Polizeidirektion Hannover

Polizeidirektion Hannover
Historisches Hauptgebäude der Polizeidirektion Hannover, 1903 als Königlich Preußisches Polizeipräsidium errichtet
Funkstreifenwagen der Polizeidirektion Hannover

Die Polizeidirektion Hannover (PD Hannover) ist eine Polizeibehörde der Polizei Niedersachsen mit Sitz in der Landeshauptstadt Hannover. Die Polizeidirektion ist für die Stadt Hannover und die Region Hannover zuständig. Leiter ist seit dem 1. November 2011 Axel Brockmann als Polizeipräsident. Sein Vorgänger Uwe Binias, der das Amt seit dem 1. Dezember 2007 innehatte, wechselte ins Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport. Dieser Behörde ist die PD Hannover mit ihren rund 3700 Mitarbeitern nachgeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Die französische Besatzungsmacht, die sich seit 1803 in Hannover aufhielt, ordnete 1809 die Gründung der Polizeidirektion Hannover als eine Sonderbehörde an. Ihr Zuständigkeitsgebiet reichte über die Stadt hinaus. Außerdem war die Polizeieinrichtung mit weitreichenden Vollmachten gegenüber andern Polizeibehörden ausgestattet. Nach dem Abzug der Franzosen 1813 wurde die Polizeidirektion der Stadt Hannover unterstellt und in Polizeiinspektion umbenannt.

Als 1821 eine neue städtische Verfassung in Kraft trat, wurde der Bürgermeister zum Leiter der Polizei. Nach der Bildung der Landdrostei Hannover 1823, der späteren Bezirksregierung Hannover, wurde die Polizei als Polizeidirektion Hannover dieser Behörde untergeordnet. 1846 wurde die Polizeidirektion von der Stadtverwaltung abgetrennt und bekam eine zusätzliche Aufgabe als Sicherheitspolizei. Bei der Revolution von 1848/49 ging die Polizeigewalt wieder an die Stadt zurück. Erst 1855 wurde die Polizeidirektion endgültig staatlich, als sie dem Königreich Hannover unterstellte wurde. 1859 nannte sich die Behörde Generalpolizeidirektion, die mit landespolizeilichen Aufgaben aufgewertet wurde. Bei der Annexion des Königreichs Hannover 1866 durch Preußen wurde die Generalpolizeidirektion umbenannt in Königlich-Preußisches Polizeipräsidium.

20. Jahrhundert

Aufgrund der Enge der Diensträume in der Brandstraße entstand zwischen 1900 und 1903 nahe dem Waterlooplatz ein monumentaler und schlossartiger Neubau als neuer Dienstsitz. Nach der Fertigstellung beschäftigte die hannoversche Polizei in dem Gebäude 1903 rund 550 Polizeibeamte, von denen etwa 430 für die Schutzpolizei, etwa 40 für die Kriminalpolizei und rund 80 für die Polizeiverwaltung tätig waren. 1925 betrug der Personalbestand der Polizeidirektion rund 1500 Schutzpolizisten und etwa 185 Kriminalbeamte. Nach der Machtergreifung 1933 wurde der Polizeipräsident Erwin Barth von den Nationalsozialisten seines Amtes enthoben. Als 1934 die Polizeihoheit der Länder aufgehoben wurde, wurde die Behörde Teil der Reichspolizei. Die anfangs 42, später 100 Mitarbeiter umfassende Gestapo-Stelle in Hannover rekrutierte sich überwiegend aus hannoverschen Polizeibeamten. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs kam es kurz vor dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 10. April 1945 in Hannover zu chaotischen Verhältnissen, da Bürger und befreite Zwangsarbeiter plündernd durch die Stadt zogen. Die britische Besatzungsmacht rekrutierte innerhalb weniger Tage eine neue Polizeitruppe, um die Ordnung wieder herzustellen. Später baute die britische Militärregierung das Polizeiwesen in Hannover wieder auf und kommunalisierte es, wie in der gesamten britischen Besatzungszone. Die Polizeidirektion stand zunächst unter Aufsicht des Oberbürgermeisters, später wurde sie von einem Polizeiausschuss kontrolliert. Ab 1951 kam die Polizeibehörde unter staatliche Aufsicht des Landes Niedersachsen. 1975 erhielt die Behörde die Spezialeinheiten Mobiles Einsatzkommando und Spezialeinsatzkommando. Ab 1978 waren Kontaktbereichsbeamte für den Bürger im Einsatz. Seit 2004 gehört das gesamte Gebiet der Region Hannover zum Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hannover.

Spektakuläre Kriminalfälle

Fritz Haarmann mit hannoverschen Polizeibeamten

Größere Polizeieinsätze und Katastrophenfälle

Dienstgebäude

Das erste Dienstgebäude bei der Gründung 1809 befand sich in der Burgstraße. Nach dem Abzug der Franzosen 1813 wurde der Dienstsitz in die Leinstraße verlegt. 1821 kehrte man in die Burgstraße zurück. Ab 1850 residierte die Polizeidirektion in einem Fachwerkgebäude in der Brandstraße. Um 1860 bestand ein Nebenbüro im Altstadtrathaus. Nach 50-jähriger Nutzung war Ende des 19. Jahrhunderts das Dienstgebäude durch den starken Kriminalitätsanstieg vollkommen überlastet und ein großer Neubau war überfällig. Die Kriminalitätssteigerung beruhte auf der außergewöhnlich starken Bevölkerungszunahme Hannovers ab der Gründerzeit.

Neubau 1903

Polizeipräsidium um 1905
Fratzenkopf über einer Eingangstür
Bildliche Darstellung an der Sandsteinfassade: Die Polizei im Kampf gegen das Verbrechertum

Das heutige Hauptgebäude der Polizeidirektion Hannover entstand in den Jahren 1900-1903 als Königlich Preußisches Polizeipräsidium in der Hardenbergstraße nahe dem Waterlooplatz. Als Baugrund wurde ein Grundstück südlich des Stadtzentrums ausgewählt, das im Überschwemmungsgebiet der Leine lag. Daher war eine Pfahlgründung notwendig, bei der rund 2000 Holzstämme 6 m tief in den Untergrund gerammt wurden. Das 11.000 m², Grundstück befand sich in staatlichem Besitz, so dass die Kosten für einen Grundstückskauf entfielen. Ursprünglich gehörte es zum königlichem Besitz und war über Jahrhunderte Hannovers Lagerplatz für angeflößtes Holz auf der Leine.

Das Polizeipräsidium entstand als fünfstöckiges bis zu 35 m hohes Bauwerk auf 2500 m² Grundfläche. Es verfügte über ein mehrstöckiges Polizeigefängnis, das in seiner Zeit vorbildlich war. Das Gebäude war als prachtvolles, repräsentatives Gebäude geplant und sollte naheliegenden Monumentalbauten (Landesmuseum, Neues Rathaus, Kestnermuseum) gleich kommen. Durch Erker, Ecktürme und Türme im schiefergedeckten Dachbereich erhielt das Polizeipräsidium einen schlossartigen Charakter. Die Fassade ist mit Sandstein verkleidete Fassade und weist aufwendigem Zierrat im Stil der deutschen Neo-Renaissance auf. Der Baustil weist auch andere Elemente auf, die dem Historismus, Manierismus und dem Barock entlehnt sind. Ebenso aufwändig und schmuckreich wie das Gebäudeäußere ist das Innere gestaltet. Es gibt eine imposante Eingangshalle und die Tonnengewölbe der Gänge im Inneren sind bemalt. Kunstvoll gestaltete Steinplastiken und Reliefs am und im Gebäude stellen verschiedene Motive dar, zum Beispiel die Polizei im Kampf gegen das Verbrechen, Justitia mit verbundenen Augen, Verbrecherdarstellungen und Fratzen mit angsteinflößender Mimik.

Nach der Fertigstellung waren im Polizeipräsidium rund 550 Beamte tätig. Die Baukosten in Höhe von rund 1,1 Million Reichsmark wurden vom Preußischen Staat als Bauherrn getragen. Die 3 Jahre Bauzeit waren trotz eines Arbeiterstreiks eine Rekordbauzeit.

Im Zweiten Weltkrieg wurde bei einem der Luftangriffe auf Hannover das Gebäude am 26. Juli 1943 durch einen Treffer beschädigt und Dachteile gerieten in Brand. Insgesamt waren die Schäden eher gering.

Erweiterungsbau 1998

Erweiterungsbau von 1998 auf dem Grundstück des Hauptgebäudes von 1903
Dienstgebäude auf dem Hanomaggelände

In den 1960er Jahren wurde wegen der Enge im Hauptgebäude an der Hardenbergstraße Räumlichkeiten in der Jordanstraße angemietet. Diese wurden 1987 aufgegeben und Mitarbeiter bezogen ein Hochhaus auf dem ehemaligen Industriegelände der Maschinenfabrik Hanomag. In Anbetracht des großen Polizeieinsatzes zur Expo 2000 kam es neben dem Hauptgebäude zu einem Erweiterungsbau, der 1998 fertig gestellt wurde.

Organisation

Die Polizeidirektion Hannover war lange Zeit nur für das Gebiet der Großstadt Hannover zuständig, umfasst aber heute als Flächendienststelle die Region Hannover. Die gegenwärtige (2011) Struktur der Polizeiorganisation entstand durch eine bedeutende Umorganisierung der Polizei Niedersachsen im Jahre 2004. Dabei wurde die Polizei aus den vier 2004 aufgelösten Bezirksregierungen, unter anderem der Bezirksregierung Hannover, herausgenommen. Daraus entstanden die gegenwärtigen sechs Polizeidirektionen in der Fläche, zuvor gab es nur zwei städtische Polizeidirektionen in den Großstädten Braunschweig und Hannover.

Heute (2011) ist die Polizeidirektion Hannover neben einem Stabsbereich in den Zentralen Kriminaldienst (ZKD) sowie sechs Polizeiinspektionen (PI) untergliedert. Sonderdienststellen sind die Reiter- und Diensthundführerstaffel Hannover und der Zentrale Verkehrsdienst.

Zentraler Kriminaldienst

Zum ZKD gehören die Kriminalfachinspektionen:

Zentrale Kriminalinspektion

Zur ZKI gehören die Fachkommissariate und Spezialeinheiten:

Polizeiinspektionen

Sitz der Polizeiinspektion Mitte
Sitz der Polizeiinspektion West
Sitz der Polizeiinspektion Ost

Bei den Polizeiinspektionen handelt es sich um:

und den Polizeistationen:

und den Polizeistationen:

und den Polizeistationen:

und den Polizeistationen:

und den Polizeistationen:

Behördenleiter

Der erste Leiter der 1809 gegründeten Polizeidirektion Hannover war von 1809 - 1810 der Policeydirektor Heinrich August Meyer. Danach leiteten folgende Personen die Behörde:

  • 1847 - 1866 Karl Georg Ludwig Wermuth[1]
  • 1895 - 1903 Graf Kurt Detloff von Schwerin (Polizei-Präsident)
  • 1903 - 1905 Otto Steinmeister (Polizei-Präsident)
  • 1905 - 1909 Graf Kurd von Berg-Schönfeld (Polizei-Präsident)
  • 1909 - 1928 Rudolf von Beckerath Polizei-Präsident
  • 1928 - 1933 Erwin Barth (Polizei-Präsident)
  • 1933 Viktor Lutze (Polizei-Präsident)
  • 1933 - 1936 Johann Habben (Polizei-Präsident)
  • 1936 - 1943 Waldemar Geyer (Polizei-Präsident)
  • 1943 - 1945 Erich Deutschbein (bis zum 8. Mai 1945) (Polizei-Präsident)
  • 1945 Erwin Barth (ab Mai 1945)
  • 1945 - 1946 Adolf Schulte (Leiter der Polizei)
  • 1946 - Fritz Kiehne (Chef der Polizei)
  • 1946 - 1951 Karl Brunke (Chef der Polizei)
  • 1951 - 1953 Robert Meinke (Chef der Polizei)
  • 1953 - 1959 John Westphal (Polizeipräsident)
  • 1961 - 1969 Fritz Kiehne (Polizeipräsident)
  • 1969 - 1978 Heinrich Boge (Polizeipräsident)
  • 1979 - 1981 Wolfgang Kleine (Polizeipräsident)
  • 1981 - 1983 Gottfried Walzer (Polizeipräsident)
  • 1983 - 1987 Götz Kroneberg (Polizeipräsident)
  • 1987 - 1993 Detlef Dommaschk (Polizeipräsident)
  • 1993 - 1995 Herbert Sander (Polizeipräsident)
  • 1995 - 2007 Hans-Dieter Klosa (Polizeipräsident)
  • 2007 - 2011 Uwe Binias (Polizeipräsident)
  • ab 2011 Axel Brockmann (Polizeipräsident)

Literatur

  • Dirk Riesener: Die Polizeidirektion Hannover. Gesellschaft, Industrie und Polizei vom Deutschen Reich bis zur Bundesrepublik Deutschland, Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2006, ISBN 3-7752-5926-0[2]
  • Hans-Jürgen Heuer, Hans-Dieter Klosa, Burkhard Lange, Hans-Dieter Schmid (Hrsg.): Von der Polizei der Obrigkeit zum Dienstleister für öffentliche Sicherheit. Festschrift zum 100. Gebäudejubiläum des Polizeipräsidiums Hannover 1903-2003, Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH, Hilden 2003[2]; darin:
    • Günther Kokkelink: Planungs- und Baugeschichte des „Königlichen Polizeipräsidiums“ in Hannover – heute: „Polizei-Direktion“;
    • Dirk Riesener: Die Polizeidirektion Hannover von ihrer Gründung 1809 bis 1866. Von der kommunalen Polizei zur General-Polizei-Direktion des Königreichs Hannover;
    • Thomas Kailer: „... der höllischen Ausgeburt den Kopf vor die Füße legen ...“ – Zur Psychologie der strafenden Gesellschaft. Der Fall Fritz Haarmann;
    • Hans-Dieter Schmid: Die Gestapo Hannover;
    • Hans-Joachim Heuer: Die nationalsozialistische polizeiliche Verfolgung und die Leiden der Verfolgten;
    • Dirk Götting: Deutsch-britisches Intermezzo; die Kriminalpolizei Hannover 1945 zwischen Reichskriminalpolizeistelle und Regional Records Bureau;
    • Frank Liebert: Von der Diktatur zur Demokratie. Die niedersächsische Polizei von 1945 bis 1951;
    • Thomas Grotum: „... wollte ich nur unsere Kraft zeigen, damit sie unsere ‚Ecke’ anerkennen ...“ – Polizei und Halbstarke in Hannover
  • Paul Kieschke: Der Neubau des Königlichen Polizeipräsidiums in Hannover. In: Zeitschrift für Bauwesen. Jg. 54 (1904), Nr. 10, urn:nbn:de:kobv:109-opus-91007, S. 545–562. (Dazu Abbildungen im ZfB-Atlas des Jahrgangs 1904, urn:nbn:de:kobv:109-opus-91031, Blatt 56–61.)
  • Klaus Mlynek: Polizeiwesen. In: Stadtlexikon Hannover. S. 504.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus Mlynek: Wermuth, (2) Karl Georg Ludwig, in: Stadtlexikon Hannover, S. 671f.
  2. a b Förderkreis der polizeigeschichtlichen Sammlung Niedersachsen e.V.: Polizeigeschichte-Niedersachsen.de, Literaturliste z.T. mit Inhaltsangabe auf Zukunft braucht Herkunft:
52.36679.732513

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