Infanterie-Regiment „Graf Bülow von Dennewitz“ (6. Westfälisches) Nr. 55

Infanterie-Regiment „Graf Bülow von Dennewitz“ (6. Westfälisches) Nr. 55
Denkmal vor der Alten Regierung in Minden. Erinnert wird u. a. an Gefallene des Infanterieregiments Nr. 55
Liste der Gefallenen des IR 55 (rechte Seite)

Das Infanterie-Regiment „Graf Bülow von Dennewitz“ (6. Westfälisches) Nr. 55 war ein Infanterieregiment des Staates Preußen in der Zeit des Königreiches Preußen sowie des nachfolgenden Deutschen Kaiserreiches. Teile wurden durch den Staat Lippe gestellt.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Das Infanterieregiment Graf Bülow von Dennewitz 6. westfälisches Nr. 55 wurde am 5. Mai 1860 im Rahmen der von Roonschen Heeresreform aufgestellt. Dazu gab das Mutterregiment, das Infanterieregiment Prinz Friedrich der Niederlande, 2. westf. Nr.15, aktives Personal an das Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 15 ab. Dieses gruppierte anschließend zum kombinierten Infanterieregiment Nr. 15 um und stellte drei Bataillone Infanterie auf. Dazu gehörten zwei Infanterie- (I./- und II./IR 55) und ein Füsilierbataillon (III./IR 55). Später wurde das III./- herausgelöst und durch das Bataillon Lippe-Detmold („Lipper Schützen“) ersetzt. Erst nach vollendeter Formierung erhielt es seine endgültige Bezeichnung Infanterieregiment Nr. 55. Da es in Westfalen stationiert und dem VII. Armeekorps in Münster unterstellt werden sollte, erhielt es als 6. Regiment in Westfalen die Provinzialbezeichnung 6. westfälisches. Nach seiner Formierung verlegte das Regiment in seine ersten Standorte in Ostwestfalen. Erster Kommandeur war v. Schwartzkoppen

Standorte

Das Regiment lag niemals geschlossen an einem Standort. Aufstellungsorte waren Minden, Paderborn und Bielefeld Zunächst lag das Regiment in Minden, Höxter und Herford in Garnison. Zu Beginn des ersten Weltkrieges lag der Regimentsstab in Detmold (Fürstentum Lippe), das I./- in Höxter an der Weser, das II./- in Bielefeld und das III./- ebenfalls in Detmold.

Feldzüge

Das Regiment war an allen wichtigen Feldzügen seit seiner Gründung beteiligt. Die ersten drei Feldzüge in den Jahren 1864, 1866 und 1870/71 werden auch die Deutschen Einigungskriege genannt. Die Verluste des Regiments betrugen dabei: 5 Offiziere, 32 Mann; 7 Offiziere, 103 Mann; 8 Offiziere, 189 Mann.

Deutsch-Dänischer Krieg (1864)

Das Regiment zog erstmals vier Jahre nach seiner Gründung in den deutsch-dänischen Krieg. Das Regiment verlegt nach Minden, um sich dort zu sammeln und wurde anschließend per Zug nach Harburg a. d. Elbe bei Hamburg verlegt. Es gehörte zum deutsch-österreichischen Expeditionskorps, das im Rahmen einer Bundesexekution im Auftrag des Deutschen Bundes die Aufgabe hatte, gegen Dänemark vorzugehen.

Durch die fortgeschrittenen Dänisierungsmaßnahmen wollte das Königreich Dänemark, dessen König auch Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg war, Schleswig endgültig in das Königreich integrieren. Da aber die Schleswiger und die Holsteiner beschlossen hatten, up ewig ungedeelt zu sein, und der König dies auch anerkannt hatte, war seine Handlung rechtswidrig gegen die Einheit von Schleswig und Holstein gerichtet, da sie dann nicht mehr ungeteilt waren. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Holstein seinerzeit schon zum deutschen Bund gehörte, Schleswig allerdings nicht.

Die Schleswiger und Holsteiner riefen daher den deutschen Bund zu Hilfe. Dieser beschloss, dass nach Scheitern der politischen Versuche, die Einheit der beiden Staaten wieder herzustellen, militärisch eingegriffen werden sollte. Daher wurde von den beiden ewigen Kontrahenten um die Vormachtstellung im deutschen Bund, Preußen und Österreich, ein gemeinsames Expeditionskorps aufgestellt und in Marsch gesetzt.

Das Regiment war bei der Besetzung Holsteins beteiligt, das vollständig durch die Dänen geräumt worden war. Die erste Verteidigungsstellung hatten die Dänen am sogenannten Danewerk errichtet. Nach dem Übergang über die Schlei drängten die Truppen der Verbündeten schnell nach Norden vor und besetzten Kiel. Nördlich davon verlief das Danewerk, das jedoch beim Herannahen der Preußen geräumt wurde (3. bis 5. Februar 1864). Nur eine dänische Brigade sicherte den Rückzug des Gros der dänischen Armee nach Düppeln. Dort belagerte u.a. das IR 55 die Schanzen, die im Vorfeld von Sonderburg errichtet worden waren. Im 17. März 1864 begannen dann die Vorbereitungen zum Sturm auf die Düppeler Schanzen am 18. April 1864. Das I./IR 55 war dabei sehr erfolgreich im Süden der Stellungen und waren die ersten, die eine Schanze nach dem Gardekorps bestiegen. Die Dänen zogen sich im Verlauf des Sturmes auf die Insel Alsen zurück.

Nach einem kurzen Waffenstillstand begann am 29.Juni 1864 eine bis dahin nie da gewesene amphibische Aktion, bei der das II./IR 55 als eines der ersten Regimenter den Boden der Insel Alsen betrat. Mit allen nur greifbaren Botten, Schiffen und teilweise mit Flößen setze man über den Alsensund und nach kurzem Kampf kapitulierten die letzten dänischen Truppen auf Alsen.

Das Regiment beteiligte sich dann noch am Schleifen der Befestigungen von Sonderburg und den Düppeler Schanzen und kehrte wieder in seine Friedensstandorte zurück. Die beteiligten Bataillone erhielten für ihre Beteiligung am Sturm auf die Düppeler Schanzen und auf die Insel Alsen das Düppeler Sturmkreuz bzw. das Alsenkreuz. Ein entsprechendes Fahnenband befand sich an den Fahnen des I./- und II./IR 55.

Preußisch-Österreichischer Krieg (1866)

Während des Preußisch-Österreichischen Krieges im Jahr 1866 war das Regiment zunächst an der Besetzung Hannovers beteiligt, nachdem die hannoversche Armee bei Langensalza in Thüringen kapituliert hatte. Anschließend wurde das Regiment der so genannten Mainarmee unterstellt und verlegte Richtung Fulda, was es jedoch nicht erreichte. Es wurde Richtung Dermbach in Marsch gesetzt, wo es am Gefechte bei Dermbach am 4. Juli einen mitentscheidenden Anteil hatte. Von dort ging es im Fußmarsch in Richtung Kissingen, wo die mit Österreich verbündeten bayerischen Truppen auf die Preußen warteten. Jedoch dauerte die Schlacht bei Kissingen am 10. Juli, an der das IR 55 erfolgreich an der Spitze kämpfte, nicht lange. Die bayerischen Truppen zogen sich über Hammelburg nach Würzburg zurück. Von Garlitz marschierten die 55er in Richtung Kissingen und fand einen Übergang über die Saale und drang von Südwesten und Süden in die Stadt ein. Das Mutterregiment (IR 15) und das Füsilierbataillon Lippe zog gegen die Höhen um Kissingen während die Masse der 55er in die Stadt eindrang. Dies musste allerdings ohne die Unterstützung durch die Artillerie geschehen, da General von der Göben die Beschießung der Kurstadt verboten hatte. In einem heftigen Straßenkampf kämpften sich die 55er durch die Stadt, in die die Bayern nach und nach zurückwichen. Mit Hilfe von Teilen des IR 15 drang man immer tiefer in die Stadt ein und nahm viele Gefangene. Inzwischen drang auch das IR 53 in die Stadt ein und unterstützte die 55er und die 15er. Gegen 1 Uhr nachmittags hatte man die Stadt gesäubert und drang gegen den Kirchhof an der Chaussee nach Nüdlingen vor. Hier entstanden dann die heftigsten Kämpfe in Kissingen. Die 55er hielten die Stellungen, bis sie nach einiger Zeit durch die IR 15 und 53 verstärkt wurden. Erst als das IR 19 aus der Reserve mit frischen Kräften herangeführt wurde, konnte sich die beteiligten Kräfte der 55er zurückziehen und ausruhen. Andere Kräfte des Regiments waren aber zusammen mit anderen Teilen der Brigade auf den Höhen in Kämpfe verwickelt. An einem Obsthang am Sinnberg kam es zu kämpfen, bei denen Leutnant Friedrich von Papen gefangen genommen wurde und der Portepee-Fähnrich und spätere Generalfeldmarschall Max von Bock und Polach sich nur mit Mühe schwer verletzt retten konnte. Gegen halb 2 marschierten das II./- und III./- gegen die Stadt, griffen aber nicht mehr in die Kämpfe ein. Sie sollten die Saalebrücken nehmen. Jedoch wurden sie auf dem Stationsberg von der Winterleite unter Feuer genommen und folgten den bayerischen Jägern nach Winkels, wo in der Nach der Abzug der Bayer und damit ihre Niederlage besiegelt wurde.

Am 13. Juli kam es beim Vormarsch auf Frankfurt bei Laufach und Frohnhofen zu weiteren Gefechten, bei denen die 55er, die 15er und die Lipper beteiligt waren. Gegner waren hier aber nicht die Bayern sondern die ersten Hessen des VIII. Bundeskorps.

Anschließend drängte man die Hessen in Richtung Aschaffenburg zurück. Am 14. Juli kam es zum Gefechte bei Aschaffenburg. Über Hösbach und Goldbach marschierte man auf Aschaffenburg. In schweren Kämpfen nahmen die 55er und 15er die Stadttore. Die durch eine Brigade Österreicher verstärkten Hessen schossen aus allen Fenstern der Häuser der Stadt auf die eindringenden Preußen. Nach und nach zeichnete sich ab, dass die Bundestruppen immer mehr in Bedrängnis gerieten, da die Stadt nicht genug für die Verbündeten bot. Als die 55er schließlich die Mainbrücke freigekämpft hatte und über 600 Gefangene gemacht hatte, kamen General von Falkenstein und General von der Göben und wurden mit jubelndem Hurra bedacht. Gegen 11 Uhr endete das Gefecht.

Nassauer und Hessische Truppen versuchten den darauf begonnenen Marsch der Mainarmee auf Frankfurt bei Hahnau zu verhindern. Sie wurden insbesondere durch das VII. Armeekorps, dem das IR 55 unterstellt war, geschlagen. Die Bundesfestung Frankfurt, die von Bundestruppen besetzt war, kapitulierte beim Anmarsch der Preußen und wurde besetzt.

Anschließend marschierte die Mainarmee in Richtung Tauberbischofsheim und kämpfte dort gegen die Reste des VIII. Bundesarmeekorps. Die Schlacht dauerte von 5:30 Uhr bis zur beginnenden Dämmerung gegen 20:30 Uhr

Nach der Niederlage bei Tauberbischofsheim wandte man sich in Richtung Würzburg. Im Zuge der Belagerung, bei der auch die Festung Marienberg beschossen wurde, kam es westlich des Gaus Königshofen in Uettingen und Gerchsheim zu Gefechten am 25. Juli, bei dem auch Soldaten des Regiments fielen. Nachdem der Weg frei war, drängte man die verbliebenen Bayern in Richtung Würzburg zurück, die sich u.a. in der Festung Marienberg verschanzte. Die Division von Göben marschierte von Höchberg auf Würzburg zu. Während die 55er am Nikolausberg unterhalb des Käppeles die Festung beschossen wurde, antwortete die Festungsartillerie auf das preußische Artilleriefeuer sowie die Artillerie vom anderen Mainufer. Am späten Nachmittag stellte die Festung das Feuer ein und man bemerkte den Abzug der bayerischen Armee aus der Stadt.

Nach kurzer Verweilzeit in der Nähe Würzburgs marschierte das Regiment zunächst nach Württemberg um dort den Friedensschluss abzuwarten. Ende August marschierte das Bataillon dann über Frankfurt wieder in seine Heimatstandorte zurück.

Deutsch-Französischer Krieg (1870/71)

Im Deutsch-Französischen Krieg gegen Frankreich von 1870 bis 1871 war das Regiment als Teil der 26. Brigade unter von der Goltz der 13. Division bei den Gefechten bei Spichern und Colombey beteiligt und gehörte danach zum Belagerungsring von Metz.

Nach der Kapitulation von Metz wurde das Regiment als Teil des neu aufgestellten Detachement Goltz dem XIV. Korps unterstellt und kämpfte gegen die Verbände von Garibaldi. In dem Gefecht bei Villersexel und der dreitägigen Schlacht an der Lisaine kämpfte das Regiment gegen die neu aufgestellte französische Ostarmee unter General Bourbaki. Dieses wurde auf ihrem Rückzug nach der Schlacht an der Lisaine in Richtung der Schweizer Grenze verfolgt. In extremer Kälte erlebte das Regiment die letzten Gefechte am 1. Februar 1871 bei Pontalier, kurz bevor die Franzosen in der Schweiz interniert wurden.

Das Regiment verblieb noch längere Zeit als Besatzungstruppe in Frankreich, bevor es nach Deutschland zurückverlegt wurde.

Erster Weltkrieg 1914-1918

Das Infanterieregiment Nr. 55 kämpfte während des Ersten Weltkrieges eine lange Zeit mit dem Mutterregiment zusammen. Nach dem Erstarren der Fronten kämpfte das Regiment weiter an allen Frontabschnitten im Westen bis hin zur Schlacht bei Verdun. Während der Flanderschlacht wurde das Regiment von den englischen Gegner als Garderegiment bezeichnet, da es wie ein Regiment der Garde kämpfte.

Nach dem Waffenstillstand zog das Regiment in seine Heimat nach Westfalen zurück und wurde Ende 1918/Anfang 1919 aufgelöst.

Uniform

Lippische (unten, 4.v.l.) und preußische Kokarde (oben, 2. v.l.

Das Regiment trug den blauen preußischen Waffenrock mit roten Aufschlägen, weiß eingefassten roten Ärmelpatten, hellblauen Abzeichen und gelben Knöpfen. Am Helm (ugspr.: Pickelhaube) trugen die Soldaten den gelmetallenen bzw. vergoldeten Linienadler. Das Lederzeug war schwarz, auf den Schulterklappen der Mannschaften bzw. den Epauletten der Offiziere war die Regimentsnummer angebracht. Die Soldaten des I./ und II./ trugen die preußische, die des III./ die Lipper Kokarde neben der Reichskokarde.

Name des Regiments

Das Regiment wurde nach dem zweimaligen Retter Berlins, dem Grafen Friedrich Wilhelm von Bülow benannt. Er bewahrte im Jahr 1813 durch seine Siege bei Luckau, Großenbeeren und Dennewitz Berlin dreimal vor der französischen Armee und wurden in den Grafenstand erhoben. Zum Ende der Völkerschlacht bei Leipzig griff er im Korps Blücher entscheidend in die Schlacht ein. Bei Waterloo gehörten seine Truppen zu den ersten Preußen auf dem Schlachtfeld und läuteten den Untergang der französischen Armee des Kaisers ein.

Er wurde 1815 zum Regimentschef (Ehrenkommandeur) des Mutterregiments der 55er, dem IR 15 ernannt. Da dieses aber später immer den Namen der holländischen Könige trug, erhielt das Tochterregiment die Ehre, den Namen Graf Bülow von Dennewitz tragen zu dürfen.

Auszeichnungen

Das Regiment beziehungsweise einzelne Bataillone des Regiments erhielten unter anderem folgende Auszeichnungen:

Quellen

  • Geschichte des 6. westfälischen Infanterieregiments 1860-2.9.1877; Autoren: Freiherr v. Blomberg, v. Leszozynshi
  • Minden-Ravensberg unter der Herrschaft der Hohenzollern (1909) Prof. Dr. H. Tümpel; Velhagen und Klasing, Bielefeld

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