- Landsknechte
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Als Landsknecht bezeichnet man den zu Fuß kämpfenden, zumeist deutschen Söldner des späten 15. und des 16. Jahrhunderts, dessen primäre Waffe nach Schweizer Vorbild die Pike war. Obwohl Landsknechte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ursprünglich als kaiserlich-habsburgische Söldner angeworben wurden, kämpften sie unter den verschiedensten europäischen Fürsten. Sie galten aufgrund ihrer fortschrittlichen und disziplinierten Kampfweise als besonders schlagkräftig, hatten aber immer auch den Ruf von Plünderern, die nach ausgebliebenen Soldzahlungen ganze Landstriche verheeren konnten. Begründet wurden die Landsknechtheere von Kaiser Maximilian I., der auch als „Vater der Landsknechte“ bekannt ist.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Die Bezeichnung Landsknecht ist seit den 1480er Jahren belegt, ihre Bedeutung wird als bewusste Abgrenzung zu den aus dem Gebirge – und nicht vom flachen Land – stammenden Schweizer Pikenieren vermutet. Als „Lantknecht“ bezeichnete man allerdings schon im 15. Jahrhundert einen Gendarm oder Gerichtsboten, der auch kriegerische Tätigkeiten übernahm. Bereits um 1500 setzte sich die irreführende Bezeichnung Lanzknecht durch, welche auf die eigentlich als Langspieße einzustufenden Piken der Söldner anspielte. „Knecht“ (siehe auch dort) weist wahrscheinlich auf die Verpflichtung des Söldners gegenüber Reich und Kaiser hin. Das aus dem deutschen Heer im Ersten und Zweiten Weltkrieg stammende Wort „Landser“ leitet sich direkt von Landsknecht ab. Im heutigen Sprachgebrauch wird Landsknecht gelegentlich als Synonym für „Söldner“ verwendet.
Entwicklung des Landsknechtswesens
Ursprung der Landsknechte
Im Mittelalter prägte der eisengepanzerte Ritter das Kriegsbild, der als Vasall seines Herren getreu dem Lehenseid folgend für diesen in den Kampf zog, allenfalls gefolgt von den "reisigen" Kriegsknechten ihres eigenen Gefolges. Neben diesen traditionell geprägten Kriegern warben Städte und Landesherren auch immer mehr besoldete Fußsoldaten für einzelne Feldzüge an und brachen das Kriegsmonopol des Ritterstandes.
Im 12. Jahrhundert traten die Brabanzonen im heutigen Belgien auf, die für Sold und Beute kämpften, später gefolgt von den Armagnaken aus Frankreich, Sarazenen und Genueser Armbrustschützen aus Italien, baskischen und walisischen Bauernkriegern usw.
Erst im Verlauf des Spätmittelalters wurde in mehreren Schlachten endgültig deutlich, dass eine eigenständig agierende, schwere Reiterei gegen eine mit Stangenwaffen ausgestattete, diszipliniert kämpfende Infanterie nur wenig ausrichten konnte. Dies wurde durch die Hussiten und vor allem die Schweizer Eidgenossen, die 1315 in der Schlacht am Morgarten und 1386 in der Schlacht bei Sempach die habsburgischen Österreicher vernichtend schlugen. In den Burgunderkriegen (1474-1477) errangen die Schweizer Hellebardiere und Pikeniere, die in mehreren Tausend Mann starken Gewalthaufen kämpften, diverse Siege über Karl den Kühnen von Burgund, welcher in der Schlacht bei Nancy den Tod fand. Diese militärischen Erfolge veranlassten zahlreiche europäische Herrscher dazu, Schweizer Söldner anzuwerben, die auch als Reisläufer bekannt waren.
Blütezeit der Landsknechte
Durch Erbfolge fielen die burgundischen Territorien an den Habsburger Maximilian, Sohn des damaligen Kaisers Friedrich III. In der Schlacht bei Guinegate (1479) konnte Maximilian den Großteil seiner neu gewonnenen Gebiete gegen König Ludwig XI. von Frankreich behaupten, darunter die Niederlande, Luxemburg und die Freigrafschaft Burgund. Um weiteren französischen Angriffen begegnen zu können und um Druck auf die mächtigen Territorialstaaten Bayern und Böhmen auszuüben, benötigte der Habsburger ein eigenes schlagkräftiges Heer von Fußsoldaten. Während Kaiser und Reich durch Krieg mit Türken und Ungarn gebunden waren, begann Maximilian daher selbst mit der Anwerbung von Kriegsknechten.
1487, nur wenige Monate nach seiner Krönung zum deutschen König, hatte Maximilian die ersten Einheiten zusammengestellt, indem er
„das Fussvolk nach Art der römischen Legionen in Haufen, Regimenter, teilte, dieselben mit langen Stangsspiessen oder Piquen versehen lassen und sie in diesem Gewehr dermassen abgerichtet, dass sie es allen anderen Nationen zuvorthaten, dannenhero von dieser Zeit an kein Krieg in Europa ohne die Teutschen Lanzknechte geführet worden und kein kriegsführender Potentat derselben entbehren wollen“
– Reallexikon der deutschen Altertümer, 1885
Sie wurden in Brügge von Graf Eitelfritz von Hohenzollern ausgebildet und gingen siegreich aus Feldzügen in Flandern und Böhmen hervor. Um die Kampfmoral seiner Soldaten zu erhöhen, verpflichtete sie Maximilian ab 1490 dazu, den Gefolgschaftseid auf ihn zu leisten.
Als Ende des 15. Jahrhunderts der Konflikt zwischen dem Schwäbischen Bund und der Schweizerischen Eidgenossenschaft eskalierte, kam es zum bewaffneten Konflikt. In dem so genannten Schwabenkrieg kämpften Maximilians Truppen auf Seiten des Schwäbischen Bundes, der 1488 als Gegengewicht zu den Expansionsbestrebungen der bayerischen Wittelsbacher gegründet worden war. Die kaiserlichen und schwäbischen Aufgebote mussten im Kampf gegen die Schweizer schwere Niederlagen hinnehmen, die mit dem Frieden von Basel 1499 ihre faktische Unabhängigkeit vom Reich erlangten. An dem Krieg hatte auf schwäbischer Seite auch Georg von Frundsberg teilgenommen, der noch im selben Jahr in kaiserlichen Diensten gegen die in das Herzogtum Mailand eingefallenen Franzosen kämpfte. Frundsberg half Maximilian bei der Aufstellung und Ausbildung der Landsknechtheere, wobei er sich aufgrund der im Schwabenkrieg gesammelten Erfahrungen an den Schweizer Söldnerhaufen orientierte, deren Taktiken er weiterentwickelte. Frundsberg sollte zum bedeutendsten Landsknechtführer werden, dessen Truppen in den Italienischen Kriegen mehrere wichtige Siege gegen Franzosen und auch Schweizer erkämpfen konnten. Sein Tod im Jahre 1528 markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der Landsknechte.
Landsknechte kämpften unter anderem in den Italienischen Kriegen, im Landshuter Erbfolgekrieg, im Bauernkrieg und im Schmalkaldischen Krieg. Ihre militärischen Erfolge führten dazu, dass nicht nur der Kaiser und die Reichsfürsten, sondern auch ausländische Herrscher Landsknechte anwarben, insbesondere die französischen Könige. Das Leben der Landsknechte war von hohem Selbstwertgefühl geprägt; sie sahen sich selbst als eine Art weltlicher Kriegerorden und setzten ihre Forderungen selbstbewusst auch gegenüber ihrem Dienstherren durch, der auf ihren Gehorsam in der Schlacht angewiesen war.
Zugleich entwickelte sich zwischen reichsdeutschen Landsknechten und eidgenössischen Reisläufern eine fanatische Feindschaft, die in den Schlachten der Italienkriege bis zum sogenannten „schlechten Krieg“ entartete, in dem im Gegensatz zum „guten Krieg“ keine Gefangenen gemacht und der unterlegene oder verwundete Gegner gnadenlos niedergemacht wurde. Die gleiche Erbarmungslosigkeit galt den Landsknechten der „Schwarzen Legion“, die im Sold des französischen Königs auf gegnerischer Seite gegen das Reich kämpften und damit gegen Kaiser Maximilians Befehl verstießen, alle Landsknechte aus Frankreich zurückzubeordern.
Niedergang der Landsknechtheere
Besoldung und Disziplin waren ein Schwachpunkt der damaligen Armeen. Maximilian I. und sein Nachfolger Karl V. hatten stets mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Oft mangelte es den Kriegsherren am nötigen Geld, so dass die Landsknechte sich ihren Lebensunterhalt gewaltsam sichern mussten, was wiederum die Moral untergrub.
Notgedrungen ließen sich zahlreiche Landsknechte auch von fremden Mächten abwerben, welche allmählich ihre Kampfweise erlernten und übernahmen. Bis zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatten sich in großen Teilen Europas militärische Standards herausgebildet; zwischen den Formationen, der Bewaffnung, den Truppengattungen und der Organisation der europäischen Heere bestanden keine nennenswerten Unterschiede mehr, womit auch die herausragende Stellung der Landsknechte wegfiel. Dies zeigte sich nicht nur an der Tatsache, dass die gepuffte und geschlitzte Kleidung außer Mode kam, sondern auch an der Verdrängung der Bezeichnung Landsknecht durch Kaiserlicher Fußknecht.
Die Anwerbung und Organisation von Söldnerheeren folgte jedoch im deutschen Raum bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts der Vorgehensweise aus der Landsknechtzeit. Das Söldnertum spielte zwar im Dreißigjährigen Krieg noch einmal eine entscheidende Rolle, jedoch waren zu diesem Zeitpunkt bereits Kämpfer aus weiten Teilen Europas beteiligt, so dass Landsknechte (im engeren Sinn als deutschsprachige Söldner) nicht mehr dominierten. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wurde das gesamte Söldnertum weitgehend durch Stehende Heere verdrängt.
Anwerbung
Die meisten Landsknechte stammten aus Baden, dem Elsass, Tirol und Württemberg, aber auch aus dem Rheinland und Norddeutschland. Die Rekrutierung von Männern aus einem gemeinsamen Gebiet sollte das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Moral steigern.
Anwerbung und Musterung wurden nach schweizerischem Vorbild durchgeführt. Der Kriegsherr wurde vom Kaiser, einem Fürsten oder einer Stadt durch den so genannten Bestallungsbrief oder das Patent mit der Aufstellung eines Landsknechtregiments beauftragt. Nachdem der Kriegsherr die nötigen finanziellen Mittel beschafft hatte, stellte er als Obristen des Regiments den Offiziersstab zusammen, stattete seine Offiziere mit Werbepatenten aus und schickte sie dann mit Trommlern aus, die auf den Marktplätzen potentielle Rekruten herbeitrommelten.
Hatten sich die Rekruten eingeschrieben, mussten sie sich zur Musterung begeben, die auf einem im Bestallungsbrief festgelegten Musterplatz durchgeführt wurde. Dort angekommen, wurden sie in zwei Gruppen aufgeteilt, die sich gegenüber standen. Am Ende der beiden Gruppen wurde mit zwei Hellebarden und einer Pike ein Durchgang errichtet, den jeder „Bewerbsmann“ durchschreiten musste, wobei ein Offizier oder der Obrist selbst als Musterherr dessen körperliche Verfassung und seine Bewaffnung prüfte. Nach der Befragung der Angeworbenen wurden dann Name, Herkunft, Alter und Stand vom Regimentsschreiber in die Musterrolle eingetragen. Bereits kriegerfahrene Bewerber[1], konnten mehr Sold fordern. Da ein Landsknecht selbst für seine Ausrüstung aufkommen musste, verkauften Marketender auf den Sammelplätzen überteuerte Waffen und Rüstungen. Die für die Musterung zuständigen Offiziere versuchten oftmals, den Obristen zu übervorteilen. So zählten sie manche Rekruten doppelt oder stuften unerfahrene und schlecht ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen ein, um vom Obristen eine höhere Summe für die Besoldung des Regiments zu erhalten. Die Differenz zur tatsächlichen Summe behielten sie für sich selbst.
Die Rekrutierung erfolgte für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Nach der Musterung wurde den Landsknechten ihr erster Monatssold ausgezahlt und das Regiment in Fähnlein von etwa 500 Mann unterteilt, darunter im Idealfall mindestens 100 kampferfahrene Landsknechte, die den doppelten Sold erhielten und deshalb als Doppelsöldner bezeichnet wurden. Das gesamte Regiment musste sich in einem Kreis um den Obristen sammeln, der den im Bestallungsbrief enthaltenen Artikelbrief verlas. Der Artikelbrief umfasste die Rechte und vor allem die Pflichten der Landsknechte und wurde alle sechs Monate von Neuem verlesen. Nach der Verlesung der Kriegsartikel mussten alle Landsknechte auf Weisung des Schultheiß einen Eid auf den Kaiser oder den Obristen schwören und geloben, sich gemäß der im Artikelbrief festgelegten Feldordnung zu verhalten. Die zu Fähnrichen bestimmten Landsknechte mussten zudem schwören, die ihnen anvertraute Fahne unter keinen Umständen im Gefecht zu verlieren. Die Aufstellung des Regiments wurde durch die Unterteilung in Fähnlein (ab zirka 1600 als Kompanien bezeichnet) und Rotten abgeschlossen.
Organisation
Die Organisation der Landsknechte unter Maximilian I. bildete die Grundlage des späteren Heerwesens und wurde von anderen Heeresführern übernommen. Für ein Landsknechtregiment war eine Stärke von 4.000 Mann vorgesehen, doch wurde diese Zahl nur selten erreicht. Ein Obrist, der mehrere Regimenter kommandierte, hatte den Rang eines Obersten Feldhauptmannes oder General-Obristen inne. Ihm stand zur Befehlsübermittlung ein Herold im Offiziersrang zur Seite. Bei Abwesenheit des Obristen war ein (Obrist-)Locotenens (der spätere Oberstleutnant) sein Vertreter, meist ein besonders erfahrener Hauptmann und selbst Führer eines Fähnleins.
Der Obrist verfügte neben Feldarzt, Dolmetscher, Schreiber, Trommler, Pfeifer und als Söldner und Diener festangestellten Trabanten (Leibwachen) über einen „Staat“ (Stab) aus Spezialisten:
- Der Pfennigmeister (später Zahlmeister), verwaltete die Kriegskasse, nahm Kontributionen ein und zahlte den Sold aus. Die Besoldung der Landsknechtheere basierte zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf dem Faktor Vier, da einfache Landsknechte vier Gulden (in Norddeutschland Taler) ausgezahlt bekamen. Die Zulage für Hakenschützen betrug einen Gulden. Acht Gulden erhielten die Doppelsöldner sowie die Gemeinwebel, Gerichtswebel, Fouriere, Feldschere, Trabanten, Spielleute und Kapläne, zwölf Gulden die Schreiber, 16 Gulden die Feldwebel und Locotenenten der Fähnlein, 20 Gulden die Fähnriche, 40 Gulden die Hauptleute und 400 Gulden der Obrist. Abgerechnet wurde monatlich, außerdem stand den Knechten das Recht zu, nach jeder bestandenen Schlacht unabhängig vom Kalender einen neuen Soldmonat zu verlangen. Bemessen an Lebenshaltungskosten von ein bis zwei Gulden war der Sold damit recht hoch. Eine regelmäßige und angemessene Besoldung stellte aber oft nicht den Regelfall dar, was Meutereien und ungeordnete Plünderungen nach sich zog, zumal die Aussicht auf Beute für den einzelnen Knecht ein wesentlicher Antriebsfaktor war.
- Um Recht und Ordnung sowie die Einhaltung des Artikelbriefs überwachen zu lassen, erhielt das Regiment einen Schultheiß als Richter und Justizbeamten im Hauptmannsrang. Der Schultheiß leitete das Feldgericht, unterstützt von seinem Schreiber und vom Gerichtswebel, einem Doppelsöldner, der die Gerichtsakten führte, die Gebühren eintrieb, Verhandlungen vorbereitete und als Gerichtsdiener fungierte.
- Unter der Leitung des Quartiermeisters wurde das Lager aufgeschlagen. Er verloste die Lagerplätze an die einzelnen Fähnlein. Nach Möglichkeit wählte man vorteilhafte Plätze, wo sich Wasser, Feuerholz und Fourage fanden, und die wenigstens teilweise durch einen Fluss, Morast oder durch unwegsames Gelände geschützt wurden. Die Befehlshaber wohnten in Zelten, die Knechte in der Regel in Hütten, die sie auf einem Holzgerüst mit einem Belag von Stroh, Reisig oder Grassoden errichteten. Zwischen den Zelten und Hütten gab es für den Verkehr Straßen und für jedes Fähnlein einen besonderen Sammelplatz, den Lärmplatz. Der Quartiermeister verwaltete auch Waffen und Rüstzeug sowie Pferde und verkaufte diese den Landsknechten, die für ihre Ausrüstung selbst aufkommen mussten; außerdem kümmerte er sich mit dem Proviantmeister und den Fourieren um die Versorgung mit Lebensmitteln (Profandt) oder Futter (Fourage).
- Im Lager als Ordnungshüter und Strafverfolger gefürchtet war der Provost oder Profoss, denn Ordnung und Disziplin waren stets durch Geld- und Beutegier, Saufgelage, Glücksspiel und Rauflust bis zum bewaffneten Zweikampf, dem „Balgen“, gefährdet. Der Profoss überwachte auch den Markt im Lager der Landsknechte und war Organisator und Leiter der Lagerfeuerwehr. Seine Steckenknechte überwachten und verhafteten verdächtige Landsknechte, sorgten aber auch mit den Trossweibern für die Latrinenreinigung. Der aus dem Kreis der Steckenknechte bestimmte Stockmeister verwahrte die Gefangenen. Im Gefolge des Provost befand sich –- mit blutrotem Mantel, roter Feder am Barett und Galgenstrick am Gürtel –- der Scharfrichter, Freimann oder Nachrichter, der mit seinem Richtschwert und dem Strick Todesurteile und Leibestrafen vollstreckte. Der Provost führte auch die Aufsicht über Markt und Marketender; er hatte die Preisfestsetzung vorzunehmen, die ins Lager gebrachten Waren zu prüfen und zu begutachten und dabei sowohl die Interessen der Knechte als auch die der Händler zu berücksichtigen. Von seinem Schätzamt flossen ihm auch Gebühren zu, etwa von jedem Fass Wein ein bestimmtes Quantum, von jedem Stück Vieh, das geschlachtet wurde, die Zunge oder ein Standgeld von den Marketendern und Garköchen.
- Dem Profoss unterstand der Tross- oder Hurenwebel, der als aufsichtsführender Organisator des umfangreichen Trosses, der aus Marketendern, Kleinhandwerkern, Köchen, Bäckern, Trossbuben, Prostituierten, aber auch den Kindern und Frauen der Landsknechte bestand, für den Lebensunterhalt des Regiments sorgte. Mitglieder des Trosses, der immer wieder zwielichtiges Gesindel anzog, konnten zudem zu Schanzarbeiten und anderen Hilfsarbeiten herangezogen werden. Hier hatte der Hurenwebel die Aufsicht. Diese wichtige Funktion war für viele Landsknechte die einzige militärische Aufstiegsmöglichkeit. Der Hurenwebel besaß einen eigenen Locotenens als Stellvertreter und wurde zudem vom Rumormeister unterstützt, oft einem älteren, nicht mehr waffentauglichen Landsknecht, dessen Aufgabe meist im Auseinandertreiben von streitendem Trossvolk bestand. Dabei verwendete er einen Knüppel, mit dem er nachts auch auf die Zapfen der Fässer schlug (Zapfenstreich), um den Ausschank zu beenden und damit Nachtruhe zu befehlen. Nach dem Aufziehen der Nachtwache durften Wein und Bier nicht mehr ausgeschenkt werden. Mitunter führte der umfangreiche und nur schwer zu führende Tross eines Landsknechtsheeres auch eine eigene Fahne mit sich, die von einem eigenen Fahnenträger, dem Rennfähnrich, getragen wurde.
Mit dem Anwachsen der Landsknechtsheere kamen weitere Ämter hinzu:
- Um unkontrolliertes Rauben, Brennen und Morden zu vermeiden, sollten Zerstörung und Plünderung nur auf ausdrücklichen Befehl des Obristen erfolgen. Bei Bedarf ernannte dieser daher einen Beutmeister, der für die mehr oder weniger gerechte Verteilung der Beute zu sorgen hatte. Galt es nach Vorgabe des Obristen gezielt Gebäude und Ortschaften niederzubrennen oder einzureißen, so bestimmte der Obrist den Brandmeister, der mit seinen Brandknechten gegen feindliche Ortschaften vorging.
- Der bei größeren Kriegshaufen (ab 5.000 Mann) eingesetzte Wachtmeister sorgte für Bewachung, Sicherung und Befestigung des Lagers.
- Auf je etwa zehn Landsknechte musste ein Wagen gerechnet werden. Für diesen beträchtlichen Fuhrpark war der Wagenmeister zuständig.
Auch der Hauptmann oder Kapitän eines Fähnleins hatte seinen eigenen „Staat“.
- Dazu zählte zunächst sein Locotenens (lat. „Locumtenens“ = Platzhaltender, verdeutscht auch Leutinger genannt; heute: Leutnant);
- eine wichtige Aufgabe hatte der Fähnrich, der zusammen mit Trommler und Pfeifer beim Sammeln, Marschieren oder im Gefecht das Zentrum des Fähnleins markierte und optische Marsch- und Bewegungszeichen gab, woraus sich später die Funktion des Tambourmajors ableitete. Dazu hatte jedes Fähnlein zwei "Spiele" aus jeweils Trommler und Feldpfeifer zu halten, wobei die Trommler auch als Parlamentäre für Verhandlungen mit dem Feind ausgesandt werden konnten. Trommler und Pfeifer gaben im Lager das Zeichen für Wecken, Alarm und Sammeln, zur Vergatterung der Wachen und zum Zapfenstreich, und sie spielten Landsknechtslieder auf dem Marsch, mitunter aus allen Fähnlein zur Regimentsmusik zusammengefasst, und sorgten so - auch wenn der Gleichschritt noch unbekannt war - für die Marschordnung.
- Im Fähnlein waren zudem ein Feldscher als Sanitäter und Wundarzt für das körperliche und
- ein Feldkaplan als Geistlicher für das seelische Heil der Landsknechte zuständig.
- Ein besonders erfahrener Landsknecht wurde vom Obristen zum Feldwebel bestimmt; seine Aufgabe war es, die Landsknechte zu drillen und im Formationskampf zu unterweisen; außerdem kümmerte er sich um Diensteinteilungen und die Organisation des Innendienstes.
- Dabei wurde er von meist zwei Gemeinwebeln unterstützt. Die Gemeinwebel wurden ebenso wie
- der „Führer“ (später auch Guide genannt) zur Wegeerkundung und Aufklärung,
- der Fourier zur Quartiererkundung und
- bei Bedarf auch die Ambesanten (von franz. ambassade) oder Ambrosaten als Vertrauensleute von den Landsknechten monatlich neu gewählt.
- Die unterste Führungsebene bildeten die Rottmeister, erfahrene Doppelsöldner vergleichbar den späteren Unteroffizieren, die von ihren jeweils etwa zehn Mann oder sechs Doppelsöldnern starken Rotten gewählt wurden.
Rechtsordnung
Als besonderes Privileg durften die Landsknechte ein eigenes Gerichtswesen organisieren. Führer, Gemeinwebel und Ambrosaten wirkten als Fürsprecher vor Gericht und Beschwerdeführer. Die Ambrosaten, auch als „Ringfertige“ bezeichnet, vertraten die Interessen der Landsknechtsgemeinschaft vor den Offizieren, dem Obristen und im „Ring“, der Tagungsstätte, den die Vollversammlung bildete, um Entscheidungen im Namen der Gemein zu treffen.
Gelang es weder Feldwebel noch Vertrauensleuten wie Gemeinwebeln, Führer oder Ambrosaten, einen Streit zu schlichten oder lagen schwere Verstöße gegen die im Artikelbrief niedergelegten Pflichten vor, so traten unter Leitung des Schultheiß zwölf Geschworene aus der Gemeinschaft zum Malefizgericht zusammen und tagten im „Ring“, der öffentlichen Vollversammlung des Kriegshaufens. Im „Ring“ herrschte strenge Disziplin, es durfte weder geflucht noch ungefragt gesprochen werden. Die Vertreter der Streitparteien und der Provost als Anklagevertreter trugen ihr Anliegen vor. Ein Beklagter konnte bis zu dreimal um Vertagung bitten, um Zeugen oder Beweise zu beschaffen, spätestens bei der vierten Sitzung aber mussten die Geschworenen urteilen. Zu den besonderen Strafen, die über einen Landsknecht verhängt werden konnten, gehörte das Lanzengericht, auch „Recht der langen Spieße“ oder „Recht vor dem gemeinen Mann“ genannt, die Urform des Spießrutenlaufs; bei besonders unehrenhaften oder besonders schweren Straftaten konnte es von der Landsknechtsgemeinde als Selbstjustiz gemeinschaftlich eingefordert werden.
Bewaffnung
Die Hauptwaffe der Landsknechte war der Langspieß, ab 1560 als Pike bezeichnet, eine bis zu sechs Meter lange Stangenwaffe mit knapp 30 cm langer Spitze. Manche Spiesser, Spiessgesellen, Spiess- oder auch Spitzbuben banden einen Fuchsschwanz an ihre Pike, den sie als Glücksbringer betrachteten. Die mit einer Länge von etwa zwei Metern deutlich kürzere Hellebarde wurde von den Unterführern und Doppelsöldnern getragen. Der Feldwebel (im späteren Militärjargon als „Spieß“ etabliert) und die Gemeinwebel richteten mit ihr die Reihen aus und stellten so die Geschlossenheit der Formation sicher. Als Varianten der Hellebarde kamen auch Glefen und Partisanen zum Einsatz. Anfangs kam auch der Schefflin, ein Wurfspieß, zum Einsatz. Zu den Schwertern der Landsknechte zählte der Katzbalger, mit kurzem Griff, S-förmiger Parierstange und stumpf zulaufender Klinge oder die langmesserartige Bauernwehr, die als Stichwaffe benutzt wurde. Die gewaltigen Flamberge und Zweihandschwerter (auch Biehänder oder Biedenhander genannt), die länger als 1,60 Meter sein konnten, besaßen eine sehr lange und breite Klinge, die gerade oder geflammt sein konnte, einen sehr langen Griff mit langen, an den Enden gebogenen Parierstangen und zumeist Faustbügeln, mit denen geübte Fechter spezielle Manöver ausüben konnten. Die so ausgestatteten Doppelsöldner mussten auch ein Schreiben eines Meisters des Langschwertes vorzeigen, in dem bezeugt wurde, dass sie dieses Schwert beherrschen. Später dienten sie eher nur repräsentativen Zwecken, da die langen Schwerter äußerst unhandlich waren. Die Hauptleute oder Kapitäne waren mitunter beritten, im Kampf jedoch ebenfalls zu Fuß unterwegs, und kämpften mit einem Schwert, einer Streitaxt oder einer Helmbarte oder Hellebarde.
Im Gegensatz zu den Schweizern setzten die Landsknechte bereits früh auf die Verwendung von Handfeuerwaffen, nachdem die Armbrust 1507 durch Verordnung Kaiser Maximilians offiziell aus dem Gebrauch genommen wurde - obwohl diese schnell gespannt war, lautlos den Bolzen verschoss, keinen Pulverdampf verursachte, auch bei schlechtem Wetter einsetzbar war und eine verheerende Wirkung sogar gegen gepanzerte Reiter erzielen konnte. Ein Teil der Doppelsöldner war stattdessen mit Hakenbüchsen (Arkebusen) oder Musketen bewaffnet, bei denen es sich um Luntenschlossgewehre handelte, deren Kugeln eine Reichweite von etwa 400 Schritt hatten und auf kurze Entfernung ebenfalls Harnische oder Brustpanzer durchschlagen konnten. Allerdings setzten der schwere Rückstoß, der gefährliche Umgang mit dem Zündpulver und die zielgenaue Handhabung, die nur aufgelegt auf einer Stützgabel möglich war, Geschick, Kraft und Übung voraus. Die Gabel war so leicht, dass der Schütze sie neben der Büchse tragen konnte, und ließ sich beim Anschlagen leicht nach allen Seiten drehen. Während des Ladens hielt sie der Schütze an einer ledernen, über den linken Arm gestreiften Schleife. Zielen und Treffen war außer auf kürzeste Distanz jedoch eher Zufall. Da die Kugel Spiel haben musste, um die Arkebuse mühelos laden zukönnen, schlotterte das Geschoss beim Abfeuern im Lauf und verließ das Rohr in unkalkulierbarer Richtung. Das Laden war umständlich und der Umgang mit dem unhandlichen und 20 kg schweren Waffen mühsam und zeitaufwendig. Der Hakenschütze trug ein über die linke Schulter und quer über die Brust gehängtes Bandelier, an dem die Pulverflasche mit etwa einen Pfund Schwarzpulver für 40-50 Treibladungen sowie zapfenartige Zündkrautflaschen mit den einzelnen Pulverladungen hingen. Hinzu kam die mit den 80 g schweren, 30 mm dicken Bleikugeln gefüllte Ledertasche. Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts übernahmen manche Landsknechte auch Radschlosspistolen.
Nur ein Teil der Landsknechte war durch eine Rüstung geschützt. Manche Pikeniere und Hellebardiere trugen Kettenhemd, Brigantine, Kürass beziehungsweise Korazin oder Brustpanzer, mitunter mit Beintaschen zum Schutz der Oberschenkel. Dabei wurde aus Kostengründen mitunter auf die Rückenplatte verzichtet. Der Preis eines Pikenierharnischs betrug üblicherweise zwölf Gulden, was dem Sold für drei Monate entsprach. Rege Verbreitung fand der Bischofskragen aus Kettengeflecht, der den Hals- und Schulterbereich bedeckte. Manche Landsknechte trugen eine stählerne Hirnhaube oder einen Eisenhut, bis sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts als „Kopfbedeckung nach Burgunder Art“ die Sturmhaube und der Morion durchsetzten.
Die Hauptleute schützten sich meist durch einen nahezu vollständigen Harnisch, da sie in den vordersten Reihen der Formation kämpfen mussten und sich im Gegensatz zu den einfachen Landsknechten einen derartigen Körperschutz leisten konnten. Die Obristen legten bei der Wahl ihrer Rüstung großen Wert auf Repräsentation. Zu einem qualitativ hochwertigen Feldharnisch erwarben manche einen Rossharnisch für ihr Pferd.
Artillerie
Die „Arckeley“ oder Artillerie eines Landsknechtheeres hatte eine rechtliche und organisatorische Sonderstellung inne.
Büchsenmeister oder Stückmeister dienten fest angestellt als Kriegsingenieure und Artillerieoffiziere. Unter ihrer Leitung arbeiteten Feuerwerker, Glockengießer, Schmiede, Pulvermacher, Zimmerleute und andere Handwerker. Kommandiert wurde sie von dem Obersten Zeugmeister, der bei der Plünderung einer eroberten Stadt ein Anrecht auf sämtliche intakten Geschütze und sonstige Waffen der besiegten Gegner hatte. Ein Drittel dieser Beute musste jedoch dem Obristen übergeben werden. Für den Transport der Geschütze war der Geschirrmeister zuständig, während der Zeugwart über die Munition und den eigenen Tross der Artillerie wachte.
Die Artilleristen verfügten über ein eigenes Rechtswesen und konnten nicht vom Provost belangt werden. Gelang es gar einem Landsknecht, der eines Verbrechens beschuldigt war, auf der Flucht vor dem Provost ein Geschütz zu berühren, konnte er sich für eine bestimmte Zeit in Sicherheit wähnen. Der Provost durfte ihn unter diesen Umständen innerhalb der darauf folgenden 72 Stunden nicht festnehmen, doch durfte sich der Landsknecht nicht mehr als 24 Schritte von dem Geschütz entfernen. Grund dieser aufschiebenden Wirkung gegen die Festnahme war, dass der Verfolgte durch Berühren des Geschützes zu verstehen gab, dass er Landsknecht der Artillerie sei, die innerhalb des Heeres über einen eigenen Tross verfügte und deren Landsknechte nicht vom Provost belangt werden konnten. Da Geschütze in der Regel nicht längere Zeit unbeaufsichtigt blieben, konnte der Verfolgte damit rechnen, dass innerhalb von 72 Stunden ein Angehöriger der Artillerie auf seinen Fall aufmerksam wurde. Der Artillerie war es auf diese Weise möglich, die Identität des vermeintlichen Artilleristen festzustellen und, falls es sich tatsächlich um einen Artilleristen handelte, ihn der eigenen Befehlsgewalt zwecks Aufklärung zuzuführen. Verstieß der Provost gegen dieses Gesetz, durfte der Kommandant der Artillerie aus Protest sämtliche Geschütze abziehen lassen.
Die Besoldung der Stückknechte war höher als die der restlichen Landsknechte, da sie an Plünderungen nicht teilnehmen durften. So erhielt ein Schneller, der die Geschütze nachladen musste, sechs Gulden monatlich, womit sein Sold 50 % höher war als der eines einfachen Landsknechts. Auch bei der Essensausgabe wurden die Artilleristen stets bevorzugt behandelt.
Die Geschütze hatten oft klangvolle Namen, wie „Faule Magd“, „Chriemhilde“, „Spinnerin“, „Tolle Grete“ oder die „große Pumhardt“, welche heute im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien ausgestellt ist. Es herrschte große Typen- und Begriffsvielfalt, für die Geschütze der Landsknechtheere versuchte Maximilian I. daher, einheitliche Bezeichnungen und Kategorien festzulegen.
Für den direkten Schuss im Flachfeuer (Rohrerhöhung bis 45°) dienten „Büchsen“ oder „Stücke“. Es gab die Scharfmetze, ein 70-pfündiges Belagerungsgeschütz, dessen Rohr von 16 und dessen Lafette von sechs Pferden gezogen wurde, sowie die Quarte, ein 40-Pfünder, von zwölf, beziehungsweise sechs Pferden gezogen. Es folgten die Feldgeschütze wie die 20-pfündige Notschlange, die 11-pfündige Feldschlange oder Serpent, die 8-pfündige Halbschlange, das 6-pfündige Falkonett. Daneben existierten Hauptbüchse, Notbüchse oder Nachtigall, Basiliske, Kartaune (das heißt eigentliche Quartane = Viertelsbüchse), Singerin, Falkaune, Ronterde, Pommer, Sau, Wagen-, Bock-, Not-, Zentner- und Riegelbüchse und das Ribauldequin oder Orgelgeschütz. Hinzu kam die ortsfest auf stabilen Holzbalken aufgebockte Bombarde zur Zerstörung von Festungswerken im direkten Schuss, oft hinter einem hochklappbaren Schirm aus stabilen Holzbalken, und die aus den Hussitenkriegen zur Verteidigung der Wagenburg übernommenen Tarasnitzen (Terrabüchsen) und Haufnitzen. Für das Steilfeuer (Rohrerhöhung >45°) gegen Festungen oder bei Belagerungen wurden Feuertöpfe oder Mörser, Böller, Roller und Wurfkessel verwendet, wobei zum Teil sogar pulvergefüllte Hohlkugeln als Sprengeschosse verschossen wurden.
Taktik
Die Formation der Landsknechtregimenter orientierte sich zunächst stark an den annähernd quadratischen Gewalt- oder Gevierthaufen der Schweizer, die über 5.000 Mann umfassen konnten. Das Zentrum der 18 Mann tiefen und breiten gevierten Ordnung oder des Gevierthaufens bestand aus den Hellebardieren und Pikenieren, wobei in den ersten und letzten Reihen die erfahrensten und besser gepanzerten Doppelsöldner postiert wurden. Diejenigen, die in den letzten Reihen standen, sollten ihre Vordermänner antreiben und fliehende Kameraden rücksichtslos umbringen. So ergab sich die Kampfkraft aus der Wucht der dichtgedrängten Spießträger, deren Stoßkraft durch den Druck der hinteren Glieder gesteigert wurde.
In jener Zeit, die weder militärisches Exerzieren noch feste Marschordnungen kannte, bildete Georg von Frundsberg seine Landsknechtshaufen gezielt aus: das Teilen in Vorhut, Hauptmacht und Nachhut, das Ansetzen der Spieße zum Stoß, das Bereitstellen der Schützen zum Feuerüberfall oder das Ausmachen von Schwachpunkten in der Kampfaufstellung des Feindes.
Zu Beginn des Gefechts traten die Arkebusiere vor und schossen Lücken in die gegnerischen Formationen. In den Ladepausen und im Nahkampf traten die Arkebusiere in das Geviert zurück und wurden von den Pikenieren geschützt. Nun drang der „Verlorene Haufen“ –- etwa 1/5 bis 1/10 der Gesamtstärke des Regiments focht unter der roten Blutfahne –- auf den Gegner vor. Freiwillige, verurteilte Straftäter und ausgeloste Landsknechte, oft nur mit Katzbalger und Zweihändern ausgerüstet, sollten als Todeskommando in besonders kritischen Gefechtssituationen, als Vorausabteilung beim Angriff oder als Nachhut beim Rückzug, die Kampfformation des Gegners im ersten Zusammenprall erschüttern.
Dann folgte die Hauptstreitmacht, der „Helle Haufen“. Vorn kämpfte der Hauptmann, als linker und rechter Flügelmann hielten die beiden Gemeinwebel zusammen mit dem Feldwebel die Ordnung in der bis zu sechs Glieder tief „geschichteten“ Formation aus zahlreichen Pikenieren, in deren Mitte sich eine Anzahl von Hellebardieren sowie einer kleinen Elite von Zweihandschwertkämpfern, seltener Rondarschieren oder Tartschenieren mit Kurzspieß und rundem Schild, verbarg, um nach dem ersten Zusammenprall tiefe Breschen in die feindlichen Linien zu schlagen. Beim Zusammenprall der gegnerischen Gewalthaufen entstand ein gewaltiges Drängen, Hauen und Stechen: mitunter stürzte auf einer oder beiden Seiten das erste Glied zu Boden, das zweite und dritte Glied drangen nach, auch die hinteren Glieder drückten und drängten. Mann an Mann fest aneinandergepreßt, fast ohne die Waffe gebrauchen zu können, verkeilten sich die vordersten Glieder; da diese gut gerüstet waren, zerbrachen beim ersten Anprall zum Teil die Spieße, wurden in die Luft abgedrängt oder glitten trotz der eingeritzten Kerben rückwärts den Knechten durch die Hand.
Das Fähnlein, der taktische Gefechtsverband für den Gewalthaufen, umfasste im Idealfall 300 Pikeniere und 100 Doppelsöldner, darunter 50 Arkebusiere und 50 Hellebardiere, doch verschob sich das zahlenmäßige Gewicht im Laufe der Zeit zugunsten der Arkebusiere. Da die Linien mit etwas Abstand hintereinander aufgestellt waren, sollte der Haufen auch dann noch standhalten können, wenn die vordersten Reihen der Pikeniere bereits durchbrochen waren. Im Zentrum der Schlachtordnung schwenkte der Fähnrich hoch über dem Haupt die Fahne, das für Freund und Feind sichtbare Feldzeichen, welches im sich nun ergebenden dramatischen Schlachtgetümmel den buntgemischten Landsknechthaufen zusammenhalten musste. An seiner Seite marschierte das Spiel: Der Trommler oder Trummetschlager mit der hohen hölzernen, kalbfellbespannten Holzpauke am Bandelier, vor der Brust die Trommelstöcke eingesteckt, wenn er nicht gerade den fünfschlägigen Marschtakt schlug, daneben schritt der Feldpfeifer, der mit seiner sechslöchrigen, zylindrisch gebohrten Querpfeife gemeinsam mit dem Trommler den Schlachtenlärm zu übertönen und die Befehlssignale weiterzugeben hatte.
Auf offenem Feld eingesetzt war die Artillerie unbeweglich, schwerfällig und damit verwundbar, und ihr Feuer mit massiven Kugeln gegen bewegliche Ziele zeigte nur bedingt Wirkung. Die Fertigkeit des Richtens war nur gering entwickelt, die Kugeln gingen zu hoch; die Gewalthaufen der Infanterie legten sich hin, wenn sie im Geschützfeuer zu halten hatten, oder versuchten es zu unterlaufen, so dass das Geschütz oft zu nicht mehr als einem Schuss kam.
Zum Transport eines Geschützes brauchte man noch bis zu zehn Pferde. Als Kaiser Maximilian im Jahre 1507 ins Feld rückte, soll nur die Hälfte seiner Artillerie bespannt gewesen sein, so dass die Gespanne nach dem in Stellung bringen der ersten Hälfte wieder umkehren und die zweite Hälfte der Geschütze vorbringen mussten.
Der Gefechtswert der Artillerie war daher in längeren Stellungsgefechten und Belagerungen deutlich höher. Hierbei wurden für die Artillerie Notbollwerke oder Bastionen angelegt, gegen Gewehrfeuer und als Splitterschutz dienten Schanzkörbe und Palisadenzäune. Die Feldbefestigungen wurden oft durch Schanzbauern oder Trossleute angelegt.
Drohte die Umzingelung des Gevierthaufens durch gegnerische Truppen, bildeten die Landsknechte den kreisförmigen „Igel“, auch „Rädlein“ genannt. Dabei zogen sich die Arkebusiere hinter die Pikeniere zurück, die mit aufgestützter Waffe den Angriff abwarteten. Als fester Stützpunkt, Verteidigungsstellung und Zufluchtsort diente zudem nach hussitischem Vorbild die Wagenburg.
Die Landsknechtführer perfektionierten die Kampftaktik nach dem Vorbild des spanischen Feldherren Gonzalo Fernándo de Córdoba. Dieser hatte bereits 1495 2.000 Landsknechte von Maximilian I. zur Verfügung gestellt bekommen, um mit ihrer Hilfe die spanische Infanterie zu reformieren. Tatsächlich erlangte die spanische Infanterie innerhalb weniger Jahre einen herausragenden Ruf. Zu den Reformen von Córdoba zählte die Entwicklung der so genannten Tercio-Formation. Dabei wurde der Gevierthaufen verkleinert, so dass er sich besser manövrieren ließ. Zum Schutz der Flanken und zur Erhöhung der Feuerkraft postierten sich an den Ecken des Gevierthaufens Arkebusiere. Die so entstandenen Tercios verteilten sich schachbrettartig auf dem Schlachtfeld, um sich gegenseitig Feuerschutz geben zu können. Bis in den Dreißigjährigen Krieg hinein kämpften die Fußsoldaten der meisten europäischen Armeen in der Tercio-Formation, die auch als „Spanisches Viereck“ bekannt war.
Landsknechtmode
Die Landsknechte waren nicht nur für ihre Kampfkraft, sondern auch für ihr extravagantes Erscheinungsbild bekannt. Ihre äußerst bunte Bekleidung bestand aus gepufften und geschlitzten Hemden und Hosen, zu denen sie eine Bundhaube bzw. schräg darüber ein breitkrempiges mit Federn und Wollbüschen bunt geschmücktes Barett aufsetzten. An den Füßen trugen sie die nach ihrer Form benannten Kuhmaulschuhe.
Typisch waren auch das vor der Brust verschnürte Lederwams und bunt gefärbte Socken. Der Ursprung der geschlitzten Mode ist unklar; so wird vermutet, dass die enge Kleidung des späten 15. Jahrhunderts im Kampf äußerst hinderlich war. Die Landsknechte schlitzten sie deshalb auf, banden sich Stofffetzen um die Ärmel und ließen die dicken Unterstoffe herauspludern. Beliebt war auch zweifarbig geteilte Kleidung, nach italienischer Mode „mi-parti“ genannt. Die auffällige gepuffte und geschlitzte Kleidung der Landsknechte, die eine imponierende Wirkung erzielen sollte, wurde in adeligen Kreisen als Anmaßung betrachtet. Auf Initiative Maximilians I. billigte ihnen der 1503 tagende Reichstag zu Augsburg jedoch das Recht zu, sich nach eigenem Gutdünken zu kleiden. Die Bekleidung war absolut uneinheitlich, lediglich die Offiziere waren meist durch eine bunte Schärpe erkennbar. Gelegentlich schnitten sich die „Spießer“ oder „Spießgesellen“ ihr Beinkleid dicht über dem linken Knie ab, um die Pike besser handhaben zu können und den Stolz auf ihren Stand kund zu tun. Der Hosenlatz der meisten Landsknechte suggerierte ein besonders großes Geschlechtsteil, was insbesondere Geistliche mit Entsetzen zur Kenntnis nahmen. Die Kleidung der Landsknechte beeinflusste die zivile Mode des damaligen Europas stark und wurde sogar in Stahl nachgebildet. So entstanden „gepuffte und geschlitzte“ Paraderüstungen, die repräsentativen Zwecken dienten. Die Mode der Schamkapseln geht auf die Landsknechte zurück, die ihren Hosenlatz als Erste auspolsterten.
Lebensumstände
Bei den Landsknechten handelte es sich oft um Tagelöhner, einfache Handwerker und Gesellen, Kleinkriminelle und Bauernsöhne, die sich von dem relativ hohen Sold und etwaigen Plünderungen eine finanzielle Alternative erhofften, aber auch um junge Adelssöhne, die von der Erbfolge ausgeschlossen waren. Einfache Landsknechte lebten jedoch im Regelfall am Rande der Armut, da sie ihre Ausrüstung und Nahrung zu überhöhten Preisen verkauft bekamen. Zudem waren sie unter Zivilisten Außenseiter, denen man bestenfalls Misstrauen entgegenbrachte. Sollten ursprünglich nur ausdrücklich unbescholtene und ehrliche Männer geworben werden, stellte man später jedes Gesindel ein; Landsknechte galten daher zunehmend als Sinnbild der Unmoral und Gotteslästerlichkeit. In deutschen Kreuzigungsgemälden des 16. Jahrhunderts war es üblich, die römischen Soldaten als Landsknechte darzustellen. Sebastian Franck beschreibt sie in seiner „Chronica des gantzen Teutschen lands“ entsprechend:
- „Es ist durch die bank hindurch alweg und alzeit ein böss unnütz volk, nit wenige dann münch und pfaffen. Ist es im krieg, so ist under tausend kaum einer an seinem sold begnuegig, sunder stechen, hawen, gotslestern, huoren, spielen, morden, brennen, rauben, witwen und weisen machen, ist ir gemein handwerk und höchste kurzweil.“
In Kriegszeiten von Heerführern gesucht und von den Gegnern gefürchtet, waren die Landsknechte in Friedenszeiten verachtet und galten nur wenig mehr als Landstreicher. Auch außerhalb des Krieges benahmen sie sich nach eigenen Moralvorstellungen und nahmen sich etliche Freiheiten heraus. Waren die Landsknechte nach dem Ende eines Feldzuges oder Krieges von ihren militärischen Pflichten entbunden, so sahen sie sich gezwungen, zu „garten“, also bettelnd oder plündernd durch das Land zu ziehen. Kriegversehrten blieb nur ein Leben als Bettler übrig. Das Problem der umherziehenden Söldnerbanden, unter denen vor allem die bäuerliche Bevölkerung zu leiden hatte, konnte bis weit in das 17. Jahrhundert hinein nicht gelöst werden. Entsprechend schreibt Sebastian Franck weiter:
- „Kummen sie denn nach dem kreg mit dem bluotgeld und schweiss der armen heim, so machen sie ander leut mit inen werklos, spacieren müessig in der statt creuzweiss umb mit jedermann ärgernus, und sind niemand nicht nutz denn den würten und stellen sich, als sei inen geboten, sie sollen eilends wider verderben. Die andern, denen die beut nicht geraten ist, laufen daussen auf der gart um, das zuo Teutsch bettlen heisst, des sich ein frommer heid, will geschweigen ein christ, in sein herz hinein schämt.“
Philipp Herzog von Kleve warnte:
- „Von gemeynen knechten [...] waiß ich nichts besseres, wann das ain Jeder herr sich vor Inen, alls vil Jm mueglich, huete, wann er aber sy uß unvermeidlicher notturft haben muss, alßdann betzal er sy wol, gebrauch sy nach der hant, und straff die verbrechen ubel.“
Neben die soziale Randstellung der Landsknechte trat ihre äußerst geringe Lebenserwartung. Bereits eine leichte Verletzung im Kampf konnte eine Wundinfektion zur Folge haben, die zum Tod des Betroffenen führte. Eine nennenswerte medizinische Versorgung oder gar Lazarette existierten nicht. Hinzu kamen Seuchen, die vor allem bei längeren Belagerungen zahlreiche Menschen dahinrafften. Auch Geschlechtskrankheiten waren äußerst verbreitet. Eine zeitgenössische Redensart wies nicht zu Unrecht darauf hin, dass man nur selten alte Landsknechte sieht.
Berühmte Landsknechte und Landsknechtsführer
- Konrad von Boyneburg, der „kleine Hess“
- Götz von Berlichingen, der „Ritter mit der eisernen Faust“
- Marx Sittich von Ems, der „Bauernschlächter“
- Joß Fritz
- Georg von Frundsberg, der „Vater der Landsknechte“
- Florian Geyer, der Anführer der aufständischen Tauberbauern
- Jörg Graff
- Graf Eitelfritz (Eitelfriedrich) von (Hohen-)Zollern, der erste Feldhauptmann der Landsknechte
- Hans Walther von Hürnheim
- Reichsritter Ulrich von Hutten, patriotischer Humanist und Dichter
- Thomas Maier
- Remigius Mans, genannt "der Riese Romäus"
- Jäcklein Rohrbach, Rebell und Bauernführer
- Niklas Graf Salm
- Sebastian Schertlin von Burtenbach, Oberkommandant aller Landknechte im Deutschen Reich
- Franz von Sickingen, der Anführer im pfälzischen Ritterkrieg
- Thomas Slentz, der Führer der „schwarzen Garde“
- Hans Staden
- Georg Truchsess von Waldburg-Zeil bekannt als Bauernjörg
- Ulrich Schmidl, ein Abenteurer und Konquistador
- Hans Wild
Hinweise und Quellen
Sonstiges
Landsknecht oder französisch korrumpiert Lansquenet ist der Name eines Karten-Glücksspiels aus der Landsknechtszeit.
Einzelnachweise
Literatur
- Thomas Arnold: The Renaissance at War, London 2002, ISBN 0-304-36353-7
- Ernst Götzinger: Reallexikon der deutschen Altertümer, Leipzig 1885, daraus die Zitate von Sebastian Franck: Chronica des gantzen Teutschen lands, Bern 1539
- Baumann, Reinhard: Landsknechte. Ihre Geschichte und Kultur vom späten Mittelalter bis zum Dreißigjährigen Krieg, München 1994
- Blau, Friedrich: Die deutschen Landsknechte, Görlitz 1882, Nachdruck Wien 1985, ISBN 3-88851-032-5
- Burschel, Peter: Söldner im Nordwestdeutschland des 16. und 17. Jahrhunderts. Sozialgeschichtliche Studien, Göttingen 1994
- Delbrück, Hans: Geschichte der Kriegskunst: Das Mittelalter. Die Neuzeit ISBN 3-937872-42-6
- Fiedler, Siegfried: Taktik und Strategie der Landsknechte, Augsburg 2002
- Hochheimer, Albert: Verraten und verkauft. Die Geschichte der europäischen Söldner, Henry Goverts Verlag, Stuttgart 1967
- Kroll, Stefan/ Krüger, Kersten (Hrsg.): Militär und ländliche Gesellschaft in der frühen Neuzeit, Hamburg 2000
- Liebe, Georg: Soldat und Waffenhandwerk, Leipzig 1899
- Douglas Miller, John Richards: Landsknechte 1486-1560, St. Augustin 2004, ISBN 3-87748-636-3
- Müller, Reinhold und Lachmann, Manfred: Spielmann, Trompeter, Hoboist, Berlin (Ost) 1988, ISBN 978-3-327-00852-2
- N.N.: Der große Brockhaus (Band 11), Leipzig 1932
- Ortenburg, Georg: Waffe und Waffengebrauch im Zeitalter der Landsknechte, Koblenz 1984
- Pleticha, Heinrich: Landsknecht Bundschuh Söldner - Die greße Zeit der Landsknechte, die Wirren der Bauernaufstände und des Dreißigjährigen Kriegs, Würzburg 1974, ISBN 3-401-03714-5
- Quaas, Gerhard: Das Handwerk der Landsknechte. Waffen und Bewaffnung zwischen 1500 und 1600, (Militärgeschichte und Wehrwissenschaften Band 3), Osnabrück 1997. ISBN 3-7648-2508-1
- Rogg, Matthias: Landsknechte und Reisläufer: Bilder vom Soldaten: ein Stand in der Kunst des 16. Jahrhunderts, Paderborn u.a. 2002. ISBN 3-506-74474-7
- Schmidtchen, Volker: Kriegswesen im späten Mittelalter. Technik, Taktik, Theorie, Weinheim 1990. ISBN 3-527-17580-6
- Stöcklein, Hans: Der deutschen Nation Landsknecht, Leipzig: Bibliographisches Institut (1935).
- Von Seggern, Birgit: Der Landsknecht im Spiegel der Renaissancegrafik, Bonn 2003
Siehe auch
Weblinks
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