Karl XIV.

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Karl XIV. Johann

Karl XIV. Johann (* 26. Januar 1763 in Pau, Frankreich als Jean-Baptiste Jules[1] Bernadotte; † 8. März 1844 in Stockholm) war französischer Kriegsminister, Marschall von Frankreich, Prince[2] de Ponte Corvo, Oberbefehlshaber der alliierten Nordarmee gegen Napoléon sowie von 1818 bis 1844 als Karl XIV. Johann König von Schweden und als Karl III. Johann von Norwegen. Nach seinem Tod wurde er in der Stockholmer Riddarholmskyrkan beigesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Kurzbiografie

Jean-Baptiste Bernadotte war ein französischer Revolutionsgeneral, der nach der französischen Eroberung Belgiens, Hollands und des linken Rheingebietes unter Napoléon Bonaparte in der Italienarmee kämpfte. Als kurzzeitiger Kriegsminister und angesehener Militär war er Konkurrent Napoléons und einer der wenigen, die den Aufstieg des Korsen vielleicht hätten verhindern können. Seine Frau Désirée Clary, eine ehemalige Verlobte Napoléons, war allerdings die Schwägerin von Joseph Bonaparte. Zwischen Napoléon und ihm herrschte eine Art Hass-Liebe.

In der Kaiserzeit wurde Bernadotte einer der 14[3] Marschälle vom 19. Mai 1804, mit denen Napoléon seine Feldzüge führte. Er nahm u. a. an den Schlachten bei Austerlitz und Wagram teil und verfolgte erfolgreich Blücher nach Lübeck, wo er ihn gefangen nahm.

König Karl XIV. Johann, gemalt von Fredric Westin

In seiner Zeit bis 1810 war er Gouverneur des Kurfürstentums Hannover, Ansbachs und der Hansestädte. Vom Kaiser erhielt er den Titel eines Fürsten von Ponte Corvo und weitere Ehrungen. Nach der Schlacht von Wagram (1809) hatte er sich mit dem Kaiser zerstritten, führte aber erfolgreich die Verteidigung Frankreichs, als die Engländer in Holland landeten.

1810 wurde er von König Karl XIII., der kinderlos war, adoptiert und so schwedischer Thronfolger. Bernadotte wurde nun als Karl Johann Schwede und trat zum evangelisch-lutherischen Glauben über. Da Norwegen ab 1814 mit Schweden in Personalunion verbunden war, wurde er so auch norwegischer Thronfolger und nach dem Tode seines Adoptivvaters auch norwegischer König.

Als in den folgenden französischen Feldzügen Schwedisch-Pommern widerrechtlich besetzt wurde und Schweden immer größeren französischen Repressalien ausgesetzt wurde, begann Karl Johann, Napoléons Gegner zu unterstützen. So riet er Zar Alexander I. zu der Rückzugstaktik, die den französischen Russlandfeldzug zur Katastrophe werden ließ.[4] 1813 stellte er sich mit schwedischen Truppen gegen Napoléon und wurde Oberbefehlshaber einer von drei Armeen der Koalition, der sogenannten Nordarmee, bestehend aus Preußen, Russen und Schweden. Unter ihm errang von Bülow den Erfolg bei der Schlacht bei Großbeeren und Dennewitz. Aufgrund des von ihm und Radetzky ausgearbeiteten Trachenberg-Planes kam es zur Völkerschlacht bei Leipzig. An der Schlacht selbst nahmen er und die von ihm kommandierte Nordarmee nur zögerlich teil. Im weiteren Feldzug weigerte er sich, auf französischem Boden zu kämpfen und Frankreich zu vernichten, obwohl Zar Alexander in ihm Napoléons Nachfolger sah. Stattdessen führte er einen Anschluss Norwegens an Schweden durch.

In der Folgezeit begründete er Schwedens Neutralitätspolitik und beteiligte sich nicht an der Koalition gegen Napoléon während der Herrschaft der hundert Tage. 1818 wurde Bernadotte als Karl XIV. Johann König von Schweden und als Karl III. Johann König von Norwegen. In Schweden regiert die Dynastie Bernadotte noch heute.

Leben

Als Franzose vor Napoléons Regierungsführung

Die Anfänge bis in die französischen Revolution hinein

Jean-Baptiste Bernadotte war das fünfte Kind des Henri Bernadotte (* 14. Oktober 1711, † 31. März 1780), eines Sachwalters beim Seneschall (heute entspräche dies einem Anwalt am Kreisgericht), und dessen Frau Jeanne de Saint Vincent. Er trat nach einer abgebrochenen Anwaltslehre 1780 in die französische Armee ein, in das eigentlich für Übersee bestimmte Marineinfanterie-Regiment Royal-la-Marine. Er diente u. a. auf Korsika, in Marseille und Grenoble, wo er am 7. Februar 1790 den Rang eines Feldwebels erreichte. Durch die Änderungen der französischen Revolution konnte er – wie viele andere auch – als Nichtadliger auch in die Offiziersränge aufsteigen. Die folgenden Beförderungen zum Hauptmann und Bataillonschef erhielt Bernadotte dank seiner Beliebtheit durch Wahlen bei der Truppe, wie es während der Revolution vorübergehend üblich wurde.

In der Revolutionsarmee

In der französischen Revolutionsarmee kämpfte er im 36. Infanterieregiment anfänglich in der Rheinarmee u. a. bei Mainz (Mai 1793) unter dem Oberkommando von General Custine, der das linke Rheinufer erobern wollte, damit Frankreich mit dem Rhein „seine natürliche Grenze“ erhalte. Diesem Gedanken einer „natürlichen Landesgrenze“ blieb Bernadotte verhaftet; die spätere Annexion Norwegens zugunsten Schwedens liegt hier begründet.

In der Folge unterstützte Bernadottes Regiment die Nordarmee und er nahm an den Kämpfen von Hondschoote (September 1793) und Wattignies teil, in deren Folge sich die Koalitionstruppen hinter die Grenzen zurückziehen musste. Durch die Hinrichtung führender, in Ungnade gefallener Generäle wie Custine und Beauharnais durch das Terrorregimes des Öffentlichen Wohlfahrtsausschusses stiegen einige Soldaten wie Jourdan, Moreau, Masséna, Desaix, Lannes und Davout auf – so auch Bernadotte, der am 8. Februar 1794 Kommandeur eines Bataillons, am 4. April Kommandeur einer Halbbrigade mit 3.000 Mann wurde.

In den folgenden Offensiven der französischen Armee unter Jourdan, die bald die Sambre-Maas-Armee genannt wurde, tat sich Bernadotte durch besondere Tapferkeit hervor. So drängte er den österreichischen General Kray nach Maastricht zurück. Beim Sieg in der Schlacht bei Fleurus am 26. Juni 1794 hatte er entscheidenden Anteil, als er wankende Truppen aufhielt, mit 6 Bataillonen verlorenes Terrain zurückeroberte und die Österreicher bis an ihr Lager bei Chapelle d'Erlemont zurückjagte. General Kléber, unter dem Bernadotte stand und mit dem er sich im Laufe der Zeit befreundete, schlug ihn zum Brigadegeneral vor. Bernadotte erreichte mit seinen Truppen am 5. Oktober Neuss, musste sich aber auf Befehl Richtung Maastricht zurückziehen. In der Schlacht bei Aldenhoven (auch Schlacht bei Jülich genannt) am 2. Oktober hielt er mit 10.000 Mann einer Übermacht von 25.000 Gegnern stand, so dass die Franzosen unter dem Oberbefehl von Jourdan siegten. Am 22. Oktober 1794, zweieinhalb Jahre nach Erhalt des Unteroffizierrangs, wurde er Divisionsgeneral.

Als am 4. November 1794 Maastricht kapitulierte, wurde Bernadotte bis zum Dezember Garnisonskommandant. Im Januar 1795 übernahm er in Köln das Kommando über die 4. Division, mit der er zwar Kreuznach eroberte, die sich aber wegen der anderen französischen Misserfolge durch Pichegru und Kléber ebenfalls zurückziehen musste. Auch im Deutschlandfeldzug 1796 war Bernadotte anfänglich erfolgreich. Er besetzte Würzburg, Bamberg und Nürnberg und schlug bei Montabaur, Hadamar und Limburg an der Lahn den Feind zurück, musste aber dem damals 25-jährigen Erzherzog Karl nach der verlorenen Schlacht bei Wetzlar weichen, als dieser ihn durch ein Täuschungsmanöver mit der österreichischen Hauptarmee angriff. Jourdan wurde endlich bei Würzburg geschlagen und dankte Anfang September ab. Letztlich galt die Sambre-Maas-Armee als vernichtet.

Unter Napoléon in der Italienarmee

Bernadotte hoffte nach Indien, Mauritius, Réunion oder Amerika geschickt zu werden, jedoch erbat der unter Druck geratene General der Italien-Armee, Napoléon Bonaparte, Unterstützungstruppen, die ihm das Direktorium durch Bernadotte schickte. Die 20.000 Mann schafften die 1.000 Kilometer in kürzester Zeit und der Alpenübergang galt lange Zeit als vorbildlich. In Italien Anfang Februar angekommen, gab es Streit über die Unterbringung der Soldaten, in dessen Verlauf Bernadotte Berthier, Napoléons Generalstabchef, zum Duell auffordern wollte und seitdem eine Feindschaft zwischen beiden herrschte.

Am 3. März 1797 fand die erste Begegnung zwischen Napoléon und Bernadotte in Mantua statt. Bernadotte erhielt den Befehl über die 4. Division, die auf Wien marschieren sollte und ganz aus seinen zugeführten Truppen der Sambre-Maas-Armee bestand. Auf dem Weg dahin zeigte Bernadotte weiteren Mut, besetzte am 18. Palmanova. Am 19. eroberte er Gradisca, so dass sich Erzherzog Karl nur nach Norden zurückziehen konnte. Anschließend hatte Bernadotte die Aufgabe, Richtung Laibach (Ljubljana) zu marschieren und die dortige Gegend zu besetzen. An den dort eroberten Quecksilberminen von Idria bereicherte sich Napoléon mit 800.000 Francs, behielt die Hälfte und verteilte den Rest an Offiziere – u. a. Berthier 100.000, Bernadotte, Murat, Fraint und Junot jeweils 50.000.

In der Waffenstillstandszeit schickte Napoléon Bernadotte mit restlichen eroberten österreichischen Fahnen und einem Brief, in dem er schrieb, Bernadotte „… gehört heute zu den Offizieren, die am stärksten zum Ruhm der Italienarmee beitragen“ nach Paris zum Direktorium. Dort wurde er mit großen Ehren empfangen und ihm wurde das Kommando von vier Divisionen im Süden Frankreichs angeboten, was er aber ablehnte. Am 13. Oktober traf er wieder in Italien ein und erhielt das Kommando über seine Division zurück, am 17. Oktober wurde der Friede von Campo Formio geschlossen.

Botschafter in Wien, Januar bis Mai 1798

Kurzfristig war Bernadotte vom Direktorium als Nachfolger Napoléons, der die Englandarmee kommandieren sollte, für die Italienarmee vorgesehen. Als es jedoch zu einem Volksaufstand in Rom kam und eine militärische Strafexpedition erfolgen sollte, wurde die Italienarmee Berthier übertragen und Bernadotte wurde auf Empfehlung Napoléons Botschafter in Wien. Seit der Vollstreckung des Todesurteils an Marie Antoinette – einer Tante Kaiser Franz II. des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation hatte es keine diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Österreich gegeben. Bernadotte empfing in dieser Zeit Künstler, zu denen Rodolphe Kreutzer, Johann Nepomuk Hummel, und Ludwig van Beethoven gehörten.

Als Bernadotte den Wunsch des Direktoriums erhielt, die Botschaft mit republikanischen Farben zu schmücken, ließ er am 13. April 1798 um 8 Uhr abends die Trikolore hissen, was zu einem Volksauflauf von 3.000 Personen führte. Das Hissen der Landesflagge war zu dieser Zeit für Botschaften noch nicht typisch, die Trikolore wie alles Revolutionsfranzösische bei den Österreichern verhasst. Infolge des Tumultes wurde das Erdgeschoss der Botschaft gestürmt und verwüstet und die Fahne verbrannt. Bernadottes Adjutant Gérard rettete ihm hierbei das Leben. Da dieser Auflauf insgesamt fünf Stunden dauerte und trotz dreier Schreiben Bernadottes an den österreichischen Minister Thugut die Polizei bzw. das Militär der nahegelegenen Kaserne erst spät in der Nacht stärker einschritt, sah Bernadotte hierin eine gezielt gesteuerte Verletzung des Völkerrechts und verlangte die Pässe.

Nach diesem Vorfall reiste Bernadotte mit seinem Gefolge aus Österreich ab. Um einen Krieg zwischen beiden Ländern zu vermeiden – Napoléon wollte sich zu seinem Ägyptenfeldzug einschiffen und Außenminister Talleyrand sollte zuvor in die Türkei abreisen, die Türken beschwichtigen – entschuldigten sich sowohl der spätere österreichische Kaiser wie auch Talleyrand für Frankreich für diesen Vorfall und Bernadotte wurde gerügt. Das Direktorium billigte sein Verhalten und er wurde am 27. Mai zum bevollmächtigten Gesandten in Den Haag ernannt, was er jedoch dankend ablehnte.

Dieser Vorfall fand in ganz Europa Beachtung, da ein hierdurch ausgelöster Krieg nicht ausgeschlossen schien. Zur Erinnerung trägt die Straße in Wien, an der die Botschaft lag, den Namen Fahnengasse.

Heirat und Oberbefehlshaber in Mainz, Ehrendoktor

Am 17. August 1798 heiratete Bernadotte Désirée Clary, die Tochter eines reichen Händlers aus Marseille. Clary war seit April 1795 Napoléons Verlobte gewesen, bis dieser im März 1796 Joséphine de Beauharnais heiratete. Ihre Schwester Julie war verheiratet mit Joseph Bonaparte, Napoléons Bruder und späterem König von Neapel (1806–1808) und von Spanien (1808–1813). Bernadotte verstand sich sowohl mit seinem Schwager Joseph, der auch Trauzeuge war, als auch mit Lucien Bonaparte sehr gut. Napoléon schätzte er, er lehnte aber den Ägyptenfeldzug ab, weil er mangels französischer Seehoheit von einem Scheitern und damit von der Sinnlosigkeit des Unternehmens überzeugt war.

Am 10. Oktober wurde Bernadotte zur Armée de Mayence versetzt und hatte sein Hauptquartier in der Universitätsstadt Gießen. Wegen seines Engagements zugunsten des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Wissenschaft – er verhinderte auf Einschreiten des Rektors Crome, dass Sammlungen der Universität nach Paris gebracht wurden – wurde ihm am 17. Dezember der Ehrendoktor der Philosophie verliehen.

Später vermittelte Crome den Geheimvertrag zwischen den Franzosen unter Bernadotte und dem Landgrafen von Hessen. Die dafür angebotene Belohnung wies Bernadotte mit der brüsken Frage ab, ob Crome ihn für einen Wucherer halte (Das von Bernadotte verwendete französische Wort „juif“, Jude, war in der Alltagssprache der Zeit ein Synonym für Krämer, Wucherer, ohne antisemitischen Beigeschmack).

Als Joubert sich als unzureichend erwies, ernannte man Bernadotte am 10. Februar 1799 zum Oberbefehlshaber der Italienarmee, der schwere Bedenken aufgrund der mangelnden Truppenstärke hatte. Kriegsminister Schérer übernahm aufgrund Bernadottes Empfehlung an Barras selbst das Oberkommando. Letzterer erhielt am 21. Februar, rückdatiert auf den 5., das Oberkommando der Rheinischen Observationsarmee. Als im erneuten Krieg gegen Österreich diese Armee mit der Helvetien- und der Donauarmee unter Jourdans Kommando zusammengelegt wurde, begab sich Bernadotte wegen „Bluthustens“ in Kur.

Kriegsminister und Vaterschaft

Lucien Bonaparte, der mit Bernadotte befreundet war, gemalt von François-Xavier Fabre, nach 1800

Auf Anraten von Lucien und Joseph Bonaparte schlug Direktor Gohier Bernadotte als Nachfolger des allgemein für unfähig gehaltenen Milet-Mureau zum Kriegsminister vor. Am 2. Juli 1799 wurde Bernadotte einstimmig vom Direktorium gewählt. Zwei Tage später kam sein Sohn Oscar, der spätere Oskar I. von Schweden und Norwegen, auf die Welt. Als Pate kann Désirées ehemaliger Verlobter Napoléon Bonaparte angenommen werden. Zur Zeit Bernadottes Kriegsminsteramtes gab es 260.000 Soldaten, die von allen Seiten durch äußere Feinde und im Inneren durch die Royalisten bedroht waren. Er ordnete die Finanzen, ging gegen Korruption vor, richtete neue Rekrutencamps ein und verbesserte die Versorgung der Truppen. Als Jourdan, Augereau und Saliceti versuchten, mit ihm ein Komplott gegen die Regierung zu verabreden, bei dem Barras, Sieyès und Fouché verhaftet werden sollten, lehnte er dies in seiner Funktion als Kriegsminister mit Truppenunterstützung ab, er müsse dazu zuvor zurücktreten. Das Komplott fand nicht statt. Sieyès, Barras und Roger-Ducos, die gewarnt worden waren, setzten gegen den Widerspruch der anderen beiden Direktoren Bernadotte am 14. September ab, indem sie seinen angeblichen Rücktritt annahmen. Sieyès gewährte Bernadottes gewünschtes Ruhegehalt als Divisionsgeneral. Bernadottes Nachfolger, Edmond Louis Alexis Dubois-Crancé, blieb keinen Monat im Amt und wurde von Berthier beerbt.

Delikat: Bernadotte soll geäußert haben, dass er, als Vorgesetzter, Napoléon verhaften lassen müsse und würde, wenn er sich unerlaubt von seiner Truppe aus Ägypten entfernen würde. Napoléon tat dies durch die Landung in Frankreich genau einen Monat später.

Unter Napoléon

Brumaire 1799

Bernadotte reagierte auf Napoléon zurückhaltend und abweisend, weil er dessen Rückkehr nach Frankreich als Fahnenflucht von den in Ägypten zurückgelassenen Truppen sah. Napoléon suchte den Kontakt über die familiäre Bindung und nutzte die nichtsahnende Désirée als Informantin. Er versuchte sogar, Bernadotte auf seine Seite für den geplanten Staatsstreich zu ziehen, den dieser aber als Republikaner ablehnte. Bernadotte konnte das Versprechen abgerungen werden, von sich aus nichts gegen Napoléon zu unternehmen; würde er aber vom Direktorium oder der gesetzgebenden Körperschaft gerufen, dann ginge er gegen alle Unruhestifter zur Verteidigung der Republik vor. Aufgrund des gegebenen Wortes lehnte Bernadotte eine Zusammenarbeit sowohl mit General Moreau, wie auch Jourdan, Augereau, Saliceti und Ratsmitgliedern am 10. November/19. Brumaire ab.

Direkt nach dem Staatsstreich tauchte Bernadotte kurz mit seiner Frau, die sich als Mann verkleidet hatte, unter, da er wie andere Gegner Repressalien befürchten musste. Ein Brief Joseph Bonapartes brachte ihn dazu, wieder nach Paris zu kommen. Wie vorher Bernadotte aus familiären Gründen nicht offen gegen Napoléon vorgegangen war, so nahm Napoléon ihn aus den gleichen Gründen wieder in den Familienclan auf.

Staatsrat und Kommandeur der Westarmee

Aufgrund der Festigung seiner Macht vergab Napoléon einem Teil seiner Gegner und Kritiker wie Moreau, Augereau und auch Bernadotte. Letzterer wurde am 24. Januar 1800 zum Staatsrat ernannt und arbeitete in der Kriegssektion an den Rekrutierungsgesetzen. Am 11. April 1800 wurde Bernadotte zum Oberbefehlshaber der Westarmee mit Hauptquartier in Rennes ernannt, ein Posten, der Ruhm versprach, denn eine Landung der Engländer wurde erwartet und die Chouans unter Georges Cadoudal trieben hier ihr Unwesen. Eine englische Landung in Quiberon am 5. Juni von fast 600 Mann wurde durch örtlichen Widerstand vertrieben, ohne dass er eingreifen musste. Weitere geplante Landungen blieben aus, da Bernadotte die Küsten stärkte, wie er auch massiv gegen die Royalisten vorging, und weil der Anschlag auf Napoléon durch die „Höllenmaschine“ am 24. Dezember 1800 fehlschlug. Es kam zu Friedensvorverträgen am 1. Oktober 1801. In dieser Zeit starb Bernadottes ehemaliger Vorgesetzter und Freund Jean-Baptiste Kléber, der Napoléon als Oberbefehlshaber der Armee in Ägypten gefolgt war, durch ein Attentat. Gleichzeitig machte er die Bekanntschaft mit Juliette Recamier und mit Anne Germaine de Staël, mit denen er eine lebenslange Freundschaft pflegte.

Gesandter für die USA, Januar 1802 bis April 1804

In der Zeit bei der Westarmee nahm das familliär-vertraute Verhältnis zwischen Bernadotte und Napoléon wieder ab, nachdem letzterer Bernadotte bei einer Beförderung sehr hart gescholten hatte. Mehrfach geriet Bernadotte in den Verdacht, gegen Napoleon zu intrigieren. So wetterten bei einer Kutschfahrt die Generäle Augereau, McDonald und Masséna mit Bernadotte gegen Napoléon, aber keiner der drei war bereit mit Bernadotte etwas zu unternehmen. Kurz darauf kamen Schmähschriften gegen Napoléon – wegen seiner diktatorischen Art und wegen der Ablehnung einer Wiederannäherung an die katholische Kirche – aus Reihen der Westarmee in Umlauf, die Bernadotte als Napoléons Nachfolger sehen wollten. Dieser geriet in Verdacht, obwohl er hiervon keine Kenntnisse hatte. Bei einer anderen Gelegenheit äußerte Bernadotte über eine Feier Napoléons, dass er diese als langweilig empfunden habe, was diesem aber zu Ohren kam.

Als sich das Verhältnis arg angespannt hatte, setzte sich u. a. Joseph Bonaparte auf Betreiben Desirées für Bernadotte ein. Napoléon schlug im Frühjahr 1802 Bernadotte vor, Gouverneur von Louisiana, den französischen Besitzungen im Gebiet der heutigen USA zu werden, die fünfmal so groß wie Frankreich und wesentlich größer als der heutige Bundesstaat Louisiana waren. Wegen des zu erwartenden Krieges mit England und der schlechten Verteidigungsmöglichkeit betrieb Napoléon den Verkauf dieses Gebietes an die junge USA – am 30. April 1803 wurde das Gebiet für 40 Millionen Francs (15 Millionen Dollar) verkauft – und so ernannte er Bernadotte am 31. Dezember zum bevollmächtigen Gesandten bei den amerikanischen Bundesstaaten. Die Abfahrt verzögerte sich allerdings so sehr, dass die englische Kriegserklärung dazwischen kam. Bernadotte trug Napoléon erneut seine militärischen Dienste an und dieser nahm ihn als kommandierenden General wieder auf, gab ihm jedoch fast ein Jahr lang kein Kommando.

Gouverneur von Hannover und Reichsmarschall von Frankreich

Die Krönung in Notre Dame (1804); Gemälde von Jacques-Louis David; Bernadotte ist rechts vom Altar hinter Kardinal Joseph Fesch und neben Caulaincourt, Eugène de Beauharnais, Talleyrand und Berthier zu sehen

Als Anfang Februar 1804 Bernadottes guter Bekannter Moreau verhaftet wurde, befürchtete er Gleiches. Stattdessen bot Napoléon ihm ein Bündnis an. Dieses nahm er an und kommentierte das Julie Recamier gegenüber wie folgt: „Ich musste mich entscheiden. Ich habe ihm nicht meine Zuneigung, aber meine loyale Mitarbeit versprochen, und ich werde Wort halten.“ In einer die Kaiserschaft Napoléons befürwortenden Note der Generäle und Offiziere steht Bernadottes Unterschrift nach Murats und Massenas an dritter Stelle. Am 14. Mai erhielt er das Oberkommando über die Hannoverarmee und wurde, nachdem am 18. Mai Napoléon vom Senat zum Kaiser ernannt worden war, am 23. Mai von diesem mit 18 anderen zum Reichsmarschall ernannt – Bernadotte als Siebter. Wie schon unter der königlichen Herrschaft üblich, wurde er nun vom Kaiser als „Mon cousin“ angesprochen. Am 12. Juli wurde er außerdem zum Offizier der Ehrenlegion ernannt. Bei der Kaiser-Krönung Napoléons am 2. Dezember trug er die Halskette voran. Als weitere Anerkennung ließ dieser Bernadotte und Berthier Anwesen schenken, die zuvor General Moreau gehört hatten. Selbst für fehlende Möbel, die Josephine nach Malmaison hatte bringen lassen, kam Napoléon auf.

Als Gouverneur des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg, welches dem englischen König Georg III. gehört hatte, residierte er im königlichen Schloss an der Leine und erwies sich als guter Verwalter. Bei den Hannoveranern und im norddeutschen Raum war er – im Gegensatz zu vielen französischen Gouverneuren – schnell geschätzt, da er sich u. a. für den Handel, billige Brotpreise, geringere Besatzungszahlungen und die Bekämpfung einer Hungersnot einsetzte. In dieser Zeit hatte er mehrere freundschaftliche Kontakte zu führenden Militärs anderer Nationen, wie z. B. zu Gebhard Leberecht von Blücher, der ihn als Kommandeur von Westfalen am Hofe in Hannover besuchte. Vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. erhielt er am 8. April gleichzeitig mit Napoléon, Murat, Cambacérès, Talleyrand, Berthier, Duroc und dem schwedischen König Gustav IV. Adolf den Schwarzer-Adler-Orden.

Kommandeur des 1. Korps der Grande Armée

Als am 9. August 1805 Österreich dem Abkommen von St. Petersburg vom 11. April beitrat, bildete sich damit eine Koalition von 500.000 Soldaten aus Österreichern, Russen, Engländern, Schweden und Neapolitanern gegen Frankreich. Da Napoléon wegen der fehlenden Seehoheit keine Chance sah, die geplante Invasion Englands durchzuführen, löste er das Lager von Boulogne auf und ließ seine Truppen unauffällig zum Rhein marschieren. Bernadotte erhielt am 23. August den Befehl, seine Regimenter in Göttingen zu sammeln und wurde am 29. zum Kommandanten des 1. Korps von sechsen ernannt. Er marschierte in 10 Tagen 350 Kilometer und erreichte am 27. September Würzburg, wo ihm die 24.000 Mann der bayrischen Armee unterstellt wurden.

Auf Befehl Napoléons verletzte er die Neutralität Ansbachs, indem er hindurchmarschierte und über Eichstätt nach Ingolstadt zog. Hier erhielt er den Befehl, München[5] zu nehmen. Am 12. Oktober zog Bernadotte in München ein, welches vom österreichischen General Kienmayer geräumt war. In der Folge eroberte er in vier Tagen das Salzburger Land. Am 13. November erhielt er den Befehl, Kutosows Russen zu verfolgen, die zuvor Mortier geschlagen hatten. Dies gelang ihm nicht, weil die Brücken zerstört und Mortiers Truppen die Boote zum Überqueren der Donau in Beschlag hatten. Napoléon machte Bernadotte zum Sündenbock dafür, dass Kutusow entkam und dieser konnte die ungerechtfertigte Kritik schlecht akzeptieren.

Austerlitz

Napoléon beim Kartenstudium mit Marschall Berthier

Der russische Zar Alexander und der ehemalige deutsche Kaiser Franz II., der am 11. August Franz I., Kaiser von Österreich geworden war, glaubten Napoléons 50.000 Mann mit ihren 80.000 bei Brünn einschließen zu können. Napoléon ließ Davout und Bernadotte in Eilmärschen herbeieilen, wobei Bernadotte die bayrischen Truppen in Iglau lassen sollte, um das Korps von Erzherzog Ferdinand dort festzuhalten. Ohne Unterbrechung marschierte das erste Korps vom 29. morgens bis zum 30. abends 90 Kilometer. Am Vorabend der Schlacht entzog Napoléon Bernadotte die Kavallerie Kellermann mit 2.500 Pferden. Am 2. Dezember 1805 begann die Schlacht am frühen Morgen und endete nach acht Stunden mit einem eisigen Regen. Bernadottes Anteil dabei ist umstritten, Napoléons schmeichelhafte Aussage im Bulletin: „Gleichzeitig rückte das von Marschall Bernadotte befehligte Zentrum des Heeres vor. Drei seiner Regimenter führten einen sehr schönen Kavallerieangriff durch“, zeigte aber allen, dass Bernadotte wieder in der Gunst des Kaisers stand. Bei den Waffenstillstandsverhandlungen im Schloss des Fürsten Kaunitz war er ebenfalls anwesend.

Im Pressburger Frieden erhielt Preußen das ehemalige Königreich Hannover im Austausch für das Markgraftum Brandenburg-Ansbach, wobei letzteres an Bayern fiel. Außerdem heiratete Eugène de Beauharnais Prinzessin Auguste von Bayern. Bernadotte verwaltete Arnsberg vom 23. Februar 1806 bis zum 30. September. Wieder erwies er sich als guter und gerechter Verwalter.

Als Fürst von Ponte Corvo

Fürst Ponte Corvo

Napoléon, der seinen Bruder Joseph am 30. März 1806 zum König von Neapel gemacht hatte, bat diesen, Bernadotte ein Herzogtum zu überlassen und schlug das größte, Tarent, mit einer Rente von vier- bis fünfhunderttausend Livres vor, da Berthier mit Neuchâtel bedacht wurde. Joseph stellte aber wohl finanzielle Interessen über die Freundschaft zu seinem Schwager und reagierte nicht. Als der Papst zwei kleine Enklaven im neapoletanischen Gebiet zurückforderte, löste er das Problem damit, dass er Talleyrand Benevent und Bernadotte Ponte Corvo als souveräne Herrscher gab. Gegenüber Joseph äußerte Napoléon, dass er diesen Titel Bernadotte nur in Rücksicht auf Josephs Frau, Desirées Schwester Julie, gegeben hatte, „dass der Schwager der Königin von Neapel bei Ihnen einen vornehmen Rang hat. …, denn in meiner Armee gibt es Generäle, die mir weit besser gedient haben und mir weit mehr verbunden sind.“

Ponte Corvo war eine Stadt mit umliegendem Gebiet, die ca. 5.600 Einwohner zählte und nur eine Rente von gut 13.000 hervorbrachte. Bernadotte scherzte deswegen gern im Kreise der Vertrauten, er wäre vom Kaiser nicht zum Fürsten, sondern zum Bürgermeister von Ponte Corvo ernannt worden. Im Gegensatz zu Berthier und Murat zeichnete er nicht nur mit seinem Vornamen und nannte sich zum zeitweiligen Missfallen des Kaisers häufig Marschall J. Bernadotte und nicht, wie vom Kaiser gewünscht und später auch gefordert, Fürst von Ponte Corvo. Bernadotte besuchte Ponte Corvo nie.

Berthier und Bernadotte waren die einzigen Marschälle, die souveräne Fürstentümer von Napoléon erhielten.

Schlacht bei Jena und Auerstedt

Als der Krieg erneut ausbrach, Preußen am 6. September in Sachsen eindrang und dieses zur Koalition überzeugte, bekam das 1. Korps Marschbefehl Richtung Saalfeld, wo es die Sachsen vertrieb. Napoléon plante seinen Angriff auf die Preußen bei Jena, wobei Bernadotte und Davout in Naumburg dem Feind den Rückzug nach Berlin abschneiden sollten. Die Schlacht war eigentlich für den 15. geplant, fand aber, da Truppenteile zu sehr in Gefechte verwickelt wurden, schon am 14. statt.

Bernadotte, der von Berthier den Befehl erhielt, nach Dornburg zu marschieren, unterrichtete diesen, dass seine Spione Truppen von ca. 50.000 Mann in der Umgebung von Weimar ausgemacht hätten, die sich wohl auf dem Rückzug nach Magdeburg befänden. Diese Nachricht wurde ignoriert.[6] Am 14. Oktober, wenige Stunden nach Mitternacht, kam ein Befehl für Davout, nach Apolda zu marschieren und dem Feind in den Rücken zu fallen. Sollte sich Bernadotte noch bei ihm befinden, könnten sie gemeinsam marschieren, wobei der Kaiser hoffte, Bernadotte befinde sich schon in Dornburg. Bernadotte war nur noch mit restlichen Truppen in Naumburg, während die meisten schon auf dem Weg Richtung Dornburg waren. Man beschloss also, getrennt zu marschieren.

Um 11:00 morgens erreichte das 1. Korps Dornburg nach einem schweren Anstieg[7] und Bernadotte hörte Kampfgetöse sowohl aus Auerstedt wie aus Jena. Da er sah, dass Davout in Auerstedt Gefahr lief, auf dem linken Saale-Ufer übergangen zu werden, marschierte er entsprechend den Befehlen des Kaisers Richtung Weimar über Apolda, das er um 16:00 Uhr erreichte. Einem Hilfegesuch Davouts folgte Bernadotte nicht, da er den Befehlen des Kaisers nicht zuwiderhandeln wollte. Die Truppenpräsenz des 1. Korps in der Mitte zwischen Jena und Auerstedt verhinderte aber eine Vereinigung beider preußischen Heere, die statt dessen den Rückzug – besser: die Flucht – antraten. Davout siegte mit seinen drei Divisionen mit 27.300 Mann gegen 50.000 Mann. Um 7:00 Uhr abends erreichte Bernadotte die Ilm, wo er mehr als 1.000 Mann der flüchtenden preußischen Armee gefangen nehmen konnte. Für den gesamten Tag der Doppelschlacht, vom Abmarsch in Dornburg über Apolda bis zur Ilm, melden die Quellen keinerlei Kampfkontakte Bernadottes, weder nach Auerstaedt noch nach Jena hin. Am Abend war das Schlachtfeld mit Zehntausenden von verletzten Preußen und Sachsen bedeckt (Gesamtverluste 33.000).

Davout beschwerte sich am 17. Oktober beim Kaiser, gegen das halbe preußische Heer allein gelassen worden zu sein. Napoléon, der eigene Fehler schlecht eingestehen konnte und die Situation falsch eingeschätzt hatte – er war anfänglich davon ausgegangen, die Hauptmacht bei Jena geschlagen zu haben –, machte Bernadotte dafür verantwortlich. Im 5. Bulletin des Kaisers vom 15. Oktober hieß es noch, dass „der Fürst von Ponte Corvo aus Dornburg [hätte] hervorbrechen sollen, um den Feind [der Schlacht bei Jena] in den Rücken zu fallen …“, während ihm am 21. Oktober die mangelnde Unterstützung Davouts bei Auerstedt vorgeworfen wurde. Späteren Diffamierungskampagnen nach soll Davout Bernadotte sogar den Oberbefehl über die gemeinsamen Truppen angeboten haben, wenn sie gemeinsam nach Apolda gingen, was dieser aber abgelehnt habe. Bernadotte hätte als Älterem dies Recht ohnehin zugestanden. Ein angebliches Hilfeersuchen Davouts[8] an Bernadotte, welches dieser ignorierte, ist ebenfalls nach den Recherchen des englischen Biografen Dunbar Plunket Barton erfunden. [9]

Eroberung Halles

Morgens am 15. Oktober erteilte Napoléon den Marschällen Murat, Soult und Bernadotte den Befehl, den Feind zu verfolgen und zu vernichten, wobei Bernadottes frische Truppen am selbigen Tag aufbrachen. Nach einem nächtlichen Gewaltmarsch von 30 Kilometer eroberte Bernadotte am 17. die Stadt Halle an der Saale. Er überraschte die Preußen vom Westen, wo die Stadt aufgrund eines einzigen schmalen Dammes über sumpfige Gebiete – der zudem von 15.000 Soldaten unter dem Kommando des Herzogs Eugen von Württemberg verteidigt wurde – mit Brücke über die Saale als uneinnehmbar galt. Bernadotte vernichtete ein Drittel dieser Truppen und vertrieb den Rest vier Meilen zurück. Die Franzosen verloren lediglich 800 Mann als Tote und Verwundete.

Napoléon verglich diese Brücken-Erstürmung mit seiner eigenen bei Lodi und soll Marschall Lefebvre hierzu gesagt haben: „Was? Diese Brücke haben sie genommen? Die hätte ich nicht mit 60.000 Mann anzugreifen gewagt!“[10] Die Eroberung Halles machte für Davouts Truppen den Weg nach Berlin frei.

Verfolgung Blüchers nach Lübeck

Siehe auch: Schlacht bei Lübeck

Am 22. Oktober wurde die Elbe überschritten und das Korps von Bernadotte machte sich an die Verfolgung der flüchtenden Truppen Blüchers, während Soults Truppen die des Herzogs von Weimar und Murats die von Hohenlohe verfolgte. Da teilweise bis zu 50 Kilometer Strecke am Tag zurück gelegt wurden, ließ Bernadotte seine Artillerie außer 6 Kanonen und anderes Behäbige zurück und verfolgte lediglich mit zwölftausend Mann Infanterie und achthundert Reitern den durch den Zusammenschluss mit den Truppen des Herzogs von Weimar auf 21.000 Mann angewachsenen doppelt so starken Gegner. Von Waren an, gab es die folgenden fünf Tage ständig Gefechte mit der preußischen Nachhut, wobei Bernadotte selber mehrfach persönlich „im wildesten Getümmel“ steckte und Blücher zwei von Bernadotte angebotene ehrenvolle Kapitulationsforderungen ablehnte. Blücher hatte gehofft, durch seine als mörderisch zu bezeichnende Flucht – es wurden 700 Kilometer in zwanzig Tagen zurückgelegt und unzählige preußische Soldaten starben vor Hunger und Erschöpfung – französische Truppen zu binden, damit die restliche preußische Armee sich in östlichen Preußen zum erneuten Angriff sammeln könne. Aufgrund der Kapitulation Preußens erfüllten sich Blüchers Hoffnungen nicht.[11]

Als sich die Preußen knapp den Zugang vor Bernadottes Truppen in die neutrale Stadt Lübeck erzwungen[12] hatten, trafen dort auch Soults und Murats Truppen ein. Bernadotte eröffnete am 6. November 1806 den Sturm auf Lübeck mit zwei Divisionen und es gelang gegen Mittag in die Stadt einzudringen und große Teile der Truppen – Scharnhorst und der schwer verwundete Yorck darunter – gefangen zu nehmen. Die Franzosen verloren 1.000, die Preußen 8.000 Mann. Blücher konnte zwar mit 9.000 Mann entkommen, aber angesichts der ausweglosen Lage und des desolaten Zustandes seiner Truppe, nahm er die erneute Kapitulationsforderung Bernadottes mit dem Zusatz, dass er nur mangels Brot und Munition kapituliere, und der Bedingung einer Ehrerbietung für die preußischen Truppen, an. Bernadotte akzeptierte diese Bedingungen erst nicht, aber da Blücher zu keinen weiteren Zugeständnissen zu bewegen war, gab Bernadotte zur Vermeidung weiterer Kämpfe und Toten nach und ließ entsprechend der Kapitulationsbedingungen die französischen Truppe längs der Straße zur Ehrerbietung an den vorbeiziehenden tapferen Feind Aufstellung nehmen. Als persönliche Geste verzichtete er auf die Annahme von Blüchers Degen.

Zurück in Lübeck unterband Bernadotte auf Vermittlung des dort lebenden französischen Gelehrten Charles de Villers Plünderungen durch die ausgehungerten französischen Truppen und zeigte sich schwedischen Kriegsgefangenen sehr entgegenkommend, womit er einen guten Ruf in Schweden bekam, der ihm später hilfreich wurde.

Der folgende Polenfeldzug

Da Friedrich Wilhelm insgeheim mit dem Zaren verhandelte, beschloss Napoléon Polen zu besetzen und die Russen anzugreifen. Am 15. Dezember stieß Bernadotte in Thorn zum Kaiser und erhielt das Kommando über den linken Flügel der großen Armee mit Ney und Bessières unter sich. Als die Russen unter Bennigsen einen Ungehorsam Neys, der Königsberg erobern wollte und so eine Bresche in den französischen Truppen geöffnet hatte, ausnutzen wollten, reagierte Bernadotte sehr schnell und konnte die Russen bei Mohrung zurückdrängen, was ihn die Glückwünsche Napoléons einbrachten.

Für Napoléon eröffnete sich die Gelegenheit zum „Eylauer Manöver“, aber, da die Kuriere an Bernadotte aber abgefangen wurden, erhielt dieser keine Instruktionen und Bennigsen erfuhr von der Falle, die ihm gestellt wurde. Bernadottes Truppen waren so am 6. und 7. Februar beschäftigt, die preußischen Truppen von General L’Estocq zu verfolgen, dass sie nicht an der Schlacht bei Preußisch Eylau teilnahmen. Am 5. Juni, als Bennigsen mit einer neuen Offensive begann, wurde Bernadotte am Hals verwundet und musste pausieren. Napoléon lud den frisch Genesenen zu den Festlichkeiten der Friedensfeier in Tilsit ein und beschenkte ihn mit Geld, Gütern und Renten in Millionenhöhe.

Hamburg und Dänemark

Am 14. Juli 1807 wurde Bernadotte zum Gouverneur und Oberbefehlshaber der deutschen Hansestädte mit Hauptsitz in Hamburg ernannt und zeigte wieder seine verwalterischen Fähigkeiten, u. a. trotz einer Hungerszeit, in der er viel für die notleidende Bevölkerung tat. Als der russische Zar das zu Schweden gehörende Finnland angriff, gab es die Option, Schweden von Dänemark aus anzugreifen. Bernadotte wurde mit einer Invasion beauftragt und sollte neben seinen eigenen, aus Franzosen, Spaniern und Holländern bestehenden Truppen, die Dänemarks führen. Die Dänen blieben die Truppen schuldig, die Engländer erreichten mit der Bombardierung Kopenhagens die Seeherrschaft und machten eine Passage äußerst gefährlich und die spanischen Soldaten desertierten zu den Engländern, als sie von Napoléons Plan erfuhren, seinen Bruder Joseph als spanischen König einzusetzen. Die Invasion erschien unmöglich geworden. Im Frühjahr 1809 endete Bernadottes Statthalterschaft in Hamburg durch den erneuten Krieg.

Wagram

In der Schlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli 1809 führte Bernadotte statt der vorgesehenen 50.000 Mann nur ca. 16.000 Mann, vor allem sächsische Truppen, die schlecht ausgebildet waren. Wagram wurde mehrfach erobert und wieder aufgegeben, die Sachsen wurden von französischen Truppen für Österreicher gehalten und beschossen und, obwohl die meisten Kämpfe gegen Nachmittag und die restlichen gegen 21:00 Uhr eingestellt wurden, mussten Bernadottes Soldaten bis in die Nacht hinein kämpfen. Aufgrund der aussichtslosen Lage – man war fast vom Feind eingeschlossen – und von Berthier irrtümlich abkommandierten Reserven beschloss Bernadotte den Rückzug. Er beschwerte sich bei Napoléon über die Befehlsstruktur, die vermutlich auf Berthier zurückging, und das sinnlose – man würde heute sagen – Verheizen von Menschen. Es kam zum Streit mit Napoléon und Bernadotte gab sein Kommando ab. Tage später erfuhr Napoléon, wie sehr Bernadotte in seinem letzten Tagesbefehl die Sachsen für ihre Tapferkeit gelobt hatte und wies dies als unrichtig zurück. Es wurde sogar behauptet, die Sachsen hätten am 5. keinen Schuss abgegeben und Bernadotte sei wegen schlechter Führerschaft seines Amtes enthoben worden.

Walcheren und Rom

Kaum zu Hause angekommen erfuhr Bernadotte, dass die Engländer mit 40.000 Soldaten eine Invasion unternahmen, mit 20.000 am 30. Juli auf der Insel Walcheren gelandet waren, Vlissingen eroberten und Antwerpen bedrohten. Bernadotte begab sich nach Paris und bot seine Hilfe an. Polizeiminister Fouché befürwortete, Kriegsminister Clarke und Erzkanzler Cambacérès lehnten Bernadotte aufgrund der kaiserlichen Ungnade ab. Napoléons Bruder Louis, König von Holland, war äußerst beunruhigt und so war Napoléon damit einverstanden, dass Bernadotte die Verteidigung übernahm, lobte Fouché und schalt die anderen. Bernadotte ergriff mehrere Maßnahmen zur Verstärkung von Antwerpen und stärkte die Moral der zahlenmäßig unterlegenen und schlecht ausgebildeten Truppen, so dass ein englischer Überraschungsangriff nicht mehr möglich war. Kurzfristig unterstellte Napoléon ihm sogar Marschall Moncey. Da viele englische Soldaten an Typhus starben, war die Gefahr Mitte September bald abgewendet und Napoléon zeigte sich wieder abweisend, als Bernadotte wieder einen übertriebenen Tagesbefehl heraus gab, indem er Bessières die Truppen übergab.

Fouché wurde für sein schnelles Handeln zum Herzog von Otranto ernannt.

Napoléon war es unlieb, dass Bernadotte in Paris, in seinem Haus bleiben wollte und forderte ihn auf, in sein Fürstentum Pontecorvo zu ziehen. Als dieser ablehnte und lieber seinen Titel zurückgeben wollte, folgte ein Angebot, die französische Armee in Katalonien zu übernehmen, was Bernadotte ebenfalls ausschlug. Napoléon rief ihn nach Wien, wo er gerade weilte, und bot ihm den gut dotierten Posten als Gouverneur von Rom an – Napoléons Sohn führte den Titel „König von Rom“ –, den Bernadotte erst annahm, dann als Exil ansah und ablehnte. Bernadotte kehrte nach Paris zurück um seinen „Ruhestand“ zu nehmen. Dass das Verhältnis mit Napoléon sich entspannte, zeigt, als dieser nach seiner Hochzeit mit Marie-Luise 1810 Bernadottes Bruder in den Adelsstand erhob.

Kronprinz von Schweden

Apelstein Nr. 38 in Leipzig als Erinnerung an die Völkerschlacht und Karl Johann

Wahl zum Kronprinz von Schweden

In Schweden, einer Erbmonarchie, die sich zur Wahlmonarchie wandelte, wenn kein Erbe vorhanden war, wurde 1809 König Gustav IV. Adolf wegen möglichen Wahnsinns entthront und verbannt. Ein schon älterer, kinderloser Onkel wurde als Karl XIII. neuer König. Als der von ihm adoptierte und zum Nachfolger gewählte Kronprinz Karl August vorzeitig starb, wurde ein neuer Thronerbe gesucht.

Die schwedischen Adeligen setzten sich zuerst für die Kandidatur des älteren Bruders Karl Augusts ein, um eine Kandidatur des dänischen Königs zu verhindern. Da dieser aber als schwächlich angesehen wurde, suchte unter anderem der junge Baron Carl Otto Mörner eine Alternative. Da er wie viele schwedische Militärs glaubten, Frankreich würde bald Russland angreifen, sah er die Gelegenheit, dass eine kriegserfahrene und in der Gunst Napoléons stehende Persönlichkeit als Kronprinz von Schweden Finnland von Russland zurückerobern könnte.

Mörner, der in Frankreich weilte, diskutierte diese Frage in einer kleiner Gruppe schwedischer Adliger, und als möglicher Kandidat blieb nach der Ablehnung Eugène de Beauharnais´ noch Bernadotte, der einerseits eine gewisse Unabhängigkeit von Napoléon gezeigt hatte und andererseits in Schweden einen guten Ruf genoss, u. a. weil er bei der Einnahme Lübecks Mörners Onkel mit anderen Schweden gefangen nahm und bestens behandelte.

Als Bernadotte gefragt wurde, konnte er alle Zweifel entkräften, machte seine Zustimmung aber abhängig von der Napoléons, welche auch kam. Am 12. Juli wurde die Kandidatur in Schweden bekannt gegeben. Durch geschickte Propaganda wurde Bernadotte in sehr kurzer Zeit dem gesamten schwedischen Volk bekannt und beliebt, und auch König Karl XIII. wurde überzeugt. Der schwedische Reichstag in Örebro wählte am 21. August Bernadotte einstimmig zum Kronprinzen von Schweden.

Die Urkunde, die Bernadotte aus seiner französischen Nationalität entlassen sollte, enthielt allerdings eine Klausel, niemals Krieg gegen Frankreich zu führen. Bernadotte empfand dies als Zumutung für seine zukünftige Rolle als souveräner Herrscher und wollte lieber das schwedische Angebot ablehnen, als das Dokument zu akzeptieren. Letztlich verzichtete Napoléon auf diesen Passus. Am 19. Oktober 1810 konvertierte Bernadotte, eine schwedische Forderung erfüllend, vom katholischen zum protestantischen Glauben.

„Schwedenstein“ bei Serno

Schweden – die Norwegen-Finnland-Frage

Am 20. Oktober 1810 betrat Bernadotte zum ersten Mal sein künftiges Königreich, einen Tag später wurde er zum Oberbefehlshaber aller schwedischen Streitkräfte ernannt. Am 5. November wurde er, auf seinen Wunsch hin, von Karl XIII. adoptiert und nahm den Namen Karl Johann (Carl Johan), Kronprinz von Schweden, an.

Karl Johann bemühte sich um ein gutes Verhältnis zu Frankreich, sah aber sowohl die Gefahr, ein napoleonischer Marionettenstaat zu werden, wie auch in den schon ahnbaren Konflikt Frankreichs mit Russland gezogen zu werden. Russland hatte 1808/1809 im Krieg gegen Schweden diesen Finnland abgenommen, was 700 Jahre zu Schweden gehörte, und viele Schweden hofften mit Frankreich eine Rückeroberung Finnlands. Karl Johann hielt dies für abwegig und auf Dauer gesehen für nicht klug. Die lange Grenze Finlands mit Russland und die größtenteils trennende Ostsee zwischen Schweden und Finnland machten letzteres schwer verteidigbar. Anders sah dies mit Norwegen aus, welches aber zu Dänemark gehörte. Norwegen hätte gegen Schwedisch-Pommern und Mecklenburg getauscht werden können, aber Napoleon lehnte diese Vorstellung Karl Johanns ab. Napoleons Plan hingegen ging dahin, Schwedens Bündnis gegen Russland mit Finnland zu erkaufen, Karl Johann wollte aber für sein neues Vaterland Frieden.

Schon am 25. Oktober stellte Napoléon Schweden ein Ultimatum, England den Krieg zu erklären. Schweden nahm auf Druck Frankreichs seit Januar an der Kontinentalsperre teil, hatte aber, da die schwedische Wirtschaft darunter sehr litt, im August ein heimliches Freundschaftsabkommen mit England getroffen, welches selbst dann gelten sollte, wenn die Zwangslage eine Kriegserklärung forderte. Schweden - Karl Johann bat bei der Entscheidung keine Rücksicht auf seine Person zu nehmen - erklärte England somit den Krieg, ohne dass dies irgendeine Konsequenz hatte. Frankreich schickte nun eine Flotte in die Ostsee, beschlagnahmte in Piratenmanier die angeblich englischen Waren schwedischer Schiffe und presste Matrosen in den französischen Marinedienst. Karl Johann schrieb an Napoléon in dieser Zeit mehrere Briefe. Unter anderem entschuldigte er, dass Schweden schwerlich einen aktiven Krieg führen könne, denn es fehlten Geld und Truppen. Die Armee war auf unter 25.000 Mann zusammengeschrumpft. Statt zu antworten, ließ Napoléon verlauten, dass er nur mit Souveränen korrespondiere, und nicht mit Kronprinzen. In dieser Zeit wurden auf Geheiß Napoléons - verschiedenen Abmachungen entgegen - die Bernadotte verliehenen französischen Landgüter zu Gunsten des französischen Staates eingezogen.

Schweden versuchte nun durch Karl Johann eine Politik der Neutralität. Im Dezember lehnte Schweden das Angebot eines Bündnisses mit Frankreich gegen 3.000 schwedische Matrosen ab. Parallel begann Karl Johann freundschaftliche Kontakte zum Zar Alexander I. und signalisierte Russland, dass Schweden sich aus einem Krieg heraus halten würde, selbst, wenn Frankreich es dazu auffordern würde. Im Januar 1811 lehnte Schweden die Bildung eines Bundes mit Dänemark und dem Großherzogtum Warschau ab, der im gleichen Verhältnis zu Frankreich treten sollte, wie der Rheinbund. Im Februar drohte Napoleon mit der Besetzung Schwedisch-Pommerns, wenn Schweden den Schmuggel mit englischen Waren nicht stärker bekämpfen würde.

Im Mai versuchte Bernadotte nochmals den Schulterschluss mit Napoleon mit der Bitte, Norwegen oder einen Teil Norwegens als Tausch gegen andere schwedische Besitzungen erhalten zu dürfen. Er wolle auch den Kontakt zu England und dem Zaren abbrechen und Napoleon sogar 60.000 Mann stellen, sofern er diese Truppen befehligen dürfe und diese nie in Spanien eingesetzt werden würden. Statt einer Antwort ließ Napoleon Dänemark - aufgrund von 'Gerüchte' - warnen, Schweden könne Norwegen angreifen. Am 17. März übernahm Kronprinz Karl Johann die Amtsführung vom kranken Karl XIII.

Karl XIV. Johann (Denkmal in Oslo)

Gegen Napoléon in den Befreiungskriegen

Er erwies sich jetzt als loyaler Schwede: Als Napoléon Schwedisch-Pommern widerrechtlich besetzte, nahm Bernadotte Kontakte zu Napoléons Gegnern auf. Zar Alexander I. riet er zu der erfolgreichen Taktik, die französischen Truppen anzugreifen, solange Napoléon sie nicht befehligte, vor Napoléon selber aber zurückzuweichen. Diese Taktik wurde auch in den Befreiungskriegen 1813 durchgeführt, in denen Bernadotte die sogenannte Nordarmee befehligte. Er trug durch Planung und seine Truppen wesentlich zum Ausgang der Völkerschlacht bei Leipzig bei. Anschließend erreichte er einen Anschluss Norwegens, welches zu Dänemark gehört hatte, in Personalunion an Schweden.

König von Schweden und Norwegen

Mit dem Tod Karl XIII. am 5. Februar 1818 wurde er als Karl XIV. Johann König von Schweden und Norwegen. Er ist der Stammvater des bis heute regierenden schwedischen Königshauses Bernadotte. Innenpolitisch zeigte er sich machtbewusst. Er regierte autokratisch und verzichtete auf jegliche Reform. Allerdings sah er sich gezwungen, der Opposition ein Stück entgegenzugehen, indem er die Verfassung von 1809 in einigen Punkten zu deren Gunsten revidieren ließ. Als König Karl Johann 1844 in Stockholm starb, fand man auf seinem Körper angeblich eine Tätowierung mit der Aufschrift „Mort aux rois!“ (Tod den Königen) – ein Überbleibsel aus seiner revolutionären Vergangenheit.

Unterschiedliche Wertungen

Der 1763 in Frankreich Geborene trug 47 Jahre lang den Namen Bernadotte und 34 Jahre lang den Namen Karl XIV. Johann. Allein dies schon rechtfertigt bzw. erfordert unterschiedliche Blickwinkel. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Bereichen Politik, Militär und Familie. Bei der Beurteilung der über ihn gemachten Aussagen ist die Interessenlage des Äußernden zu berücksichtigen.

Bernadottes Leben und Handeln sind umstritten. Während er aufgrund der Veröffentlichungen von Zeitzeugen bis in die heutige Zeit teilweise negativ dargestellt wird, so stellen ihn spätere Biografen in einem besseren Licht dar. Vorhaltungen bei den Schlachten bei Auerstedt und Jena, Wagram, Großbeeren, Dennewitz und Leipzig und in seinem Verhalten Napoleon gegenüber verräterisch gehandelt zu haben, scheinen größtenteils unbegründet. Es ist in einigen Punkten sogar nachgewiesen, dass gezielte Verleumdungskampagnen – schon zu seinen Lebzeiten, aber auch auf preußisch/deutscher Seite danach – gegen ihn betrieben wurden, um z. B. Napoléon, Blücher, Bülow und die Preußen besser darzustellen.

Die entscheidende Konfliktebene ist die Politik. Aus dem Marschall Napoléons wurde 1810/1818 der König von Schweden. Dieser Wechsel musste nicht zwangsläufig einen Seitenwechsel bedeuten. Für seine schwedischen Wähler war eine gewisse innere Unabhängigkeit Bernadottes gegenüber Napoléon wichtig; andererseits hat Napoléon dieser Wahl zugestimmt. Für den voraussehbaren Konflikt erwartete Napoléon von Bernadotte zumindest Neutralität, die Schweden dagegen deutlichen Widerstand. Als Napoléon 1811 Schwedisch-Pommern besetzte, verbündete sich der nunmehrige schwedische Regent mit den Gegnern Napoléons. Diese Parteinahme wurde und wird von den Anhängern Napoléon als Verrat gewertet, und vor diesem Hintergrund ist auch zu verstehen, warum von dieser Seite her seine bisherigen Leistungen abgewertet wurden. Die Gegenseite sieht ihn indessen in der Front derjenigen, die Europa vom Joch des Tyrannen Napoléon befreit haben. Es ist zu verstehen, dass diese Seite dem Befreier und Begründer einer zweihundertjährigen, noch heute herrschenden Dynastie nicht die weniger ruhmvollen Aspekte seiner militärischen Leistungen vorhalten möchte.

Als Militär ist sein Aufstieg zum Marschall nicht allein durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Napoléon zu erklären; allerdings werden sie ihm auch nicht hinderlich gewesen sein. Napoléon, der sich für ein unübertreffbares militärisches Genie hielt, neigte dazu, seine eigenen Erfolge hochzuloben, dagegen seine militärischen Patzer zu vertuschen. Einerseits nahm er in solchen Fällen seinen Marschällen einen Teil ihres Ruhms, andererseits belud er sie mit unberechtigten Vorwürfen. Seine starke Emotionalität, die übergangslos zwischen Überschwang und Zornesausbrüchen wechseln konnte, hat er durch eigene Schriftzeugnisse belegt. Entscheidend ist letzten Endes, dass Napoléon Bernadotte nie den endgültigen militärischen Abschied gab, und auch dies sicherlich nicht allein aus verwandtschaftlicher Rücksicht. Wer wie Napoléon unbedingt siegen wollte, durfte unter seinen Marschällen keinen Versager mitschleppen.

Auf kollegialer Ebene ist zu berücksichtigen, dass es innerhalb aller Armeen sowie zwischen verbündeten Armeen Rivalitäten der führenden Generäle gab und gibt, mit der Tendenz, die eigenen Erfolge hochzuloben und die Erfolge der anderen abzuwerten. Ungeachtet dieser subjektiv interessierten Blickwinkel ist festzustellen, dass von Bernadotte keine handstreichartigen Manöver, keine Gewaltmärsche, kein todesverachtender Widerstand selbst bei großen Verlusten berichtet werden – Dinge, die üblicherweise militärischen Ruhm begründen. Er hat die von ihm erwartete Pflicht eine Marschalls zweifellos getan; auch die anderen Marschälle hatten manchmal ihre schwachen Momente. Versuche, ihn über diese allgemeine Ebene der Pflichterfüllung als überdurchschnittlich begabt hochzuloben oder ihn umgekehrt als notorischen Versager darzustellen, müssen mangels Quellenbelegen scheitern.


Anmerkungen

  1. Der Vorname Jules, der u. a. in der Ernennungsurkunde zum schwedischen Kronprinzen auftaucht, war kein Taufname, sondern ein zugelegter Name; in der Zeit der französischen Revolution zur Ehrung "römischer" Helden nicht unüblich.
  2. Der napoleonische Adelstitel Prince wird i.d.R. irreführend mit "Fürst" übersetzt. In manchen Bernadotte-Biografien findet man auch "Fürst und Herzog". Nach deutschem Adelsrecht kommt der "Fürst", wenn damit nicht ein allgemein höherer Würdenträger gemeint war (weltlicher Fürst), nach einem "Herzog" (siehe Fürst, Adelstitel bzw. Prinz), im Napoleonischen kommt der "Prince" aber davor. Im Englischen wird ebenfalls Prince of Ponte Corvo benutzt.
  3. Napoleon ernannte 18 Marschälle, darunter 4 Ehrenmarschälle, mit denen er nicht in den Krieg zog.
  4. Auch Phull und Kutusow hatten dem Zaren zum Rückzug geraten, eine Konsequenz aus dem allen interessierten Militärs bekannten Erfolg der Guerillakriegsstratgie im Spanischen Unabhängigkeitskrieg seit 1807.
  5. Klaeber S 186 zu Irrtümern Napoleons bezüglich Bernadottes: "Bernadotte hat nichts für die Operationen bei Ulm getan. Soult war in München."
  6. Girod de l'Ain, S. 167
  7. General Dupont, Zitiert in Barton "Bernadotte", S. 161: "Wenn es nicht ausgeführt worden wäre, würde man nicht glauben, dass die Artillerie auf einem derartigen Zufahrtsweg vorwärts kommen könnte."; nach Klaeber S 178 benötigte das Husarenregiment 6 Stunden für den Aufstieg
  8. Wenn das angebliche Hilfeersuchen Davouts durch Trobriand ausführlicher erwähnt wird (z.B. bei Gerd Fesser "1806 - Die Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt", S. 59), dann nur im Zusammenhang, die geschlagenen Preußen zu verfolgen, also ein Hilfeersuchen nach und nicht während oder für die Schlacht(!). Hier hat Bernadotte allerdings 1.000 Gefangene vorzuweisen. Selbst der preußische König musste seine Gefangenschaft durch Bernadottes Truppen fürchten und umkehren.
  9. Quellen insbesondere Sir D. P. Barton "Bernadotte" (ausführlicher in den englischen Werken) S. 161 ff, stützende auf Historikern wie Henri Houssaye, den Korpsberichten und einer Studie des Militärhistorikers Oberstleutnant Titeux "Le Maréchal Bernadotte et la manoeuvre d'Jena"; Hans Klaeber; S 173 ff., der sich u.a. auf Ménéval, Derrécagaix, Bonnal, Foucart, Rose, Goltz, Lettow-Vorbeck und das Operationsjournal des 3. Korps stützt; Gabriel Girod de l'Ain, S. 165 ff; ebenso Corsing, Imhoff und Wencker-Wildberg, Bernard Narbonne (frz.); nach dem Historiker Amelunxen, S. 46 "Zur Doppelschlacht von Jena und Auerstedt im Oktober 1806 kam Bernadotte, erneut einem widersprüchlichen Befehl des Hauptquartiers aufsitztend, zu spät auf die Gefechtsfelder und konnte sich nur bei der Verfolgung des fliehenden Gegners hervortun. "; Sowohl Bernadotte wie auch Davout standen, um bei der Schlacht bei Jena entscheidend mitzuwirken, in der Gegend von Naumburg viel zu weit weg (je nach Schlachtort über 30 km). Davout wurde über Apolda nach Jena beordert, Bernadotte hatte Wahlfreiheit über Apolda oder Dornburg zu gehen und entschloss sich zu letzterem, da einem vorigen Befehl nach Dornburg zu gehen, seine Truppen teilweise auf diesem Wege kampierten. Davout geriet unerwartet bei Auerstedt auf die Preußen, was Napoleon selber lange nicht wahrhaben wollte. Obwohl im 5. Bulletin direkt nach der Schlacht von Napoleon bestätigt wird, dass Bernadotte von Dornburg aus hervorbrechen sollte, behauptete er am 21. Oktober, Bernadotte hätte Davout unterstützen sollen. Auf Sankt Helena schrieb er in seinen Memoiren sogar, dass Bernadotte wegen Auerstedt hätte erschossen werden sollen, was nicht geschehen wäre, weil Bernadotte sich weinend an Berthier gewandt hätte, was nachweislich nicht stimmt, da Bernadotte und Berthier keinerlei Kontakt hatte und lückenlos bis zur Schlacht von Lübeck, 6. November 1806, Bernadottes Weg verfolgt werden kann. Im Gegenteil schickte Napoleon Bernadotte in einem Befehl vom 15. Oktober, 10:00 Uhr morgens, zur Verfolgung der Truppen, denen Davout gegenübergestanden hatte. Ignorierend, dass dies die Preußische Hauptarmee gewesen war, was Napoleon zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisiert hatte. Der Kaiser setzte sogar soviel Vertrauen in Bernadotte, dass dieser freie Hand in der Verfolgung der Preußen erhielt (Foucart, Prenzlow – Lübeck, S. 5: "Iéna, 15 octobre 1806, 10 heures du matin. ... cependant vous êtes le maître de manœuvrer comme les circonstances vous l’indiqueront. Faites le plus de mal possible à l’ennemi, ayant soin cependant d’attaquer le corps qui a été opposé au maréchal Davout, s’il était possible qu’il fût resté en position, ce qui serait la plus grande folié ; dans ce cas, poursuivez vivement ce corps.". Insbesondere der schwere Aufstieg bei Dornburg; ca. 1,60 m breiter schlammiger Weg, der auf weniger als 1 km einen Höhenunterschied von ca. 80 m überwand wird in Jena-Auerstedt-Literatur ignoriert, wie auch, dass Bernadotte 1.000 Gefangene machte. Auch für die übrigen Generäle und Marschälle wird nicht erwähnt, welche schwierigen Wegpassagen sie zu bewältigen hatten und wieviel Gefangene sie gemacht haben, weil dies militärische Selbstverständlichkeiten waren. Der Regen, der Bernadottes Weg so schlammig gemacht hatte, ist auch auf alle anderen Wege und Felder bei Jena und Auerstedt gefallen.
  10. Girod de l'Ain S. 171; Barton S.169 bringt das Zitat leicht anders: "Ich weiß nicht, ob ich den Sturm mit weniger als fünfzigtausend Mann gwagt haben würde. Bernadotte scheut vor nichts zurück."
  11. Amelunxen, S. 46. "In knapp drei Tagen legte er mit seinem Korps 120 km zurück. Mit glänzender, diesmal von Berthier nicht behinderten [Anm.: u.a. wg./bei Auerstedt gemeint] Strategie stieß er zur Ostsee vor, keilte den Marschall Blücher vor der dänisch-holsteinischen Grenze ein und schnitt ihm den Rückzug nach Osten ab. Fast ohne Blutvergießen, bei weitgehender Schonung der eigenen und der feindlichen Truppen, allein durch hohe Feldherrenkunst hat Bernadotte so die preußische Teilkapitulation bei Ratekau herbeigeführt." Die geschilderten Umstände zeigen, dass der Sieg Bernadottes - wie auch in Belgien 1809 - weniger auf "hohe Feldherrenkunst" zurückzuführen war, als mehr auf die katastrophale Schwäche seiner Gegner.
  12. Tom Crepon "Gebhard Leberecht von Blücher", S 149: "Lübeck ist eine neutrale Stadt ohne Soldaten und Bewaffnung, doch was gilt das Gesetzt, wenn Blücher der Teufel Bernadotte im Nacken sitzt?"

Literatur

Bernadotte-Biografien

  • Clemens Amelunxen: Jean-Baptiste Bernadotte. Marschall Napoleons - König von Schweden. Heymann, Köln u. a. 1991, ISBN 3-452-22228-4.
  • Dunbar P. Barton: Bernadotte. (1763–1864). Plon, Paris 1983, ISBN 2-228-13320-5.
  • Fritz Corsing: Jean Baptiste Bernadotte. Biographie. Neff, Wien 1960.
  • Gabriel Girod de l'Ain: Jean Baptiste Bernadotte - Bürger, französischer Revolutionsgeneral, schwedisch-norwegischer König. Verlag des Südkurier, Konstanz 1989, ISBN 3-87799-081-9.
  • Torvald T. Höjer: Carl XIV Johan. Norstedt, Stockholm.
    • 1. - Den franska tiden, 1939.
    • 2. - Kronprinstiden, 1943.
    • 3. - Konungstiden, 1960.
  • Arthur E. Imhof: Bernadotte. Französischer Revolutionsgeneral und schwedisch-norwegischer König. Musterschmidt, Göttingen 1970, ISBN 3-7881-0055-9.
  • Hans Klaeber: Marschall Bernadotte, Kronprinz von Schweden. Perthes, Gotha 1910.
  • Karl Marx: Bernadotte. In: The New American Encyclopedia. 1857, Band 3, direktverweis
  • Friedrich Wencker-Wildberg: Bernadotte, Soldat, Marschall, König. Der Lebensroman eines Glückskinds der Revolution. Oestergaard, Berlin-Schöneberg 1935.

Andere Werke

  • Carl Bleibtreu: Marschälle, Generäle, Soldaten Napoleons I.. Zörb, Hamburg 1999, ISBN 3-931482-63-4. <Repr. d. Ausg. Berlin 1899>
  • Désiré Lacroix: Die Marschälle Napoleon I.. Schmidt & Günther, Leipzig 1898.
  • Annemarie Selinko: „Désirée“. Kiepenheuer und Witsch, Köln u. Berlin (um 1951, 1955), historischer Roman, antiquarisch.
  • Helmut Stubbe-da Luz: "Franzosenzeit" in Norddeutschland (1803 - 1814). Napoleons Hanseatische Departements, Bremen 2003 ISBN 3-86108-384-1.

Weblinks


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