- Schriftregionen
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Die Schriften der Welt lassen sich nach der Art der jeweils verwendeten Schriftsysteme in unterschiedliche Schriftregionen einteilen. Auffällig ist, dass die These von David Diringer (»Das Alphabet folgt der Religion«) ihre Berechtigung hat. So lässt sich in etwa sagen, dass katholisch und evangelisch beeinflusste Regionen in lateinischer Schrift schreiben, christlich orthodoxe Regionen in kyrillischer oder griechischer Schrift und islamische Regionen in arabischer Schrift. Mit dem Buddhismus wanderte das indische Schriftsystem nach Südostasien und über die Vermittlung durch chinesische Mönche die chinesische Schrift nach Korea und Japan. Jedoch ist die Geschichte der Schrift viel älter als die großen Religionen der Gegenwart und folgt der Ausbreitung von Philosophie und Geistesgeschichte ebenso, wie der der Schriftreligionen.
Inhaltsverzeichnis
Ostasien
Dieser Bereich umfasst im Wesentlichen die chinesische Schriftzeichen (Hanzi), die japanische Schrift (Kana und Kanji) sowie die koreanische Schrift (Hangeul und Hanja). Die chinesische Schrift verbreitete sich nach Korea und von dort aus nach Japan, beides Länder mit völlig anders gearteten Sprachen. Außerdem führte in beiden Ländern die Übernahme der fremden Schrift dazu, dass für die meisten Zeichen die originale Aussprache der koreanischen bzw. japanischen Wörter beibehalten wurden, aber mit den chinesischen Schriftzeichen auch die chinesische Aussprache übernommen wurde.
Chinesische Schrift
Im 2. Jahrtausend v. Chr. entsteht die chinesische Schrift, ungefähr 1500 v. Chr. wird sie kodifiziert, und zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. in ein Ordnungssystem gebracht. Diese alte Schrift entspricht bis auf Vereinfachungen im Wesentlichen den noch heute geschriebenen chinesischen Schriftzeichen. Anfänglich schrieben Priester Schriftzeichen auf Schildkrötenpanzer und Knochen, die ihnen zu Orakelzwecken dienten. Piktogramme sind in China ebenfalls die ersten verwendeten Zeichen, aus denen sich dann ein logographisches Schriftsystem entwickelte. Die chinesische Sprache hat stark homonymischen Charakter, das heißt, der gesprochene Laut kann Träger für ganz verschiedene Bedeutungen sein. Damit ist die lautunabhängige Schrift in China das Hauptelement der sprachlichen Verständigung, und in der überregionalen Kommunikation weitaus wichtiger als die gesprochene Sprache, die sich geographisch ohnehin stark voneinander unterscheidet. Die Mehrzahl der chinesischen Schriftzeichen setzt sich aus einem begrifflichen, sinnbestimmenden Element und einem lautlichen Element (Deuter-Lauter) zusammen, das einen Hinweis auf die Aussprache gibt. Alltagschinesisch wird von links nach rechts gelesen, die Schriften der Dichtungen sowie Zeitungen in Hongkong und auf Taiwan werden von oben nach unten und von rechts nach links gelesen. 1956 wurden in der Volksrepublik China verschiedene einfachere Varianten chinesischer Schriftzeichen zur verbindlichen Norm erhoben, die so genannten Kurzzeichen, die später auch in Singapur angenommen wurden. Die ursprünglichen, komplexeren Langzeichen mit in der Regel mehr Strichen werden nur noch auf Taiwan, in Hongkong, Macau und außerdem von Überseechinesen im Ausland verwendet.
Siehe auch: Pinyin, Bopomofo, Wade-Giles, Radikal, Liste traditioneller Radikale
Literatur
- Edoardo Fazzioli: Gemalte Wörter. 214 chinesische Schriftzeichen - Vom Bild zum Begriff. ISBN 3-937715-34-7
- Bernhard Karlgren: Schrift und Sprache der Chinesen. ISBN 3-540-42138-6
- Wolfgang G. A. Schmidt: Einführung in die chinesische Schriftkunde und Zeichenkunde. ISBN 3-87548-108-9
- Cao Rong Fang und Klaus-Dieter Hartig: Chinesische Kalligraphie. ISBN 3-426-66829-7
Japanische Schrift
Die japanische Schrift besteht im Wesentlichen aus drei Schriftsystemen, den chinesischen Kanji-Zeichen, der Hiragana- und der Katakana-Silbenschrift. Ist Chinesisch eine isolierende Sprache, bei der jedes Wort in jedem Zusammenhang unverändert ist, sind Koreanisch und Japanisch agglutinierende Sprachen, bei denen Endungen und Partikel enorm wichtig sind. Dies führte dazu, dass sich in Japan zwei Silbenalphabete, Katakana für Fremdwörter (in buddhistischen Texten) und Hiragana für japanische Partikel, herausbildeten.
Kanji
Etwa 3600 Schriftzeichen Kanji 漢字 unterscheiden sich in der chinesischen und japanischen Lesart. Seit 1981 gibt es ministerielle Richtlinien, so dass heute 1945 Kanji in der Grundausbildung gelehrt und in Veröffentlichungen benutzt werden. Kanji werden für Verben, Adjektive und Substantive verwendet.
Kana
Für die grammatischen Endungen und andere Worte, die nicht durch Kanji ausgedrückt werden können, finden die かな Kana-Schreibsysteme Anwendung. Was das Lesen von Kanji-Texten so enorm schwierig macht, sind die verschiedenen Lesungen für das gleiche Schriftzeichen. Es gibt eine Kun-Lesung, in der das Kanji nach der ursprünglichen japanischen Aussprache eines Begriffes ausgesprochen wird, und mehrere On-Lesungen (on = Laut) nach der chinesischen Aussprache zur Zeit der Übernahme eines Schriftzeichens.
Hiragana
Hiragana ひらがな, die runde japanische Silbenschrift, wird vorwiegend für Partikel und Endungen verwendet.
Katakana
Katakana カタカナ, die eckige japanische Silbenschrift, wird vorwiegend für Fremdwörter (heute meistens aus dem Englischen) verwendet.
Romaji
Romaji ist die Bezeichnung für die Übertragung japanischer Schriftzeichen in das lateinische Alphabet. Der Begriff setzt sich aus den Kana ローマ; für roman und dem Kanji 字; für Zeichen zusammen. Rōmaji ローマ字 wird vorwiegend in den Naturwissenschaften (z. B. in der Chemie) verwendet.
Literatur
- Edith W. Lewald: Nicht überall schreibt man mit ABC. Die Bedeutung chinesischer und japanischer Schriftzeichen. Für Asienfreunde. Für China-/Japan-Reisende. Mit Schriftzeichenvorlagen für Designs & Tattoos. Lewald, München 2002. ISBN 3-9805637-8-2
- Wolfgang Hadamitzky: Kanji und Kana. Langenscheidts Handbuch und Lexikon der japanischen Schrift. Handbuch Bd 1. Langenscheidt, Berlin 1995. ISBN 3-468-49388-6
- Berthold Schmidt, Sven Günzel: Einführung in die Schrift und Aussprache des Japanischen. H. Buske, Hamburg 1995. ISBN 3-87548-062-7
- Andreas Foerster, Naoko Tamura: Kanji ABC. Charles E. Tuttle, Rutland Vt 1994. ISBN 0-8048-1957-2
Koreanische Schrift
Die koreanische Schrift (한글 Hangeul, frühere Umschrift Hangul) ist eine Buchstabenschrift der besonderen Art. Sie ahmt die quadratische Form der chinesischen Schriftzeichen nach, gibt aber die Laute der koreanischen Sprache gänzlich wieder. Korea führte unter König Sejong eine Alphabetschrift ein, die in Nordkorea die chinesischen Schriftzeichen (漢字 Hanja) ganz und ins Südkorea zum größten Teil verdrängt hat. Zur Erinnerung an diese Erfindung wurde der 9. Oktober zum Hangeul-Tag. 1446 stellte König Sejong das neuerfundene koreanische Alphabet vor. Damals wurde das koreanische Alphabet Hunmin Jeongeum 訓民正音 oder »die richtigen Laute zur Unterweisung des Volkes« genannt. Hangeul ist unter den Schriftsystemen der Welt einzigartig, da es zu einem bestimmbaren Zeitpunkt von konkreten Personen und ohne Einfluss von außen erfunden wurde. Weiterhin ist es durch ein erklärendes Werk verbreitet worden. Hangeul verfügte ursprünglich über 28 Buchstaben, von denen allerdings später vier außer Gebrauch kamen, das heißt, heute sind es 14 Konsonanten und 10 Vokale. Das Hunmin Jeongeum wurde zum Nationalgut Nr. 70 erklärt und 1997 in die Liste der UNESCO Weltdenkmäler aufgenommen.
Literatur
- Bruno Lewin, Tschong Dae Kim: Einführung in die koreanische Sprache. Helmut Buske, Hamburg 1997. ISBN 3-87548-153-4
Südasien und Südostasien
Ausgehend von der altindischen Brahmi- und Gupta-Schrift bildeten sich in der gesamten Region Silbenschriften heraus. Die bekannteste dieser Schriften ist die Devanagari-Schrift (kurz: Nagari = Stadt), in der Sanskrit geschrieben wurde. Gemeinsamkeit aller dieser Schriften ist, dass sie alle Silbenschriften sind und nahezu alle den Vokal »a« quasi in jeder Silbe eingebaut haben. Soll ein anderer Vokal folgen, wird dies durch diakritische Zeichen über, unter oder neben der Silbe angezeigt. Die Form der Zeichen ändert sich mit dem verwendeten Schreibmaterial. Lassen die Birkenrinden in Nordindien gerade Linien zu, würden diese die in Südindien verwendeten Palmblätter spalten. Die Eckpunkte dieser Entwicklung sind die Devanagari-Schrift, bei der alle Silben an einer Linie wie an einer Wäscheleine aufgehängt sind, und die birmanische Schrift, die im Wesentlichen aus Kreisen besteht.
Nordindische Schriften
werden in folgenden Sprachen verwendet:
- Die tibetische Schrift (China-Tibet) ist von der Devanagari-Schrift abgeleitet, wirkt aber im Schriftbild enger und spitzer. Von ihr leitet sich die Passepa-Schrift der Mongolen ab.
- Nepalesisch (Nepal, in Devanagari)
- Punjabi und die religiösen Schriften der Sikh-Religion wird in der Gurmukhi (guru = Lehrer + mukhi = Mund) geschrieben
- Hindi (offizielle indische Staatssprache, geschrieben in Devanagari)
- Gujarati (Bundesstaat Gujarat, die Heimat Mahatma Gandhis; die Schrift ähnelt der Devanagari, hat aber nicht deren charakteristische Oberlinie)
- Bengali (Bangladesch und Bundesstaat Westbengalen) ähnelt der Devanagari-Schrift, ist aber vom Schriftbild her schlanker und spitzer
- Oriya (Bundesstaat Orissa) ähnelt den nordindischen Schriften in der Struktur, aber nicht so sehr in der Form.
Siehe auch: Pali, Panini, Kharoshthi, Batak, Grantha
Literatur
- Elvira Friedrich: Einführung in die indischen Schriften. Tl.1. Devanagari. Helmut Buske, Hamburg 1999. ISBN 3-87548-176-3
- Elvira Friedrich: Einführung in die indischen Schriften. Tl.2. Gujarati, Gurmukhi, Bengali, Oriya. Helmut Buske, Hamburg 2002. ISBN 3-87548-219-0
- Wolfgang-Ekkehard Scharlipp, Dieter Back: Einführung in die tibetische Schrift. Helmut Buske, Hamburg 1995. ISBN 3-87548-114-3
Südindische Schriften
werden in folgenden Sprachen verwendet:
- Kannada-Schrift (Kanaresisch, eng verwandt mit der Telugu-Schrift)
- Malayalam-Schrift (Bundesstaat Kerala)
- Telugu-Schrift (Bundesstaat Andhra Pradesh; von der kanaresischen Schrift nicht leicht zu unterscheiden)
- Sinhala (singhalesische Schrift in Sri Lanka)
- tamilische Schrift (Bundesstaat Tamil Nadu und Sri Lanka)
Südostasiatische Schriften
werden in folgenden Sprachen verwendet:
- Birmanisch (Mehrheitsvolk in Myanmar): Die birmanische Schrift ähnelt den südindischen Schriften von ihren abgerundeten Formen her, hat aber im Gegensatz zu den südindischen Schriften sieben Vokale und drei Töne, was das Vokalsystem erheblich komplizierter macht.
- Laotisch (Laos):
- Kambodschanisch (Khmer, Kambodscha, Kampuchea): Die Khmer-Schrift liegt zwischen der indischen Schrift und der Thaischrift und hat keine eigenen Zeichen für Vokale. Alle eigenständigen Zeichen sind Konsonanten.
- Thai (Thailand): Die Thaischrift ähnelt der Khmer-Schrift und hat wie diese keine eigenen Zeichen für Vokale. Alle eigenständigen Zeichen sind Konsonanten, die alle den Vokal »o« mit sich führen.
Literatur
- Rawiwan Bunnak Kaldrack: Thai als Fremdsprache. Teil 1. Das thailändische Schriftsystem. Metta-Verl., Königswinter 1999. ISBN 3-00-004334-9
Naher Osten
Im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes sind die frühesten Schriftsysteme der Welt zu finden. Die Erfindung der Schrift begann vermutlich mit der Keilschrift (Wortschrift und Silbenschrift). Erheblich jünger sind die verschiedenen ägyptischen Schriften (Hieroglyphen, Hieratisch, Demotisch), die hebräische Schrift (Konsonantenschrift) und die arabische Schrift (Konsonantenschrift). Abgeleitet von einer älteren Stufe der arabischen Schrift ist die äthiopische Schrift (Silbenschrift). Man nimmt heute an, dass die Erfindung der Schrift mit der Buchführung im alten Mesopotamien ihren Anfang nahm. Hohlkugeln aus Ton (sog. Bullen) enthielten verschiedene tönerne Symbole, die auf der Außenseite zur Kontrolle in den Ton eingedrückt waren. Eine Änderung des Betrages war nur durch Zerschlagen der Tonhülle möglich. Später ersetzten Zeichnungen der Symbole diese Hohlkugeln und deren Abdrücke. Auch wenn die ägyptische Hieroglyphenschrift auf den ersten Blick wie eine Bilderschrift aussieht, war sie doch nicht weit davon entfernt, eine Buchstaben- oder zumindest Konsonantenschrift zu werden. Konsonantenschriften sind auch die hebräische und die arabische Schrift. Wer in diesen Schriften liest, muss sich die Vokale selbst hinzudenken. Die Punktuationen, die in beiden Sprachen verwendet werden, finden nur bei Kinderbüchern und religiösen Schriften Verwendung.
Keilschrift
Im Mesopotamien des 4. vorchristlichen Jahrtausends, in einem Gebiet zwischen Euphrat und Tigris, begann die eigentliche Geschichte der Schrift. Das Land gliederte sich in das Reich der Akkader im Norden und dem der Sumerer im Süden. Im sumerischen Uruk werden die ersten Tontafeln mit Keilschrift hergestellt. Diese ersten schriftlichen Aufzeichnungen stellen keine Mythen oder Versdichtungen dar, sondern sind in erster Linie landwirtschaftliche Listen und Tabellen, die als Gedächtnisstütze für die Buchführung und als Informationen über die soziale Verwaltung des Reiches verstanden werden können. Durch die Aufzeichnungen wird deutlich, dass die Sumerer sowohl ein Rechensystem und Zahlungsmittel erfunden haben als auch Zinsen und Darlehen kannten. Eigentumsurkunden wurden gleichfalls gefunden.
Siehe auch: Assyrisch, Babylonisch, Hethitisch, Ugarit, Rawlinson
Hieroglyphen
Die frühesten Hieroglyphenfunde stammen aus dem Zeitraum von 3000 v. Chr., es ist aber nicht gesichert, ob die Schrift nicht schon früher entstand. Bis ca. 390 n. Chr. bleibt die Schrift im Wesentlichen erhalten, die Anzahl der verwendeten Zeichen erhöht sich aber von etwa 700 auf erstaunliche 5000. Erst durch den Ägyptologen Jean-François Champollion wird die Hieroglyphenschrift 1822 entziffert und damit die Geschichte des Alten Ägypten bekannt.
Die Hieroglyphenschrift besteht, wie die Piktogramme der Keilschrift aus der gleichen Zeit, aus stilisierten Zeichnungen. Sie unterscheidet sich aber von ihr insofern, als die einzelnen Zeichen schon die gesprochene Sprache wiedergeben, und sie in der Lage ist, sowohl konkrete als auch abstrakte Realitäten zu formulieren. Landwirtschaftliche und medizinische Texte werden ebenso niedergeschrieben wie Texte zu Erziehungsfragen, Gebete, Legenden, Rechtstexte und Literatur verschiedener Couleur. Die Hieroglyphenschrift erlaubt eine enorme Vielfalt und Originalität, weil sie drei Arten von Zeichen enthält:
- Piktogramme, die stilisierte Bildzeichen für Objekte und Lebewesen darstellen, die in spezieller Zeichenkombination aber auch Gedanken ausdrücken können,
- Phonogramme, oft dieselben Zeichen, die aber Laute kennzeichnen, und
- Determinative, Zeichen, die eine Unterscheidung zwischen Piktogrammen und Phonogrammen deutlich machen.
Siehe auch: koptische Schrift
Literatur
- Maria C. Betro: Heilige Zeichen. Fourier, Wiesbaden 2003. ISBN 3-932412-12-5
- Karl-Theodor Zauzich: Hieroglyphen ohne Geheimnis. Zabern, Mainz 1980. ISBN 3-8053-0470-6
- Christian Jacq: Sag's mit Hieroglyphen. Rowohlt-Taschenbuch-Verl., Reinbek bei Hamburg 2003. ISBN 3-499-21240-4
Phönizisches Alphabet
Der Ursprung phönizischer Zeichen ist bis heute ungeklärt. Eine Theorie leitet diese Neuerung innerhalb der Schriften auf eine schrittweise umgewandelte Keilschrift her; eine andere These besagt, dass sich die phönizischen Zeichen aus dem Demotischen abgeleitet hätten.
Das phönizische Alphabet enthält nur Konsonanten, wie es auch heute noch eine Besonderheit der semitischen Sprachen, z. B. des Hebräischen und des Arabischen ist, da ihre Schrift nur sehr wenige Vokale enthält. Die Forschung vermutet, dass das phönizische Alphabet als Quelle für die aramäische, die hebräische und die Arabische Schrift diente.
Aramäische und hebräische Schrift
Im 8. Jahrhundert v. Chr. befindet sich das Land Aram, im heutigen Syrien, im Gebrauch des aramäischen Alphabetes, das in nur wenigen Details vom ehemaligen phönizischen Alphabet abweicht. In dieser Schrift werden einige Bücher des Alten Testamentes verfasst. Die ältesten Schriftfunde des alten Hebräisch, auch eckiges Hebräisch bezeichnet, gehen bis in das 10. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die größten Teile des Alten Testamentes wurden in Hebräisch niedergeschrieben. Schrift und Sprache unterscheidet sich nicht wesentlich von der heutigen offiziellen Schriftsprache Israels. Neben einer Druckschrift werden für das alltägliche Schreiben Kursivbuchstaben verwendet. Die bekanntesten Schriftfragmente sind die Lederrollen aus Qumran am Toten Meer, die in Hebräisch und Aramäisch verfasst wurden.
Literatur
- Johannes Kramer, Sabine Kowallik: Einführung in die hebräische Schrift. H. Buske, Hamburg 1994. ISBN 3-87118-986-3
Arabische Schrift
Die ersten arabischen Inschriften werden auf 512/513 n. Chr. datiert, die Verbreitung der Schrift beginnt aber erst, als die Gefährten des Propheten Mohammed den Koran niederschreiben.
Siehe auch: Geschichte der arabischen Schrift, Arabische Schrift, Arabisches Alphabet, kufi, nastaliq, naskhi, pehlevi, thuluth, alefba
Literatur
- Mohammad-Reza Majidi: Einführung in die arabisch-persische Schrift. Buske, Hamburg 1986. ISBN 3-87118-728-3
- Mohammad-Reza Majidi: Geschichte und Entwicklung der arabisch-persischen Schrift. H. Buske, Hamburg 1986. ISBN 3-87118-727-5
Europa
Ausgangspunkt der europäischen Schriften ist die griechische Schrift (Alphabetschrift), von der sich die lateinische Schrift, die kyrillische Schrift und letzten Endes auch die Runenschrift ableiten lassen.
Griechische Schrift
Bei der Übernahme der phönizischen Schrift ist den Griechen ein folgenreicher Fehler unterlaufen, als sie z. B. das »Alef« nicht als einen (semitischen) Konsonanten erkannten, sondern für den Laut »a« hielten. Sie übernahmen aber noch die semitischen Buchstabennamen (Alpha, Beta, Gamma ...), die die Etrusker und in ihrer Folge die Römer fallen ließen (a, be, ce ...).
Siehe auch: Bustrophedon, Alphabet, Linear A, koptische Schrift
Lateinische Schrift
Besonderheiten, die sich in der lateinischen Schrift herausbildeten, wurden nach und nach von anderen Schriftsystemen übernommen. Die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben (Majuskeln und Minuskeln) kam erst mit der Renaissance auf, als die Humanisten die lateinischen Texte in karolingischen Minuskeln lasen und die Inschriften auf den altrömischen Monumenten vor Augen hatten. Die Abstände zwischen den einzelnen Wörtern gibt es zum Beispiel im Chinesischen nicht.
Siehe auch: Capitalis, Unziale, Textur, Fraktur, Kursive, Antiqua
Kyrillische Schrift
Im Jahre 862/3 sollten von zwei Gelehrten, den Brüdern Konstantinos (827-869) und Methodios (815?-885), im Auftrag des Kaisers Michael III. zur Vorbereitung der moravisch-pannonischen Slawenmission Kirchenbücher ins Slawische übersetzt werden. Zu diesem Zweck entwickelte Konstantin eine neue Schrift, die (später) sog. Glagoliza. Als um 893 in Bulgarien auf der Basis der griechischen Majuskeln unter Heranziehung spezifisch slavischer Elemente der Glagoliza eine neue slawische Schrift geschaffen wurde, erhielt diese fälschlich den Namen Kyrilliza (Kyrill-Schrift), in Erinnerung an den Klosternamen des Konstantinos »Kyrill« kyrillische Schrift.
Siehe auch: glagolitisch, slawisch, russische Sprache, weißrussische Sprache, ukrainische Sprache, serbische Sprache
Runen
Runen nennt man die Buchstaben des alten germanischen Alphabetes. Sie wurden gewöhnlich in Holz, Knochen oder Metall geritzt, später auch in Stein eingemeißelt, daher bestehen die Zeichen fast nur aus geraden Linien. Es gab 24 verschiedene Zeichen. Nach den Anfangsbuchstaben dieses Alphabets nennt man es auch Futhark. Den Runen wurden geheimnisvolle Kräfte zugeschrieben. Das Wort »Rune« bedeutet etwa »geheimnisvolle Kunde« (und ist verwandt mit dem heutigen »raunen«). Runen bedeuteten den Wikingern sehr viel. Selbst als sie Christen geworden waren, hielten sie weiter an ihrem Glauben an Runen und deren Magie fest.
Siehe auch: Runenstein von Kensington, Ogham
Literatur
- Berthold Forssman: Studien zu einer runenschwedischen Grammatik. Die Nominalflexion in den Runeninschriften Västergötlands. Kovač, Hamburg 2002. ISBN 3-8300-0512-1
- David V. Barrett: Kleine Orakelkunde - Runen, und was sie bedeuten. 6 Bde. Flechsig, Würzburg 1998. ISBN 3-88189-170-6
Amerika
In Nord-, Mittel- und Südamerika haben sich unterschiedliche Schriftsysteme herausgebildet, die meisten davon vor der Kolonialzeit.
Cherokee
Neueren Datums ist die Silbenschrift der Cherokees. Der Analphabet Sequoyah (ihm zu Ehren haben die Mammutbäume ihren wissenschaftlichen Namen Sequoiadendron giganteum) schuf für den Stamm der Cherokee eine Silbenschrift, die sich rasch durchsetzte und sogar heute noch verwendet wird.
Cree
Die als Cree-Schrift bekannte Schrift der Cree-Indianer wurde von dem Missionar James Evans geschaffen und ist ebenfalls eine Silbenschrift, die allerdings keine lateinischen Buchstaben verwendet, sondern durch Drehung der einzelnen Elemente verschiedene Silben ausdrückt. Diese Schrift wird heute auch von den kanadischen Inuit für ihre Sprache Inuktitut verwendet.
Maya und Azteken
Beispiel einer unabhängigen Schrifterfindung ist die mittelamerikanische Schrift der Maya, mit der sich alles, was gesprochen wurde, auch schriftlich wiedergeben ließ. Bei dem Schriftsystem der Azteken handelt es sich nicht um eine Vollschrift.
Siehe auch: Diego de Landa, Vigesimalsystem, Maya-Schrift, Maya-Kalender, Maya-Ziffern,
Inka
Die Quipus (khipu) der peruanischen Inkas sind nicht als Vollschrift anzusehen, denn bei der Knotenschrift handelt es sich lediglich um eine Zahlenschrift für die Buchhaltung.
Osterinsel
Die sprechenden Hölzer Rongorongo auf der zu Chile gehörenden Osterinsel (Rapanui) sind bis heute noch nicht auf überzeugende Art entziffert worden.
Afrika südlich der Sahara
Eine afrikanische Schrift mit längerer Tradition ist die äthiopische Schrift (Ge'ez oder Fidäl), eine Abugida-Silbenschrift, die sich aus dem Altsüdarabischen entwickelte und für verschiedene Sprachen Äthiopiens verwendet wird.
Weitere afrikanische Schriften wie Vai, Mende, N'Ko (in Westafrika), Osmaniya (für Somali) oder Mandombe (Demokratische Republik Kongo, Angola) wurden im 19. und 20. Jahrhundert entwickelt, um die Verschriftung bis dahin nur mündlich überlieferter Sprachen zu ermöglichen und zu fördern. Das Afrika-Alphabet ist eine Erweiterung des lateinischen Alphabets mit Sonderzeichen, die die Eigenheiten afrikanischer Sprachen besser erfassen sollen.
Siehe auch
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