DBAG-Baureihe 101

DBAG-Baureihe 101
DBAG-Baureihe 101
Baureihe 101 mit einem InterCity bei Linz am Rhein
Nummerierung: 101 001–101 145
Anzahl: 145
Hersteller: Adtranz
Baujahr(e): 1996–1999
Achsformel: Bo'Bo'
Länge über Puffer: 19.100 mm
Dienstmasse: 84 t
Radsatzfahrmasse: 21,7 t
Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h (Österreich 160 km/h)
Dauerleistung: 6400 kW
Anfahrzugkraft: 300 kN
Leistungskennziffer: 73,6 kW/t
Treibraddurchmesser: 1250 mm (neu) /1170 mm (abgenutzt)
Stromsystem: 15 kV ; 16,7 Hz
Antrieb: Hohlwellenantrieb, IGA
Lokbremse: mechanische Bremse,
Scheibenbremse auf Hohlwelle
Zugsicherung: Sifa, LZB 80 mit PZB 90
ETCS (101 140–144)
Kupplungstyp: Schraubenkupplung

Die Elektrolokomotiven der Baureihe 101 der Deutschen Bahn AG sind Hochleistungs-Universallokomotiven mit Drehstromantrieb. Sie wurden Mitte der 1990er Jahre als Ersatz für die damals etwa 25 Jahre alten Lokomotiven der Baureihe 103 beschafft. Adtranz bekam den Auftrag über 145 Lokomotiven.

Mittlerweile hat die Baureihe 101 die Loks der Baureihe 103 als Regelbespannung im Fernverkehr der Deutschen Bahn AG abgelöst und sich im alltäglichen Betriebseinsatz bewährt; die Rolle des (öffentlich wahrgenommenen) Aushängeschildes des schnellen Eisenbahnverkehrs in Deutschland hingegen ist von der Baureihe 103 auf den ICE übergegangen.

Die für die US-amerikanische New Jersey Transit gebaute Elektrolokomotive ALP-46 ist aus der Baureihe 101 abgeleitet. Das Design des Lokkastens entspricht jedoch einer Bombardier TRAXX.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Baureihe 101 mit InterCity
Baureihe 101 mit InterCity bei Bremen

Anfang der 1990er Jahre wurde immer deutlicher, dass die im schweren und schnellen InterCity-Dienst stehenden E-Loks der Baureihe 103 verschlissen waren. Vor allem die jahrelange Bespannung von langen, zweiklassigen InterCitys bei einer jährlichen Laufleistung von bis zu 350.000 Kilometern belastete die Loks bis zur Leistungsgrenze. Als die DB im Rahmen des Programmes DB 90 versuchte, die Betriebskosten durch „Fahren auf Verschleiß“ zu senken, führte dies zu zunehmenden Schäden am Schaltwerk, den Fahrmotoren und Drehgestellrahmen. Ein Ersatz für die ursprünglich 145 Lokomotiven erforderte kurzfristig eine Neubeschaffung, da auch wegen der Wiedervereinigung Deutschlands und des Ausbaus von Schnellstrecken in den neuen Ländern trotz der Beschaffung von ICE-Zügen ohnehin ein Mangel an schnell laufenden E-Loks bestand.

Die DB forderte von der deutschen Bahnindustrie Angebote für neue Hochleistungslokomotiven an. Siemens und Krauss-Maffei hatten mit dem EuroSprinter 127 001 bereits einen Prototypen auf den Schienen, und AEG Schienenfahrzeugtechnik konnte sehr bald ein fahrfähiges Vorführmuster ihres Konzeptes 12X, die spätere 128 001, präsentieren. ABB Henschel hatte keinen modernen Prototypen, sondern lediglich ein Konzept mit dem Namen Eco2000 und eine Technologie-Demonstration auf Basis von zwei damals bereits 15 Jahre alten Drehstromlokomotiven der Baureihe 120, die zu Versuchsträgern umgebaut wurden.

Eine 101 mit IC 2411 bei Allersberg

Bei der Komponenten-Entwicklung für Eco2000 stützte man sich auf zwei Vorserien-Loks der Baureihe 120, die 120 004 und 005, die von ABB bereits 1992 umgebaut wurden, um neue Technologien in der Praxis erproben zu können. Die 120 005 hatte neue Stromrichter auf Basis von GTO-Thyristoren und eine neue Bordelektronik erhalten, 120 004 darüber hinaus auch vom ICE adaptierte Drehgestelle, die später die Baureihe 101 erhielt und einen biologisch abbaubaren Polyol-Ester als Kühlmittel für den Haupttransformator. Beide Loks legten in dieser Konfiguration große Strecken im planmäßigen IC-Dienst störungsfrei zurück.

Weitere technische Daten
Gewicht der Fahrmotoren jeweils 2.136 kg
Einzelregelungen Radsatzregelung
Längskraftübertragung Zugstangen
Radsatzabstand im Drehgestell 2.650 mm

1994 vergab die DB den Auftrag über die neue Baureihe 101 an ABB Henschel. Die anderen Hersteller bekamen auf Basis ihrer Prototypen Entwicklungsaufträge für die Baureihen 145 (AEG) und 152 (Siemens/Krauss-Maffei). Da man zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass der Fernverkehr in wenigen Jahren ohnehin komplett auf ICE-Triebzüge umgestellt sein würde, war die 101 so auszulegen, dass sie auch im schnellen Güterzugdienst (z. B. InterCargo-Züge mit bis zu 160 km/h) verwendbar sei.

Die erste Lokomotive, 101 003, hatte im Sommer 1996 ihr Rollout. Sie war, wie die ersten drei Loks dieser Baureihe, noch im orientroten Farbschema ausgeführt. Alle weiteren Lokomotiven wurden bereits in verkehrsrot abgeliefert. Zwischenzeitlich hatte ABB Henschel mit AEG Schienenfahrzeugtechnik zu ADtranz fusioniert, so dass die Lokkästen nun teilweise in Hennigsdorf und teilweise in Kassel gebaut wurden. Die in Hennigsdorf geschweißten Lokkästen wurden dabei mit Tiefladern über die Autobahn nach Kassel geschafft, wo sie auf ihre Fahrgestelle, die in Breslau (Polen) gefertigt wurden, gesetzt und betriebsfertig ausgerüstet wurden. Insgesamt wurden 145 Stück beschafft, die buchmäßig zum Betriebshof Hamburg-Eidelstedt gehören (dort finden die „mittelgroßen“ Wartungen statt).

Im Zugunglück von Brühl kam am 6. Februar 2000 die 101 092 in einem Haus zum Stehen. Die Maschine wurde anschließend zerlegt. Ende Mai 2001 beschloss die DB den Neuaufbau der Maschine.[1]

Wichtige Bauteile der 101 wurden schon in anderen Lokomotiven erprobt, so war die Stromrichter- und Leittechnik schon auf der 120 005 im Einsatz. Die Lok 120 004 hatte auch schon den IGA der 101.

Aufgrund eines hohen Schadstands mussten Anfang 2003 eine Reihe von Leistungen der Lokomotiven durch Fahrzeuge der Baureihen 103, und 120.1 übernommen werden. Eine zu geringe Dimensionierung der Antriebstechnik galt als Hauptursache für den Ausfall vieler Lokomotiven der Baureihe 101.[2]

Bis heute fanden sich bei Lokomotiven dieser Baureihe drei Schwachpunkte:

  1. Es wurde festgestellt, dass die Stromrichterspeisegeräte nicht ausreichend abgeschirmt waren, so dass sie den Rangiersprechfunk störten
  2. Der Drehzahlgeber für die Fahrmotoren erwies sich als zu schwach (diese Probleme wurden im Lauf der Zeit behoben)
  3. Eine bestimmte Baugruppe im Transformator neigte zu Schäden, was jedoch nicht betriebsrelevant war und bei den Fristarbeiten behoben wurde

Lokkasten

Die Baureihe 101 fällt, wie alle anderen Neubauloks der DBAG auch, zunächst durch eine breite, abgeschrägte Frontpartie auf. Der Lokkasten musste einerseits möglichst windschnittig und andererseits auch möglichst kostengünstig sein. Deshalb wurde auf eine mehrfach gekrümmte Front wie bei der Baureihe 103 verzichtet. Eine weitere Zuspitzung der Front wäre auch wenig sinnvoll gewesen, da sich bei separaten Loks und Wagen der Abstand zwischen Lok und Wagen vergrößert. Das würde die Vorteile einer spitzen Front aufgrund der im Zwischenraum auftretenden Verwirbelungen schnell zunichtemachen.

Eine Lok der Baureihe 101 vor einem InterCity

Die Seitenfenster des Führerstandes in der Baureihe 101 wurden als Schwenkschiebefenster ausgeführt, um den Fensterschacht zu vermeiden, der sich häufig als korrosionsanfällig erwiesen hatte (Die Fenster der Baureihen 145 und 152 werden weiterhin versenkt). Zur Frontpartie passend hat der Hersteller in der Spitze der Seitenfenster ein Stück geschwärztes Blindglas eingeklebt.

Der Führertisch entspricht weitgehend denen der Baureihen 120 und 401 (ICE) und wurde wie bei diesen rechts statt mittig installiert. Diese Anordnung des Führertisches ermöglichte es, auf eine teurere durchgehende Frontscheibe zu verzichten.

Ein besonderes Merkmal der Baureihe 101 sind auch die Drehgestellblenden. Sie wurden entlang der Rahmenlängsseite angebracht und reichen bis auf die Höhe der Radlager hinunter.

Um eine tragende Struktur des Untergestells zu erreichen, wurden in Hennigsdorf und dem ADtranz-Werk Breslau massive C-Profile zusammengeschweißt. Für die Kopfstücke schweißte der Hersteller eine kastenförmige Konstruktion. Die Stoßpuffer an der Front sind auf Druckkräfte bis zu 1000 kN ausgelegt, die Front unter den Stirnfenstern fängt 700 kN Druckkraft auf. Die Bleche unter den Frontscheiben haben eine Stärke von 8 mm, die anderen Frontbleche nur noch die Hälfte (4 mm) und die Bodenbleche sind 3 mm stark. Das Gerüst der Seitenwände wurde aus senkrecht angeordneten Profilen angefertigt. Zur Verkleidung erhielt des Gerüst eine 3 mm starke Blechbeplankung. Das Dach wurde aus Aluminium hergestellt. Den Abschluss zu den drei Dachsektionen macht ein aus 6 oder 5 mm starken Blechen geschweißter Obergurt. Die Dachschrägen und Lüftergitter gehören zum Dach und lassen sich mit diesem abnehmen.

Drehgestelle

Anlenkung des Drehgestellrahmens (oben links) mittels Zug-/Druckstange (unten, von rechts kommend) bei der Baureihe 101
Drehgestell der Baureihe 101 mit großen Rädern und kurzem Radsatzabstand
Drehgestell des ICE 1 mit dem größeren Radsatzabstand und den kleineren Rädern

ADtranz und Henschel wollten für die Baureihe 101 ein Drehgestell entwickeln, das größtmögliche Flexibilität zulässt. So ist das Drehgestell für maximal 250 km/h konzipiert und direkt vom ICE abgeleitet, obwohl die Baureihe 101 für nur 220 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen ist. Des Weiteren verträgt sich das Drehgestell mit den Radsätzen anderer Spurweiten. Es ist auch möglich, wie bei der Re 460 der SBB radial einstellbare Achsen einzubauen, worauf die DB aber verzichtete.

Das Drehgestell hat keinen Querträger für einen Drehzapfen, da die Kraftübertragung zwischen Lok und Drehgestell über Zug-/Druck-Stangen erfolgt. Das Drehgestell wurde aus Kastenprofilen zusammengeschweißt. Die vier Schraubenfedern pro Drehgestell haben Führungsaufgaben senkrecht zum Federweg. Auf jeder Drehgestellseite befindet sich ein Schraubenfederpaar. Dort, wo die Schraubenfedern auf dem Drehgestell sitzen, ist der Rahmen des Drehgestells leicht nach unten gekröpft. Die Kopfträger nehmen Drucklufteinrichtungen und Bremszangen auf und sind stärker nach unten gekröpft als im Bereich der Schraubenfedern. Der innere Kopfträger trägt den massiven Zapfen zur Aufnahme der Zugstange. Der Zapfen ist sehr weit unten. Durch die Tiefanlenkung der Zug/Druck-Stangen entsteht ein Angriffspunkt, der rechnerisch nur 150 Millimeter über SO (Schienenoberkante) liegt. Statt des Querträgers hat der Drehgestellrahmen zusätzlich angeschraubte Hilfsträger, die als Montagehilfe dienen, um die Antriebseinheit drehbar am Lokkasten aufzuhängen. Die Motoren sind über Pendel mit den Kopfträgern des Drehgestells verbunden. Durch die Aufhängung des Motors an einem Pendel wird die gesamte Antriebseinheit abgefedert. In der Horizontalen ist das Drehgestell von der Antriebseinheit völlig unbelastet, und in der Vertikalen hängen 40 Prozent der Antriebsmasse am Drehgestell. Die restlichen 60% trägt der voll abgefederte Lokkasten. Das Entwicklungsziel einer möglichst geringen ungefederten Masse wurde somit erreicht.

Der Drehgestell-Radsatzabstand der Baureihe 101 beträgt 2650 Millimeter gegenüber den 3000 Millimetern des ICE-Triebkopfdrehgestells. Diese Verkürzung ermöglicht der Lok das Durchfahren auch engerer Gleis-Krümmungsradien als sie für den ICE vorgesehen sind. Die Baureihe 101 hat zudem größere Räder als der ICE (Baureihe 101: 1250 mm (neu), abnutzbar auf 1170 mm; ICE: 1040 mm). Durch das kompakte Drehgestell werden die Relativbewegungen zwischen Lokkasten und Drehgestell so weit verringert, dass die elektrischen Zuleitungen zum Motor außerhalb der Lüftungskanäle geführt werden können, was die Montage erleichtert und die Lebensdauer verlängert.

Antrieb

Antriebseinheit

Im Lastenheft der DB AG wurden für Motor und Getriebe zwei Millionen Kilometer störungsfreie Laufleistung gefordert. Das machte für die Baureihe 101 eine Neukonstruktion von Motor und Getriebe nötig, da die Baureihe 120.1 die Erwartungen nicht erfüllt hatte. ABB entwickelte den integrierten Gesamtantrieb (IGA). Beim IGA befindet sich das ritzelseitige Motorlager innerhalb des Getriebegehäuses, an das der Motor direkt angeflanscht ist. Diese Konstruktion ermöglicht auch die Lagerung des Zwischenrades im Getriebegehäuse. Der Ölverlust wurde durch das Vermeiden von Teilungsfugen an Lagerstellen verringert.

Das Antriebsmoment wird von dem Zwischenrad auf ein Großrad über das erste Gummi-Kardangelenk, die Hohlwelle und anschließend sechs massive Bolzen auf das gegenüberliegende Antriebsrad übertragen. Das Getriebe ist für eine Übersetzung von 3,95:1 ausgelegt. Die Läufer der Fahrmotoren drehen sich maximal 3940 mal pro Minute um die eigene Achse. Mit abgenutzten Rädern ergibt sich eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h. Durch das Zwischenrad entsteht in der Antriebseinheit genügend Abstand zwischen Motor und Hohlwelle, so dass auf der Hohlwelle Scheibenbremsen angebracht werden konnten; ebenso entstand Einbauraum für die Bremsscheiben durch das Fehlen von Querträger und Drehzapfen.

Die Scheibenbremsen sind geteilt und innenbelüftet. Sie können von unten ausgewechselt werden, ohne dabei die Hohlwelle ausbauen zu müssen. Beim Abbremsen der Lok wird vor allem die elektrische Bremse verwendet. Diese ist als Nutzbremse ausgeführt, d. h. die Fahrmotoren arbeiten dann als Generator. Das Zusammenspiel zwischen Scheibenbremsen und Nutzbremse regelt ein Bremsrechner. Jedes Rad verfügt über einen eigenen Bremszylinder, wobei ein Bremszylinder pro Radsatz für die Federspeicherbremse verwendet wird.

Der Fahrmotor hat kein Gehäuse. Die Statorblech-Pakete werden durch Zugleisten und Pressplatten zusammengehalten. Dadurch wird gleich eine äußere Form gebildet, die ein Gehäuse überflüssig macht. Die Kühlluft wird durch Kanäle und eingestanzte Löcher in den Blechen geleitet. Für den Rotor werden Dynamobleche verwendet, die durch Pressplatten zusammengehalten werden. Die Läuferstäbe aus Kupfer sind in die Nuten des Blechpakets eingetrieben und durch Verstemmen fixiert.

Transformator

Der Transformator mit einer höheren Leistung ist mit 13 Tonnen der schwerste, der bisher in einer deutschen Lok eingebaut wurde. Als Kühlmittel wird Polyolester verwendet. Der Transformator wurde unterflur am Lokkasten aufgehängt, was einen sehr aufgeräumten Maschinenraum ermöglichte. Die meisten Bauteile können über den Mittelgang herausgenommen werden.

Die DB AG forderte für die Lok einen Gesamtwirkungsgrad von 85 Prozent. Vorhergehende Drehstromlokomotiven erreichen meistens nur 80–83 Prozent. Das machte eine Optimierung des Transformators und insbesondere der Stromrichter notwendig, da diese aufgrund des starken Entwicklungsschubes in der Halbleiterbranche das größte Optimierungspotenzial boten. Die DB AG rechnete aus, dass bei einer Drehstromlok ein Prozent mehr Wirkungsgrad eine halbe Million Mark Energiekosten im Laufe des Fahrzeuglebens einspart (Stand: Februar 2001). Der Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades kam auch die Verwendung von IGBT-Transistoren in den Hilfsbetriebe-Umrichtern zugute.

Der Transformator hat vier sekundärseitige Wicklungen für die Traktionsleistung, eine Zugheiz- und Filterwicklung sowie zwei 315-Volt-Wicklungen für Hilfsbetriebe. Eine dieser Wicklungen speist die Umrichter, die die 30 Hilfsbetriebe-Motoren der Lok mit Drehstrom versorgen; dazu gehören Luftpresser, Stromrichterkühler, vier Fahrmotorlüfter und zwei Trafokühler, außerdem Pumpen und Kühlgebläse. Die andere Hilfsbetriebwicklung versorgt die Führerstandheizung und das Batterieladegerät.

Traktionsstrom

Die Baureihe 101 kann die Zugkraft jedes Fahrmotors einzeln regeln. Das ermöglicht in jeder Situation eine optimale Ausnutzung des Reibungswerts aller Radsätze. Die Radsatzregelung bietet weiterhin den Vorteil, dass die Lok bei Defekt einer Antriebsgruppe immer noch mit 75 Prozent der normalen Traktionsleistung weiterfahren kann. Bei der Drehgestellregelung wären es nur noch 50 Prozent.

An jeder der vier Traktionswicklungen des Transformators ist ein Traktionsstromrichter angeschlossen, der aus folgenden Baugruppen besteht: Vierquadrantensteller, Gleichspannungs-Zwischenkreis und Pulswechselrichter. Der Vierquadrantensteller und der Pulswechselrichter sind aus universell einsetzbaren Stromrichtermodulen aufgebaut. Jedes Modul hat Leistungshalbleiter und Beschaltungs- und Schutzinstrumente. Die GTO-Thyristoren der Stromrichter werden durch Impulse geregelt, die über Lichtwellenleiter aus dem Antriebssteuergerät kommen. Die Halbleiter und der Transformator werden mit Polyol-Ester gekühlt. Im Zwischenkreis ist ein Saugkreis angeordnet, der auf die doppelte Netzfrequenz von 33 1/3 Hz abgestimmt ist und zur Glättung der pulsierenden Leistung aus dem Einphasen-Bahnstromnetz dient.

Stromabnehmer des Typs DSA 350 SEK der Baureihe 101

Im Fahrbetrieb wird die elektrische Energie über den Stromabnehmer des Typs DSA 350 SEK aus der Oberleitung abgenommen und über Hauptschalter und Oberstromwandler in die Primärwicklung des Haupttransformators geführt, von wo aus die vier Sekundärwicklungen (für jeden Fahrmotor eine) abgehen. Die hier anliegende Wechselspannung einer jeden Wicklung gelangt in den Vierquadrantensteller, der dann als Gleichrichter den Gleichspannungszwischenkreis speist. Der Pulswechselrichter formt die Gleichspannung aus dem Zwischenkreis in dreiphasige Wechselspannung variabler Frequenz und Spannung und speist damit den Asynchron-Fahrmotor.

Im Bremsbetrieb arbeitet der Fahrmotor als Generator und speist in den Pulswechselrichter Drehstrom ein. Der Pulswechselrichter arbeitet jetzt als Gleichrichter. Der Vierquadrantensteller macht dann aus dem Gleichstrom Wechselstrom. Über den Transformator wird der Strom in das Netz gespeist.

Die Stromrichter sind in der Mitte des Maschinenraums paarweise rechts und links des Mittelgangs angeordnet.

Software in der Baureihe 101

Radsatzregelungen und AFB

Die Lok erhielt die AFB (Automatische Fahr- und Bremssteuerung), die den Lokführer dabei unterstützt, eine eingestellte Geschwindigkeit konstant zu halten.

Die Baureihe 101 verfügt über eine Superschlupfregelung. Im Gegensatz zu einer herkömmlicher Schlupfregelung, die jeglichen Schlupf unterbinden, lässt die Superschlupfregelung eine gewisse makrokospische Differenz zwischen Fahrzeug- und Radumfangsgeschwindigkeit zu, den sog. Superschlupf. Dadurch kann der maximale Kraftschluss zwischen Rad und Schiene ausgenutzt werden. Die Superschlupfregelung benötigt sehr exakte Geschwindigkeitsdaten, weshalb eine Geschwindigkeitsmessung per Radar eingebaut wurde. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die Superschlupfregelung auch ohne Radar funktioniert.

Leittechnik und Diagnose

Der Führerstand der Baureihe 101

Die Baureihe 101 besitzt – wie auch der ICE – das eigens von ABB entwickelte 16-bit-Rechnersystem MICAS S als Traktionsleitsystem.

MICAS S ist ein Mehrrechnersystem und für folgende Funktionen zuständig: die Fahrzeugfunktionen, die übergeordnete Zugleitebene und die der peripheren Controller (Microcomputer) für die Antriebsleitebene.

Für die Steuerung, Überwachung und die Diagnose des Fahrzeugs ist ein Bussystem vorhanden. Das verringert den Verdrahtungsaufwand gegenüber der Baureihe 120 erheblich. Die Leitungen für das Bussystem sind zum großen Teil in den Seitenwänden untergebracht. Das zentrale Steuergerät ist das Kernstück dieses Bordrechners, das aus Redundanzgründen zweimal eingebaut wurde. Alle Informationen, die Systeme wie MICAS S oder das DAVID sammeln, und andere Informationen werden in das ZSG (Zentrale Steuergerät) gesendet. Alle Befehle, die für die Funktion der Lok wichtig sind, gehen von dem ZSG aus.

In dem ZSG bearbeiten vier Rechnergruppen die Fahrzeug- und die Zugbussteuerung. Diese vier Rechnergruppen überwachen auch die Zeit-Zeit-Sifa und die Loksteuerung. In den Rechnern erfolgt die Diagnose des Fahrzeugs. In die Ebene der Zugsteuerung gehört z. B. die ZMS (Zeitmultiplexe Mehrzugsteuerung) und die ZWS/ZDS.

Als Zugbeeinflussungssystem verfügt die Baureihe 101 über LZB 80 mit PZB 90. Auf den Lokomotiven 101 140–144 wurde darüber hinaus das europäische Zugsicherungssystem ETCS erprobt. Die Lokomotiven waren dafür bis Mitte 2001 in Kassel mit ETCS ausgerüstet worden[3].

In der Baureihe 101 wurde auch das Diagnosesystem DAVID des ICE weiterentwickelt. So ist es den Instandhaltungswerken mit diesem Diagnosesystem möglich, Störungsmeldungen von jeder Lok, unabhängig von bestimmten Punkten im Eisenbahnnetz, abzufragen. So können Dinge vorbereitet werden, die bei der nächsten Nachschau oder den Fristarbeiten nötig sind und die Aufenthaltszeiten der Lokomotiven verkürzt werden. Das Abrufen der Daten im ICE ist nur an bestimmten Stellen im Netz möglich. Das Unterhaltungswerk kann sich genauere Daten über sich ankündigende oder existente Fehler an der Lok holen und den Lokführer bei der Fehleranalyse und bei der Behebung des Fehlers unterstützen. Das Display weist den Lokführer auf Fehler entweder von sich aus hin oder nur auf Aufforderung des Lokführers.

Einsatz

Leistungsdaten bei Strecken-Steigungen bis 3 Promille
Zugmasse Geschwindigkeit Zugart
500 t 220 km/h Intercity
600 t 200 km/h Intercity
800 t 160 km/h Parcel InterCity
1200 t 120 km/h Intercargo
2200 t 100 km/h gemischter Güterzug

Die Baureihe 101 wurde im Bahnbetriebswerk Hamburg-Eidelstedt stationiert. Im Sommerfahrplan 1997 fuhren die ersten 101 ihren Betriebseinsatz in einem zehntägigen Umlauf. Zunächst wurden die schweren IR-Züge auf der Linie zwischen Hamburg und Konstanz mit der neuen Baureihe 101 anstelle der Baureihe 111 bespannt. Zum Winterfahrplan 1997 waren schon 21 Loks der Baureihe 101 anstelle der Baureihe 103 unterwegs. Ende desselben Jahres fuhren 60 Loks der Baureihe 101. Die Auslieferung dauerte bis zum Sommer 1999, als die letzte Lokomotive dieser Baureihe das Henschel-Werk in Kassel verließ.

Von 1999 bis 2004 zogen die silbern lackierten 101 130 und -131 [4] sowie als Reserve die verkehrsrot lackierten 101 124 und -126 den Geschäftsreisezug Metropolitan Express Train (MET). Diese vier Lokomotiven sind als Triebzuglokausführung zusätzlich mit einem MET-Zugbus (WTB) und einem Bordcomputer je Führerstand ausgerüstet, mit dem sowohl von der Lokomotive als auch vom Steuerwagen aus Daten und Zustände des Wagenzuges abgefragt und gesteuert werden können.

Nachts und an den Wochenenden sind viele 101 vor Güterzügen im Einsatz, wie etwa den Parcel-Intercitys mit 160 km/h im Auftrag von DB Schenker Rail. DB Schenker Rail und DB Fernverkehr einigten sich auf die Abgabe aller 101 an DB Schenker Rail, wenn der Fernverkehr vollständig auf Triebzüge umgestellt werden sollte. Mit dem München-Nürnberg-Express steht die 101 auch für den Regionalverkehr im Einsatz.

101 086 im Österreichischen Binnenverkehr vor ÖBB IC 640 von Wien nach Salzburg bei Tullnerbach-Pressbaum
101 138 vor EC 22 auf der Österreichischen Westbahn bei Böheimkirchen

Mittlerweile hat sich die 101 als wichtigste Lok im hochwertigen Fernverkehr der DB AG bewährt. Zwar erbringt sie über weite Teile des Geschwindigskeitsbereichs geringere Zugkräfte als eine Lok der Baureihe 103[5], jedoch hat sie besonders bei schwierigen Reibungsverhältnissen durch die Radsatzschlupfregelung und die selektive Drehmomentregelung für jeden Radsatz eine höhere Einsatz-Effektivität als die 103.

Die Flotte der Baureihe 101 fährt insgesamt 55 Millionen Kilometer im Jahr. Im Durchschnitt erreicht jede Lok 380.000 Kilometer/Jahr. Dabei ist die Baureihe 101 weniger störanfällig oder wartungsintensiv als die Vorgängerbauart 103. So muss nur alle 10.000 Kilometer eine Nachschau gemacht werden und alle 100.000 Kilometer müssen Fristarbeiten erledigt werden.

Die Nutzungszeit der Maschinen endet nach aktueller Planung um 2027.[6]

In den USA wird bei New Jersey Transit die ALP-46 im Nahverkehr eingesetzt, die der Baureihe 101 sehr ähnlich ist.

Erprobung und Versuche

101 047 mit LED-Scheinwerfer

Die Lokomotive 101 047 wurde im Dezember 2009 mit LED-Signalleuchten und einer Signalleuchtenheizung ausgerüstet. An diesem Versuchsträger soll getestet werden, ob die Umrüstung für alle Lokomotiven dieser Baureihe wirtschaftlich ist. Das UIC-Spitzensignal in LED-Technik ist bereits aus anderen Baureihen bekannt und wird bei der Baureihe 101 mit neusten warmweißen LED bestückt, die den aktuellen Stand der LED-Technik darstellen. Neu ist eine LED-Implementierung für den Fernscheinwerfer, die weltweit erstmalig in der Schienenfahrzeugtechnik Anwendung findet. Damit die Signalleuchten auch bei Schneefall und Eisbildung sichtbar bleiben, wurde diese Lokomotive mit einer temperaturgesteuerten Signalleuchtenheizung ausgestattet[7].

Werbeloks

Aufgrund der glatten Außenhaut und des deutschlandweiten Einsatzes im Reisezugdienst wird die Baureihe 101 als fahrender Werbeträger eingesetzt. Bereits kurz nach Auslieferung der ersten Lok warb ab Mai 1998 die 101 001 für das Musical „Starlight Express“, gefolgt von Werbekampagnen der Bayer AG, der CMA sowie des Landes Baden-Württemberg, verschiedener Fluggesellschaften und der Adler Mannheim. Auch die Bahn AG selbst nutzte die Loks, um für das neue Preissystem zu werben.

Die Werbung wird nicht lackiert, sondern auf Folien gedruckt, welche auf den Lokomotivkasten geklebt werden. Bis Mitte 2006 gab es rund 200 Werbeeinsätze, wobei viele Loks mit identischen Folien beklebt waren.

Literatur

  • Karl Gerhard Baur: Baureihe 101 – Die neuen Lokomotiv-Stars der Deutschen Bahn. GeraMond, München 1999, ISBN 3-932785-43-6.
  • Karl Gerhard Baur: Im Führerstand. Baureihe 101. In: Lok-Magazin. Jg. 41, Nr. 244, GeraNova, München 2002, S. 60–62. ISSN 0458-1822
  • Wolfgang Klee: Die Hochleistungs-Universal-Loks der BR 101. In: Die Baureihen 101, 145, 152 und 182 – EisenbahnJournal, Sonderausgabe. Nr. 1, München 2001, S. 22–39. ISSN 0720-051-X

Weblinks

 Commons: DBAG Class 101 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Meldung Aktuelles in Kürze. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2001, ISSN 1421-2811, S. 292 f.
  2. Angespannte Lage bei BR 101. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2003, ISSN 1421-2811, S. 195.
  3. Meldung 101 mit ETCS-Ausstattung. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2001, ISSN 1421-2811, S. 293.
  4. Werbelok-Design
  5. Andreas Steimel: Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung. Industrieverlag, Oldenbourg 2006. ISBN 3-8356-3090-3
  6. Walter Wille: Fahrzeuge für Milliarden, ICE für alle. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 5. Juni 2007, S. T1.
  7. DB Bahn – Tf Aktuell, 26. Dezember 2009, S. 2

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