- Walfische
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Wale Buckelwal (Megaptera novaeanglia)
Systematik Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata) Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda) Klasse: Säugetiere (Mammalia) Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria) Überordnung: Laurasiatheria Ordnung: Wale Wissenschaftlicher Name Cetacea Brisson, 1762 Unterordnungen - Bartenwale (Mysticeti)
- Zahnwale (Odontoceti)
Die Wale (Cetacea) sind eine Ordnung der Säugetiere mit knapp 80 Arten, die ausschließlich im Wasser leben. Bis auf einige Flussdelfinarten leben sämtliche Walarten im Meer. Die umgangssprachliche Bezeichnung Walfisch ist irreführend, da die Wale nicht zu den Fischen gehören.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Allgemeines
Wale sind neben den Seekühen die einzigen vollständig an das Leben im Wasser angepassten Säugetiere. Sie verbringen ihr ganzes Leben im Wasser und sind nicht in der Lage, an Land zu überleben. Gestrandete Wale trocknen schnell aus, das eigene Körpergewicht drückt ihre Lungen zusammen oder bricht ihnen die Rippen, da der Auftrieb des Wassers fehlt, oder sie sterben aufgrund ihrer guten Wärmeisolation an Hitzschlag. Der gesamte Körperbau und alle Körperfunktionen der Wale sind an ihren Lebensraum angepasst, dennoch teilen sie weiterhin wesentliche Merkmale mit allen anderen höheren Säugetieren (Eutheria):
- Wale sind Luftatmer und besitzen Lungen. Je nach Art können sie zwischen einigen Minuten bis zu mehr als zwei Stunden (z. B. Pottwal) untergetaucht bleiben.
- Wale besitzen ein besonders leistungsfähiges zweikammeriges Herz. Dadurch wird der im Blut aufgenommene Sauerstoff sehr effektiv im Körper verteilt.
- Wale gehören zu den gleichwarmen Tieren, d. h. sie halten im Gegensatz zu den wechselwarmen Tieren eine konstante, von der Umgebung unabhängige Körpertemperatur.
- Wale gebären vollentwickelte Kälber und säugen sie mit extrem fettreicher Muttermilch aus speziellen Milchdrüsen. Die Embryonalentwicklung findet im Körper der Mutter statt. Während dieser Zeit wird der Embryo durch ein spezielles Nährgewebe, die Plazenta, ernährt.
Zu den Walen gehören die größten Tiere, die jemals auf der Erde gelebt haben. Der Blauwal (Balaenoptera musculus) ist mit einer Körperlänge von bis zu 33,5 Metern und einem Gewicht von bis zu 200 Tonnen das größte Tier unter allen bekannten Tierarten der Erdgeschichte. Der Pottwal (Physeter macrocephalus) ist das größte räuberisch lebende Tier der Erde. Die kleinsten Walarten erreichen dagegen nur eine maximale Körperlänge von ca. 1,50 Metern, wie etwa der La-Plata-Delfin, der Hector-Delfin und der Kalifornische Schweinswal.
Wale zeichnen sich auch durch eine für höhere Säugetiere ungewöhnliche Langlebigkeit aus. Manche Arten, wie etwa der Grönlandwal (Balaena mysticetus), können ein Alter von über 200 Jahren erreichen. Anhand der Jahresringe der knöchernen Ohrkapsel konnte das Alter des ältesten bekannt gewordenen Exemplars, eines Männchens, auf 211 Jahre zum Zeitpunkt seines Todes bestimmt werden.
Äußere Anatomie
Der Körperumriss der Wale ähnelt dem von großen Fischen, was sich auf die Lebensweise und die besonderen Bedingungen des Lebensraums zurückführen lässt (Konvergenz). So besitzen sie eine stromlinienförmige Gestalt, und ihre Vorderextremitäten sind zu Flossen umgestaltet (Flipper). Auf dem Rücken tragen sie eine weitere Flosse, die als Finne bezeichnet wird und je nach Art verschiedene Formen annimmt. Bei wenigen Arten fehlt sie völlig. Sowohl die Flipper als auch die Finne dienen ausschließlich der Stabilisierung der Wale im Wasser und der Steuerung. Der Schwanz endet in einer großen Schwanzflosse, die Fluke heißt und wie die Finne eine knorpelige Fläche ohne Knochenteile darstellt. Die Fluke setzt waagerecht statt senkrecht am Körper an, ein von außen sehr gut erkennbares Unterscheidungsmerkmal zu den Fischen. Sie ermöglicht durch vertikales Schlagen die Fortbewegung.
Die Hinterbeine fehlen den Walen vollständig, ebenso alle weiteren Körperanhänge, welche die Stromlinienform behindern könnten, wie die Ohren und auch die Haare. Die männlichen Genitalien und die Brustdrüsen der Weibchen sind in den Körper versenkt.
Alle Wale haben einen langgestreckten Kopf, der besonders bei den Bartenwalen durch die weit ausladenden Kiefer extreme Ausmaße annimmt. Die Nasenlöcher der Wale bilden das Blasloch, eines bei Zahnwalen, zwei bei Bartenwalen. Sie liegen auf der Oberseite des Kopfes, so dass der Körper beim Atmen untergetaucht bleiben kann. Beim Ausatmen kondensiert meist die Feuchtigkeit der Atemluft und bildet den so genannten Blas. Bei den Zahnwalen existiert eine bindegewebige Melone als Kopfwölbung. Diese ist von Luftsäcken und Fett erfüllt und hilft beim Auftrieb sowie bei der Schallbildung. Eine besonders ausgeprägte Melone haben die Pottwale, hier wird sie als Spermacetiorgan bezeichnet und enthält das namensgebende Spermaceti bzw. Walrat. Die Kiefer enthalten bei den Zahnwalen eine unterschiedliche Anzahl von Zähnen von zwei flachen Hauern bei den Zweizahnwalen über eine große Anzahl gleichförmiger (homodonter) Zähne bei den Delphinen. Auch der lange Stoßzahn des Narwals ist ein umgebildeter Zahn. Bei den Bartenwalen sitzen an Stelle der Zähne lange hornige Filterplatten, die Barten, in den Kiefern.
Der Körper ist von einer dicken Speckschicht eingehüllt. Dieser „Blubber“ dient zur Wärmeisolation und verleiht den Walen eine glatte, stromlinienförmige Körperform. Bei den großen Arten kann er bis zu einem halben Meter Dicke erreichen. Der sehr spezielle Aufbau der Haut oberhalb der Speckschicht sorgt für ein Phänomen, welches als Graysches Paradoxon bekannt ist: Der Körper vor allem der schnelleren Schwimmer, etwa der Delfine, verfügt in der Realität über weit bessere Strömungseigenschaften, als dies bei einem Festkörper mit der gleichen Form der Fall ist. Dies wird auf die Dämpfungseigenschaften der Haut zurückgeführt, die störende Wirbelbildungen abmildern. Zu diesem Zweck besitzt die Lederhaut (Corium oder Dermis) lange Papillen, die einen Saum bilden und mit der darüber liegenden Epidermis verzahnt sind. Die Papillen der Lederhaut sitzen dabei auf Lamellen, die weitgehend quer zur Körperlängsachse und damit auch zur Strömungsrichtung gestellt sind. Aufgrund ihrer Länge hielt man die Papillen zuerst für Ausführungsgänge von Schweißdrüsen. Heute kennt man allerdings ihre reale Funktion und weiß auch, dass Wale keine Hautdrüsen mit Ausnahme der Milchdrüsen besitzen. Neben diesen Dämpfungsstrukturen verfügt die Haut über ein mikroskopisch feines Reliefmuster. Aufgrund der Ergebnisse physiologischer Experimente wird auch eine aktive Reaktion der Haut angenommen. Die Optimierung der Strömungseigenschaften konnte bei Versuchen mit künstlicher Walhaut nachgestellt werden.
Skelett
Das Walskelett kommt weitestgehend ohne kompakte Knochen aus, da es vom Wasser stabilisiert wird. Aus diesem Grunde sind die bei den Landsäugetieren üblichen Kompaktknochen durch feinmaschige Spongiosaknochen ersetzt. Diese sind leichter und elastischer. An vielen Stellen sind außerdem Knochenelemente durch Knorpel und sogar Fettgewebe ersetzt, dadurch werden die hydrostatischen Eigenschaften des Walkörpers weiter verbessert. Im Ohr und an der Schnauze findet sich eine nur bei Walen zu findende Knochenform mit extrem hoher Dichte, die an Porzellan erinnert. Diese hat besondere akustische Eigenschaften und leitet den Schall besser als andere Knochen.
Der Schädel aller Wale ist charakteristisch verlängert, was gut bei dem hier dargestellten Bartenwal ersichtlich ist. Dabei bilden die Kiefer- und die Nasenbeinknochen ein vorspringendes Rostrum. Die Nasenöffnungen liegen am Scheitelpunkt des Kopfes oberhalb der Augen. Der hintere Teil des Schädels mit dem Hirnschädel ist deutlich verkürzt und verformt. Durch die Verlagerung der Nasenlöcher auf die Kopfoberseite verlaufen die Nasengänge senkrecht durch den Schädel. Bei den Zahnwalen reicht der Kehlkopf schnabelartig in diesen Gang hinein, bei den Bartenwalen weicht selbiger dem Gang seitlich aus. Die Zähne bzw. die Barten sitzen im Oberkiefer ausschließlich am Maxillarknochen. Der Hirnschädel wird durch den Nasengang nach vorn eingeengt und ist entsprechend höher ausgebildet, wobei sich einzelne Schädelknochen übereinanderschieben (Teleskoping). Die knöcherne Ohrkapsel, das Petrosum, ist mit dem Schädel nur knorpelig verbunden, damit sie unabhängig von selbigem schwingen kann. Aus diesem Grunde stellen isolierte Ohrkapseln häufige Walfossilien dar, die als Cetolithen bezeichnet werden. Bei vielen Zahnwalen ist der Schädel aufgrund der Ausbildung einer großen Melone und mehrerer Luftsäcke zudem asymmetrisch ausgebildet.
Die Anzahl der Wirbel der Wirbelsäule beträgt abhängig von der Art zwischen 40 und 93 Einzelwirbel. Die Halswirbelsäule besteht wie bei allen Säugetieren aus sieben Wirbeln, die bei den meisten Walen jedoch stark verkürzt oder miteinander verschmolzen sind, was Stabilität beim Schwimmen auf Kosten der Beweglichkeit verschafft. Die Rippen werden von den Brustwirbeln getragen, deren Anzahl zwischen 9 und 17 betragen kann. Das Brustbein ist nur knorpelig und stark zurückgebildet. Die letzten zwei bis drei Rippenpaare sind bei allen Walen nicht mit dem Brustbein verbunden und liegen als Fleischrippen frei in der Körperwand, bei den Bartenwalen liegen alle Rippen mit Ausnahme des ersten Paares frei. Daran schließt sich der stabile Lenden- und Schwanzteil der Wirbelsäule an, dem alle weiteren Wirbel angehören. Unterhalb der Schwanzwirbel haben sich die Chevron-Knochen aus den Hämalbögen der Wirbel entwickelt, die zusätzliche Ansatzstellen für die Schwanzmuskulatur bieten.
Die vorderen Gliedmaßen sind paddelförmig mit verkürzten Arm- und verlängerten Fingerknochen, um die Fortbewegung zu unterstützen. Sie sind durch Knorpel verwachsen. Am zweiten und dritten Finger kommt es zudem zu einer Vermehrung der Fingerglieder, einer so genannten Hyperphalangie. Das einzige funktionelle Gelenk ist das Schultergelenk, alle anderen sind (außer beim Amazonasdelfin (Inia geoffrensis)) unbeweglich. Ein Schlüsselbein fehlt vollständig. Da eine Fortbewegung des Wals auf dem Land nicht mehr erforderlich ist und bei den großen Arten aufgrund des Körpergewichtes auch nicht mehr möglich wäre, sind die Hintergliedmaßen stark verkümmert und nur noch als Skelettrudimente ohne Verbindung zur Wirbelsäule vorhanden.
Innere Anatomie und Physiologie
Besonders wichtig für die Lebensweise der Wale im Wasser ist der Aufbau des Atmungs- sowie des Kreislaufsystems. Der Sauerstoffhaushalt der Wale ist entsprechend hocheffektiv. Bei jedem Atemzug kann ein Wal bis zu 90 Prozent des gesamten Luftvolumens der Lunge austauschen, bei einem Landsäugetier liegt dieser Wert etwa bei 15 Prozent. In der Lunge wird der eingeatmeten Luft durch das Lungengewebe etwa doppelt soviel Sauerstoff entzogen wie bei einem Landsäuger. Die Lunge selbst beinhaltet in den Alveolen ein doppeltes Kapillarnetz, der Sauerstoff wird außer im Blut und der Lunge in verschiedenen Geweben der Wale gespeichert, vor allem in der Muskulatur, in welcher der Muskelfarbstoff Myoglobin für eine effektive Bindung sorgt. Diese lungenexterne Sauerstoffspeicherung ist beim Tieftauchen überlebenswichtig, da ab einer Tauchtiefe von ca. 100 Metern durch den Wasserdruck die Lungen der Wale kollabieren. Beim Tauchvorgang wird der Sauerstoffverbrauch durch Absenkung der Herztätigkeit und der Blutzirkulation massiv gesenkt, einzelne Organe werden während dieser Zeit nicht mit Sauerstoff versorgt. Manche Furchenwale können dadurch bis zu 40 Minuten tauchen, Pottwale zwischen 60 und 90 Minuten und Entenwale sogar zwei Stunden. Die Tauchtiefen liegen dabei im Durchschnitt bei etwa 100 Meter, Pottwale tauchen bis zu 3.000 Meter tief.
Der Magen der Wale besteht aus drei Kammern. Der erste Bereich wird von einem drüsenlosen und sehr muskulösen Vormagen gebildet (der bei den Schnabelwalen fehlt), danach folgen der Hauptmagen und der Pylorusmagen, die beide mit Drüsen zur Verdauung ausgestattet sind. An die Mägen schließt sich ein Darm an, dessen Einzelabschnitte nur histologisch unterschieden werden können. Die Leber ist sehr groß und besitzt keine Gallenblase.
Die Nieren sind stark abgeflacht und sehr lang. Sie sind in mehrere tausend Einzelläppchen (Reniculi) aufgeteilt, um effektiv arbeiten zu können. Die Salzkonzentration im Blut der Wale ist niedriger als die im Meerwasser; die Nieren dienen daher auch zur Salzabscheidung. Das ermöglicht den Walen, Meerwasser zu trinken.
Gemeinsamkeiten in der Chromosomen-Genetik
Der ursprüngliche Karyotyp der Wale beinhaltet einen Chromosomensatz von 2n = 44. Sie besitzen vier Paare telozentrischer Chromosomen (Chromosomen, deren Zentromer an einem der Telomere sitzt), zwei bis vier Paare subtelozentrischer und ein bis zwei große Paare submetazentrischer Chromosomen. Die übrigen Chromosomen sind metazentrisch – haben also das Zentromer etwa in der Mitte – und sind eher klein. Innerhalb der Wale kam es mehrfach konvergent zu einer Reduktion der Chromosomenzahl auf 42 Paare, dies ist bei den Pottwalen (Physiteridae), den Schnabelwalen (Ziphiidae) und den Glattwalen (Balaenidae) zu finden.
Verbreitung und Lebensraum
Wale sind vor allem Meerestiere und in allen Meeren der Welt anzutreffen. Einige Arten schwimmen dabei auch in die Flussdelta und sogar bis in die Flüsse hinein. Nur wenige Arten leben dagegen ausschließlich im Süßwasser, dabei handelt es sich um vier als Flussdelfine zusammengefasste Arten. Während viele marine Arten der Wale wie etwa der Blauwal, der Buckelwal und auch der Große Schwertwal ein Verbreitungsgebiet haben, das fast alle Meere umfasst, gibt es auch einzelne Arten, die nur lokal vorkommen. Dazu gehören etwa der Kalifornische Schweinswal in einem kleinen Teil des Golfs von Kalifornien sowie der Hector-Delfin in einzelnen Küstengewässern bei Neuseeland. In den Meeren gibt es sowohl Arten, die die tieferen Meeresgebiete bevorzugen als auch Arten, die häufig oder ausschließlich in Küstennähe und Flachwasserbereichen leben.
Die Aufteilung der Lebensräume ergibt sich im Normalfall entlang bestimmter Temperaturgrenzen in den Ozeanen, entsprechend liegen die Verbreitungsgebiete der meisten Arten entlang spezifischer Breitengrade. Viele Arten leben entsprechend nur in tropischen oder subtropischen Gewässern, etwa der Brydewal oder der Rundkopfdelfin, andere findet man nur im Bereich des südlichen (etwa den Südlichen Glattdelfin oder den Stundenglasdelfin) oder nördlichen Polarmeeres (den Narwal und den Weißwal). Diese vertikale Ausbreitung wird vor allem durch Landmassen als natürliche Barrieren unterbrochen. So existieren von vielen kosmopolitischen Arten einzelne Populationen im pazifischen, im atlantischen und im indischen Ozean, außerdem kommen einige Arten grundsätzlich nur in einem dieser drei getrennten Ozeane vor. So findet man etwa den Sowerby-Zweizahnwal und den Clymene-Delfin nur im Pazifik, den Weißstreifendelfin und den Nördlichen Glattdelfin nur im Atlantik. Bei wandernden Arten, deren Fortpflanzungsgründe häufig in tropischen und deren Nahrungsgründe in polaren Regionen liegen, kommt es zudem sowohl im Atlantik als auch im Pazifik zur Ausbildung von südlichen und nördlichen Populationen, die durch die Wanderungen genetisch voneinander getrennt werden. Bei einigen Arten führt diese Separierung der Populationen schlussendlich zur Bildung neuer Arten, so etwa beim Südkaper und den beiden Nordkaperarten im Atlantik und Pazifik.
In europäischen Gewässern konnten insgesamt 32 Walarten nachgewiesen werden. Darunter 25 Arten, die zu den Zahnwalen und sieben, die zu den Bartenwalen gehören.
Lebensweise
Die meisten Wale sind äußerst gesellige Tiere mit einem hoch entwickelten Sozialverhalten, nur wenige Arten leben paarweise oder als Einzelgänger. Die Walgruppen, als Schulen bezeichnet, bestehen dabei meistens aus 10 bis 50 Tieren, zu bestimmten Gelegenheiten (bei Massenauftreten von Nahrung oder zur Paarungszeit) können die Gruppen jedoch auch weit über 1.000 Tiere umfassen. Auch Vergesellschaftung mit anderen Walarten ist dabei möglich.
Die einzelnen Schulen haben eine feste Hierarchie, wobei die vorrangigen Stellungen durch Beißen, Schieben oder Rammen bestimmt werden. Das Verhalten in der Gruppe ist nur in äußersten Stresssituationen wie Nahrungsmangel und in Gefangenschaft aggressiv, im Normalfall ist der Umgang friedlich. Dabei spielen Kontaktschwimmen, gegenseitiges Streicheln und Stupsen eine große Rolle. Ebenfalls bekannt sind die spielerischen Verhaltensweisen der Tiere, die sich in Luftsprüngen, Saltos, Wellenreiten oder Flossenschlagen äußern und auch bei ausgewachsenen Tieren vorkommen.
Zur Kommunikation untereinander geben die männlichen Tiere gesangsähnliche Töne und Melodien ab (Walgesang), die über hunderte Kilometer im Wasser zu hören sind. Neuere Forschungen haben ergeben, dass wohl jede Walpopulation ihren eigenen typischen Gesang entwickelt. Manchmal lässt sich sogar ein einzelner Wal an seinem spezifischen, unverwechselbaren Gesang identifizieren. Manche Walarten sind zur Erzeugung von bis zu 622 unterschiedlichen Lauten fähig. Vergleiche älterer mit heutigen Tonaufnahmen zeigen, dass sich die Zusammensetzung der Laute im Lauf der Jahre deutlich verändert bzw. entwickelt.
Die Wale jagen auch in der Gruppe, wobei sie sich häufig mit anderen Tierarten zusammentun. So findet man viele Delfinarten gemeinsam mit großen Thunfischen auf Jagdzügen, die großen Fischschwärmen folgen. Der Große Schwertwal (Orcinus orca) jagt in Schulen auch andere, sogar größere Wale. Buckelwale (Megaptera novaeanglia) bilden in Gemeinschaftsarbeit Blasenteppiche, mit denen sie Kleinfisch- und Krillschwärme eingrenzen und in denen sie dann mit geöffnetem Maul auftauchen.
Fortpflanzung und Entwicklung
Bei den meisten Walarten konnte man einen jahreszeitlichen Fortpflanzungszyklus feststellen, bei dem der Eisprung der Weibchen mit der Hauptaktivität der Hoden bei den Männchen zusammenfällt. Dieser Zyklus ist meistens mit saisonalen Wanderungen gekoppelt, die bei vielen Arten zu beobachten sind. Zur Paarung gehen die meisten Zahnwale keine festen Bindungen ein, bei vielen Arten haben auch die Weibchen mehrere Partner während einer Saison. Die Bartenwale gelten dagegen als weitgehend monogam innerhalb der einzelnen Fortpflanzungsperioden, dauerhafte Bindungen gehen sie jedoch ebenfalls nicht ein.
Die Tragezeit der Wale dauert zwischen neun und 16 Monate, wobei die Dauer nicht zwingend abhängig von der Größe ist. Schweinswale tragen ebenso wie die riesigen Blauwale etwa 11 Monate. Wale bringen in der Regel immer nur ein Junges zur Welt, bei Zwillingsgeburten stirbt meistens ein Jungtier, da die Mutter nicht genügend Milch für beide Jungtiere aufbringen kann. Die Geburt erfolgt bei den Zahnwalen meistens mit dem Schwanz voran, so dass die Gefahr des Ertrinkens für das Neugeborene minimal ist, bei den Bartenwalen mit dem Kopf voran. Nach dem Geburtsvorgang wird das Jungtier schnell zum ersten Atemzug zur Oberfläche transportiert, wobei bei vielen Arten mehrere Artgenossen als „Hebammen“ tätig werden. Die Jungtiere haben bei der Geburt etwa ein Drittel der Körpergröße der Erwachsenen und sind sehr schnell eigenständig aktiv, vergleichbar mit den Nestflüchtern bzw. Laufjungen der landlebenden Säuger. Beim Säugen spritzt die Walmutter die Milch aktiv mit Hilfe der Muskulatur der Milchdrüsen in das Maul des Jungen, da es keine Lippen zum Saugen hat. Diese Milch hat in der Regel einen sehr hohen Fettanteil von 16 bis 46 Prozent, wodurch die Jungtiere sehr rasch an Größe und Gewicht zunehmen.
Die Säugezeit ist meistens lang, sie beträgt bei vielen Kleinwalen etwa vier Monate und bei großen Arten häufig über ein Jahr, was mit einer engen Bindung der Mutter an ihre Nachkommen einhergeht. Für die Aufzucht der Jungtiere sind bei allen Walen allein die Muttertiere zuständig, bei einigen Walarten gibt es jedoch so genannte „Tanten“, die die Jungtiere ebenfalls gelegentlich säugen. Die meisten Wale werden spät geschlechtsreif, typischerweise mit sieben bis zehn Jahren. Diese Fortpflanzungsstrategie erbringt wenige Nachkommen, die dafür eine hohe Überlebensrate haben. Auch hier gibt es sowohl schnellere Arten wie den La-Plata-Delfin, der bereits mit zwei Jahren geschlechtsreif ist, jedoch nur etwa 20 Jahre alt wird. Der Pottwal erreicht die Geschlechtsreife dagegen erst mit etwa 20 Jahren, kann dafür aber zwischen 50 und 100 Jahre alt werden.
Räuber
Neben dem Menschen haben die meisten Walarten aufgrund ihrer Größe nur sehr wenige Fressfeinde. Besonders nennenswert sind an dieser Stelle nur größere Haie, die gelegentlich kleinere Walarten angreifen und töten, sowie andere, meist größere, Zahnwale. Beinahe berüchtigt ist in diesem Zusammenhang der Große Schwertwal, der neben Robben, Pinguinen und anderen Meerestieren auch fast alle anderen Kleinwale attackiert. In Schulen genannten herdenartigen Verbänden greifen Schwertwale auch große Bartenwale an, meist um die bei ihnen schwimmenden Jungtiere zu erbeuten.
Walkadaver als Lebensraum in der Tiefsee
Erzählungen über „Walfriedhöfe“, an denen sich die Überreste dutzender verendeter Wale angesammelt haben sollen, sind - ähnlich wie die Geschichten über „Elefantenfriedhöfe“ - wissenschaftlich nicht haltbar. Dennoch stellen die einzelnen Walkadaver, die in die Tiefsee abgesunken sind, wichtige abgeschlossene Ökosysteme auf dem Meeresgrund dar. Erst neuere, aufwändige Expeditionen mit Hilfe von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (ROVs), ermöglichten taxonomische und ökologische Forschungen an Walkadavern. Derzeit sind etwa dreißig Tierarten bekannt, die sich allem Anschein nach ausschließlich von Walkadavern ernähren. Dazu gehören unter anderem Ringelwürmer wie die Osedax-Arten.[1]
Möglicherweise sind schon der Aufprall der tonnenschweren Wale auf dem Meeresgrund und die sich dadurch ausbreitenden Druckwellen ein Signal für viele Tierarten, den Kadaver aufzusuchen. Zu den ersten Besuchern zählen Haie und Raubfische. Schleimaale finden den Weg entlang einer chemischen „Duftspur“, die durch Meeresströmungen verbreitet wird.
Die Zersetzung von Fett und Fleisch der Wale dauert mindestens ein Jahr und ist von einer Abfolge verschiedener Lebensgemeinschaften begleitet. Auch die fettreichen Knochen der Wale können noch mehrere Jahre lang als Energielieferanten dienen. Spezialisierte Bakterien und Archaeen, die mit Hilfe der durch die Verwesung entstehenden Schwefelwasserstoffe Chemosynthese in der lichtlosen Tiefsee betreiben können, sind dann die Basis für die Ernährung von Muscheln und Krebsen.
Evolution der Wale
Verwandtschaftsverhältnisse und stammesgeschichtliche Entwicklung
Nachdem Paläontologen wegen einer ähnlichen Morphologie von Schädel und Zähnen lange Zeit die Mesonychia, eine Gruppe fleischfressender Huftiere, als Vorfahren der Wale betrachtet hatten, wiesen molekularbiologische und immunologische Studien eine enge stammesgeschichtliche Verwandtschaft der Wale mit den Paarhufern (Artiodactyla) nach. Die Hypothese, der zufolge die Entwicklungslinie der Wale im frühen Eozän vor mehr als 50 Millionen Jahren bei frühen Paarhufern ihren Anfang nahm, wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch Fossilfunde bestätigt. Die auffälligste fossil dokumentierte Synapomorphie (gemeinsames Merkmal) der zum Taxon der Cetartiodactyla zusammengefassten Wale und Paarhufer betrifft das Sprungbein (Astragalus), ein Knochen im oberen Sprunggelenk (Knöchel). Es ist bei den frühen Walen durch doppelte Gelenkrollen („Rollbein“) gekennzeichnet, ein anatomisches Merkmal, das sonst nur noch bei den Paarhufern in Erscheinung tritt. Entsprechende Funde liegen aus den früheozänen Ablagerungen des Tethysmeeres in Nordindien und Pakistan vor. Die Tethys erstreckte sich während dieser Zeit als flaches Meer zwischen dem asiatischen Kontinent und der nordwärts strebenden Indischen Platte.
Innerhalb der Paarhufer weisen die meisten molekularbiologischen Befunden die Flusspferde als nächste lebende Verwandte (Schwestergruppe) der Wale aus. Für diese Auffassung sprechen auch einige gemeinsame anatomische Merkmale, etwa Übereinstimmungen in der Morphologie der Molaren (hintere Backenzähne).[3] Der Fossilbericht bestätigt diese Verwandtschaftshypothese jedoch nicht, denn die ältesten bekannten Fossilbelege der Flusspferde stammen aus Afrika und reichen lediglich etwa 15 Millionen Jahre zurück, die ältesten Walfossilien sind hingegen etwa 50 Millionen Jahre alt.
Nach einer alternativen Stammbaumhypothese von dem Paläontologen Hans Thewissen et al. aus dem Jahr 2007 waren die Raoellidae, eine ausgestorbene Gruppe von Paarhufern, die nächsten Verwandten der frühen Wale und beide Taxa bilden gemeinsam die Schwestergruppe der übrigen Paarhufer einschließlich der Flusspferde:
Cetartiodactyla │ ├── N.N. │ │ │ ├── Raoellidae (u. a. Indohyus und Khirharia) │ └── Wale │ └── übrige Paarhufer
Die nahe Verwandtschaft gründet sich auf Merkmale des Raoelliden Indohyus. Dies sind vor allem der knöcherne Ring am Felsenbein (Bulla tympanica), dem Involucrum, ein Schädelmerkmal, das bislang nur von Walen bekannt war, sowie weiteren Merkmalen der Vorbackenzähne (Prämolare) und der Knochenstruktur.[4]
Mithilfe des Fossilberichts lässt sich der allmähliche Übergang vom Land- zum Wasserlebewesen nachvollziehen. Die Reduktion der Hinterbeine gestattete der Wirbelsäule eine höhere Flexibilität, so dass das vertikale Schwanzschlagen zur Fortbewegung im Wasser möglich wurde. Die Vorderbeine wandelten sich zu Flossen um und verloren dabei ihre ursprüngliche Beweglichkeit. Das Ohr der heutigen Wale ist nicht mehr nach außen geöffnet, die Nasenlöcher wanderten von der Kopfspitze nahe der Mundöffnung nach oben, so dass der Wal 'im Vorüberschwimmen' durch das dorsale Blasloch atmen kann. Die Zähne, bei den Land bewohnenden Vorfahren der Wale in Schneide-, Eck-, Backenzähne differenziert (Heterodontie), glichen sich einander an (Homodontie) in Anpassung an eine piscivore Lebensweise (Fischfressen). Bei den Bartenwalen entwickelten sich dagegen die Barten, Strukturen aus einem hornähnlichen Protein, diese sind also eine relativ späte Entwicklung als Anpassung an die spezielle Ernährungsweise dieser Tiere.
Der Übergang vom Land zum Meer
Einer der ältesten Vertreter der frühen Wale (Archaeoceti) ist Pakicetus aus dem mittleren Eozän vor annähernd 50 Millionen. Das etwa wolfsgroße Tier, dessen Skelett nur zum Teil bekannt ist, besaß noch funktionstüchtige Beine und lebte in Ufernähe. Auch sein gut ausgebildetes Rollbein lässt auf einen Archaeoceten schließen, dass sich noch gut an Land fortbewegen konnte. Seine lange Schnauze weist eine ursprüngliche, carnivore Bezahnung auf. Dementsprechend wird Pakicetus in frühen Rekonstruktionsversuchen als ein amphibisch lebender Räuber dargestellt.
Als wichtigste Übergangsform vom Land- zum Meeresleben gilt der etwa 49 Millionen Jahre alte Ambulocetus („laufender Wal“), der bis zu drei Meter lang wurde. Er wurde in Nordpakistan entdeckt und 1995 von Hans Thewissen et al. wissenschaftlich beschrieben. Die Gliedmaßen dieses Archaeoceten waren an das Schwimmen angepasst, eine Fortbewegung an Land war aber noch möglich. Dort bewegte er sich in gebeugter Haltung und robbte wahrscheinlich wie ein Seehund.[5] Seine Schnauze war langgestreckt mit weit oben liegenden Nasenlöchern und Augen. Der Schwanz der Tiere war sehr kräftig und unterstützte die Fortbewegung. Ambulocetus lebte in Mangrovenwäldern im Brackwasser und ernährte sich in der Uferzone als Beutegreifer von Fischen und anderen Wirbeltieren.
Aus der Zeit vor etwa 45 Millionen Jahren wurden weitere Arten wie Indocetus, Kutchicetus, Rodhocetus und Andrewsiphius entdeckt, die deutlich an das Leben im Wasser angepasst waren. Die Hinterbeine dieser Arten waren bereits stark zurückgebildet, und die Körperform erinnert an die der Robben. Rodhocetus, ein Vertreter der Protocetidae, wird als der erste „hochseetüchtige“ Wal angesehen. Sein Körper war stromlinienförmig und er hatte feingliedrige und verlängerte Hand- und Fußknochen entwickelt, zwischen denen wahrscheinlich eine Schwimmhaut gespannt war. Die bei Landsäugern im Bereich des Beckens verschmolzene Lendenwirbelsäule bestand bei ihm aus losen Einzelknochen, die eine Unterstützung der Schwimmbewegung des Rumpfes und Schwanzes ermöglichten. Daher war er ein guter Schwimmer, konnte sich an Land dagegen wahrscheinlich nur relativ schwerfällig bewegen.
Bewohner der Ozeane
Seit dem späten Eozän vor etwa 40 Millionen Jahren bevölkerten Walarten das Meer, die keine Verbindung zum Land mehr besaßen, wie beispielsweise der bis zu 18 Meter lange Basilosaurus (früher Zeuglodon genannt). Der Übergang vom Land zum Wasser war also innerhalb von etwa 10 Millionen Jahren abgeschlossen. Im ägyptischen Wadi al-Hitan („Tal der Wale“, auch „Wadi Zeuglodon“) sind zahlreiche Skelette von Basilosaurus und anderen marinen Landwirbeltieren erhalten.
Die direkten Vorfahren der heutigen Wale findet man wahrscheinlich innerhalb der Durodontinae, deren bekanntester Vertreter Durodon zur selben Zeit wie Basilosaurus lebte. Beide Gruppen hatten bereits das für die heutigen Wale typische Gehör entwickelt, das deutliche Anpassungen an ein Leben im Wasser zeigt wie die feste Bulla, die das Trommelfell der Landsäuger ersetzt, sowie schallleitende Elemente für das Richtungshören unter Wasser. Die Handgelenke dieser Tiere waren versteift und trugen wahrscheinlich bereits die für heutige Wale typischen Flipper. Die Hinterbeine waren ebenfalls noch vorhanden, jedoch deutlich verkleinert und mit einem verkümmerten Becken verbunden.
In der Folgezeit traten viele verschiedene Formen von Walen auf. Heute kennt man Fossilien von etwa 1.000 Arten, die in der Mehrzahl verschwunden sind, aber deren Nachfahren heute alle Ozeane bevölkern.
Systematik
Hauptartikel: Systematik der Wale
Die Ordnung Cetacea wird klassisch in zwei Unterordnungen aufgeteilt:
- Bartenwale (Mysticeti) verdanken ihren Namen den Barten, kammartigen, an den Enden aufgefaserten Hornplatten, mit denen die Wale Kleintiere wie Plankton aus dem Meerwasser filtern, indem sie eine große Menge Meerwasser ins Maul nehmen und es durch die Barten auspressen. Beim Grönlandwal können die Barten über 4 Meter lang werden. Zu dieser Gruppe gehören die größten lebenden Tiere.
- Zahnwale (Odontoceti), zu denen auch die Delfine zählen, haben eine Reihe kegelförmiger Zähne, in beiden Kiefern (beispielsweise Delfine) oder nur im Unterkiefer, beispielsweise beim Pottwal oder den Schnabelwalen. Zahnwale zeichnen sich durch die Fähigkeit aus, ihre Umgebung mittels Echoortung wahrzunehmen.
Während es bis in die 1970er Jahre noch Meinungen gab, dass Zahn- und Bartenwale sich aufgrund der Unterschiede im Körperbau, dem Schädel und auch der Lebensweise unabhängig voneinander entwickelt hätten, geht man heute von einem gemeinsamen Vorfahren aus und hält die Wale für monophyletisch. Die Vorfahren der Wale, die Mesonychidae, sollen, wie bereits oben dargestellt, den heute lebenden Flusspferden ähnlich und mit ihnen verwandt gewesen sein. Für diese Annahme sprechen eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen aller Wale (Apomorphien), vor allem der typische Aufbau der Ohrkapsel und auch des Gehirns, sowie die Fossilfunde, die eine Rückführung aller heute lebenden Wale auf eine gemeinsame Stammgruppe zulassen.
Nach der klassischen Systematik werden die Wale heute wie folgt eingeordnet (bis auf Familienebene):
Ordnung Wale (Cetacea)
- Bartenwale (Mysticeti)
- Glattwale (Balaenidae)
- Zwergglattwale (Neobalaenidae)
- Grauwale (Eschrichtiidae)
- Furchenwale (Balaenopteridae)
- Zahnwale (Odontoceti)
- Pottwale (Physeteridae)
- Schnabelwale (Ziphiidae)
- Gangesdelfine (Platanistidae)
- Flussdelfine (Iniidae)
- Gründelwale (Monodontidae)
- Schweinswale (Phocoenidae)
- Delfine (Delphinidae)
Aufgrund verschiedener phylogenetischer Analysen auf der Basis molekularbiologischer Daten wird heute davon ausgegangen, dass die Bartenwale innerhalb der Zahnwale als Schwestergruppe der Pottwale entspringen. Letztere stellen also keine monophyletische, also natürliche, Gruppe dar.
Wale (Cetacea) ├── Schnabelwale (Ziphiidae) └── N. N. ├── Delfinartige (Delphinoidea) └── N. N. ├──Pottwale (Physeteridae) └──Bartenwale (Mysticeti)
Elf Walarten werden als Großwale bezeichnet. Dies ist jedoch keine systematische Kategorie, sondern eine zusammenfassende Bezeichnung für die Kolosse der verschiedenen Walfamilien.
Walstrandungen
Unter Walstrandung versteht man das unbeabsichtigte Auflaufen eines Wals auf den Strand oder eine Untiefe. Am bekanntesten sind dabei Massenstrandungen von Grind- und Pottwalen. Die Ursachen von Walstrandungen sind bis heute noch nicht ausreichend geklärt. Mögliche Gründe für Massen- oder Einzelstrandungen sind:
- Toxische Kontaminationen innerhalb der Nahrungskette
- schwächender Parasitenbefall im Respirationstrakt, Gehirn oder Mittelohr
- bakterielle oder virale Infektionen
- panische Flucht vor Feinden (inkl. Mensch)
- starke soziale Bindungen innerhalb einer Gruppe, wodurch alle Individuen einem gestrandeten Tier folgen
- Störung des magnetischen Sinnes durch natürliche Anomalien im Magnetfeld der Erde
- Verletzungen
- Unterwasserlärmverschmutzung durch Schiffsverkehr, seismische Untersuchungen und militärische Sonarexperimente.
In den letzten 15 Jahren traten Walstrandungen im Zusammenhang mit militärischen Sonartests gehäuft auf. Generell wird Unterwasserlärm, der noch immer im Zunehmen begriffen ist, vermehrt für Strandungen verantwortlich gemacht, da er die Kommunikation und den Orientierungssinn der Tiere beeinträchtigt[6].
Auch der Klimawandel scheint durch die Beeinflussung der großen Windsysteme der Erde und damit des Verlaufs der Meeresströmungen zu Walstrandungen zu führen. Mark Hindell und sein Team von der tasmanischen Universität in Hobart untersuchten Walstrandungen an der Küste von Tasmanien zwischen 1920 und 2002 und stellten fest, dass in gewissen zeitlichen Abständen jeweils größere Strandungsereignisse vorkamen[7]. In den Jahren mit einer zehnfachen Anzahl von Strandungsereignissen wurde auch das Auftreten von starken Stürmen registriert, welche die Kaltwasserströmungen vermehrt in Küstennähe leiteten. In nährstoffreichem, kaltem Wasser finden Wale besonders viele Beutetiere, weshalb sie den Kaltwasserströmungen folgten und damit in diesen meteorologisch außergewöhnlichen Jahren in seichtere Gewässer gelangten als sonst, wo die Gefahr für Strandungen höher ist. Da viele Wale und Delfine in Gruppenverbänden leben, folgen oder begleiten sie oft kranke oder geschwächte Tiere in seichte Gewässer, was bei Ebbe zu Massenstrandung führen kann. Einmal gestrandet, werden vor allem Großwale von ihrem eigenen Körpergewicht erdrückt, wenn sie nicht rechtzeitig ins tiefere Wasser zurückgelotst werden können. Zudem ist die Regulation der Körpertemperatur bei einem gestrandeten Wal nicht mehr gewährleistet und es besteht die Gefahr der Überhitzung.
Menschen und Wale
Wortherkunft
Der Ursprung des deutschen Wortes „Wal“ lässt sich nur bis ins Germanische zurückverfolgen, dessen Tochtersprachen (ndl. woud, eng. whale, schw. val, isl. völlur) die Bezeichnung aus germ. *hwala ableiten, auf der auch das Wort „Wels“ beruht. Namen für Meeres- und Seetiere sind innerhalb der indogermanischen Sprachen schwer vergleichbar, sodass ein ursprüngliches indogermanisches Wort und dessen Bedeutung nicht hergleitet werden können. Vermutet wird derweil eine Verbindung zum romanischen (lat. squalus „Meersaufisch“) oder baltischen Zweig (apreuß. kalis „Wels“), möglich ist allerdings auch, dass es sich um eine Entlehung aus einer nicht-indogermanischen Sprache zu (früh-)germanischer Zeit handelt.[8]
Bedrohung
Die Bedrohung der Wale geht bis auf wenige Ausnahmen direkt vom Menschen aus. Die Bedrohungen durch den Menschen lassen sich unterteilen in die direkte Bejagung durch den Walfang sowie die indirekten Gefahren wie die Fischerei und die Umweltbelastung.
Walfang
Hauptartikel: Walfang
Im Mittelalter waren die Gründe für den Walfang die enormen Mengen Fleisch, der als Brennstoff verwertbare Waltran und die Kieferknochen, die man im Hausbau verwendete. Am Ende des Mittelalters fuhren bereits ganze Flotten aus, um die großen Wale, mehrheitlich Glattwale wie den Grönlandwal, zu jagen. Die holländische Flotte besaß beispielsweise im 16. und 17. Jahrhundert etwa 300 Walfangschiffe mit 18.000 Männern Besatzung.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurden vor allem Bartenwale bejagt, um den Bedarf der Korsett- und Reifrockhersteller an Fischbein zu decken. Außerdem diente das Spermaceti der Pottwale als Schmiermittel für Maschinen und das Ambra als Grundstoff für die Pharmaindustrie und zur Parfumherstellung. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Sprengharpune erfunden und eingesetzt wurde, kam es zu einem massiven Ansteigen der erlegten Wale.
Große Schiffe wurden zu Mutterschiffen für die Walverarbeitung ausgebaut und von Fangflotten mit Dampfantrieb beliefert. Ungefähr in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten Wale eine sehr große Bedeutung als Rohstofflieferant für die Industrie. In dieser Zeit wurde intensiv gejagt, in den 1930er Jahren wurden jedes Jahr über 30.000 Wale getötet. Eine weitere Steigerung auf über 40.000 Tiere pro Jahr erfolgte bis in die 1960er Jahre, wodurch vor allem die Bestände der großen Bartenwalarten zusammenbrachen.
Die meisten bejagten Walarten sind heute in ihrem Bestand bedroht. Bei einige Großwalarten wurden die Populationen bis an den Rand der Ausrottung ausgebeutet. Heute sind sie stark dezimiert, da ein Zuwachs nur langsam möglich ist. Vollständig ausgerottet wurden bereits der Atlantische Grauwal und der koreanische Grauwal, beim Atlantischen Nordkaper rechnet man heute noch mit etwa 300 bis 600 Tieren, der Blauwalbestand beträgt wahrscheinlich maximal 14.000 Tiere.
Die ersten Bestrebungen zum Schutz der Wale wurden 1931 beschlossen. Dabei wurden besonders bedrohte Arten wie etwa der Buckelwal, der damals noch etwa 100 Tiere zählte, unter internationalen Schutz gestellt, außerdem wurden erste Schutzzonen eingerichtet. 1946 wurde die Internationale Walfangkommission gegründet, die die Bestände der Wale kontrollieren und sichern sollte. Das Töten von Walen zu kommerziellen Zwecken wurde durch diese Organisation 1985 weltweit bis zum Jahr 2005 verboten. Allerdings werden auch heute noch Wale – vornehmlich von japanischen Walfangschiffen – zu vorgeblich wissenschaftlichen, in Wahrheit vermutlich eher zu kommerziellen Zwecken gejagt. Island und Norwegen erkennen das Verbot nicht an und betreiben einen offenen kommerziellen Walfang. Länder wie Norwegen und Japan versuchen immer wieder, das Moratorium zu kippen. Grönland und einigen indigenen Völkern der Welt ist der Walfang aus traditionellen Zwecken, und um ihr Überleben zu sichern, erlaubt.
Fischerei
Auch die für den Walfang uninteressanten Kleinwale – vor allem einige Delfinarten – sind teilweise stark dezimiert. Sie fallen sehr häufig der Thunfischfischerei zum Opfer, weil sie sich oft in der Nähe von Thunfischschwärmen aufhalten. Dies ist auch den Fischern bekannt, weshalb sie oft nach Delfinen Ausschau halten, um Thunfische zu fangen. Delfine sind wesentlich leichter auszumachen als Thunfische, da sie regelmäßig an der Oberfläche Luft holen müssen. Die Fischer ziehen mit ihren Netzen hunderte Meter große Kreise um die Delfingruppen herum, in der Erwartung, dass sie auch einen Thunfischschwarm einschließen. Die Netze werden zusammengezogen, die Delfine verfangen sich unter Wasser und ertrinken. Besonders für Flussdelfine stellt zudem die Leinenfischerei in größeren Flüssen eine Gefahr dar.
Eine weit größere Bedrohung als durch den Beifang erwächst Kleinwalen allerdings aus der gezielten Bejagung. Im südostasiatischen Raum werden sie in ärmeren Ländern als Fisch-Ersatz an die einheimische Bevölkerung verkauft, da die eigentlichen Speisefische der Region im Export höhere Einnahmen versprechen. Im Mittelmeer werden Kleinwale als Nahrungskonkurrenten verfolgt: Da der Stoffwechsel der Meeressäuger einen ungleich höheren Energiebedarf als bei Raubfischen zur Folge hat, werden sie gezielt vernichtet, um die Bestände der Speisefische nicht mit ihnen teilen zu müssen.
Umweltgefahren
Die zunehmende Meeresverschmutzung stellt auch für die Meeressäuger ein ernst zu nehmendes Problem dar. Schwermetalle und Reste vieler Pflanzen- und Insektengifte sind biologisch nicht abbaubar. Über die Meerespflanzen und Beutetiere gelangen sie dann in den Körper der Wale. In der Folge werden die Tiere anfälliger gegenüber Krankheiten und bekommen weniger Junge.
Auch die Zerstörung der Ozonschicht wirkt sich auf die Wale aus, denn Plankton reagiert sehr empfindlich auf Strahlung und vermehrt sich weniger stark. Dadurch schrumpft das Nahrungsangebot für viele Meerestiere, besonders betroffen sind aber die Bartenwale. Auch das Nekton wird, neben der intensiven Befischung, durch die intensivere UV-Einstrahlung geschädigt und ist als Futterquelle quantitativ und qualitativ eingeschränkt.
Ähnliche Auswirkungen kann zumindest längerfristig eine Übersäuerung der Ozeane durch vermehrte Aufnahme von Kohlenstoffdioxid (CO2) darstellen, ein Effekt, welcher der globalen Erwärmung entgegenwirkt, da er der sich erwärmenden Atmosphäre wieder Kohlenstoff abnimmt. CO2 reagiert mit dem Wasser zu Kohlensäure. Das saure Wasser stört den Bau der Kalkskelette verschiedener Algen und Kleinstlebewesen. Von diesem Plankton sind wiederum Wale abhängig, da es für viele Arten die Hauptnahrungsquelle darstellt.
Vor allem das Militär und die Geologie bedienen sich starker Sonare und erzeugen zusammen mit Sprengungen und Schiffsverkehr in zunehmendem Maße Lärm in den Ozeanen. Meeressäuger, die Biosonare zur Orientierung und Kommunikation verwenden, werden dadurch nicht nur behindert, sondern regelmäßig auch zu panischem Auftauchen veranlasst. Dabei kommt es zum Ausperlen von im Blut gebundenen Gasen, woran das Tier dann verendet, da die Gefäße blockiert sind, sogenannte Dekompressions-Unfälle (beim Menschen als „schwerer Tauchunfall“ bekannt).
Nach Marineübungen mit Sonareinsatz werden regelmäßig verendete Wale angespült, die Gasblasen in den Gefäßen haben. Der Schall reicht sehr weit und entfaltet seine verhängnisvolle Wirkung noch in über hundert Kilometern Umkreis. Abhängig von den eingesetzten Frequenzen sind unterschiedliche Arten stärker oder weniger betroffen. Es wird die Forderung erhoben, dass vor entsprechenden ausgedehnten Einsätzen von Sonartechnik zunächst, gegebenenfalls ebenfalls mit Sonar, ausgeschlossen werden muss, dass sich viele Meeressäuger in der Umgebung befinden.
Kulturelle Bedeutung
Wale spielen vor allem in der Kultur von Bewohnern meeresnaher Gebiete und Inseln eine große Rolle. Dabei sind es vor allem Kleinwale wie die Delfine und Schweinswale, die intensiver beobachtet werden konnten und somit in die Mythologie dieser Völker eingehen konnten. Großwale waren dagegen vor allem bekannt durch Walstrandung (vor allem Pottwale) oder sie wurden von Seefahrern beschrieben. Die kulturelle Bedeutung der Wale für den Menschen und damit auch die Geschichte der Walforschung reicht zurück bis in die Steinzeit, aus der man Felszeichnungen kleiner Wale kennt.
Wale im Altertum
Bei den antiken Griechen wurde der Wal bereits von Homer erstmals erwähnt. Hier wird er kétos genannt, ein Begriff, der zunächst alle großen Meerestiere beinhaltete. Von diesem leitete sich auch die lateinische Bezeichnung der Römer für Wal, cetus, ab. Andere Bezeichnungen waren phálaina (Aristoteles, lateinische Form ballaena) für das weibliche und, mit ironischem Duktus, musculus (Mäuschen) für das männliche Tier. Nordseewale wurde physetér genannt, wobei möglicherweise damit speziell der Pottwal (heute Physeter catodon) gemeint war. Besonders ausführlich werden Wale bei Aristoteles, Plinius und Ambrosius beschrieben. Alle erwähnen sowohl die Viviparie als auch die Säugung der Jungtiere. Plinius beschreibt die mit den Lungen verbundenen Spritzröhren, und Ambrosius behauptet sogar, Wale nähmen ihre Jungtiere zum Schutz ins Maul. Bartenwale sind offenbar nur Aristoteles bekannt.
Mythologisch kann man Wale aufgrund der Gleichsetzung mit anderen großen Meerestieren und Untieren schlecht nachweisen. Anzunehmen ist jedoch, dass das Ungeheuer, dem die eitle Kassiopeia im Auftrag des Meeresgottes Poseidon ihre Tochter Andromeda opfern sollte, die schließlich vom Helden Perseus gerettet wurde, ein Wal war.
In der Bibel spielt vor allem der Leviathan als Meeresungeheuer eine Rolle. Das Wesen, welches Züge eines riesigen Krokodils oder eines Drachens und eines Wales vereint, wurde laut Bibel von Gott erschaffen (Psalm 104, 26) und soll auch wieder von ihm zerstört werden (Psalm 74,14 und Jesaja 27,1). Im Buch Ijob wird der Leviathan detaillierter beschrieben (Ijob 40,25–41,26).
Eindeutiger als Wal erkennbar ist dagegen die Beschreibung des Propheten Jona, der auf seiner Flucht vor der göttlichen Aufgabe, der Stadt Ninive den Untergang zu prophezeien, von einem Wal verschluckt und am Strand von Ninive ausgespieen wird (Jona 2,1–11).
Weitaus häufiger als von Großwalen ist in der Antike von Delfinen die Rede. Aristoteles widmet den heiligen Tieren der Griechen in seiner historia animalium einen größeren Raum und geht ausführlich auf ihre Rolle als Wassertiere ein. Die Griechen bewunderten den Delfin als „König der Wassertiere“ und bezeichneten ihn irrtümlicherweise als Fisch. Gerühmt werden seine Schnelligkeit, seine Sprünge, seine Intelligenz und seine geringe Menschenscheu. Sein geistiges Vermögen wird sowohl durch seine Fähigkeit, aus den Fangnetzen der Fischern entkommen zu können als auch bei seiner Zusammenarbeit mit Fischern beim Fischfang wahrgenommen.
Flussdelfine sind aus dem Ganges und – mit hoher Wahrscheinlichkeit fälschlicherweise – dem Nil bekannt. Bei letzteren erfolgte offenbar eine Gleichsetzung mit Haien und Welsen. Angeblich griffen sie dort sogar Krokodile an. Im Schwarzen Meer jagten die Thraker Delphine, um sie zu essen und Tran aus ihnen herzustellen.
In der Mythologie der Griechen nehmen Delfine einigen Raum ein. Aufgrund ihrer Intelligenz retteten sie mehrfach Menschen vor dem Ertrinken. Da man ihnen eine besondere Liebe für Musik nachsagte – wohl nicht zuletzt wegen ihres eigenen Gesanges – retteten sie in den Legenden sehr oft berühmte Sänger wie Arion von Lesbos aus Methymna oder Kairanos aus Milet. Ebenso bekannt waren sie für ihre Anhänglichkeit an schöne Knaben, mit denen sie zum Teil sogar in den Tod gingen. Aufgrund der geistigen Fähigkeiten hielt man Delfine für vom Gott Dionysos verzauberte Menschen.
Delfine gehörten zum Gefolge des Poseidon und führten diesem auch seine Gattin Amphitrite zu. Doch werden Delphine auch mit anderen Göttern, beispielsweise Apollon, Dionysos und Aphrodite in Verbindung gebracht. Die Griechen würdigten sowohl den Wal als auch den Delphin mit einem eigenen Sternbild. Das Sternbild des Wals (Kétos, lat. Cetus) befindet sich südlich, das Sternbild des Delphins (Delphís, lat. Delphinus) nördlich des Tierkreises.
In der antiken Kunst gibt es sehr häufig Delfindarstellungen. Schon bei den kretischen Minoern wurden sie künstlerisch dargestellt. Später fand man sie häufig auf Reliefs, Gemmen, Lampen, Münzen, Mosaiken, Grabsteinen u.s.w. Eine besonders beliebte Darstellung ist die des auf einem Delphin reitenden Arion oder auch des Taras. Auch in der frühchristlichen Kunst ist der Delphin ein beliebtes Motiv, nicht zuletzt, da er neben dem Fisch teilweise als Symbol für Christus verwendet wurde.
Wale bis in das 19. Jahrhundert
Der irische Mönch St. Brendan der Reisende beschrieb in seiner Reiseerzählung Navigatio Sancti Brendani eine Begegnung mit einem Wal, die er in den Jahren zwischen 565 und 573 gemacht haben soll. Dort schilderte er, wie er und seine Begleiter eine baumlose Insel betraten, die sich in der Folge als riesiger Wal herausstellte, den er Jasconicus nannte. Diesen Wal trafen sie sieben Jahre später erneut und ruhten auf seinem Rücken aus.
Die meisten Beschreibungen großer Wale aus der Zeit bis zum Walfangzeitalter ab dem 17. Jahrhundert stammten allerdings von gestrandeten Walen, die durch ihre Leibesfülle und ihrem Aussehen keinem anderen bekannten Tier glichen. Dies traf insbesondere für den Pottwal zu, der sehr häufig auch in größeren Gruppen strandet. So strandeten nach einer Auswertung alter Unterlagen von Raymond Gilmore im Jahre 1959 um 1723 17 Pottwale in der Mündung der Elbe und 1784 31 Tiere an der Küste Großbritanniens. 1827 trieb ein Blauwal mit einer Länge von 28,5 Metern vor der Küste des damals noch zu den Niederlanden gehörenden Ostende, der skelettiert über sieben Jahre lang durch Europa geschickt wurde. Während dieser Zeit wurden weltweit auch andere Wale gezeigt und lockten als Attraktionen von Museen und Wanderausstellungen Besucher an.
Vor allem die Matrosen der Walfangflotten des 17. bis 19. Jahrhunderts lieferten konkretere und anschaulichere Darstellungen der freilebenden Wale und die Geschichten von Walbeobachtungen führten zu Geschichten, die zu einem großen Teil dem Seemannsgarn zugeordnet werden können. Obwohl ihnen mittlerweile bekannt war, dass die meisten Wale harmlose Riesen darstellen, beschrieben sie vor allem den Kampf mit den harpunierten Tieren als Gemetzel. Mit der Intensivierung des Walfangs mehrten sich auch die Beschreibungen von Meeresungeheuern, zu denen neben riesigen Walen auch Haie, Seeschlangen sowie Riesenkalmare und -oktopusse gehörten.
Zu den ersten Walfängern, die ihre Erlebnisse auf den Walfangreisen beschrieben, gehörte der britische Kapitän Wilhelm Scoresby, der 1820 das Buch Northern Whale Fishery veröffentlichte und darin die Jagd auf die großen Bartenwale der nördlichen Meere beschrieb. 1835 folgten Thomas Beale, ein britischer Chirurg, mit dem Buch Einige Beobachtungen zur Naturgeschichte des Pottwals und 1840 Frederick Debell Bennett mit der Erzählung von einer Waljagd…. Auch in die erzählende Literatur und der Malerei fanden die Wale eingang, vor allem in die Romane Moby Dick von Herman Melville und 20.000 Meilen unter dem Meer von Jules Verne. In dem 1882 erschienen Kinderbuch Abenteuer des Pinocchio: Geschichte eines Hampelmanns von Carlo Collodi kommt allerdings kein Wal vor, obwohl dies gemeinhin angenommen wird. Die Holzfigur Pinocchio und ihr Erschaffer Geppetto wurden in der Romanvorlage von einem Hai verschlungen, erst auf den Zeichenbrettern der Walt-Disney-Studios wurde dieser in dem 1940 erschienen Film Pinocchio zu einem riesigen, bösartigen Wal.
Wale in der modernen Kultur
Anders als in den vergangenen Jahrhunderten wurden Wale im 20. Jahrhundert nicht mehr als Meeresungeheuer und gefährliche Bestien betrachtet. Mit ihrer zunehmenden Erforschung galten sie nach und nach immer mehr als intelligente und friedfertige Tiere, die von Menschen grundlos gejagt und getötet werden. Vor allen anderen erhielten insbesondere die Delfine diese Rolle, welche sich auch in Filmen und Romanen der 1960er bis 1990er Jahre widerspiegelt. So wurde etwa die Hauptfigur der Serie Flipper, ein Großer Tümmler, ab dem Jahr 1962 neben anderen tierischen Helden wie Rin Tin Tin, Lassie und Fury zu einem Sinnbild tierischer Intelligenz. Dieses Motiv wurde auch in der Serie SeaQuest DSV (1993–1996), dem Walt-Disney-Film Free Willy – Ruf der Freiheit (1993, dort allerdings mit einem Großen Schwertwal) und der Buchreihe Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams sowie in vielen weiteren Filmen und Büchern aufgegriffen.
Das Ansehen der Großwale, bis dahin vor allem durch die Moby-Dick-Verfilmungen geprägt, wandelte sich ebenfalls drastisch. Die Tiere gelten seit dem 20. Jahrhundert teilweise sehr verklärt als „sanfte Giganten“, die friedfertig durch die Meere ziehen. Vor allem die Erforschung des Walgesangs führte zudem zu einer immer stärker werdenden Positionierung im Bereich der Esoterik, die sich der Gesänge bis heute als entspannende Meditationsmusik bedient.
Tonaufnahmen
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ G. W. Rouse, S. K. Goffredi und R. C. Vrijenhoek: Osedax: Bone-Eating Marine Worms with Dwarf Males. Science 305, 2004: Seiten 668–671
- ↑ a b Gingerich PD, ul-Haq M, von Koenigswald W, Sanders WJ, Smith BH, et al. (2009) New Protocetid Whale from the Middle Eocene of Pakistan: Birth on Land, Precocial Development, and Sexual Dimorphism. PLoS ONE 4(2): e4366. doi:10.1371/journal.pone.0004366
- ↑ Michael J. Benton: Paläontologie der Wirbeltiere. Verlag Dr. Friedrich Pfeil. München, 2007. Seite 360.
- ↑ J.G.M. Thewissen, Lisa Noelle Cooper, Mark T. Clementz, Sunil Bajpai, B.N. Tiwari: Whales orginated from aquatic artiodactyls in the Eocene epoch of India. Nature 450, 2007; Seiten 1190–1194, doi:10.1038/nature06343, Nature Video
- ↑ Michael J. Benton: Paläontologie der Wirbeltiere. Verlag Dr. Friedrich Pfeil. München, 2007. Seite 365.
- ↑ Ocean Noise Coalition, 26. November 2007
- ↑ New Scientist, 26. Juli 2004
- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage, Hrsg. Elmar Seebold. De Gruyter, Berlin - New York 2002.
Literatur
- Nigel Bonner: Whales of the World. Octopus Publishing, Blandfort 2002, ISBN 0-7137-2369-6 (nicht-technisches informatives Buch)
- T. Cahill: Dolphins. National Geographic, Washington DC 2003, ISBN 0-7922-3372-7 (Prachtbildband)
- M. Carwardine: Wale und Delfine. Tessloff, Nürnberg 1993, Delius Klasing, Bielefeld 1996, 2003, ISBN 3768814564
- M. Carwardine: Delfine – Biologie, Verbreitung, Beobachtung in freier Wildbahn. Naturbuch Verlag, Augsburg 1996, ISBN 3-89440-226-1
- M. Carwardine, E. Hoyt, R. E. Fordyce, P. Gill: Whales & Dolphins – the ultimate guide to marine mammals. Harper Collins, London 2002, ISBN 0-00-220105-4 (umfangreicher Bildführer)
- P. Clapham: Whales. World Life Library. Colin Baxter Photography, Grantown-on-Spey 2001, ISBN 1-84107-095-5
- A. Coenen: The whale book, whales and other marine animals as described by Adriaen Coenen in 1585. Reaktion Books, London 2003, ISBN 1-86189-1741 (Auszug aus Coenens Manuskripten mit seinen farbgetreu wiedergegebenen Original-Illustrationen (erste bildliche Wal-Darstellung Europas) mit Übersetzung in modernes Englisch und Kommentar zu Meeresbiologie und geschichtl. Hintergrund Coenens)
- Ralf Kiefner: Wale und Delfine weltweit. Jahr Top Special, Hamburg 2002, ISBN 3-86132-620-5 (Führer der Zeitschrift „tauchen“, sehr detailliert)
- C. C. Kinze: Photographic Guide to the Marine Mammals of the North Atlantic. University Press, Oxford 2002, ISBN 0-19-852625-3 (wissenschaftlich orientierter Führer)
- J. Mann, R. C. Connor, P. L Tyack, H. Whitehead (Hrsg.): Cetacean Societies – Field Studies of Dolphins and Whales. University of Chicago Press, Chicago 2000, ISBN 0-226-50340-2
- T. Martin: Whales, Dolphins & Porpoises. World Life Library. Colin Baxter Photography, Grantown-on-Spey 2003, ISBN 1-84107-173-0
- T. Nakamura: Dolphins. Chronicle Books, San Francisco Ca 1997, ISBN 0-8118-1621-4 (Fotoband)
- J. Niethammer, F. Krapp (Hrsg): Handbuch der Säugetiere Europas. Bd 6. Meeressäuger. Teil 1B: Wale und Delphine 1. AULA, Wiesbaden 1994, ISBN 389104559X (sehr detailliertes Fachbuch)
- R. M. Nowak: Walker's Marine Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2003, ISBN 0-8018-7343-6 (Auszug aus dem Gesamtwerk)
- R.R. Reeves, B.S. Stewart, P.J. Clapham, J. A. Powell: Sea Mammals of the World – a complete Guide to Whales, Dolphins, Seals, Sea Lions and Sea Cows. A&C Black, London 2002, ISBN 0-7136-6334-0 (Führer mit zahlreichen Bildern)
- Gérard Soury: Das große Buch der Delfine. Deliuzs Klasing, Bielefeld 1997, ISBN 3-7688-1063-1 (detailreicher Bildband)
- B. Wilson: Dolphins. World Life Library. Colin Baxter Photography, Grantown-on-Spey 2002, ISBN 1-84107-163-3 (Meeresbiologisch, persönlich geprägt, zahlreiche Bilder. Inkl. Flussdelfine)
- M. Würtz, N. Repetto: Underwater world. Dolphins and Whales. White Star Guides, Vercelli 2003, ISBN 88-8095-943-3 (Bestimmungsbuch)
Weblinks
- Wale und Delphine
- Die Welt der Wale und Delfine
- Wale, Delfine und Menschen
- Unterwasserlärm durch Sonar - SWR2 Wissen Radiobeitrag vom 17. Oktober 2008, 26 min
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