Fliegerhorst Nörvenich

Fliegerhorst Nörvenich
Fliegerhorst Nörvenich
BW
Fliegerhorst Nörvenich (Nordrhein-Westfalen)
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Kenndaten
ICAO-Code ETNN
Koordinaten
50° 49′ 52″ N, 6° 39′ 29″ O50.8311666666676.6581666666667118Koordinaten: 50° 49′ 52″ N, 6° 39′ 29″ O 118 m ü. MSL
Verkehrsanbindung
Entfernung vom Stadtzentrum 3 km nordöstlich von Nörvenich
Straße Bundesstraße 477
Bahn keine
Nahverkehr Buslinie der Dürener Kreisbahn
Basisdaten
Eröffnung 1954
Betreiber Luftwaffe
Beschäftigte 450 Zivil, 1.850 Soldaten
Start- und Landebahn
07/25 2439 m × 45 m Asphalt

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Der Fliegerhorst Nörvenich ist ein Militärflugplatz bei Nörvenich im Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen. Er war zunächst geplant für die Nutzung durch die britische Royal Air Force (RAF) als weitere sogenannte Clutch Station. So wurden in den 1950er Jahren neu gebaute RAF-Stützpunkte bezeichnet, die in der Nähe der Grenze zu den Niederlanden und somit möglichst weit entfernt von der damaligen innerdeutschen Grenze gelegen waren.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mit Beginn des Kalten Krieges war klar, dass die ab 1945 in der Britischen Besatzungszone stationierte British Air Force of Occupation längerfristig auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bleiben würde. Die RAF stützte sich in den ersten Jahren nach Kriegsende hauptsächlich auf ehemalige Fliegerhorste der früheren Luftwaffe, von denen einige nur wenige Flugminuten vom „Eisernen Vorhang" in der Mitte Europas entfernt waren.

Man beschloss, die Flugzeuge daher möglichst weit von der innerdeutschen Grenze entfernt zu stationieren. So wurde zu Beginn des Jahres 1952 bekannt, dass im Nörvenicher Wald ein Flugplatz für die RAF gebaut werden sollte. Bürger aus den umliegenden Orten in den damaligen Kreisen Bergheim, Düren und Euskirchen bildeten daraufhin einen Heimatausschuss, der sich vehement gegen den Flugplatz wehrte. Trotzdem bot die nordrhein-westfälische Landesregierung der Bundesregierung das Gelände am 11. Juni 1952 zum Kauf an. Am 2. September 1952 begann ein 50 Mann starker Vermessungstrupp mit den Vermessungsarbeiten. Nach kleineren Vorarbeiten wurde am 15. Juni 1953 mit dem Fliegerhorstbau offiziell begonnen. Am 1. Juli 1953 zogen etwa 700 Menschen mit schwarzen Fahnen durch Bonn und protestierten gegen den Bau. Trotzdem begannen am 15. Juli 1953 insgesamt 70 bayerische Holzfäller mit den Rodungsarbeiten.

Im August 1954 landeten die ersten britischen Strahlflugzeuge in Nörvenich. Bereits im Dezember 1955 übergab die RAF Germany den Flugplatz an den Bundesminister der Verteidigung. Am 8. Dezember 1955 wurde auf dem Gelände des Fliegerhorstes eine Verwaltungsstelle für die 1. Luftwaffen-Lehrkompanie der kurz zuvor gegründeten Bundeswehr errichtet. Dieses Datum gilt als Geburtsstunde der bundesdeutschen Luftwaffe. Wenige Tage später trafen die ersten 13 Bundeswehrsoldaten in Nörvenich ein. Nach der ersten Vereidigung von Bundeswehrsoldaten am 12. November 1955 in der Krahnenberg-Kaserne von Andernach fand in Nörvenich mit Bundesverteidigungsminister Theodor Blank am 2. Januar 1956 die zweite Veranstaltung dieser Art in der Bundesrepublik statt.

Am 13. Januar 1958 um 15:50 Uhr landete die erste deutsche Maschine mit Kommandeur Major Barkhorn auf dem Fliegerhorst Nörvenich.

Am 20. Juni 1958 stellte der Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß das Jagdbombergeschwader 31 (JaboG 31) mit 50 Republic F-84 offiziell in Dienst. Das JaboG 31 erhielt im April 1961 von Josef Kammhuber, dem damaligen Generalinspekteur der Luftwaffe, den TraditionsnamenBoelcke".

Seit Januar 1959 war das Geschwader als erster Einsatzverband der Luftwaffe der NATO unterstellt.

Im Herbst 1961 war Nörvenich der erste Fliegerhorst der Luftwaffe, auf dem der Lockheed F-104 G „Starfighter" stationiert wurde. Das letzte Flugzeug dieses Typs verließ am 30. April 1983 den Fliegerhorst. Der erste „Tornado" (Panavia PA 200) startete im Juli 1983. In den folgenden fast drei Jahrzehnten wurden mit dem Tornado ca. 112.000 Flüge mit etwa 176.000 Flugstunden durchgeführt; 21 mal waren Piloten in Kanada zur Tiefflugausbildung auf der CFB Goose Bay. Der Tornado wurde offiziell am 25. Juni 2010 ausgemustert. Bis dahin fanden bei Unfällen mit diesem Typ sechs Piloten den Tod. Der letzte Tornado mit dem „Boelcke-Wappen" startete am 15. Juli 2010 von Nörvenich Richtung Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Rund 150 Millionen Euro wurden in Nörvenich im Zuge der Umstellung auf den Eurofighter bereits investiert. Im voll funktionsfähigen Eurofighter-Simulator bereiten sich Tornado-Piloten auf ihre Umschulung auf das neue Waffensystem vor.

Auf dem Fliegerhorst Nörvenich waren zeitweilig in einem inneren Sperrbereich, der nur von US-Soldaten betreten werden durfte, US-Kernwaffen und auch die dazugehörigen Trägersysteme, z. B. Pershing-Raketen gelagert. 20 Kernwaffen wurden 1995 auf die Ramstein Air Base verlagert. Der innere Sperrbereich mit hohen Wachtürmen ist noch heute von außerhalb zu sehen. [1]

Waffenschule der Luftwaffe 10

Wappen der Waffenschule der Luftwaffe 10

Die Waffenschule der Luftwaffe 10 wurde am 1. April 1957 in Nörvenich mit kanadischen F-86 Sabre Mk. 5 aufgestellt. Zunächst unterstützt durch Fluglehrer der Royal Canadian Air Force aus Zweibrücken, war ihr Auftrag die Ausbildung zukünftiger Jagdflugzeugführer auf dem Einsatzmuster und die Schaffung eines Personalstamms für die neu aufzustellenden Jagdgeschwader der Luftwaffe. Im September des gleichen Jahres verlegte der Verband nach Oldenburg und nahm dort im November 1957 den Flugbetrieb auf.

Mit Beginn der Einführung der Lockheed F-104 "Starfighter" wurde im Januar 1960 eine Ausbildungsstaffel F-104 als 4. Staffel der Waffenschule 10 in Nörvenich aufgestellt. Die Ausbildung der zukünftigen Piloten des Jagdbombergeschwaders 31 erfolgte ab April 1961 auf der doppelsitzigen F-104F. Im Juni 1962 kamen beim Absturz von vier F-104 der Kunstflugstaffel der 4. Staffel bei einem Übungsflug alle vier Piloten ums Leben.[2] 1964 wurden alle Teile des Verbands in Jever zusammengeführt. Dort wurden zunächst Piloten auf den jeweiligen Waffensystemen ausgebildet, später erfolgte dort die sogenannte Europäisierung, also die Ausbildung im europäischen Luftraum, nach der Grundschulung und Waffensystemausbildung in den USA. Im Juli 1983 wurde die Waffenschule der Luftwaffe 10 als letzte Waffenschule aufgelöst. Sie ging im Jagdbombergeschwader 38 auf.

Das Geschwader heute

Einfahrtswegweisung zum Fliegerhorst
Anflugbefeuerung von Westen, vorne quer die B 477

Auf dem Fliegerhorst haben heute 450 Zivilbedienstete und 1.850 Soldaten ihren Arbeitsplatz gefunden. 45 Tornados waren die Standardflugzeuge. Am 16. Dezember 2009 landete der erste Eurofighter Typhoon. Darüber hinaus hält die deutsche Luftwaffe in Nörvenich mit "SAR 41" rund um die Uhr einen Hubschrauber des Such- und Rettungsdienstes vor.

Auf dem Fliegerhorst wurde 2006 ein Simulatorgebäude für das Training mit dem Eurofighter für 10 Millionen Euro erbaut.

Seit 1961 war auf dem Fliegerhorst auch die 3. Staffel des Lufttransportgeschwaders 61 (LTG 61 mit Heimatstandort Penzing) mit seinen Hubschraubern stationiert. Nach 35 Jahren wurde dieser Truppenteil zum 30. September 2006 aufgelöst. Lediglich der SAR-Hubschrauber, eine Bell UH-1D, bleibt in Nörvenich als Reserve, wenn der Rettungshubschrauber für diesen Bereich, Christoph Europa 1, durch andere Einsätze verhindert ist.

Fliegerhorst

Die Landebahn (Ost-West-Richtung) ist so dimensioniert, dass hier alle Flugzeugtypen landen können. Mehrmals landete hier bereits das größte Flugzeug der Welt, die Antonow An-225. Die Jets des Airborne Warning and Control System (AWACS) mit ihren charakteristischen Radartellern aus Geilenkirchen-Teveren sind hier sehr oft zu Gast. Auf dem Gelände des Fliegerhorsts befindet sich eine Schießanlage. Nörvenich ist Ausweichflughafen für Teveren und Büchel.

Unterkünfte

Die Soldaten sind in den nahe gelegenen Kaserne Haus Hardt in Nörvenich untergebracht. Die Boelcke-Kaserne in Kerpen wird, wie am 26. Oktober 2011 bekannt gegeben wurde, geschlossen. Bis zum Jahre 2017 soll die Zahl der dort beschäftigten Soldaten von 980 in 2011 auf 1.110 angehoben werden.

Besonderes

Als Schloss Gymnich noch Gästehaus der Bundesregierung war, landeten in Nörvenich viele Könige und Staatsoberhäupter. Die Formel 1-Gebrüder Schumacher, die in Kerpen-Manheim aufgewachsen sind, benutzten den Fliegerhorst auch hin und wieder mit ihren Privatjets, als sie die nahegelegene Heimat besuchten. Michael Schumacher landet heute noch hier, wenn er sein Patenkind in Disternich besucht.

Rechts die ehem. Kirche von Alt-Oberbolheim, links das Bodenradar des Fliegerhorsts

Erwähnenswert ist noch, dass hier ein Ort, nämlich Oberbolheim in den Jahren 1968/69 komplett auf Kosten der Bundesregierung umgesiedelt wurde. Es hat nie wieder eine Umsiedlung wegen Flugzeugabstürzen und Flugzeuglärm in Nordrhein-Westfalen gegeben.

Außerdem wurde hier 1965 ein späterer Guinness-Weltrekord aufgestellt: Hauptmann Heltzel setzte hier nach einem Zusammenprall mit einer zivilen Dornier Do 28 in einer F-104G mit 435 km/h auf die Landebahn auf. Er erfuhr jedoch eine späte Würdigung: Erst 1988 wurde er ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen, denn er hatte die höchste Geschwindigkeit erreicht, mit der je ein Flugzeug aufgesetzt hatte.

Das JaboG 31 "Boelcke" wurde als erste Tornado-Einheit der Luftwaffe in Deutschland seit dem 15. Dezember 2009 mit dem Eurofighter ausgerüstet. In Nörvenich werden 35 Maschinen stationiert. Derzeit (August 2011) sind erst acht Maschinen angekommen. Am 27. April 2006 wurde der Grundstein für den Neubau des 10,5 Mio. Euro teuren Simulatorgebäudes gelegt und das Richtfest am 25. Oktober 2006 gefeiert.

1957 wurde auf dem Fliegerhorst die Feuerwehr eingerichtet.

Neben der militärischen Nutzung findet an Wochenenden und Feiertagen zivile Nutzung für die Sportfliegerei statt. Der ansässige Verein Bundeswehr Sportfliegergemeinschaft "Boelcke"/Heini Dittmar e.V. ist aus der ehemaligen Bundeswehr Sportfluggruppe entstanden. Der Verein betreibt hier sowohl Segel- als auch Motorflug.

Siehe auch

Einzelnachweis

  1. http://www.bbv-net.de/public/article/politik/deutschland/582319/Rund-30-US-Atombomben-in-Deutschland.html
  2. Absturz der Kunstflugstaffel der 4./WaSLw 10 auf der Homepage der Luftwaffe; eingesehen am 12. August 2009

Weblinks


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