Mercedes W140

Mercedes W140
Mercedes-Benz
W140
Hersteller: Daimler-Benz
Verkaufsbezeichnung: S-Klasse
Produktionszeitraum: 1991–1998
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine, viertürig, zwei Radstände
Motoren: Ottomotoren:
2,8–6,0 Liter
142–300 kW

Dieselmotoren:
3,0–3,5 Liter
110–130 kW

Länge: 5113−5213 mm
Breite: 1886 mm
Höhe: 1486 mm
Radstand: 3065−3165 mm
Leergewicht: 1890−2250 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz W126
Nachfolgemodell: Mercedes-Benz W220

Der W140 ist eine Limousine der Oberklasse und wurde unter der Bezeichnung Mercedes-Benz S-Klasse zwischen Juli 1990 und September 1998 gebaut. Das Fahrzeug wurde als Limousine (W140), verlängerte Limousine (V140) und als Coupé (C140) angeboten. Von der Limousine wurden 406.717 Stück hergestellt, vom Coupé 26.025. Für Papst Johannes Paul II. wurde 1997 eine Sonderanfertigung ausgeliefert, ein S 500 lang Landaulet.

Inhaltsverzeichnis

Fahrzeugcharakteristika

Das Kofferraumvolumen liegt bei 525 l (Limousine) respektive 505 l (Coupé). Der Luftwiderstand (cw x A) beträgt 0,30 x 2,39 m2 bei der Limousine und 0,29 x 2,33 m2 beim Coupé. Der W140 verfügt über eine Kugelumlauflenkung mit Parameterfunktion. Die Betriebsbremse ist eine hydraulische Zweikreis-Bremsanlage mit Unterdruck-Bremskraftverstärker und innenbelüfteten Scheibenbremsen vorne und hinten; die Feststellbremse ist fußbetätigt und wirkt mechanisch auf die Hinterräder.

Heckansicht eines S 320
Der S 500 des Papstes, das einzige Landaulet des W140
Innovationen
  • Im W140 wurde zum ersten Mal eine Vernetzung von Steuergeräten über den CAN-Bus realisiert (fünf CAN-Bus-Knoten).
  • Bei der Konstruktion wurde auf die Möglichkeit zum weitgehenden Recycling des Fahrzeugs Wert gelegt. Hierfür wurden auch kleinste Kunststoffteile nach Sorten gekennzeichnet.
  • Mercedes war mit der ab 1996 im W140 eingeführten optionalen Sprachsteuerung (LINGUATRONIC) der weltweit erste Hersteller, der ein solches System anbot. Es erlaubt die sprecherunabhängige Steuerung des festeingebauten AEG-Autotelefons.
  • Der S-Klasse wurde 1992 der US-amerikanische „Stratospheric Ozone Protection Award“ der Environment Protection Agency (EPA) verliehen. Hauptgrund war die damals neuartige, recyclingfreundliche Kennzeichnung der Kunstoffteile (siehe oben).
  • Auch die heute in vielen Fahrzeugen gern gewählte Einparkhilfe ist eine Entwicklung, die damals in der S-Klasse erstmals (als Option) verfügbar war. Sie war beim S 600 Serie.
  • Eine wichtige Neuentwicklung war das ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm), das heute (2008) in einem Großteil aller neuen Fahrzeuge zu finden ist und in Zusammenarbeit mit Bosch entwickelt wurde.
  • Erstmals wurde für die Seitenscheiben optional Verbundsicherheitsglas verwendet, um die Wärme-, vor allem aber die Schalldämmung zu verbessern.

Motoren

Die Motorenpalette reicht bei den Ottomotoren von Sechszylinder-Reihenmotoren über Achtzylinder-V-Motoren bis zu einem Zwölfzylinder-V-Motor. Der V12-Motor im S 600 und S 600 Lang kostete einen Aufpreis von 65.000 DM – das war ein Drittel des Gesamtpreises. Der kleinste Motor im S 280 bietet eine Leistung von 142 kW bei 5.500/min und beschleunigt das Fahrzeug bis auf eine Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h. Der Grundpreis für den S 280 betrug bei seiner Markteinführung 88.467,50 DM und bei der Einstellung der Produktion im April 1998 92.104,00 DM. Ab 1992 war auch ein Dieselmotor als Sechszylinder-Vorkammerdiesel mit Turbolader erhältlich, der nur in den Limousinen angeboten wurde. Das Triebwerk hat dreieinhalb Liter Hubraum und leistet 110 kW. Der Nachfolger des S 350 Turbodiesel war 1996 der S 300 Turbodiesel. Dessen Triebwerk leistet 130 kW, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 206 km/h. Die Spanne der Höchstgeschwindigkeiten liegt bei den Ottomotoren im Bereich von 215 bis 250 km/h (abgeregelt) und bei den Dieselmotoren im Bereich von 185 bis 206 km/h.

Vom W140 wurde offiziell kein AMG-Modell angeboten. Jedoch wurden bei AMG einige Limousinen und Coupes nicht nur mit Optikpaketen modifiziert, sondern auch auf der Motorseite. Auf Basis des 500er mit V8-Motor baute AMG einige der aus dem E und SL 60 AMG bekannten Maschinen in die S-Klasse ein. Der 6-Liter-V8 leistete 280 kW. Ebenso wurden auf Basis des S 600 auch die modifizierten 7,1- bzw. 7,3-Liter-Zwölfzylinder eingebaut, mit 365 kW bzw. 386 kW. Dazu kamen Modifikationen an Antriebsstrang und Fahrwerk.

Zudem wurden einige wenige Coupes zu Cabrios (18 Stück, mit Teilen der 124er Cabrios) und zu Kombis (zehn Stück auf Basis der Limousine) umgebaut. Sie erhielten größtenteils die starken AMG-V12. Diese Sonderumbauten gingen zu einem sehr hohen Anteil in den Export, hauptsächlich nach Japan, in die USA und in den arabischen Raum.

Angeboten wurden folgende Motorvarianten:

Modellbezeichnung Motor Leistung Drehmoment Bauzeit
300 SE 2.8 M104 E 28 (2,8 l R6) 145 kW (197 PS) 270 Nm 1992–1993
S 280 142 kW (193 PS) 270 Nm 1993–1998
300 SE M104 E 32 (3,2 l R6) 170 kW (231 PS) 310 Nm 1991–1993
S 320 1993–1998
400 SE M119 E 42 (4,2 l V8) 210 kW (286 PS) 410 Nm 1991–1993
S 420 205 kW (279 PS) 400 Nm 1993–1998
500 SE M119 E 50 (5,0 l V8) 240 kW (326 PS) 480 Nm 1991–1993
S 500 235 kW (320 PS) 470 Nm 1993–1998
600 SE M120 E 60 (6,0 l V12) 300 kW (408 PS) 580 Nm 1991–1993
S 600 290 kW (394 PS) 570 Nm 1993–1998
300 SD Turbo OM603 D 35 (3,5 l R6) 110 kW (150 PS) 310 Nm 1992–1993
S 350 Turbodiesel 1993–1997
S 300 Turbodiesel OM606 D 30 (3,0 l R6) 130 kW (177 PS) 330 Nm 1996–1999

Kritik

Die Baureihe wurde bei ihrem Erscheinen auf Grund ihrer auch optisch sehr auffälligen Größe (Länge 5113 mm, 100 mm mehr in der Langversion, Breite 1886 mm, Höhe 1486 mm) heftig kritisiert. Die ersten Fahrzeuge passten aufgrund ihrer Breite nicht in Auto-Reisezüge; ein Problem, das mit der Einführung anklappbarer Außenspiegel schnell gelöst wurde.

Kritikpunkt war auch die schlechte Übersichtlichkeit zum Heck des Fahrzeugs. Die automatisch ausfahrenden „Peilstäbe“ an den hinteren Fahrzeugecken, die beim Rangieren als Einparkhilfe dienen sollen, erfüllen ihre Aufgabe (trotz hastig nachgeschobener Verlängerung) nur unzureichend und wurden von Kritikern und der Konkurrenz belächelt. Erst bei der Modellpflege wurden sie durch ein Ultraschallsystem ersetzt.

Durch die sehr feste Struktur des W140 sind ihm kleine Autos bei einem Zusammenstoß unterlegen, wie ein Crashtest des ADAC mit einem VW Golf III zeigte. Deshalb fanden viele Zeitgenossen diese S-Klasse unzeitgemäß. Durch optische Retuschen bei zwei Modellpflegen (1994 und 1996) vermittelte die Karosserie einen schlankeren Eindruck. Der Nachfolger W220 wirkte optisch deutlich zierlicher als der W140 und hat geringere Abmessungen.

Das hohe Leergewicht führte zu einer eingeschränkten Zuladung. Nach dem Modellstart stellten die Motorjournalisten u. a. der FAZ und der auto, motor und sport fest, dass ein mit vier normalgewichtigen Personen besetzter W140 bereits das zulässige Gesamtgewicht erreicht. Sarkastische Scherze verbreiteten sich. So gab es die Frage, warum eine S-Klasse sonntags nicht fahren dürfe, mit der Antwort, das LKW-Fahrverbot betreffe auch diese Modelle; die Frage, was ein W140 mit einem Mantel auf der Hutablage sei, wurde beantwortet mit: ein überladenes Fahrzeug. Der Hersteller reagierte zunächst nicht, dann jedoch mit geänderten Federn und Felgen. Zur Inkompatibilität mit den Autoreisezügen gab es anfangs sogar Schuldzuweisungen an die Bahn.

Bei den ersten 600er Modellen zeigte sich, dass die vollen 300 kW Motorleistung (408 PS) nicht unter Normalbedingungen des Katalysatorbetriebs, sondern per Volllastanreicherung erzeugt wurden: indem mehr Benzin, als zum Wandeln der Schadstoffe zulässig wäre, eingedüst wurde (Lambda < 1). Nach öffentlicher Kritik hieran modifizierte der Hersteller die Motorsteuerung, wodurch ein Leistungsverlust von zehn kW entstand.

Die ersten Serien wiesen zahlreiche Detailmängel sowohl konstruktiver als auch qualitativer Art auf. Defekte an den Peilstäben, Türscharnieren, Automatikgetrieben, Getrieben der einklappbaren Außenspiegel, Klimaanlagen, Bremsenrubbeln und teilweise hohe Toleranzen bei den Sitzschienen waren lediglich einige Punkte.

Hinzu kamen zahlreiche Details wie die Deckel der Türfächer, die gleichzeitig Türgriffe darstellen. Diese sind falsch herum angeschlagen, so dass dem Insassen die Türe bei Rückenwind aus der Hand gleitet – mit hoher Unfallgefahr. Die Beleuchtung der LCD-Außentemperaturanzeige weist eine vertauschte Logik auf: Die Beleuchtung wird beim Einschalten des Fahrlichtes heller anstatt dunkler. Starke Blendung des Fahrers bei Nachtfahrten ist die Folge. Gleiches gilt für die Beleuchtung des Handschuhfaches: Diese leuchtet dem Fahrer beim Öffnen ins Gesicht. Die Ziffern des (bei den ersten Modelljahren noch mechanischen) Kilometerzählers sind so klein, dass sie nur mit Mühe (oder Lesebrille) abgelesen werden können. Gleiches gilt für die LCD-Anzeigen der Innenraumtemperaturen. Die Peilstäbe auf den hinteren Kotflügeln waren zu kurz, so dass sie für den Fahrer unsichtbar blieben.

Die genannten Mängel wurden im Rahmen der Modellpflegemaßnahmen innerhalb der ersten Modelljahre geändert. Offizielle Rückrufe dazu sind allerdings nicht erfolgt.

Weiterhin sind Teile der vorderen Radaufhängungen stark rostgefährdet, da Verkleidungsteile den Korrosionsschutz abscheuern. Diese Fahrzeuge sind heute nahezu komplett aus dem Straßenbild verschwunden.

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