Herrenhaus (Österreich)

Herrenhaus (Österreich)

Das Herrenhaus war das aus Vertretern des Adels, des Klerus und besonders verdienstvollen Bürgern bestehende Oberhaus des österreichischen Reichsrates.

Es wurde auf Grund der von Franz Joseph I. erlassenen Verfassung für das Kaisertum Österreich, die nach ihrem Datum 26. Februar 1861 als Februarpatent in die österreichische Verfassungsgeschichte eingegangen ist, als erste Kammer der Legislative geschaffen. Es bestand bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, als die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich das Herrenhaus am 12. November 1918 für abgeschafft erklärte.[1] Das heutige österreichische Parlament besteht gemäß Bundes-Verfassungsgesetz von 1920 wieder aus zwei Kammern; nun ist der direkt vom Volk gewählte Nationalrat die erste, der von den Landtagen indirekt gewählte Bundesrat die zweite Kammer.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Oktoberdiplom 1860 hatten der bis dahin absolutistisch regierende Kaiser und sein Vorsitzender der Ministerkonferenz, Graf Bernhard von Rechberg, versucht, einen fast nur beratend tätigen, nur 100 Mitglieder umfassenden Reichsrat mit stark eingeschränkten Befugnissen einzuführen. Der Widerstand vor allem des liberalen Großbürgertums gegen diese Politik war so stark, dass 1861 die Schaffung eines Zweikammernparlaments als Legislative unvermeidlich wurde, die von Anton von Schmerling vorbereitet wurde.

Das Herrenhaus wurde ähnlich dem britischen House of Lords als fast gleichberechtigtes Gegengewicht zum gewählten Abgeordnetenhaus, dem Unterhaus, geschaffen. Das nicht gewählte, sondern durch Geburt, Status und Ernennung berufene Herrenhaus begleitete den Übergang vom Feudalismus zu einer (soweit es sich um Männer handelte) das Bürgertum und zuletzt auch die Arbeiterschaft einbeziehenden, konstitutionellen Regierungsform. Sein Bestehen sollte es der bis dahin allein herrschenden Schicht erleichtern, ihren Machtverlust zu bewältigen.

Das Herrenhaus tagte 1861–1883 im Niederösterreichischen Landhaus an der Herrengasse

Das Herrenhaus trat am 29. April 1861 zum ersten Mal zusammen.[2] Es tagte bis 1883 provisorisch im Sitzungssaal des Niederösterreichischen Landtages im Landhaus in der Wiener Herrengasse.

Nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867 war der Reichsrat nur mehr für die nunmehrige österreichische Reichshälfte zuständig; dies sowie eine Stärkung des Abgeordnetenhauses wurde in der Dezemberverfassung 1867 festgelegt. Die gemeinsamen Angelegenheiten (Außenpolitik, Militär und deren Finanzierung), die Österreich und Ungarn weiterhin verpflichtend verbanden, wurden parlamentarisch von den so genannten Delegationen behandelt, die je 60 Parlamentarier umfassten. In Cisleithanien hatte das Herrenhaus für die jährlichen Delegationssessionen (die 50. Session war die letzte) jeweils 20 der 60 Delegationsmitglieder sowie zehn Ersatzmitglieder zu wählen, zuletzt am 31. Oktober 1917.[3] Das Herrenhaus war weiters mit fünf von 15 Mitgliedern in der österreichischen Deputation vertreten, die mit ihrem ungarischen Gegenstück in größeren Zeitabständen Verhandlungen über die Kostenaufteilung der gemeinsamen Angelegenheiten zu führen hatte; die letzte Wahl seiner Mitglieder für die 17. Deputationssession erfolgte im Herrenhaus am 29. November 1917.[4]

Das Herrenhaus zog in den südlichen Teil des Reichsratsgebäudes im Jahre 1883 ein

Am 4. Dezember 1883 fand (ebenso wie im Abgeordnetenhaus) die erste Sitzung des Herrenhauses im neu erbauten k.k. Reichsratsgebäude statt. Der Saal wurde 1945 durch Bombentreffer zerstört; heute befindet sich an seiner Stelle der in der Nachkriegszeit gebaute Sitzungssaal des österreichischen Nationalrates.

Das Herrenhaus opponierte im Dezember 1906 gegen das vom Abgeordnetenhaus beschlossene allgemeine Männerwahlrecht, mit dem man der erstarkenden Sozialdemokratie entgegenkam, die es in Großdemonstrationen gefordert hatte. K.k. Ministerpräsident Freiherr Max Wladimir von Beck drohte dem Herrenhaus mit einem Pairsschub des Kaisers, wenn die Vorlage nicht akzeptiert werde. Der Kaiser entsandte seine beiden Obersthofmeister, die Fürsten Rudolf von Liechtenstein und Alfred von Montenuovo, ins Parlament, damit sie dort für die Wahlreform sprachen; sie wurde letztlich vom Herrenhaus angenommen und bei den (letzten beiden) Reichsratswahlen 1907 und 1911 angewandt.

Die vorletzte Sitzung des Herrenhauses mit einer Diskussion über das am 16. Oktober 1918 erlassene Völkermanifest von Kaiser Karl I. fand am 24. Oktober 1918 statt, die letzte Sitzung, die 40. der XXII. Session, am 30. Oktober 1918; da k.k. Ministerpräsident Lammasch sich nicht in der Lage sah, für sein in den Medien als Liquidationsministerium bezeichnes Kabinett eine Erklärung abzugeben, wurde die Sitzung nach fünf Minuten geschlossen.[5]

Funktionen

Das Herrenhaus wurde im Unterschied zum in Abständen neu zu wählenden Abgeordnetenhaus als dauernde Vertretung angelegt; seine Mitglieder waren durch Gesetz oder Ernennung auf Lebenszeit berufen. Allerdings waren die Tagungen des Herrenhauses an die des Abgeordnetenhauses gebunden. Wurde dieses vertagt oder zwecks Neuwahlen aufgelöst, so tagte auch das Herrenhaus erst wieder, wenn das Abgeordnetenhaus wieder zusammentrat. Der Präsident und die beiden Vizepräsidenten des Herrenhauses wurden vom Kaiser ernannt.

Gesetzgebung

Nach der Verfassung war das Herrenhaus dem Abgeordnetenhaus in der Legislative gleichgestellt; ein Gesetz musste also die Zustimmung des Kaisers und beider Kammern erhalten. (Ausgenommen waren Finanz- bzw. Budgetgesetze, die ohne Zustimmung des Herrenhauses in Kraft treten konnten, da das Budgetrecht allein beim Abgeordnetenhaus lag.) Beide Kammern hatten wie die Regierung das Initiativrecht für Gesetzentwürfe.

Organisation

Mitglieder

Das Herrenhaus setzte sich aus folgenden Kategorien von Mitgliedern zusammen:

  1. aus den berufenen Prinzen des kaiserlichen Hauses (d.h. den volljährigen Erzherzögen)
  2. aus den Erzbischöfen und jenen Bischöfen, denen fürstlicher Rang zukam
  3. aus Angehörigen des „vermögenden landsässigen Adels“ (d.h. den Häuptern jener Adelsgeschlechter, denen der Kaiser die „erbliche Reichsratswürde“ verliehen hatte)
  4. aus österreichischen Staatsbürgern, die vom Kaiser für Verdienste um Staat oder Kirche, Wissenschaft oder Kunst auf Lebenszeit berufen wurden (1907 wurde gesetzlich bestimmt, dass diese Kategorie mindestens 150 und höchstens 170 Mitglieder zu umfassen hat;[6] zuvor war seit 1861 keine Mindest- oder Höchstzahl bestimmt).

Adelige der ungarischen Reichshälfte hatten ihren Sitz im Magnatenhaus, dem Oberhaus des ungarischen Reichstags, und waren als ungarische Staatsbürger im österreichischen Herrenhaus nicht vertreten.

Mitglieder des Herrenhauses durften seit 1907 für das Abgeordnetenhaus kandidieren; im Fall ihrer Wahl ruhte ihre Herrenhausmitgliedschaft auf die Dauer der Abgeordnetentätigkeit.

1911 entfielen bei 291 Mitgliedern auf die einzelnen Kategorien: 14 Erzherzöge, 18 (Erz-)Bischöfe (nämlich 5 Fürst-Erzbischöfe, 5 sonstige Erzbischöfe, 8 Fürstbischöfe), 90 Mitglieder des vermögenden landsässigen Adels, 169 auf Lebenszeit ernannte Mitglieder. Es handelte sich ausschließlich um Männer.

1917 / 1918 umfasste das Haus insgesamt 306 Mitglieder und zehn weitere, deren Mitgliedschaft ruhte oder mangels Angelobung nicht zu Stande kam. 90 dieser Mitglieder, darunter 17 erbliche und drei Kirchenfürsten, hatte der Kaiser neu in das Herrenhaus berufen; dem standen vom Ende der XXI. Session am 25. Juli 1914 bis zum Ende der XXII. (letzten) Session am 12. November 1918 72 Todesfälle unter den Mitgliedern gegenüber.[7] Als letztes neues Mitglied kam am 16. Juli 1918 mit Genehmigung des Kaisers Jaroslav Thun-Hohenstein (1864–1929, Schwager von Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand†) ins Herrenhaus, um das in seiner Familie erbliche Mandat zu übernehmen.[8]

Geistliche Mitglieder

Kardinal Joseph Othmar Ritter von Rauscher, Mitglied des Herrenhauses von 1861-75

§ 4 des als Anlage zum Februarpatent 1861 kundgemachten Grundgesetzes über die Reichsvertretung enthielt die relevanten Bestimmungen. In der am 21. Dezember 1867 erfolgten Kundmachung des geänderten Gesetzes blieben sie unverändert. § 4 bestimmte, dass dem Herrenhaus kraft Gesetzes alle Erzbischöfe Cisleithaniens und jene Bischöfe angehören, denen fürstlicher Rang zukommt (jeweils auf Funktionsdauer). Das Gesetz unterschied nicht zwischen den christlichen Konfessionen; es nannte sie nicht einmal. Es bezog sich auf katholische und orthodoxe Funktionsträger; in den evangelischen Kirchen Cisleithaniens gab es keine Erzbischöfe oder Bischöfe mit fürstlichem Rang.

Wenn ein vom Papst oder vom zuständigen orthodoxen Organ neu ernannter Bischof, für den das Gesetz zutraf, den vorgeschriebenen Amtseid in die Hände des Kaisers abgelegt hatte, lud der Präsident des Herrenhauses den Kirchenfürsten ein, die Angelobung zu leisten und seinen Sitz im Herrenhaus einzunehmen.

Zu den geistlichen Mitgliedern zählten die römisch-katholischen Fürsterzbischöfe von Wien, Prag, Salzburg, Görz und Olmütz sowie ein Fürsterzbischof ohne Diözese, der römisch-katholische, der griechisch-katholische und der armenisch-katholische Erzbischof von Lemberg, der römisch-katholische Erzbischof von Zara und der griechisch-orientalische Erzbischof von Czernowitz sowie die römisch-katholischen Fürstbischöfe von Brixen, Breslau, Krakau, Seckau, Trient, Laibach, Lavant und Gurk.[9][10] Der Bischof von Breslau gehörte, wie seine Residenzstadt, dem Deutschen Reich an, war jedoch auf Grund der Tatsache teilnahmeberechtigt, dass etwa ein Zehntel seines Bistums aus Österreichisch-Schlesien bestand. Der Erzbischof von Zara und der Fürstbischof von Brixen ließen sich in den letzten beiden Sessionen, der XXI. und der XXII., nicht angeloben und gehörten dem Herrenhaus daher nicht an.

Erbliche Mitglieder

Franz Graf Kuefstein, erbliches Mitglied des Herrenhauses von 1861-1871

106 Familien hatten die erbliche Mitgliedschaft im Herrenhaus. Dieser Stand setzte sich aus folgenden Familien zusammen:

Unter den 127 Berufungen kamen im Laufe der Zeit 20 „Konversionen“ vor. Eine Konversion war die Verleihung der erblichen Reichsratswürde an bereits ernannte lebenslängliche Herrenhausmitglieder. Dies geschah am Anfang sehr selten und nur in einzelnen Fällen, wie die Konversion der Familie Fürstenberg (Landgrafen) im Jahre 1868, Liechtenstein-Hollenegg in 1871, Vrints in 1873 und Traun-Maissau in 1873. Bei der Wahlreform von 1907 kam es jedoch unmittelbar und danach zu großen Pairsschüben.

  • 11 Ernennungen vom 14. Juli 1907:

Prinzen Auersperg, Grafen Clam-Martinitz, Freiherren Dalberg, Freiherren Gudenus, Fürsten Montenuovo, Grafen Nostitz, Grafen Potocki, Grafen Silva-Tarouca, Freiherren Sternbach, Grafen Ungnad von Weißenwolff, Grafen Vetter.

  • 12 Ernennungen vom 26. Februar 1912:

Grafen Badeni, Grafen Colloredo-Mansfeld, Grafen Czernin-Morzin, Grafen Dobrženský

  • eine Ernennung 1917:

Freiherren Wassilko.

Eine „Sukzession“ war die Nachfolge in den erblichen Sitzen im Falle eines Ablebens. Insgesamt gab es im Laufe der Geschichte des Herrenhauses vier Fälle (Attems, Salm, Schönborn, Thun-Salm) auf drei Nachfolger, 27mal auf zwei Nachfolger, 38mal auf einen, und bei den restlichen 56 trat keine Erbfolge ein.

Berufene Mitglieder

Moriz Kaiserfeld von Blagatinschegg, Präsident des Abgeordnetenhauses von 1868-1870 und Mitglied des Herrenhauses ab 1871

Auch ehemalige Mitglieder des Abgeordnetenhauses, enthobene Minister und ehemalige Statthalter und Landespräsidenten wurden vom Kaiser bei besonderen Verdiensten in das Herrenhaus berufen. Zum Beispiel war dies bei Moritz Kaiserfeld, Edler von Blagatinschegg der Fall; er war 1868–1870 Präsident des Abgeordnetenhauses und wurde 1871 als Landeshauptmann der Steiermark Mitglied des Herrenhauses.[12]

Unter den vom Kaiser berufenen Herrenhausmitgliedern waren z. B. der Glasindustrielle Ludwig Lobmeyr und der Baumwollunternehmer Nikolaus Dumba, beide auch als Kunstmäzene hervorgetreten, der steirische Dichter Peter Rosegger, die Bierindustriellen Anton Dreher junior und Adolf Ignaz Mautner von Markhof sowie der Technologe Wilhelm Exner.

Siehe auch Kategorie:Mitglied des Herrenhauses (Österreich)

Fraktionen

Ohne die an Fraktionen nicht teilnehmenden 20 Erzherzöge gliederten sich die Mitglieder des Herrenhauses in der letzten Session in:

  • 108 in der Gruppe der „Rechten“ (davon 9 Todesfälle in der Session)
  • 70 in der Gruppe der „Verfassungspartei“ (zwei Todesfälle)
  • 72 in der Gruppe der „Mittelpartei“ (fünf Todesfälle)
  • 16 in der Gruppe der „Reichspartei“
  • 20, die keiner Gruppe angehörten (drei Todesfälle)
  • 3, deren Mandat ruhte, weil sie zu Reichsratsabgeordneten (Mitgliedern des Abgeordnetenhauses) gewählt worden waren
  • 7, die nach ihrer Ernennung nicht zur Angelobung erschienen und daher an den Beratungen des Herrenhauses nicht teilnahmen (ein Todesfall).

Bei den hier als Partei genannten Gruppierungen handelte es sich nicht um politische Mitgliederparteien im engeren Sinn; die Fraktionen besaßen aber eigene Leitungsausschüsse.

Präsident und Präsidium

Anton von Schmerling, 1871 Präsident des Herrenhauses

Letzter Präsident des Herrenhauses (zuvor seit 1892 Vizepräsident) war seit 25. März 1897[13] (zuletzt mit Allerhöchstem Handschreiben vom 21. Mai 1917 ernannt) Fürst Alfred III. zu Windisch-Grätz, die letzten Vizepräsidenten waren Fürst Max Egon II. zu Fürstenberg, Fürst Alois von Schönburg-Hartenstein und Ferdinand Prinz Lobkowitz, der am 12. Oktober 1917 nach dem Rücktritt von Graf Ernst von Silva-Tarouca ernannt wurde.[14]

Sitz

Sitzungssaal des Herrenhauses (Aufnahme 1902)
Blick auf das Präsidium des Herrenhauses

Das Herrenhaus tagte die ersten 22 Jahre provisorisch im Niederösterreichischen Landhaus an der Herrengasse, während das Abgeordnetenhaus sich im sogenannten Schmerlingtheater an der Währinger Straße befand. Für beide Häuser bestanden Pläne, an der neuen Wiener Ringstraße repräsentative Gebäude zu errichten. Es gab Überlegungen, wieder getrennte Gebäude für die beiden Häuser des Reichsrats zu schaffen; sie wurden zugunsten eines gemeinsamen Bauwerks verworfen. Dem Architekturwettbewerb 1864 folgte 1874–1883 der Bau des k.k. Reichsratsgebäudes am damaligen Franzensring nach dem Entwurf von Theophil Hansen.

Der Sitzungssaal und weitere Räumlichkeiten des Herrenhauses wurden in der südlichen Hälfte des Reichsratsgebäudes errichtet. Der Sitzungssaal des Herrenhauses war der zweitgrößte Versammlungssaal im Parlamentsgebäude nach dem Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses, welches sich gegenüber auf der nördlichen Hälfte des Gebäudes befindet.

Der Sitzungssaal wurde einem griechischen Theater nachempfunden und mit ansteigenden Sitzreihen eingerichtet. Es waren 243 Sitzplätze in neun Reihen vorgesehen. Der Saal war prächtiger und erlesener ausgestattet und verziert als der Saal des Abgeordnetenhauses. Die Farbgebung war ebenfalls eine andere.

In der Mitte der Stirnseite befand sich der Sitzungsvorstand mit dem Herrenhauspräsidenten bzw. seinem Vertreter und zwei Schriftführern, dahinter der Direktor und die Mitarbeiter des Sitzungsassistenzdienstes. Hinter dem Pult des Präsidiums befanden sich zwischen Säulen Statuen von altgriechischen Persönlichkeiten. Ein gemalter Fries in den Feldern über den Säulen stellte Szenen aus dem antiken Griechenland dar.[15] Den Mittelpunkt des Plenarsaals bildete das Rednerpult. Vor dem Redner saßen die Stenografen.

Hinter den Abgeordnetenbänken befanden sich über zwei Stockwerke verteilt die Besuchertribünen, die im ersten Stockwerk wurde von Karyaditen und Atlanten gestützt, die zweite von korinthischen Säulen. In der Mitte der ersten Tribüne befand sich die Kaiserloge. Herkömmliche Besucher durften keine Zustimmungs- oder Missfallensbekundungen von sich geben, ansonsten konnten sie des Saales verwiesen werden. Der Saal wurde durch ein verziertes, halbkreisförmiges Oberlicht, welches die gesamte Decke umfasste, zusätzlich mit Tageslicht erhellt.

1920 wurde der Saal des Herrenhauses, weil er kleiner war als der auf über 500 Plätze ausgelegte Saal des früheren Abgeordnetenhauses, zum Sitzungssaal des nur 165 bzw. 183 Abgeordnete umfassenden Nationalrates bestimmt. Der Saal wurde während der Bombardierung Wiens im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Die Bomben schlugen durch das Dach ein und zerstörten die Sitzbänke, der Boden brach komplett in die unterliegenden Räume ein und Feuer brach aus. Nach dem Krieg konnte der Nationalrat erst 1956 in den im damals üblichen modernistischen Stil rekonstruierten Saal zurückkehren.[16]

Vorzimmer des Herrenhauses, seit 1920 Sitzungssaal des Bundesrates

Vor dem Sitzungssaal befindet sich das Vorzimmer des Herrenhauses. Er wurde als Versammlungsort und Warteraum des Herrenhauses verwendet. Die Wände wurden in rotem Stuccolustro ausgeführt, ein Oberlicht und Lüster sorgten für die Beleuchtung des Raumes. Die Abdeckungen der Schlüssellöcher der vier doppelflügeligen Türen waren ursprünglich mit den Wappen der 17 im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder bzw. mit den Initialen des Kaisers, FJI, verziert. 1920 wurde dieser Raum als Sitzungssaal des Bundesrates adaptiert. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Vorzimmer durch Luftangriffe ebenfalls beschädigt, jedoch originalgetreu wiederhergestellt.[17]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Art. 8, Gesetz vom 12. November 1918 über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich, StGBl. Nr. 5 / 1918
  2. Stenographisches Protokoll der Eröffnungs-Sitzung des Herren-Hauses des Reichsrathes
  3. Stenographisches Protokoll. Herrenhaus. 20. Sitzung der XXII. Session
  4. Stenographisches Protokoll. Herrenhaus. 23. Sitzung der XXII. Session
  5. Stenographisches Protokoll. Herrenhaus. 40. Sitzung der XXII. Session
  6. RGBl. Nr. 16 / 1907 (= S. 59)
  7. Herrenhaus. XXII. Session der XII. Legislaturperiode, vom 30. Mai 1917 bis zum 12. November 1918)
  8. Stenographisches Protokoll. Herrenhaus. 33. Sitzung der XXII. Session
  9. Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Herrenhauses des Reichsrates 1911–1914, XXI. Session; Anhang II: Mitglieder des Herrenhauses des Reichsrates (nach dem Stand der XXI. Session)
  10. Stenographische Protokolle. Herrenhaus. 1. (Eröffnungs-)Sitzung der XXII. Session am 30. Mai 1917, S. 12
  11. http://www.coresno.com/standeserhoehungen/164-texte/3459-reichsrat.html
  12. Stenographische Protokolle. Herrenhaus. VII. Session. Anhang zum Index: Verzeichnis der … Mitglieder
  13. Index der Stenographischen Protokolle des Reichsrates, XII. Session, Abschnitt VI. Personalien des Herrenhauses des Reichsrathes
  14. Stenographisches Protokoll. Herrenhaus. 39. Sitzung der XXII. Session
  15. http://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/PARLINNEN/SaalNationalrat/index.shtml
  16. http://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/Baugeschichte/ZerstoerungWiederaufbau/index.shtml
  17. http://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/PARLINNEN/SaalBundesrat/

Weblinks


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