Fiat 1300

Fiat 1300

Der Fiat 1300 (ital.: Milletrecento) war ein Modell des Automobilherstellers Fiat, das von 1961 bis 1966 produziert wurde.

Fiat
Fiat 1300 (1961–1966)

Fiat 1300 (1961–1966)

1300
Hersteller: Fiat
Produktionszeitraum: 1961–1966
Klasse: Untere Mittelklasse
Karosserieversionen: Limousine, viertürig Kombi, fünftürig
Motoren: 1295 cm³

Otto

Länge: 4030 mm
Breite: 1545 mm
Höhe: 1420 mm
Radstand: 2425 mm
Leergewicht: Limousine 960 kg,
Kombi 1010 kg
Vorgängermodell: keines
Nachfolgemodell: Fiat 124
Heckansicht

Inhaltsverzeichnis

Die Entwicklung

Bereits kurz nach der Präsentation des Fiat 1200 Gran Luce 1957 begannen Vorbereitungen, das Nachfolgemodell zu entwerfen. Klare Zielvorgabe für die Einordnung in die zukünftige Modellpalette war, dass es sich zwischen dem 1100 und den 1800/2100 zu positionieren hatte. Fiat entwickelte mit dem 1300 ein Fahrzeug, das die Wirtschaftlichkeit des kleinen und den Komfort des großen Wagens miteinander kombinieren sollte. Es entstanden die Modelle 116C.000 und 115C.000, die unter dem Namen Fiat 1300/1500 verkauft wurden. Beide waren bis auf den Motor baugleich.

Die Entwicklung sah eine für italienische Verhältnisse der damaligen Zeit ungewöhnliche Testphase vor. 19 Prototypen absolvierten vor der Markteinführung 1,5 Millionen Testkilometer. Mit Erfolg wurde im April 1961 das Fahrzeug präsentiert und es erwies sich weit über seine Produktionszeit hinaus als technisch sehr robust.

Die Gestaltungsmerkmale

Die Karosserie

Die äußere Gestaltung war ein Paradebeispiel für eine gelungene Mischung aus charakteristisch-funktionalem und ästhetischen Design. Vor der Seite betrachtet sind Vorder- und Hinterpartie annähernd gleich groß, sodass der Wagen fast symmetrisch erscheint. Gestaltet war das Auto in der damals modernen Trapezform, leicht verspielt und stilistisch an die des damals stark beachteten Chevrolet Corvair angelehnt. Insbesondere drei Merkmale fanden sich hier wieder: das ca. 5 cm an der Heckscheibe überhängende Dach, die in eine ovale Metallblende eingefassten Doppelscheinwerfer und die in Hüfthöhe umlaufende Karosseriekante.[1] Trotz dieser hochbordigen Form wirkte der Wagen keinesfalls pummelig. Es gab nur eine viertürige Version. Die beliebteste Farbe war weiß. Die selbsttragende Karosserie hatte die Abmessungen 4030 mm x 1545 mm x 1420 mm.

Der Innenraum

Der Mittelklasse-Fiat war um 20 cm kürzer als der zeitgenössische Stufenheck-VW Typ 3, verfügte aber über einen 10 cm größeren Innenraum. Er war durch die vier serienmäßigen Türen bequem zu erreichen und fünf Personen fanden ohne Probleme Platz. Bedingt durch eine deutliche Wölbung des Dachs fanden auch große Mitfahrer auf den hinteren Plätzen genug Kopffreiheit. Das Gestühl gab es in Stoff oder wahlweise − gegen 100,00 DM Aufpreis − in Skai. Zeitgenössische Autotester bemängelten jedoch die mangelnde Verschleißfestigkeit der Polsterstoffvarianten. Dafür waren aber Liegesitze serienmäßig.

Das Armaturenbrett war serienmäßig außergewöhnlich umfassend ausgestattet: Kontrollleuchten für die Blinker (in der ersten Serie noch für die rechte und linke Seite getrennt), Choke, Öldruck, Handbremse, Normal- und Fernlicht. Neben der analogen Tankuhr gab es sogar eine ergänzende rote Warnlampe. Ein von Hand einstellbarer mechanischer Tempomat war auch erhältlich. Diese Ausstattung konnten viele Konkurrenten nicht mal gegen Aufpreis bieten. Ein damals als besonders elegant wirkender Bandtacho komplettierte das Arrangement. Ein Hupring zierte das Lenkrad, die Gangwahl erfolgte per Lenkradschaltung. In der Mitte des Armaturenbretts war ein fest eingebauter Deckel mit großem Fiat-Emblem montiert, der im Falle eines Radio-Einbaus verschwand. Ein goldener Typenschriftzug fand sich auf der Klappe des Handschuhfachs.

Die Technik

Der Motor entwickelte 60 PS/DIN bzw. 70 PS/SAE (entspricht 44 kW) bei einem Gesamthubraum von 1295 cm³. Das Verhältnis Bohrung zu Hub betrug 72 mm x 79,5 mm. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 140 km/h. Die Gangwahl erfolgte über ein vollsynchronisiertes 4-Gang-Getriebe. Der Wahlhebel war dabei stets an der Lenksäule zu finden; auch gegen Aufpreis gab es keine Mittelschaltung. Die Vorderachse besaß eine Einzelradaufhängung mit doppelten Querlenkern, während es sich bei der Hinterachse um eine Starrachse mit Halbelliptikfedern handelte. Sowohl vorn wie auch hinten erfolgte die Dämpfung über Teleskopstoßdämpfer.

Der 1300 und der deutsche Markt

Bei der Premiere in Deutschland auf der IAA 1961 galten beide Ausführungen als Konkurrenz z. B. für die neue Klasse von BMW, die nicht unterschätzt werden durfte. Der Preis von 7.100 DM für den 1300 fand große Beachtung, und hinsichtlich Ausstattung, Innenraumabmessungen und Kosten rang er z. B. einen VW Typ 3 problemlos nieder. Folgerichtig war in der darauffolgenden Zeit der Fiat 1300 das beliebteste Importauto in Deutschland und in mehreren anderen Ländern der Erde.

In zeitgenössischen Tests der Fachpresse schnitt er allgemein überdurchschnittlich gut ab. Sogar noch im April 1966 belegte er in einem Fachpresse-Test den zweiten Platz, nicht zuletzt wegen seiner hohen Sicherheit und seinem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis.

Eine exakte Einschätzung, wie viele Fahrzeuge vom Typ 1300 in Deutschland verkauft wurden, ist heute schwierig, da die Zahlen meist zusammen mit seinem Schwestermodell − dem Fiat 1500 − erfasst wurden. Bekannt ist, dass beide zusammen monatlich auf 800 bis 1800 importiert wurden und so insgesamt zwischen 1961 und 1968 86.945 Fahrzeuge vom Typ 115/116 ihre Zulassung erhielten [2].

Modellpflege

Fiat 1300 Familiare (1961–1966)
Fiat Vignale 1300 Coupé (1962)

Der Erfolg führte zu einem Ausbau der Programmpalette.

So wurde kurz nach der Präsentation auf dem Salon in Turin eine fünftürige Kombi-Version angeboten, die sich vor allem an Handwerker richtete, sich aber „Familiare“ nannte. Die Heckklappe dieses Modells war ausreichend schmal geschnitten, sodass sich die Heckleuchten der Limousine auch hier nutzen ließen.

1964 folgten die in Italien üblichen Luxusmodelle, die in der Modellbezeichnung mit C gekennzeichnet wurden. Äußerlich unterschied sich der 1300 C vorne durch einen modifizierten Kühlergrill mit anderen Blinkern. Am Heck zeigten sich veränderte Heckleuchten und ein auf der Fahrerseite angebrachter seitlicher Tankeinfüllstutzen, versteckt unter einer abschließbaren Klappe. Bei der Normalversion saß er offen unter dem linken Rücklicht. Er wiederholte designmäßig das runde Rücklicht unter dem rechten Rücklicht und stellte so eine gewisse Symmetrie der Heckansicht her.

Außerdem gab es einen geringfügig verlängerten Radstand. Das Armaturenbrett wurde optisch durch eine Aluminiumblende aufgewertet. Zudem hatten die Stoßstangenhörner ein leicht andere Form und waren mit Gummipuffern verblendet. Technisch fielen vor allem der leicht stärkere Motor (65 PS/DIN bzw. 48 kW) sowie servounterstützte Bremsen, die später auch bei den Basisausführungen eingesetzt wurden, ins Gewicht. Diese Luxusvarianten wurden nicht als Kombi angeboten.

Die Beliebtheit der 1300/1500 führte dazu, dass sich viele Karosseriebauer Italiens mit Sondermodellen beschäftigten. Diese hatten aber in der Regel außer dem Motor und der Plattform nicht viel mit dem Standardmodell gemein.

Das Ende

Der Zeitgeschmack überholte den Fiat 1300. Die „Neue Sachlichkeit“ verlangte nach geraden, kubischen Formen. Für den italienischen Autobauer lag die logische Konsequenz daher im Fiat 124. Nach fünf Jahren Bauzeit wurde die Produktion der 1300er 1966 eingestellt. Insgesamt entstanden über 600.000 Einheiten der Reihe 1300/1500. Ursprünglich mit dem Charakter eines Lückenbüßers behaftet, überzeugte letztlich doch die Mischung aus Familienauto, Sportlichkeit und zuverlässiger konventioneller Technik.

Heute ist das Auto hierzulande fast in Vergessenheit geraten. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ glaubt, dass es hierfür zwei wesentliche Gründe gibt. Einerseits führt der Autor die nüchterne, am Hubraum orientierte Modellbezeichnung an, andererseits verschwanden die Autos bedingt durch heftigen Rostbefall relativ schnell von unseren Straßen. So waren bereits 1988 nur noch 519 gemeldete Autos beider Varianten dem Kraftfahrtbundesamt bekannt.

Dies ist allerdings in anderen Ländern anders: In arabischen Ländern erfreut sich der Wagen wegen seiner Robustheit und des "rost(un)günstigen" Klimas nach wie vor großer Beliebtheit; er wird z. B. in Kairo noch oft als Taxi eingesetzt.

Quellen

  • Heiko Haupt: Geschrumpfte Straßenkreuzer, in: Der Spiegel, 5. Juni 2003
  • Automobil Revue, Katalognummer 1965, S. 246ff. (technische Daten und Preise)

Einzelnachweise

  1. Chevrolet Convair. in: Automobilia, Heft Oktober/November 2006, Histoire & Collections, Paris, S. 30 f.
  2. Siehe dazu AutoBild Hitliste 1945–2004

Weblinks

 Commons: Fiat 1300 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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