- Teltowische Creis
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Der Landkreis Teltow ['tɛltoː] war ein Landkreis in Brandenburg, der bis 1952 bestand. Er umfasste den südlich der Spree gelegenen Teil des Umlands von Berlin. Bis zur Gründung von Groß-Berlin am 1. Oktober 1920 gehörten zahlreiche heutige Stadtteile Berlins zu diesem Landkreis.
Sein Pendant auf der nördlichen Seite der Spree war der Landkreis Niederbarnim. Beide Landkreise profitierten in hohem Maße von der Suburbanisierung der in enge Stadtgrenzen eingezwängten Hauptstadt. Die an Berlin angrenzenden Gemeinden wuchsen in wenigen Jahren von Dörfern zu Vorstädten mit fünfstelliger Einwohnerzahl heran. Anders als die meisten Gemeinden in Niederbarnim brachten es vor allem die westlichen und südwestlichen Vororte Berlins durch die Ansiedlung von Industrie oder steuerkräftiger Bevölkerung zu erheblichem Reichtum; die Eingemeindung nach Berlin geschah gegen den erbitterten Widerstand der betroffenen Gemeinden und des Landkreises Teltow.
Die das Urstromtal der Spree nach Süden begrenzende Teltow-Hochfläche gab dem Landkreis den Namen. An der heutigen Stadtgrenze Berlins, östlich von Potsdam, liegt außerdem eine Stadt dieses Namens, die bis 1871 Verwaltungssitz war (Landratsamt in der Ritterstraße).
Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zu den brandenburgischen Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald sowie zu den Berliner Bezirken Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Treptow-Köpenick.
Inhaltsverzeichnis
Verwaltungsgeschichte
Preußen
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress bestand ab 1816 der Kreis Teltow im Regierungsbezirk Potsdam in der preußischen Provinz Brandenburg, seit 1939 „Mark Brandenburg“. Das Landratsamt war ab 1871 in Berlin.
Der nördliche, an Berlin grenzende Teil des Kreises Teltow gehörte bis zum 1. Januar 1822 zum Regierungsbezirk Berlin, der mit diesem Tage aufgelöst wurde. Damit unterstand nunmehr das gesamte Kreisgebiet dem Regierungspräsidenten in Potsdam.
Im südlichen Umfeld der Hauptstadt des neuen Deutschen Reiches entwickelten sich seit den 1870er Jahren die folgenden Stadtgemeinden so stürmisch, dass sie den Rahmen des Kreises Teltow sprengten und zu eigenen Stadtkreisen erklärt wurden:
- 1. Januar 1877: Charlottenburg,
- 1. April 1899: Schöneberg (Stadt seit 1898),
- 1. Mai 1899: Rixdorf (Stadt seit 1. April 1899), ab 1912: Neukölln,
- 1. April 1907: Deutsch Wilmersdorf (Stadt seit 31. Oktober 1906), ab 1912: Berlin-Wilmersdorf.
Der Austritt der schnell wachsenden Vororte aus dem Landkreis wurde von diesem so lange wie möglich verhindert. Für den Landrat war jede „verlorene“ Stadt ein Verlust an Macht und Einfluss. Die Städte mussten sich aus der Kreisangehörigkeit regelrecht „freikaufen“. Die Stadt Rixdorf etwa musste bei ihrem Austritt 1899 eine „Abfindung“ von einer Million Mark an den Landkreis zahlen.
Auch die Verleihung von Stadtrechten wurde von den Teltower Behörden nach Möglichkeit verhindert, weil in Schöneberg, Rixdorf und Wilmersdorf sowie in Lichtenberg (Kreis Niederbarnim) jeweils wenige Monate nach der Stadterhebung der Austritt aus dem Landkreis folgte. Diese Politik hatte teilweise absurde Folgen. Bei der Eingemeindung nach Berlin 1920 hatte etwa die Landgemeinde Steglitz rund 84.000 Einwohner, aber kein Stadtrecht.
Groß-Berlin-Gesetz
Mit dem „Groß-Berlin“-Gesetz wurde zum 1. Oktober 1920 der am dichtesten besiedelte Teil des Landkreises in den neuen Stadtkreis Berlin eingegliedert. Teltow verlor dabei fast 90% seiner Bevölkerung, etwa 450.000 Einwohner.
Folgende zuvor zu Teltow gehörenden Gemeinden fielen dabei an Berlin:
- an den neugeschaffenen Bezirk Charlottenburg:
- die kreisfreie Stadt Charlottenburg (323.000 Einwohner)
- der Gutsbezirk Heerstraße.
- an den neugeschaffenen Bezirk Wilmersdorf:
- die kreisfreie Stadt Berlin-Wilmersdorf (140.000 Einwohner)
- die Landgemeinden
- Berlin-Schmargendorf (11.600) und
- Berlin-Grunewald (6.500), und
- der Gutsbezirk Grunewald-Forst.
- an den neugeschaffenen Bezirk Schöneberg:
- die kreisfreie Stadt Berlin-Schöneberg (178.000 Einwohner) und
- die Landgemeinde Berlin-Friedenau (44.000).
- an den neugeschaffenen Bezirk Zehlendorf:
- die Landgemeinden
- Zehlendorf (20.500 Einwohner),
- Nikolassee (2.000) und
- Wannsee (4.000), und
- die Gutsbezirke Berlin-Dahlem (6.200 Einwohner), Klein-Glienicke, Pfaueninsel und Potsdamer Forst.
- die Landgemeinden
- an den neugeschaffenen Bezirk Steglitz:
- die Landgemeinden
- Berlin-Steglitz (83.400 Einwohner),
- Berlin-Lichterfelde (47.400),
- Berlin-Lankwitz (12.400) und
- Berlin-Mariendorf, Ortsteil Südende (3.700).
- die Landgemeinden
- an den neugeschaffenen Bezirk Tempelhof:
- die Landgemeinden
- Berlin-Tempelhof (34.000 Einwohner)
- Berlin-Mariendorf (außer Südende, 17.000),
- Berlin-Marienfelde (3.800)
- Lichtenrade (4.800) und
- Buckow, unbewohnte Gemarkungsteile westlich der Mariendorf-Lichtenrader Chaussee.
- die Landgemeinden
- an den neugeschaffenen Bezirk Neukölln:
- die kreisfreie Stadt Neukölln (262.000 Einwohner)
- die Landgemeinden
- Berlin-Britz (13.500)
- Buckow (östlich der Mariendorf-Lichtenrader Chaussee, 2.400)
- Rudow (1.400).
- an den neugeschaffenen Bezirk Treptow:
- die Landgemeinden
- Berlin-Treptow (31.000 Einwohner),
- Berlin-Niederschöneweide (9.600),
- Berlin-Johannisthal (5.400),
- Adlershof (12.700) und
- Alt-Glienicke (5.000).
- die Landgemeinden
- an den neugeschaffenen Bezirk Köpenick:
- die Stadtgemeinde Berlin-Köpenick,
- die Landgemeinden
- Müggelheim (200),
- Schmöckwitz (600),
- Bohnsdorf (2.000) und
- Grünau (3.500) sowie
- die Gutsbezirke Grünau-Dahmer Forst und Cöpenick-Forst.
Republik und Nationalsozialismus
Die rund 26.000 Einwohner zählende Gemeinde Nowawes bei Potsdam beantragte 1923 Stadtrechte. Der Antrag wurde im Provinziallandtag angenommen, im Kreistag jedoch abgelehnt. Nachdem die Gemeinde versicherte, nicht aus dem Landkreis Teltow austreten zu wollen, gestattete die Staatsregierung am 13. Dezember 1924 die Annahme der Städteordnung. Den Status einer Stadt hatte Nowawes nur knapp 15 Jahre, davon das letzte mit dem neuen Namen Babelsberg; denn schon am 1. April 1939 wurde es nach Potsdam eingemeindet, womit der Landkreis zum sechsten Mal seine jeweils größte Stadt abtreten musste.
Zum 30. September 1929 fand im Kreis Teltow entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der nahezu alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Zum 1. Januar 1939 führte der Kreis Teltow entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis.
Ab 1939 erhielt der Stadtkreis Potsdam vom Landkreis Teltow die Stadt Babelsberg und die Gemeinde Drewitz.
Der Landkreis Teltow umfasste am 1. Januar 1945:
- die 6 Städte Königs Wusterhausen, Mittenwalde, Teltow, Teupitz, Trebbin und Zossen
- sowie 105 weitere Gemeinden
- und 4 Gutsbezirke (Forsten).
Sowjetische Besatzungszone/Deutsche Demokratische Republik
Mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Änderung zur Verbesserung der Kreis- und Gemeindegrenzen vom 28. April 1950 verlor der Landkreis Teltow 1 Gemeinde an den Landkreis Luckau, 4 Gemeinden an den Landkreis Luckenwalde und 1 Gemeinde an den Landkreis Zauch-Belzig.
Am 23. Juli 1952 wurde der Landkreis Teltow aufgelöst. Das Kreisgebiet wurde zwischen den neugebildeten Kreisen Königs Wusterhausen und Zossen aufgeteilt, ein kleiner Teil um die Stadt Teltow wurde dem Landkreis Potsdam zugeordnet.
Bundesrepublik Deutschland
Der heutige Landkreis Teltow-Fläming entstand zum 6. Dezember 1993 aus den drei Landkreisen Jüterbog, Luckenwalde und Zossen.
Kommunalverfassung bis 1945
Die Landkreis Teltow gliederte sich in Stadtgemeinden, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständiger Auflösung – in selbstständige Gutsbezirke.
Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt.
Die bisherigen Stadtgemeinden Mittenwalde, Nowawes, Teltow, Teupitz, Trebbin und Zossen führten ab 1. Januar 1934 die Bezeichnung Stadt, Königs Wusterhausen ab 1935. Seit 1938 hieß Nowawes – nach Eingliederung der Gemeinde Neubabelsberg – Babelsberg und wurde 1939 Potsdam zugeteilt.
Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
Ortsnamen
Vor dem Ersten Weltkrieg wurden eine Reihe von Berliner Vorortgemeinden umbenannt (Berlin-Zusatz):
- Britz: Berlin-Britz,
- Dahlem: Berlin-Dahlem,
- Friedenau: Berlin-Friedenau,
- Grunewald: Berlin-Grunewald,
- Johannisthal: Berlin-Johannisthal,
- Lankwitz: Berlin-Lankwitz,
- Marienfelde: Berlin-Marienfelde,
- Nieder Schöneweide: Berlin-Niederschöneweide,
- Schmargendorf: Berlin-Schmargendorf,
- Steglitz: Berlin-Steglitz,
- Tempelhof: Berlin-Tempelhof,
- Treptow in Berlin-Treptow
In den 1930er Jahren wurden weitere Namen geändert:
- Dergischow: Horstfelde,
- Großbesten: Bestensee,
- Gütergotz: Güterfelde,
- Jachzenbrück: Lindenbrück,
- Mellen: Mellensee,
- Neuendorf b. Trebbin: Wiesenhagen,
- Nowawes: Babelsberg,
- Rotzis: Rotberg,
- Schenkendorf b. Großbeeren:Schenkendorf (Kr. Teltow),
- Sputendorf b. Töpchin: Sputenberge,
- Wendisch Wilmersdorf: Märkisch Wilmersdorf.
Weblinks
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