- Gartenkultur
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Unter Gartenkunst (Landschaftsgärtnerei, Gartengestaltung) versteht man die künstlerische und landschaftsarchitektonische Gestaltung begrenzter privater oder öffentlicher Freiräume durch Pflanzen, Wege, Anschüttungen, Planierungen, Architekturelemente, Wasserspiele oder Skulpturen. Der folgende Artikel beschreibt die Entwicklung der Gartenkunst von der Zeit des Altertums bis in die Neuzeit.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Gartenkunst
Gartenkunst im Altertum
Die Gartenkunst im Alten Ägypten
Aufgrund der umfangreichen archäologischen Ausgrabungen, Grabinschriften und Wandmalereien ist die Entwicklung der Gartenkunst im Alten Ägypten gut dokumentiert. Erhalten geblieben ist beispielsweise das kleine Garten-Modell im Grab des Meketre, einem Kanzler des Pharaos Mentuhotep II. (2061–2010 v. Chr.). Daher wissen wir heute, dass die Pyramiden, die heute in kahler Wüste stehen, einst von umfangreichen Gartenanlagen umgeben waren. Der religiöse Kult sah Blumen-, Speise- und Getränkeopfer zu Ehren der Toten und der Götter vor, so dass frühzeitig rund um die Tempel und Gräber Gartenanlagen gebaut wurden. Aus der Zeit von Ramses III. lassen sich nicht weniger als 513 Tempelgärten nachweisen. Zentrale Bedeutung hatten in diesen Gärten, die der Wüste mühselig abgerungen wurden, künstlich angelegte Teiche. Weinlauben, Baumalleen, Gemüse- und Blumenbeete umgaben diese in streng symmetrischer Form.
Den Höhepunkt erreichte die altägyptische Gartenkunst während der Zeit des Neuen Reiches zwischen 1550 und 1080 v. Chr., eine Phase, in der so berühmte Herrscher wie Thutmosis III., Echnaton, Ramses II. und Tutanchamun regierten.
Die Gärten der Assyrer und Babylonier
Anders als für Ägypten gibt es für die Gartenkunst der Hochkultur, die sich schon 4000 Jahre v. Chr. im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris entfaltete, wenig Belege. Hier liegt zwar die Wiege des modernen Menschen, der in dieser Region die ersten Schritte zu Ackerbau und Viehzucht tat; über die Gestaltung der Gärten wissen wir jedoch wenig. Auf Königsinschriften haben einige frühere Herrscher jedoch Hinweise auf ihre Gärten hinterlassen. So rühmt sich Tiglat-pileser I. (1115–1077 v. Chr.) üppiger Gärten; in Nimrud, dem biblischen Kalach, fand sich eine Steinstele, die den königlichen Garten des Assurnasirpal II. (883–859 v. Chr.) beschreibt; eine Keilschrifttafel, die im Britischen Museum, London, aufbewahrt wird, zählt die Pflanzen im Garten des babylonischen Königs Mardukapaliddina, dem biblischen Merodachbaladan (721–710 v. Chr), auf, und ein ebenfalls im Britischen Museum befindliches Relief des letzten bedeutenden Königs der Assyrer, Assurbanipal (668–627 v. Chr.), vermittelt wenigstens einen flüchtigen Eindruck, wie ein assyrischer Lustgarten gestaltet war.
Den wichtigsten Hinweis auf eine reiche Gartenkultur Mesopotamiens liefert jedoch die Geschichte der Hängenden Gärten von Babylon, die in der Antike als eines der sieben Weltwunder betrachtet wurden. Die Legende schreibt diese Gärten der Königin Semiramis zu, die möglicherweise der assyrischen Königin Schamuramat (809–782 v. Chr) gleichzusetzen ist, wahrscheinlich wurden sie – zumindest der Überlieferung nach – jedoch von Nebukadnezar II. (605–562) angelegt.
Jene berühmten Hängenden Gärten der Semiramis konnten jedoch bis heute nicht lokalisiert werden. Professor Kai Broderson stellt deswegen die Vermutung auf, dass sie nur in der Fantasie der Menschen existieren. Nach seiner Vermutung nahm ein ursprünglich unzugänglicher Palastgarten, den Nebukadnezar für sich errichten ließ, in der Vorstellungswelt der späteren Nachfahren immer wunderbarere Formen an, bis daraus eben eines der sieben Weltwunder wurde.
Die persischen Königsgärten
Auch für die altpersischen Gärten sind archäologische Zeugnisse sehr spärlich. Das wenige, was wir über diese Gärten wissen – auch ihre Beeinflussung durch die Gartenkunst der Assyrer und Babylonier – wissen wir durch die Überlieferung griechischer Historiker.
Dareios I. (521–486 v. Chr.) ließ bei den Karawansereien der königlichen Poststraße schattige Parkanlagen mit Tiergärten anlegen, wo auch den Reisenden nach beschwerlicher Tagfahrt ein kühles Quartier und frisches Wasser geboten wurden. Dem jüngeren Kyros († 401) werden zwei solcher Gartenanlagen zugeschrieben, schattige Alleen und Haine von Platanen, Zypressen und Palmen, zwischen denen die breitblätterige Aloe, Rosengebüsch und zahlreiche Obstbäume, zahlreiche Blumen, zierliche Kioske, schattige Ruhesitze, Springbrunnen, Vogelhäuser und Aussichtstürme verteilt waren.
Doch auch noch heute sind persische Gärten wie das Taj Mahal berühmt.
Die Gartenkunst im Alten Griechenland
- siehe Abschnitt Gartenbau im frühen Griechenland im Artikel Garten
Die Gartenkunst im Alten Rom
In Italien hatten die Römer die Nutzgärten (für Gemüse und Obst) vom Lustgarten getrennt. Letzterer, war regelmäßig gestaltet, wenn er sich an die Villa anschloss, mit zahlreichen Schlingpflanzen an der Veranda, Blumenbeeten und zu Figuren zugeschnittenen Bäumen versehen. Die Parkanlagen hatten eine bedeutende Ausdehnung, waren gleichzeitig Tiergärten, von Mauern und dergleichen eingeschlossen, mit in Stein gefassten Fischteichen, einem Geflügelhof und Marmorbecken, in deren Nähe Sitzplätze und Gartenhäuschen zum Betrachten der Schmuckvögel, und hatten oft ein architektonisch angelegtes Bassin mit Wasserspielen, gewöhnlich von einer Säulenhalle umgeben. Am berühmtesten war die Villa Hadriana des Kaisers Hadrian in Tibur am Sabinergebirge. Die Anlagen hatten 12 römische Meilen (das sind etwa 18 Kilometer) im Umfang, enthielten Hügel und Täler, Wasserfälle, Grotten, Wälder, ein Hippodrom, Theater und viele andere prachtvolle Gebäude. Unter Verwendung von Überresten dieser Bauten wurde hier im 16. Jahrhundert die Villa d'Este angelegt. Durch Tacitus kennen wir noch andere Kaisergärten Roms, auch den Park am „Goldenen Haus“ des Nero. Sie enthielten künstlich angelegte Seen und Wälder, glichen also in etwa unseren heutigen Parks. Auch im Italien des römischen Reichs waren die Bewässerungsanlagen von hoher Perfektion.
Byzantinische Gärten
Viele byzantinische Palastanlagen waren mit weitläufigen Gärten versehen, wie der Mangana in Konstantinopel. Daneben gab es auch sehr intim gestaltete private Gärten. Teiche und fließendes Wasser spielten, ähnlich wie später in den osmanischen Anlagen, eine wichtige Rolle. Von Kaiser Konstantin IX. wird berichtet, dass er ausgewachsene Bäume versetzen ließ, um den Palastgarten möglichst schnell fertigzustellen.
Die Entwicklung der Gartenkunst in Asien
Gartenkunst in China
- siehe auch Hauptartikel Gartenkunst in China
Die Entwicklung der chinesischen Gartenkunst lässt sich bis 3000 v. Chr. zurückverfolgen. Chinesische Gärten enthalten zahlreiche Zeichen, Metaphern und Symbole. Anders als die Gartenanlagen im Alten Ägypten und im Vorderen Orient stand in China nicht die Pflanze im Vordergrund. Chinesische Gärten sind vielmehr als Abbild eines idealen Universums konzipiert, dessen wesentliche Bestandteile künstlich angelegte Seen und Hügel, ungewöhnlich geformte Vegetation und Steine waren. Kein Volk der Erde hat den Garten so kultiviert wie die Chinesen; in ihm haben Herrscher und Reiche einen Luxus entwickelt, der wegen Verbrauchs von Land, Wasser und Arbeitskräften die Landwirtschaft gefährdete und öfters in die Geschicke des Landes eingriff. Der „kaiserliche Garten“ bei Peking hat 80 Kilometer Umfang und ist eine kunstvolle Nachahmung der Natur, in dem Landschaften aller Art, von der kleinsten Szenerie bis zur weitläufigsten, vertreten sind; Pflanzen aus unterschiedlichsten Gegenden, Bäche, Flüsse, Seen, Dörfer und Schlösser beleben das Bild. Die Bewohner der Dörfer waren jedoch eine Art Schauspieler; sie stellten für den Kaiser, je nach den Anordnungen des Hofmarschalls, in schmucker Kleidung Fischer, Matrosen, Arbeiter, Handelsleute, Bauern, Soldaten etc. vor und führten dem Herrscher, dem die Etikette das Erscheinen vor dem wirklichen Volk verbot, ein verfeinertes Spiegelbild desselben vor.
Die Gartenkunst in Japan
- siehe Hauptartikel Japanischer Garten
Einflüsse auf die europäischen Gartenanlagen
Zwar hatte schon Marco Polo die chinesischen Gärten beschrieben, die so gänzlich von den europäischen abwichen, aber seine Beschreibungen waren zu vage, als dass sie großen Einfluss auf die Gartengestaltung in Europa haben konnten. Dies änderte sich, als der Franziskaner Matteo Ripa von seiner Reise in China zahlreiche Kupferstiche mit brachte, die ein Bild von der chinesischen Gartengestaltung vermitteln konnten. Bei seinem Besuch in England traf er mit zahlreichen Vertretern des englischen Hochadels zusammen, die in der Gestaltung ihrer Landschaftsgärten diese Ideen bereitwillig aufgriffen. Im Rahmen der Chinoiserie-Mode des 18. Jahrhunderts wurden chinesische Motive in ganz Europa aufgegriffen. Nachempfindungen chinesischer Gärten und Pagoden gehörten zur exotischen Ausstattung von Sanssouci, Versailles, Schönbrunn oder Schloss Pillnitz bei Dresden.
Die Gartenkunst in der nachrömischen Zeit
Islamische Gärten
Garten der vier Ströme im Erholungspark Marzahn, Berlin
Europäisches Mittelalter
Man unterschied zwischen Gärten mit vorwiegend symbolischem Bedeutungsgehalt (hortus conclusus – von der Welt abgeschlossener Garten, mit christlicher Symbolik in Pflanze und Form ausgestattet) und dem hortus amoenus – dem schönen, lieblichen Garten der Sinne.
Das wichtigste Werk des 13. Jahrhunderts zur Gartenkunst stammt von Albertus Magnus: er beschreibt, wie der ideale Lustgarten auszusehen hat. Weitere wichtige Werke zur Gestaltung eines Gartens sind Hypnerotomachia Poliphili von Francesco Colonna und Leon Battista Albertis De re edificatoria.
Gartenkunst der Neuzeit in Europa
Die Entwicklung der Gartenkunst in der Neuzeit hängt eng mit den Impulsen aus der Baugeschichte der Schlösser und deren Schlossparks zusammen.
1492 wurde Amerika, 1498 der Seeweg nach Ostindien entdeckt und durch den neu erblühten Handel ein großer Luxus eingeführt, der sich auch im Garten äußerte. Durch die Auseinandersetzung mit dem Erbe der griechischen und römischen Antike sowie im kulturellen Kontakt mit dem Orient bildete sich im 15. und 16. Jahrhundert der italienische Renaissancegarten heraus. Er enthielt hohe, immergrüne Heckenwände und Pflanzungen, welche zugleich Schatten gewährten, das Element Wasser, ruhend in Becken oder bewegt in Fontänen und Kaskaden, Grotten, die im Winter auch zur Aufbewahrung der Orangenbäume dienten, Blumenbeete, in ihrer Form der Architektur des Hauses entsprechend, sowie Ziervögel. Zahlreiche Statuen und ausgegrabene Plastiken früherer Zeit wurden, teilweise überreich, verwendet, in der Regel symmetrisch angeordnet. Die Villen mit solchen Gärten waren im Italien des 16. Jahrhundert sehr zahlreich und sind zum Teil heute noch erhalten, viele seither durch Anlagen im landschaftlichen Stil erweitert.
Zu diesen landschaftlichen Privatgärten in Italien gehören z.B. der des Chevalier Forti in Chiara bei Brescia, der Garten „Casa Ramboldi“ bei Vicenza, der Palazzo Strozzi bei Florenz, der des Fürsten Stigliano Colonna in Neapel, Olivuzza und der Villa Tasca bei Palermo.
In Frankreich war dieser Stil kaum verbreitet, zu dieser Zeit existierten hier noch vorwiegend Nutzgärten.
Während der Zeit der Renaissance wurden zahlreiche, meist exotische Zierpflanzen eingeführt, um aufwändige Gärten und Parkanlagen zu schaffen. Von besonderer Bedeutung ist die sogenannte orientalische Periode, die etwa von 1560 bis 1620 andauerte. In dieser Zeit gelangten Pflanzen wie Tulpen, Hyazinthen und Narzissen aus dem südlichen beziehungsweise südöstlichen Europa nach Mitteleuropa. Die erste Tulpenzwiebel gelangte vermutlich 1554 im Gepäck eines Habsburger Kuriers von Konstantinopel nach Wien, aber schon fünf Jahre später blühten die ersten Tulpen in Augsburg und wenig später in den Gärten anderer europäischer Länder. Der Höhepunkt der Beschäftigung mit diesen Pflanzen war der Tulpenwahn, einer Spekulationsblase im Handel mit Tulpenzwiebeln. Eine erste solche Spekulationswelle gab es in den 1610er Jahren in Frankreich. Der Höhepunkt der Spekulation mit diesen Pflanzen fand jedoch in Holland zwischen den Jahren 1632 und 1637 statt.
Frankreich
Unter dem französischen König Heinrich IV. (1589–1610) nahm der Luxus mehr und mehr zu. Die Lustgärten bestanden zu Anfang des 17. Jahrhundert nur aus mehr oder weniger quadratischen Kompartimenten, die in einem regelmäßigen Raster angelegt wurden, einigen Rasenplätzen, wenigen Bäumen und Blumen, einigen Wasseranlagen. Sie alle waren im allgemeinen Nachahmungen der italienischen Gärten, übernahmen aber oft aus dem Mittelalter überkommene französische Traditionen. Die Anlagen verwilderten aufgrund ihrer Vernachlässigung zusehends. Mit der allgemeinen Herausbildung eines sich vom italienischen Vorbild abtrennenden französischen Stiles und der Überwindung der Renaissance in Frankreich bekam auch die Gartenkunst in Frankreich ein neues Bild. Maßgebend für die Herausbildung des französischen Gartens war André Le Nôtre. Er legte im Auftrag Ludwigs XIV. den Garten von Schloss Versailles an, wobei zwar im Grundsatz die italienischen Formen verwandt wurden jedoch ungleich disziplinierter und mit einer straffen Symmetrie. Die Anlage war im Grundprinzip von großer Einfachheit, insbesondere übernahmen die Franzosen nicht die Terrassierung der italienischen Anlagen, sondern entwickelten den Garten in der Ebene. Absolut vorherrschend war der Formschnitt der Pflanzen, der nicht nur hochdekorative Buchsbaum-Broderieparterres, sondern auch die Kronen der angepflanzten Bäume hervorhob. Die Ausstattung mit Wasserkünsten, Skulpturen und kleinen Bauwerken folgte strikten, von der Repräsentationsfunktion und ihrem mythologischen „Programm“ vorgegebenen Regeln. Der französische Stil machte schnell seinen Rundlauf durch die westliche Welt und erhielt sich bis Ende des 18. Jahrhunderts.
Bedeutende Beispiele sind: Die Gärten von Versailles und Vaux-le-Vicomte, für die frühen, noch stark italienischen Gärten: Schloss Chenonceau am Cher und Brecy in der Normandie. Die späten französischen Anlagen übernahmen bereits einige Elemente der englischen Gartenkunst, gaben teilweise den Formschnitt und andere Elemente des klassischen französischen Gartens auf. Beispiele dieses späten französischen Stils sind unter anderem: der Park von Monceau, die städtischen Anlagen von Paris, der Bois de Boulogne und Bois de Vincennes, der Parc des Buttes-Chaumont, Ferrieres (ein Besitz des Hauses Rothschild), sowie der Garten Gustav von Rothschilds in der Nähe des Palais d'Elysée.
Iberische Halbinsel
In Spanien blühte die Gartenkunst bereits zur Zeit der Mauren und erreichte um das Jahr 1000 unter Haschem II. einen Höhepunkt; die Höfe der Paläste waren mit Orangen, Blütensträuchern, Blumen, Kaskaden und anderen Wasserkünsten in strenger Regelmäßigkeit, dem Charakter des Gebäudes entsprechend, geschmückt. Die Araber wurden jedoch durch die Christen des nördlichen Spanien nach und nach zurückgedrängt, zuletzt gänzlich vertrieben. Unter Philipp III. erfolgte die Ausweisung aller Abkömmlinge der Mauren.
Portugal hatte in der Umgebung von Sintra bei Lissabon alte Gärten, die Lord Byron in seinem Childe Harold als „glorious eden“, ein herrliches Paradies bezeichnete; später ließ der deutsche König Ferdinand von Coburg dort Gärten anlegen.
Niederlande
Die holländischen Gärten glichen einem Schachbrett in der Einteilung; das Grottenwerk u. a. der italienischen und französischen Gärten ward hier zur Spielerei, die großen Rasenflächen und die Sichlininen zum Horizont setzten sich nicht durch. Die geschweifte, geschnörkelte Linie der Hausornamente, selbst der Giebel, kehrte in den Gärten an den Hecken wieder, und die Figuren der Parterres wiederholten dieselben Formen. Die lebhafte Verbindung Hollands mit England war Ursache, dass auch hier der landschaftliche Gartenstil Eingang fand; Anlagen von größerer Bedeutung wurden aber nicht geschaffen, und der alte holländische Stil ist noch nicht erloschen, das beweisen die Gärten des Villendorfs Broek, wo man alle Spielereien, namentlich in den Baumfiguren, den Topiari, wiederfindet.
England
Barock
Im Barock ähnelt der englische Garten noch weitestgehend seinem französischen Vorbild. Geometrische Achsen, Boskette mit Buchsbaumornamenten und eine strenge Ausrichtung auf den Herrscher hin sind seine Kennzeichen. Oft findet man Irrgärten und lange Alleen aus beschnittenen Bäumen. Ein Beispiel ist Hampton Court Palace. Da England über eine weitreichende Seehandelsflotte verfügte, wurden immer wieder Pflanzen aus fernen Gefilden importiert und im Botanischen Garten von Kew akklimatisiert und erforscht. So kamen die Zitrusgewächse nach England, die ebenso wie Rosen und Tulpen als Raritäten angepflanzt wurden.
Der Landschaftsgarten
Ab etwa 1720 entstand in England ein neuer Gartenstil, der englische Landschaftsgarten (oder auch englischer Landschaftspark). Als wichtiger Vorläufer gilt der Garten von Chiswick House, von William Kent angelegt, frühe Beispiele sind in Rousham und Stowe erhalten. Als wichtigste Einflüsse gelten die als natürlich empfundenen Gärten des Altertums sowie die Gärten Chinas und Miltons Versepos „Paradise Lost“.
Kennzeichen des englischen Landschaftsgartens der klassischen Phase sind die naturähnlich angeordnete Bepflanzung, die geschwungene Wegführung, der fließende Übergang in die umgebende Landschaft und das Fehlen von dekorativen Blumenrabatten. Als Ideal wurde ein begehbares Landschaftsgemälde angestrebt, das besonders von Landschaftsmalern wie Gaspard Poussin und Claude Lorrain beeinflusst war. Ebenfalls den Gemälden entstammen die Gartenstaffagen, Follies genannt, in Form kleiner Tempel oder Ruinen, die meist als Blickfang in den Sichtachsen arrangiert wurden.
In der klassischen Phase dominierte Lancelot „Capability“ Brown mit äußerst weitläufigen, hügelig modellierten Gartenräumen, gezielt angepflanzten Baumgruppen, großen künstlich angelegten Gewässern und relativ wenigen Staffagebauten.
Wichtige Gärten sind Twickenham, Chiswick, Rousham, Stowe, Stourhead, Blenheim Castle.
Wichtige Vordenker, Gärtner und Theoretiker waren Charles Bridgeman, Joseph Addison (Publizist), Alexander Pope (Dichter), William Kent (Maler), Lancelot „Capability“ Brown, Humphrey Repton (1752–1817), sowie William Chambers (Architekt) und sein Jardin Anglo-Chinois.
Deutschland
Mittelalter, Renaissance, Barock und Rokoko
Landschaftsgarten
Die ersten Landschaftsgärten kamen in Deutschland erst auf, als in England bereits ihre romantisch-sentimentale Spätphase begonnen hatte und orientierten sich anfänglich auch vorrangig an diesem Stil. Der wohl erste Englische Park wurde vom Baron Otto von Münchhausen in Schwöbber bei Hameln a. d. Weser 1750 angelegt; dann folgte Jobst Anton von Hinübers Englischer Garten in Marienwerder bei Hannover, 1765 der beide übertreffende Park zu Harbke bei Helmstedt, Besitzung des Grafen Friedrich August von Veltheim. Letzterer besteht noch und enthält die ältesten nordamerikanischen Bäume in Deutschland, besonders Eichen.
1768 wurde im Auftrag des anglophilen Fürsten von Anhalt-Dessau Leopold III. Friedrich Franz der Park von Wörlitz von Johann Gottlieb Schoch und Johann Christian Neumark in chinesisch-englischer Manier angelegt. In ihm finden sich neben der ersten europäischen Eisenbrücke und dem ersten außerhalb von England gebauten neo-gotischen Gartengebäude auch ein künstlicher Vulkan, der mittels Feuerwerkskörpern zum Ausbruch gebracht werden konnte. Ein gartentheoretischer Vorkämpfer für den landschaftlichen Gartenstil war Christian Cay Lorenz Hirschfeld, Professor in Kiel.
Für die Entwicklung des natürlichen Gartenstils in Deutschland hat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Weimar einen großen Einfluss ausgeübt. Johann Wolfgang Goethe, der Begründer einer neuen Richtung in der botanischen Wissenschaft, der Morphologie der Pflanzen, gab hier den Impuls. Mit seinem fürstlichen Freund, dem späteren Großherzog Karl August, wandelte er die Gegend an der Ilm im Süden der Stadt in einen Park (Park an der Ilm) um, der noch heute, in durch den Fürsten Hermann von Pückler-Muskau veränderter Form, besteht.
Der Begründer des Englischen Gartens der klassischen Phase in Deutschland war Friedrich Ludwig Sckell in München, der den dortigen Englischen Garten und in Schloss Nymphenburg schuf. Peter Joseph Lenné schuf mit seinem Schüler und Gehilfen Gustav Meyer Charlottenhof und verschiedene neue Anlagen bei Sanssouci, letzterer allein viele städtische Anlagen in Berlin.
Ein Gartenkünstler von besonderer Bedeutung war des weiteren Fürst Hermann von Pückler-Muskau, der um die Residenz seiner Standesherrschaft Muskau herum, später bei Branitz noch heute berühmte Landschaftsgärten gestaltete. Er verfasste eines der wichtigsten gartentheoretischen Schriften seiner Zeit in Deutschland, die „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“. Sein Muskauer Schüler, Eduard Petzold, wurde gleichfalls ein bedeutender Parkschöpfer: Park der deutschen Gesandtschaft in Sofia, Park von Philadelphia (USA), zahlreiche Gutsparks (z.B.: Altenstein). Glienicke, vom Prinzen Friedrich Karl von Preußen († 1883) angelegt, die Rheinanlagen der Kaiserin Augusta in Koblenz, die Insel Mainau im Bodensee, der Park von Babelsberg bei Potsdam, sind weitere bedeutende Landschaftsgärten.
Ende des 19. Jahrhunderts kamen so genannte Floragärten in Mode: prächtige und kunstvoll ausgeschmückte Einrichtungen mit Wintergärten, parkartige Anlagen, in denen Blumen eine bevorzugte Rolle eingeräumt ist, mit einem prachtvollen Blumenparterre, worin Teppichbeete vorherrschen, und zu welchem die schattigen Alleen und Parkteile nur den Rahmen bilden. Wasserkünste findet man in diesen Gärten nicht so häufig. Bedeutende Beispiele dieser Art Gärten sind der Palmengarten in Frankfurt am Main, die Flora in Köln und die Flora in Berlin-Charlottenburg, letztere mit einem Palmenhaus, ersterer mit Blumenparterres, die Flora von Köln mit einer Gärtnerlehranstalt verbunden.
19. Jahrhundert
20. Jahrhundert
Dan Kiley (USA)
Heutige Gartenkunst
Auch im 21. Jahrhundert werden neue Gärten und Parks entworfen, die heute jedoch bevorzugt als Werke der Landschaftsarchitektur bezeichnet werden, weil der Begriff Gartenkunst für Experten eher von historischer Bedeutung ist. Wichtige Impulse für die Landschaftsarchitektur am Ende des vergangenen Jahrhunderts gingen von der Avantgarde der Moderne aus. Ein wichtiges Projekt ist zum Beispiel der 1926 vom armenischen Künstler Gabriel Guévrékian (1900-1970) gestaltete Garten der Villa Noailles in Hyères. Einflussreich waren zudem die an abstrakte moderne Malerei erinnernden Arbeiten des Brasilianers Roberto Burle Marx, der u.a. den Copacabana-Beach Park entwarf, von Isamu Noguchi, der Ideen der Land Art vorwegnahm oder von Luis Barragán. Prägend waren die Gestaltungskonzepte von De Stijl und Bauhaus.
Die Vorstellungen zum Naturgarten bzw. wildem Garten u.a. von Karl Foerster, Mien Ruys, Piet Oudolf oder James van Sweden sowie von Ian McHarg, Louis Le Roy bzw. Urs Schwarz haben Eingang in die zeitgenössische Landschaftsarchitektur und Gartengestaltung gefunden. Als Weiterentwicklung dieses Konzept kann man beispielsweise den Jardin en mouvement des französischen Landschaftsarchitekten Gilles Clément sehen[1].
Weiterhin wurden Ideen der Minimal Art als auch der Pop-Art, z.B. von Martha Schwartz (USA) aufgegriffen.
Der Parc de la Villette des Architekten Bernard Tschumi wurde nach dekonstruktivistischen Ideen gestaltet. Eine weitere viel beachtete Pariser Anlage ist der Parc André Citroën von Gilles Clément und Alain Provost.
Für die Olympiade 1992 ließ die Stadt Barcelona in den 1980er Jahren eine Reihe von Parkanlagen errichten, die international auf breites Fachinteresse stießen. Eine wichtige spanische Landschaftsarchitektin ist Bet Figueras.
West 8 bzw. Adriaan Geuze sind bekannte Landschaftsarchitekten aus den Niederlanden.
The Lost Gardens of Heligan (eine restaurierte alte Parkanlage) und das Eden Project, beide in Cornwall, sind zwei viel besuchte Projekte des Engländers Tim Smit.
Ein neueres Thema der Landschaftsarchitektur ist die Nutzbarmachung ehemaliger Industrieflächen bei gleichzeitiger Bewahrung der wesentlichen historischen und identitätsbildenden Substanz des jeweiligen Ortes. Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist der Landschaftspark Duisburg-Nord.
Ein von Patrick Blanc neu entwickeltes System zur Versorgung der Pflanzen ermöglicht Fassadenbegrünung durch sogenannte vertikale Gärten, wie beispielsweise beim Musée du quai Branly in Paris.
Der neue botanische Garten von Bordeaux, gestaltet durch Catherine Mosbach, ist ein jüngstes Beispiel ambitionierter europäischer Gartenkunst, wie auch der Ankar Park in Malmö von Stig L. Andersson.
Literatur
- Garten. In: Meyers Konversations-Lexikon. Bd. 6, 4. Aufl. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1885–1892, S. 917
- Eva Berger: Historische Gärten Österreichs, 3 Bde., Wien 2002–2004
- Marianne Beuchert: Die Gärten Chinas, in: Hans Sarkowicz (Hrsg.): Die Geschichte der Gärten und Parks, Frankfurt am Main 2001
- Kai Broderson: Die Hängenden Gärten von Babylon, in: Hans Sarkowicz (Hrsg.): Die Geschichte der Gärten und Parks, Frankfurt am Main 2001
- Jane Brown: Der moderne Garten. Gartengeschichte des 20. Jahrhunderts. Stuttgart 2002. ISBN 3-8001-3221-4
- Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) (Hrsg.): Erfassung der historischen Gärten und Parks in der Bundesrepublik Deutschland (CD-ROM), Bonn, 4. Auflage 2001
- Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) (Hrsg.): Erfassung der historischen Friedhöfe in der Bundesrepublik Deutschland (CD-ROM), Bonn 1998
- Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) (Hrsg.): Weißbuch der historischen Gärten und Parks in den neuen Bundesländern, Bonn
- Ronald Clark: Garten Reiseführer. 1350 Gärten und Parks in Deutschland, München, ISBN 3766716441
- Karin Dzionara: Der Garten im alten Ägypten, in: Hans Sarkowicz (Hrsg.): Die Geschichte der Gärten und Parks, Frankfurt am Main 2001
- Gartenkunst Deutschland, hg. von der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in Deutschland und dem Landesdenkmalamt Berlin, Berlin 2002
- Christa Hasselhorst: Meister der Gartenkunst. Die großen Gärten Europas und ihre Schöpfer, Berlin 2004, ISBN 3894791381
- Hans-Rudolf Heyer: Historische Gärten der Schweiz, Bern 1980, ISBN 3-7165-0341-X
- Michaela Kalusok: Schnellkurs Gartenkunst. Köln 2003
- Fürst von Pückler-Muskau: Andeutungen über Landschaftsgärtnerei verbunden mit der Beschreibung ihrer praktischen Anwendung in Muskau, Oktav, Stuttgart 1834 (einige Neuauflagen)
- Michael Rohde u. Rainer Schomann (Hrsg.): Historische Gärten heute, 2. Aufl., Leipzig 2004, ISBN 3-361-00567-1
- Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland und Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Historische Gärten. Eine Standortbestimmung. Berlin 2003, ISBN 3895411612
- Gartenlust und Blumenliebe. Hamburgs Gartenkultur vom Barock bis ins 20. Jahrhundert, Hrsg. Claudia Horbas, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1693-2
- Gartentour - Unterwegs zu Deutschlands Schlössern, Parks und Gärten. Labhards Reisemagazin Garten-Tour 2008. Konstanz: Labhard, 2008. 128 S., zahlr. Ill.
Weblinks
(zeitgenössische künstlerische Positionen zum Kleingarten)
- Bert Beitmann: Gartenkunst (Website zur Geschichte der Gartenkunst in Deutschland)
- Gartenkultur-Pfade – Ein Projekt der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft
- Verzeichnis Gartenkunst und Garden design, englischer Sprachraum
- Wege zur Gartenkunst – Europäische Gärtenrouten
- DGGL - Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V.
- Homepage Was ist Landschaft?
- arte-Dossier zur "Neuen Gartenkunst" u.a. mit Anthony Paul, Vladimir Sitta Made Wijaya
Einzelnachweise
- ↑ Bert Beitmann: Gartenkunst. Kapitel 56 - Der Naturgarten
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