Paktes.

Am 15. Mai wird die Deutsche Grenzpolizei (DG) wieder in das Staatssekretariat für Staatssicherheit eingegliedert.

Das ZK der SED verabschiedet am 2. Juni ein 10-Punkte-Programm zur Wiedervereinigung Deutschlands.

Am 10. Juni werden die dramatischen Erhöhungen der Straßennutzungsgebühren im West-Berlin-Transit vom 30. März teilweise wieder zurückgenommen.

Das Nationale Olympische Komitee der DDR wird provisorisches Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

Auf der Rückreise von der Genfer Gipfelkonferenz tritt Nikita Chruschtschow am 26. Juli in Ost-Berlin auf, lehnt freie Wahlen als Vorstufe der Wiedervereinigung Deutschlands ab und verkündet die Zweistaatentheorie.

Die UdSSR bestätigt am 20. September die volle Souveränität der DDR. Das Amt des sowjetischen Hochkommissars wird aufgehoben und ein Beistandsvertrag mit der DDR abgeschlossen.

Das Gesetz über das Staatswappen und die Flagge der DDR wird am 26. September verabschiedet.

Auf seiner 25. Tagung kündigt das ZK der SED am 27. Oktober eine Staatsbeteiligung an Privatunternehmen an.

Am 29. November erklärt die Sowjetunion, der sowjetische Sektor (Ost-Berlin) sei Bestandteil der DDR und unterliege nicht mehr der Kontrolle durch die Alliierten. Die Westmächte weisen dies unter Hinweis auf den Viermächte-Status der Stadt zurück.

Die sowjetischen Truppen geben am 1. Dezember die Sicherung der Außengrenzen der DDR an die Deutsche Grenzpolizei (GP) ab.

Das Staatssekretariat für Staatssicherheit wird wieder Ministerium. Minister wird Ernst Wollweber, Stellvertreter Erich Mielke.

Nach Angaben des Bonner Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen sind 1955 bis zum 31. Dezember mehr als 250.000 Flüchtlinge aus der DDR und Ost-Berlin gezählt worden.

1956

Ab dem 1. Januar gilt der zweite Fünf-Jahr-Plan.

Die Volkskammer beschließt am 18. Januar die Aufstellung einer Nationalen Volksarmee (NVA).

Am 27. Januar wird Paul Merker aus der Haft entlassen.

Die „Geheimrede“ Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU (14.-25. Februar) in Moskau markiert den Beginn der Entstalinisierung in den staatssozialistischen Ländern.

Am 1. März wird aus Einheiten der Kasernierten Volkspolizei (KVP) die Nationale Volksarmee (NVA) gebildet und das Ministerium für Nationale Verteidigung gegründet.

Bei einer Konferenz der osteuropäischen Geheimdienste in Moskau (7.-11. März) wird das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) als gleichberechtigtes Mitglied aufgenommen.

Am 1. Mai wird die Hauptabteilung XV des MfS in Hauptverwaltung A (HV A) umbenannt. Leiter bleibt Markus Wolf. An der Maidemonstration in Ost-Berlin nimmt erstmals die NVA teil.

Die achtklassige Grundschule wird am 18. Mai in die obligatorische zehnklassige polytechnische Oberschule umgewandelt.

Ab Juni werden im Zuge der Entstalinisierung etwa 25.000 Häftlinge entlassen.

Am 11. Juni ruft die Regierung der DDR-Militärangehörige in der Bundesrepublik zum Übertritt in die DDR auf. Das Angebot soll auch für jugendliche Flüchtlinge aus der DDR gelten.

Auf der 28. Tagung des ZK der SED (27.-29. Juli) werden hohe Parteifunktionäre rehabilitiert (unter anderen Franz Dahlem, Anton Ackermann und Hans Jendretzky) und der so genannte „Dogmatismus“ krititsiert.

Der Schriftsteller und Theaterregisseur Bertolt Brecht (* 10. Februar 1898) stirbt am 14. August in Berlin.

Am 17. August ergeht das KPD-Verbot in der Bundesrepublik Deutschland.

Im West-Berliner Notaufnahmelager Marienfelde trifft am 20. September der einmillionste Flüchtling ein. Insgesamt sollen seit Gründung der DDR 1,72 Millionen Menschen die DDR verlassen haben.

Nach der Niederschlagung des Volksaufstandes durch sowjetische Truppen in Ungarn am 24. Oktober werden in Ost-Berlin Professor Wolfgang Harich am 29. November, der Leiter des Aufbau-Verlages Walter Janka und der Kulturredakteur Gustav Just am 6. Dezember wegen der „Bildung einer staatsfeindlichen Gruppe“ verhaftet und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

1957

Auf dem 30. Plenum des ZK der SED (30. Januar/1. Februar) legt Walter Ulbricht eine von der SED erarbeitete neue Deutschland-Konzeption vor, in der von einer Konföderation beider deutschen Staaten (Bundesrepublik Deutschland und DDR) die Rede ist.

Am 15. Februar werden die Inneren Truppen des MfS (Hauptverwaltung Innere Sicherheit) in das Ministerium des Innern (MdI) eingegliedert. Das Wachregiment Berlin bleibt der einzige militärische Verband des MfS.

Im März wird die Transportpolizei, die seit August 1952 dem MfS unterstanden hatte, neu der Volkspolizei unterstellt.

Wolfgang Harich wird am 9. März als Leiter der oppositionellen „Harich-Gruppe“ zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.

Am 28. April wird der „Deutsche Turn- und Sportbund“ (DTSB) gegründet.

Walter Janka wird am 26. Juli wegen Boykotthetze zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Weitere Verurteilte sind Gustav Just, Richard Wolf und Heinz Zöger.

Die Sowjetunion startet am 4. Oktober den ersten Weltraumsatelliten „Sputnik 1“.

Volks- und Länderkammer verlängern anlässlich des Jahrestages der Staatsgründung der DDR die Amtszeit des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, um weitere vier Jahre.

Die DDR und Jugoslawien nehmen am 15. Oktober diplomatische Beziehungen auf.

Auf dem 33. Plenum des ZK der SED (16.-19. Oktober wird „Revisionismus“-Kritik am Minister für Staatssicherheit Ernst Wollweber und anderen geübt.

Die Bundesrepublik Deutschland bricht, der Hallstein-Doktrin folgend, die diplomatischen Beziehungen zu Jugoslawien ab.

Am 1. November wird Erich Mielke Nachfolger des aus „gesundheitlichen Gründen“ zurückgetretenen Ministers für Staatssicherheit Ernst Wollweber.

Die DDR beschließt am 11. Dezember ein neues Passgesetz, um die Zahl der Westreisen zu reduzieren. Republikflucht wird kriminalisiert.

Am 27. Dezember stirbt Dr. Otto Nuschke.

1958

Am 3. Februar werden bei parteiinternen „Säuberungen“ Karl Schirdewan, Ernst Wollweber, Fred Oelßner und andere ihrer Funktionen im Politbüro der SED enthoben. Erich Honecker wird Mitglied des Politbüros und des Sekretariats des ZK der SED.

Die Staatliche Plankommission tritt ab dem 11. Februar an die Stelle des „Wirtschaftsrates“. Die „Vereinigungen der Volkseigenen Betriebe“ (VVB) werden der Staatlichen Plankommission unterstellt.

Die Babelsberger Konferenz an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft legt am 2. und 3. April 1958 Grundlagen für Rechtstheorie und -praxis.

In der DDR werden am 29. Mai die Lebensmittelkarten abgeschafft.

Der Ministerrat der DDR beschließt Maßnahmen zur Umgestaltung der Landwirtschaft, die die Kollektivierung beschleunigen sollen. Vom 10. bis 16. Juli findet der V. Parteitag der SED statt, auf dem die Parteiführung erklärt, dass bis 1961 der Lebensstandard Westdeutschlands übertroffen werde. Walter Ulbricht verkündet die „Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik“.

Am 11. Oktober stirbt der Lyriker, Erzähler und Dramatiker Johannes R. Becher, seit 1954 DDR-Minister für Kultur, in Berlin.

Walter Ulbricht erklärt am 27. Oktober Ost-Berlin zum Hoheitsbereich der DDR gehörig.

Nikita Chruschtschow fordert am 10. November die Revision des Potsdamer Abkommens und droht damit, die Sowjetunion werde ihre Kontrollrechte über Berlin an die DDR übertragen. Damit beginnt die so genannte „Berlin-Krise“.

Am 16. November finden in der DDR Wahlen zur Volkskammer statt. Laut offiziellen Angaben stimmen 99,7 % der Wahlberechtigten für die Einheitsliste.

Am 8. Dezember wird die Länderkammer der DDR aufgelöst und Otto Grotewohl als Ministerpräsident der DDR wiedergewählt.

1959

Am 24./25. April findet die 1. Bitterfelder Konferenz über kulturpolitische Probleme statt. Der auf ihr erarbeitete „Bitterfelder Weg“ fordert eine nähere Verbindung von kultureller Betätigung der Werktätigen und dem professionellen Kunstleben. Dadurch sollen neue Impulse künstlerischer und politisch-ideologischer Art entstehen. Die Losung der Konferenz lautet: „Greif zur Feder, Kumpel! Die Sozialistische Nationalkultur braucht dich!“. Referenten sind u. a. Walter Ulbricht und Alfred Kurella. Praktische Auswirkungen sind, dass Künstler für einen gewissen Zeitraum innerhalb eines Betriebes tätig werden, um dann ihre Erlebnisse und Erfahrungen in einem sozialistisch-realistischen Werk Ausdruck zu verleihen.

Vom 11. Mai bis 20. Juni und vom 13. Juli bis 5. August findet in Genf eine Außenministerkonferenz der „Vier (Sieger-)Mächte“ (Großbritannien, Frankreich, Sowjetunion und USA) statt. An ihr nehmen Delegationen aus beiden deutschen Staaten als Beobachter teil.

Die Volkskammer verabschiedet am 3. Juni das Gesetz über Landwirtschaftliche Produktions-Genossenschaften (LPG). Damit beginnt die endgültige Kollektivierung der gesamten Landwirtschaft.

Der Fünfjahrplan wird am 1. Oktober abgebrochen und durch den Siebenjahrplan ersetzt.

Ebenfalls am 1. Oktober beschließt die Volkskammer das Gesetz zur Änderung der Staatsflagge. Die Fahne zeigt jetzt als Wappen Hammer und Zirkel im Ährenkranz auf schwarz-rot-goldenem Hintergrund.

Am 22. November hat das Sandmännchen seinen ersten Auftritt im Deutschen Fernsehfunk.

1960

Die Kollektivierung der Landwirtschaft wird am 14. April für abgeschlossen erklärt.

Die Propagandasendung „Der schwarze Kanal“ von Karl-Eduard von Schnitzler hat am 21. März Premiere. Sie wird bis zum Ende der DDR ausgestrahlt.

Die DDR verfügt Beschränkungen im Reiseverkehr zwischen West- und Ostberlin. Dies führt in der Folge zu einer Kündigung des Interzonenabkommens durch die Bundesrepublik.

Am 7. September stirbt Wilhelm Pieck (* 8. Januar 1876), erster Präsident der DDR, in Berlin.

Das DDR-Innenministerium ordnet am 8. September an, dass Bundesbürger, die nach Ost-Berlin einreisen, eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen. Sie wird an den Übergangsstellen von der Volkspolizei erteilt. Westberliner sind von der Genehmigung ausgenommen.[2]

Das Amt des Präsidenten der Republik wird am 12. September abgeschafft. An dessen Stelle wird ein Staatsrat gebildet. Erster Vorsitzender wird Walter Ulbricht.

Walter Janka wird am 23. Dezember aus der Haft entlassen.

Siehe auch

Literatur

  • Wilfried Loth: Stalins ungeliebtes Kind. Warum Moskau die DDR nicht wollte. Rowohlt Berlin, Berlin 1994, ISBN 3-87134-085-5

Lausberg, Michael: DDR 1949-1961, Tectum-Verlag 2009, Marburg 2009

Einzelnachweise

  1. Haus der Deutschen Geschichte: 1950, abgefragt am 15. Oktober 2009
  2. Institut für Zeitgeschichte (Herausgeber): Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland, 1964, Band 2, Seite 307. ISBN 3-486-56065-4, abgefragt am 28. Oktober 2010

Weblinks


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