- Adenauer-Ära
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Als Adenauer-Ära wird die Zeit der Kanzlerschaft Konrad Adenauers von 20. September 1949 bis 15. Oktober 1963 in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet.[1]
Vorgeschichte
Am Anfang gab es so gut wie keine Anzeichen dafür, dass aus der Kanzlerschaft des ersten Regierungschefs eine Ära werden sollte. Schon das hohe Alter des Kanzlerkandidaten Konrad Adenauer sprach eher dafür, dass dieser einen Anfang darstellte, der als Wegbereiter für eine jüngere Generation den neuen Staat zur Demokratie führen sollte. Auch sprach gegen eine lange Ära, dass die Partei völlig neu und vor der ersten Wahl noch nicht mal bundesweit formiert war. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges kam es spontan und unabhängig voneinander zu Gründungen von Christlich demokratischer und christlich sozialer Union. Da aber in der französischen und der amerikanischen Besatzungszone Fusionen untersagt wurden, bildete sich die CDU in der britischen Besatzungszone vergleichsweise schnell und legte gleich mehrere Programme fest, die später für die gesamte Partei in der Bundesrepublik die politische Richtung vorgab. Erst 1950 formierte sich die Bundespartei Christlich Demokratische Union Deutschlands.
Zwischen dem 26. Februar und dem 1. März 1946 fand im Karolinen-Hospital in Neheim-Hüsten eine Tagung des Zonenausschusses der Christlich-Demokratischen Union für die britische Zone statt. Bei dieser Tagung wurde Konrad Adenauer formell zum Vorsitzenden der CDU gewählt. Adenauer prägte bei dieser Tagung im Wesentlichen die Inhalte des Neheim-Hüstener Programms, das eine Abkehr vom ursprünglichen christlichen Sozialismus hin zu einer Neuordnung der Wirtschaft und Gesellschaft zur Überwindung des Klassenkampfes.
Nach der Übergabe der Frankfurter Dokumente am 1. Juli 1948, die als Empfehlung der westalliierten Besatzungsmächte zur Gründung eines Westdeutschen Teilstaates galten, trat am 1. September 1948 der 65-köpfige Parlamentarische Rat unter der Präsidentschaft von Konrad Adenauer in Bonn zusammen und arbeitete in den folgenden Monaten das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland aus. Obwohl Adenauer keinen wesentlichen Einfluss auf Inhalte des Grundgesetzes hatte, war er der erste Politiker, der nach dem 2. Weltkrieg von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wurde.
In der Folge wurde Adenauer Spitzenkandidat der Unions-Parteien für die Wahl zum 1. Deutschen Bundestag am 14. August 1949. Der Wahlkampf war auf die Wirtschaftspolitik Ludwig Erhards abgestimmt, obwohl zunächst vor allem Grundsatzentscheidungen getroffen werden mussten. Der Begriff der "Sozialen Marktwirtschaft" wurde dabei ganz in den Fokus gerückt.
Die Anfänge und ersten Ziele
Die Unionsparteien konnten die Wahl zum 1. Deutschen Bundestag knapp gewinnen und ging als stärkste Fraktion in die konstituierende Sitzung des Bundestages. Am 14. September 1949 wurde Konrad Adenauer mit 202 von 402 Stimmen und damit mit nur einer Stimme Vorsprung, im ersten Wahlgang zum 1. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Der SPD-Politiker Egon Bahr bemerkte hierzu:"Wir machten uns Lustig über den Kanzler seines eigenen Vertrauens. Adenauer mit einer einzigen Stimme Mehrheit, das war kein Ergebnis, das Stabilität oder langes Leben dieser Regierung erwarten ließ."[2] Im Volksmund wird heute noch bei einer Wahl mit nur einer Stimme Vorsprung von der "Adenauer Mehrheit" gesprochen. Die CDU/CSU bildete eine Koalition mit der FDP und der DP. Am 20. September 1949 stellte Adenauer sein erstes Kabinett vor. 1950 formierte sich die CDU auf Bundesebene, und Adenauer wurde auch zum ersten Bundesvorsitzenden der CDU gewählt.
Eine der ersten wichtigen Entscheidungen, die der Deutsche Bundestag zu fällen hatte, war die Frage nach dem künftigen Regierungssitz. Zwar hatte der Parlamentarische Rat Bonn als Regierungssitz und provisorische Hauptstadt des westdeutschen Teilstaates bestimmt, doch wurde die endgültige Entscheidung auf Empfehlung der Ministerpräsidenten der drei westlichen Besatzungszonen vertagt und an den Deutschen Bundestag übergeben. Da Adenauer Bonn schon im Parlamentarischen Rat favorisierte und am Ende auch maßgeblich durchsetzte, war diese Abstimmung auch für die Stellung Adenauers von Bedeutung. Der Deutsche Bundestag entschied in seiner Sitzung am 3. November 1949 mit 200 gegen 176 Stimmen für Bonn. Obwohl offiziell aufgrund vieler gut erhaltener repräsentativer Bauten den Ausschlag gegeben hatten, wird bin heute davon ausgegangen, dass Konrad Adenauer vor allem wegen der Nähe zu seinem Heimatort Rhöndorf Bonn als Regierungssitz haben wollte. Die Abstimmung galt als einer der ersten Entscheidung des Deutschen Bundestages die nicht von den Hohen Kommissaren der Besatzungsmächte abgesegnet werden musste. Diese hatten die Hauptstadtfrage ganz in der Hand des Bundestages gelassen, solange der Viermächte-Status Berlins nicht berührt wird.
Eine weitere wegweisende Entscheidung folgte ein Jahr später. Die Bundesregierung gab den sogenannten Adenauer-Erlass aus. Mit diesem Erlass konnten Beamte aus dem Dienst entlassen werden, wenn sie einer Organisation oder Partei angehörten, die von der Bundesregierung als verfassungsfeindlich angesehen wurde. Dieses betraf vor allem Mitglieder der KPD und der DKP-DRP.
Politische Ziele
Zu Beginn musste die Bundesregierung unter Adenauer ihre Handlungsfähigkeit herstellen. Die Bundesrepublik war zwar formell gegründet, stand aber nach wie vor unter der vollständigen Kontrolle der Alliierten Hohen Kommission. Diese konnten jeden Beschluss des Deutschen Bundestages kippen, wenn diese die demokratische Entwicklung gefährdet sahen. Womit das wichtigste Anliegen der Bundesregierung sich schon aus dieser Tatsache ergab.
Als Ziele wurden folgende Eckpunkte definiert:[3]
- Wiedererlangung der staatlichen Souveränität
- Wiedervereinigung Deutschlands
- Aufbau und Bewahrung der militärischen und politischen Sicherheit der Bundesrepublik
- Wiederaufbau der Wirtschaft und sozialer Ausgleich im Innern
- Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Linie
Erste Erfolge
Bereits kurz nach dem die Regierungsgeschäfte aufgenommen wurden, konnte Adenauer erste Erfolge verbuchen. Mit dem Petersberger Abkommen konnten erste Schritte in Richtung Souveränität gemacht werden. Als wichtigstes Anliegen sah Adenauer vor allem das Ende der Demontage an, da nur so ein wirtschaftlicher Aufschwung möglich sei, der zur Stabilisierung des Landes maßgeblich war. Das Abkommen führte aber auch zur ersten Kontroverse mit der Opposition. Am 24. November 1949 gab Konrad Adenauer hierzu eine Regierungserklärung ab. In der anschließenden Aussprache kritisierte Kurt Schumacher Adenauer heftig, da Adenauer nach Meinung der SPD erhebliche Zugeständnisse an die Alliierten gemacht hatte. Vor allem die Zustimmung und Teilnahme an der Ruhrbehörde wurde kritisiert.[4] Schumacher bezeichnete Adenauer als Kanzler der Alliierten.[5] Als Vertreter der Bundesregierung wurde Adenauers Stellvertreter im Kanzleramt Franz Blücher (FDP) benannt.
Adenauer gelang 1951 ein weiterer Teilerfolg. Am 15. März 1951 wurde das Auswärtige Amt wieder eingerichtet, was gleichzeitig bedeutete, dass die Bundesrepublik Deutschland seine außenpolitische Handlungsfähigkeit wiedererlangt hatte. Formal stand das Auswärtige Amt auch unter Kontrolle der Hohen Kommission. Adenauer verzichtete zunächst darauf einen Außenminister zu ernennen und übernahm das Amt in Personalunion selber. Ganz bewusst wurde der Name "Auswärtiges Amt" beibehalten, um zu dokumentieren, dass es sich um den Rechtsnachfolger handelt und in der Tradition bis hin zu Bismarck steht.
Einem weiteren Ziel kam Adenauer 1952 näher. Nach zähen Verhandlungen mit den Westalliierten legte er mit der Unterzeichnung des Deutschlandvertrages am 26. Mai 1952 den Grundstein für die Wiedererlangung der staatlichen Souveränität. Dieser Vertrag trat aber zunächst nicht in Kraft.
Weg zu einem gemeinsamen Europa
Montanunion
Schon 1950 wurde durch den Schuman-Plan die gemeinsame Kontrolle für Kohle und Stahl geregelt.[6] Diese gilt heute als eines von drei Etappen zur Aussöhnung mit Frankreich und der erste Schritt zu einer Europäischen Gemeinschaft.
Der EGKS-Vertrag sah als oberstes Organ die Hohe Behörde mit Sitz in Luxemburg vor. Ein (Minister-)Rat sollte die Interessen der nationalen Regierungen gegenüber der Hohen Behörde vertreten und musste bei allen grundsätzlichen Entscheidungen gehört werden.[7] Der Vertrag ist 1952 in Kraft getreten und lief bis 2002.
Kritik von Erhard
Ludwig Erhard sah die Montanunion kritisch. Erhard war nicht bereit, den politischen Zielen einer Integration alle volkswirtschaftlichen Grundsätze hinten anzustellen. Gleich nach Bekanntwerden des Vorschlags hatte er Untersuchungen über die wirtschaftlichen Konsequenzen angeordnet, um Resonanzen bei der deutschen Wirtschaft einschätzen zu können.[8]
Widerstand der Opposition
Die Opposition leistete bei der Aussprache zur Ratifizierung des Vertrages erbitterten Widerstand. Vor allem die anfängliche Nichtteilnahme des Vereinigten Königreichs sprach die Opposition von einem "Kleineuropa", das so nicht nicht tragfähig ist.[9]
Europäische Verteidigungsgemeinschaft
Am 11. August 1950 forderte der Europarat, einem Vorschlag Churchills folgend, die Bildung einer europäischen Armee unter deutscher Beteiligung. Im Mai 1953 erfolgte die Ratifizierung der EVG-Verträge durch die Bundesrepublik. Auch andere Staaten wie die Niederlande, Belgien und Luxemburg hatten die Verträge bereits ratifiziert, in Italien stand der Vertrag kurz vor der Abstimmung. Doch in Frankreich mehrten sich die Stimmen gegen den Vertrag. Die EVG Verträge im Ursprung auf dem Pleven-Plan beruhenden Vertragswerk sollte zum einen die Gefahr eines wiederbewaffneten Deutschland eingedämmt werden, zum Anderen erhoffte man sich auch gegenüber der UdSSR eine verbesserte Position. Für die Bundesrepublik bedeuteten diese Verträge de Facto die Souveränität.
Doch für Frankreich bedeutete der Vertrag die Aufgabe von Souveränität. Durch die leichte Entspannung gegenüber der Sowjetunion sah man die unabwendbare Notwendigkeit für den EVG Vertrag nicht mehr gegeben. In Frankreich hatte inzwischen eine gaullistische und damit der EVG gegenüber skeptische Regierung die Macht übernommen. Ministerpräsident Pierre Mendès-France versuchte erneut den EVG-Prozess aufzuhalten und hatte damit schließlich Erfolg, als die Nationalversammlung am 30. August 1954 die Ratifizierung des EVG-Vertrags ablehnte.
Westanbindung
Nach anfänglichen Erfolgen stand die Adenauer-Regierung an einem Scheideweg. Auf der einen Seite stand die Wiedervereinigung weiter als oberstes Ziel, doch schien dieses Ziel in immer größere Ferne zu rücken. Am 10. März 1952 bot Josef Stalin den Westalliierten mit der sogenannten Stalin-Note an, Verhandlungen über eine Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands zu führen. Für Adenauer war aber eine Wiedervereinigung nur denkbar, wenn die Westintegration gelungen sei. Die Westalliierten machten auf die Note ebenfalls klar, dass die Voraussetzung für Verhandlungen die Einhaltung der UN-Charta, das ein wiedervereinigtes Deutschland frei darüber entscheiden dürfe, welchen Bündnissen es beitreten möchte. Dabei war aber vor allem die Integration Deutschlands in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) gemeint. Dieses Ziel wurde auch von Adenauer verfolgt, da es sowohl die Wiederbewaffnung Deutschlands als auch das Ende des Besatzungsstatutes bedeuten würde. Adenauer befürchtete in der Stalin-Note aber auch, dass die Westintegration durch die Verhandlungen mit der Sowjetunion den Einigungsprozess in Europa wie auch mit den USA verzögern würde. Am Ende waren sich Bundesregierung mit der SPD als auch großen Teilen der Bevölkerung einig, dass die Vorschläge Stalins nicht ernstzunehmen seien.
Noch bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde darüber gestritten, ob die Stalin-Note ein Störmanöver war, oder ein ernstgemeinter Vorschlag der UdSSR. Aber auch innerhalb der Regierung Adenauer wie auch aus Oppositionskreisen gab es noch bis 1958 Kritik an der Haltung Adenauers. So kritisierten Thomas Dehler von der FDP, wie auch der ehemalige CDU- und spätere SPD-Abgeordnete Gustav Heinemann, dass die Adenauer-Regierung nicht genug zur Wiedervereinigung beigetragen hätte. Heute sind sich die Historiker weitgehend einig, dass die Stalin-Note ein Störmanöver war.
Adenauer konnte sein Ziel der Westintegration fortsetzen. Die Eingliederung der Bundesrepublik in die westliche Staatengemeinschaft sollte es möglich machen, die Wiedervereinigung aus einer Position der Stärke heraus anstreben zu können, die ohne gesicherte Westbindung Adenauers Meinung nach nur um den Preis der Sowjetisierung ganz Deutschlands zu erreichen war. Adenauer versprach sich vor allem mit dem Vertrauensgewinn gegenüber dem Westmächten einen größeren außenpolitischen Spielraum und eine höhere Souveränität in der Innenpolitik.
In der historischen Nachbetrachtung bedeutete die Politik Adenauers, die erstmalige Abkehr von den Doktrin eines nationalen Machtstaates und das Bekenntnis eines deutschen Staates zu den Werten einer Staatengemeinschaft.[10]
Sozialen Marktwirtschaft
Bereits mit der Währungsreform 1948 setzte eine relativ schnelle wirtschaftliche Erholung in Westdeutschland ein. Diese trug im Wesentlichen die Handschrift des parteilosen Wirtschaftsfachmannes Ludwig Erhard. Am 2. März 1948 wurde Erhard auf Vorschlag der FDP zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gewählt und setzte gegen den Widerstand der Besatzungsmächte das Ende der Zwangswirtschaft durch.
Erhards Definition der Sozialen Marktwirtschaft beruhte im Wesentlichen auf dem Prinzip des Ordoliberalismus. Von einigen Historikern und Wirtschaftsforschern wird die soziale Marktwirtschaft auch als Dritter Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus bezeichnet.[11] Das Prinzip Erhards beruhte vor allem auf einer weitgehenden freien Wirtschaft im Rahmen einer staatlichen Ordnung. Der Anspruch der sozialen Marktwirtschaft ist, die Vorteile einer freien Marktwirtschaft wie wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und hohe Güterversorgung zu verwirklichen, gleichzeitig aber deren Nachteile wie zerstörerischer Wettbewerb, Ballung wirtschaftlicher Macht oder unsoziale Auswirkungen von Marktprozessen (z.B. Arbeitslosigkeit) zu vermeiden. Allgemeine Zielsetzung ist deshalb ein größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung.
Adenauer setzte bereits im Wahlkampf voll und ganz auf den wirtschaftlichen Aufschwung und das System Erhards. Dieser wurde in der Folge nach der Wahl Adenauers zum Bundeskanzler erster Wirtschaftsminister der Bundesrepublik. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Schon Mitte der 1950er Jahre wurde in der Bundesrepublik Deutschland bei enormem Wirtschaftswachstum Vollbeschäftigung erreicht.[12]
Konrad Adenauer selber hielt sich aus der Wirtschafts- und Sozialpolitik weitgehend heraus und ließ seinen Ministern freie Hand.[13] Der schnelle wirtschaftliche Aufschwung und der damit verbundene Wohlstand der Bevölkerung hatten gleich mehrere Folgen. Zum einen stieg die Beliebtheit der Bundesregierung, zum anderen gab es auch erste Ausreisewellen aus der DDR nach Westdeutschland und nach West Berlin. Zwar hatte Adenauer im Wahlkampf ganz auf Erhard und seine soziale Marktwirtschaft gesetzt, doch war Adenauer auch größter Gegner Erhard innerhalb der Regierung. Neben Adenauer wuchs auch der Widerstand im Bund der Deutschen Industrie, die sich zu stark reglementiert sahen. Der BDI betrieb Absprachen zunehmend direkt mit Adenauer und überging Erhard.
Den Begriff "Wirtschaftswunder" lehnte Erhard ab und bestand darauf, dass das Wirtschaftswachstum Ergebnis einer erfolgreichen marktwirtschaftlichen Politik sei. Bei der SPD gab es zunehmend breite Zustimmung für die Politik Erhards. Indirekt übernahm die SPD das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft im Godesberger Programm unter dem Titel "demokratischer Sozialismus" der wesentliche Bestandteile des Prinzips Erhards enthielt und heute noch Bestandteil des SPD-Grundsatzprogramms ist.
Die 2. Legislaturperiode
Am 6. September 1953 stellte sich Adenauer erneut zur Wahl. Der Wahlkampf wurde aber vom Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR überschattet. Adenauer kam das aber zugute. In der Bevölkerung wuchs die Angst vor dem Kommunismus und der Sowjetunion. Doch waren für die Wähler nicht nur die Deutschlandpolitik wahlentscheidend. Seit 1952 wuchs die Wirtschaft stetig und der Wohlstand war für die Menschen spürbar geworden, was auch eine stetig wachsende Zufriedenheit mit der Bundesregierung bedeutete.[14] Die soziale Marktwirtschaft war zur Leitideologie der Bundesrepublik Deutschland geworden.[15]
Im Wahlkampf warb die SPD auf ihren Plakaten für die „Deutsche Einheit", die CDU dagegen warnte: „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau.“ Und die FDP plakatierte: „Wo Ollenhauer pflügt, sät Moskau.“ SPD-Parteivorsitzende Kurt Schumacher sagt in seinem letzten Interview vor seinem Tod 1952: "Nach Auffassung der Sozialdemokratie ist die Wiedervereinigung Deutschlands dringender und wichtiger für den Frieden ... als jede Form der Integration eines Teils von Deutschland mit anderen europäischen Ländern."[16]
Die Unions- Parteien konnte 14,2% hinzu gewinnen und kam auf 45,2%. Die SPD verlor leicht und kam auf 28,8%. Besonders hohe Verluste hatte die KPD, die 5,7% 1949 auf 2,2% abrutschte und nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten war. Aber auch die Regierungsparteien FDP und DP hatten Verluste. Die DP verlor leicht und kam auf 3,3% konnte aber aufgrund von 10 gewonnenen Direktwahlkreisen mit 15 Abgeordneten in den 2. Bundestag einziehen. Die FDP verlor 2,2% und kam auf 9,5%. Der größte Gewinner neben der CDU war der 1950 gegründete Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten. Der GB/BHE erreichte auf Anhieb 5,8% und zog mit 27 Abgeordnete in den Bundestag ein. Adenauer bildete in seinem zweiten Kabinett eine Koalition aus CDU/CSU zusammen mit der FDP, DP und GB/BHE. Von den zunächst 15 Ministerien besetzte die CDU 7, die CSU 2, die FDP 3, die DP 2 und der GB/BHE 1. Hinzu kamen 4 Minister für Besondere Aufgaben (je einer von der CDU, CSU, BHE und FDP)(Minister ohne Geschäftsbereich). Der Minister für Besondere Aufgaben Robert Tillmanns war Vertreter der Bundesregierung im Ältestenrat des Deutschen Bundestags. Sowie Ludwig Erhard (parteilos) als Wirtschaftsminister. Konrad Adenauer blieb zunächst auch weiterhin Außenminister.
Mit 333 der 487 Abgeordneten (ohne die Abgeordneten von Berlin(West)) verfügte die Regierung damit über eine Zweidrittelmehrheit, die dazu ausreichte Verfassungsänderungen vorzunehmen.Das Wunder von Bern
Der Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz hat eine besondere Bedeutung und nutzte der Bundesregierung Adenauers mehr als jeder diplomatische Erfolg. Der Politologe Arthur Heinrich spricht im Zusammenhang mit dem Weltmeisterschafts- Sieg von 1954 von "der wahren Geburtsstunde der Bundesrepublik". Eine ähnliche Interpretation legt der Historiker Joachim Fest vor: "der 4. Juli 1954 sei das eigentliche Gründungsdatum der Bundesrepublik".[17]
Die Bedeutung dieses Ereignisses wird erst deutlich, wenn man die Reaktionen auf die Staatsgründung 5 Jahre zuvor betrachtet. Der 23. Mai 1949 ist im Bewusstsein der Menschen fast spurlos vorübergegangen. Umfragen in den drei Westzonen ergaben, dass zwei Fünftel der Bürger die neue Verfassung völlig gleichgültig war. Den Tageszeitungen war die Meldung "Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet" nicht mal einen Aufmacher wert.[18]
Allerdings ist die Darstellung des "dritten Gründungstages der Bundesrepublik" nach der Währungsreform 1948 und der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 unter Historikern höchst umstritten. Politisch löste der überraschende WM-Gewinn aber auch Irritationen und Schwierigkeiten aus. Bei der Siegesehrung sangen die mitgereisten deutschen Fußballanhänger statt der dritten Strophe des Deutschlandliedes die erste. Allerdings ist dieses nicht als "Rückfall" in den Nationalismus zu werten, sondern hatte mehr praktische Gründe. Die Nationalhymne wurde erst 1952 offiziell von Bundespräsident Theodor Heuss auf Betreiben Adenauers eingeführt. Die dritte Strophe war vielen schlicht und ergreifend nicht bekannt.
Adenauer, der selber mit Sport nicht viel anfangen konnte, ist nicht zum Finale nach Bern gereist. Allerdings hatte der WM-Gewinn für Adenauer an anderer Stelle eine wichtige Bedeutung. Die DDR Führung war damals zwiegespalten. Auf der einen Seite war die Wiedervereinigung für die Staatsführung noch nicht abgehakt, zum anderen war es ein sozialistischer Bruderstaat, der gegen den Klassenfeind spielte. Die DDR hielt zum "Bruder", aber die "Landsleute im Osten" hielten zur "Deutschen Nationalmannschaft". Der DDR-Führung war die offenen Sympathiebekundungen der ostdeutschen Bevölkerung ein Dorn im Auge. Es wurde mehr Solidarität mit den sozialistischen Brüdern in Ungarn erwartet. Die ostdeutschen Zeitungen taten sich aber schwer gegen die deutsch-deutschen Emotionen anzugehen.[19]Wirtschaftswunder
1955 ging die Strategie Ludwig Erhards auf. Am 5. August 1955 wurde der millionste VW Käfer verkauft. Dieses Datum gilt heute als das "Schlüsseldatum" des Wirtschaftswunders. 1955 war auch das Wendejahr der Exportwirtschaft. Der Außenhandel meldete 1950 noch ein Defizit von rund drei Milliarden D-Mark. 1955 wurde ein Überschuss von einer Milliarde D-Mark gemeldet. Als wichtigster Gradmesser für die Wirtschaft war die Industriemesse von Hannover. 1955 versammelten sich dort etwa 4000 Aussteller aus 18 Ländern. Das was als Wirtschaftswunder in die Geschichte der Bundesrepublik einging, war allerdings kein Wunder, sondern beruhte auf einer politischen Strategie der USA und der Wirtschaftspolitik Erhards. Durch den Marshall Plan bekam die Bundesrepublik bis 1954 eine Anschubfinanzierung von rund 20 Milliarden DM. Es war erklärtes Ziel der USA, dass an der Nahtstelle der beiden Blöcke die Bundesrepublik als wirtschaftlich starker Partner in das westliche Bündnis aufgenommen wird. Der Aufschwung erfolgte in mehreren "Wellen", die sich an den Bedürfnissen orientierten. Das größte Bedürfnis der Bevölkerung war vor allem, sich richtig satt zu essen. So gab ein Arbeiter in der Bundesrepublik 1955 rund 200 DM seines Arbeitslohns von durchschnittlich rund 500 DM für Nahrungsmittel aus. Eine regelrechte "Fresswelle" schwappte über das Land. Auf die Fresswelle folgte die Bekleidungswelle, dann die Einrichtungswelle und schließlich die Auto- und Reisewelle. Die Automobilindustrie konnte aber neben einer stetig steigenden Nachfrage auf dem Binnenmarkt aber auch sehr gute Exportzahlen nachweisen und wurde schnell zum Zugpferd des deutschen Außenhandels.
Die Schattenseiten des Wirtschaftswunders waren aber auch sichtbar. Die Kluft zwischen Arm und Reich war in den 50er Jahren weitaus größer als heute. Die Industrie und der Handel profitierten am meisten vom Aufschwung. Die Arbeiter profitierten nur langsam. Das sollte sich aber bald ändern. Durch das enorme Wachstum der führenden Branchen konnten anderen Branchen nachziehen. Das bedeutete, dass die Arbeitslosenzahlen stark sanken und es praktisch Vollbeschäftigung gab. Was vorher noch eines der größten Probleme der Bundesrepublik war, was nun eines der größten Vorteile. Durch die Flucht und Vertreibung von rund 12 Millionen Menschen, verfügte man über eine große Zahl von Arbeitern und Fachkräften. Die Bundesregierung achtete bei der Förderung sehr stark darauf, diese am Bedarf zu orientieren. Dennoch weckte der rasende Aufschwung die Erwartungen der Arbeitnehmer vom Wohlstand profitieren zu wollen. Bis Mitte der 50er Jahre hatten sich die Gewerkschaften bei den Fragen nach Sozialleistungen, Arbeitszeit und Lohnerhöhungen zurück gehalten, um die Investitionskraft der Unternehmen nicht zu gefährden.Moskaureise
Am 7. Juni 1955 überbrachte der erste Botschaftssekretär der Botschaft der Sowjetunion in Paris Kostylew, eine Einladung in die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, in der die Staats- und Parteiführung unter Nikita Chruschtschow und Nikolai Bulganin der Bundesrepublik Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen anbot.[20][21]
Für Adenauer kam diese Einladung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da sich eine vier Mächte Konferenz abzeichnete und es nicht kalkulierbar war, in welche Richtung die Sowjetunion sich in der Deutschlandfrage bewegen würde.Ziele der Sowjetunion
Die Sowjetunion lud die Bundesregierung mit dem Ziel ein diplomatsche, wirtschaftlich und kulturelle Beziehungen zur Bundesrepublik aufzubauen. Konrad Adenauer und Teile der Bundesregierung befürchteten allerdings, dass der Austausch von Botschaftern die Teilung Deutschlands weiter zementieren könnte. Tatsächlich gab es im Vorfeld Äußerungen Sowjetischer Diplomaten, die diese Befürchtung durchaus bestätigten. So der Sowjetische Botschafter in Paris, Winogradow: "Mit der Wiederherstellung der Einheit könnten die Deutschen einstweilen nicht rechnen. Wenn Adenauer diplomatische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen von der Sowjetunion angeboten bekomme, könne er wohl kaum mehr verlangen. Alles andere sei weitgehend unrealistisch."
Chruschtschow hatte aber auch von Anfang an das Ziel die Kriegsgefangenen zu entlassen, nutzte aber diese als Pfaustpfand um die Deutsche Seite unter Druck zu setzen.Ziele der Bundesrepublik Deutschland
Für die deutsche Seite gab es zunächst kein konkretes Ziel. Die Forderung nach der Wiedervereinigung oder gar der Wiederherstellung des Landes in den Grenzen von 1937 waren unrealistisch. So blieb Adenauer als oberstes Ziel die Freilassung der rund 10 000 noch in sowjetischer Kriegsgefangenschaft befindlichen Deutschen. Dabei musste aber die Position der Bundesrepublik in der Deutschlandfrage gewart bleiben. Trotz des ungünstigen Zeitpunkts und der Voraussetzungen weckte die Reise in der Bevölkerung die Hoffnung, dass es ein Vorankommen in der Deutschlandfrage geben wird. Insbesondere der Koalitionspartner FDP machte Druck auf Adenauer und stellte die Erwartung, dass die Wiedervereinigung angesprochen würde. Auch die Opposition, die Adenauers Strategie der konsequenten Westbindung schon im Vorfeld scharf kritisierte, forderte in ähnlicher Weise Adenauer auf tätig zu werden. Aber auch innerhalb der 141-köpfigen Deligation blieben sowohl die Verhandlungsstrategie als auch die Ziele umstritten.
Voraussetzungen und Positionen der Verhandlungspartner
Adenauer stellte schon lange vor den Pariser Verträgen fest, dass der Weg zur Wiedervereinigung nur über diplomatische Beziehungen mit Moskau führen kann. Innerhalb der sowjetischen Seite war man sich ebenfalls schon einig, dass man die Kriegsgefangenen entlassen wollte, um ein Zeichen der Entspannung nach dem Ende des Stalinismus zu setzen. Beide Seiten versuchten aber ihre Position zu wahren und nicht als derjenige dazustehen, der nachgibt, obwohl sich beide Verhandlungsparteien ein Scheitern weder innenpolitisch noch außenpolitisch leisten konnten. Adenauer setzte dabei ganz darauf, "Sowjet-Russland" auf Augenhöhe zu begegnen. Eine Position, die innerhalb der Delegation aber äußerst umstritten war. Besonders Außenminister von Brentano setzte mehr auf ein Entgegenkommen, was zu Konflikten mit Adenauer führte.
Die Verhandlungen
Als Verhandlungsgrundlage blieben nun zwei Fragen übrig. Zum einen der Wunsch der Sowjetunion, diplomatische Beziehungen mit der Bundesrepublik aufnehmen zu wollen, und zum Anderen die Kriegsgefangenenfrage. Die Sowjetführung bestand darauf, dass es keine Kriegsgefangenen gäbe, sondern ausschließlich rechtskräftig verurteilte Straftäter in sowejtischen Lagern inhaftiert seien. Tatsächlich waren einige SS-Verbrecher wie z.B. Wilhelm Schubert und Gustav Sorge. Beide waren Angehörige der SS und galten als sadistische Massenmörder im Konzentrationslager Sachsenhausen.[22] Die Sowjetführung bestand vor allem wegen dem Standpunkt keine Kriegsgefangenen zu haben darauf, dass alle 9628 Gefangenen nach Deutschland zurückkehren. Die deutsche Seite stellte für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen die klare Bedinung, dass die Deutsche Frage dabei offen bleibt und durch den Austausch nicht berührt wird. Schließlich einigte man sich und alle Kriegsgefangenen konnten nach Deutschland zurück kehren. Kurz vor Ende der Verhandlungen einigten sich Adenauer und Nikolai Bulganin, dass auch alle zivilen Gefangenen nach Deutschland zurück kehren durften. Die Bundesrepublik Deutschland und die UdSSR tauschten offiziell Botschafter aus. Die DDR wurde von der Bundesrepublik nicht anerkannt und war nach einer gemeinsamen Presseerklärung auch nicht Gegenstand der Verhandlungen. Die DDR-Führung kritisierte das Verhandlungsergebnis, was ungewöhnlich war, da Kritik an der Sowjetführung in der DDR eigentlich nicht geäussert wurde. Der Historiker und Kanzlerbiograf Henning Köhler spricht von Adenauers „spektakulärster politischer Aktion“. Auf die Frage, was das schwierigste bei den Verhandlungen war, nannte der Kanzler den Namen von Außenminister Heinrich von Brentano.
Hallstein-Doktrin
Die nach der Moskaureise Adenauers im Jahre 1955 entwickelte Hallstein-Doktrin sollte einer Anerkennung der DDR durch Drittstaaten entgegenwirken.[23] Durch die Nichtaufnahme oder Einstellung diplomatischer Beziehungen zu Staaten, die die DDR anerkannten, versuchte die Adenauer Regierung die Teilung Deutschlands nicht weiter zu manifestieren. Zum anderen bestritt man damit auch deutlich die Legitimität der Existenz der DDR. Die Beziehungen zu Moskau wurde dabei als Ausnahme gewertet, da die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion aus Gründen der Wichtigkeit dieses Staates als unverzichtbar dargestellt wurde. Hallstein selbst ist nicht der Urheber, sie geht vielmehr auf eine Formulierung von Wilhelm Grewe, dem Leiter der politischen Abteilung im Außenministerium, vom 23. September 1955 zurück.
Die Strategie war von Anfang an höchst umstritten. Die größte Gefahr bestand in der eigenen Isolation, wenn die DDR von einer Vielzahl von Staaten anerkannt werden würde. Doch Mitte der 50er Jahre hatte Adenauer auch die Westmächte hinter sich, die eine Anerkennung der DDR nicht in Erwägung gezogen hatten.Wiederbewaffnung
Am 22. Mai 1956 trat der Grundgesetzartikel 87a in Kraft. Damit hatte die Bundesrepublik Deutschland wieder eine Armee. Bereits am 7. Juni 1955 wurde Theodor Blank zum ersten Bundesminister für Verteidigung ernannt, der am 12. November 1955 die ersten 101 Soldaten der Bundeswehr vereidigte.
Die Wiederbewaffnung gilt als eine erste schwere Bewährungsprobe für die Bundesrepublik. Zeitweise waren bis zu zwei Drittel der Bevölkerung gegen eine deutsche Armee. So kam es 1955 zu massiven Protesten und Demostrationen. Die Opposition unter Kurt Schumacher lehnte eine eigenständige Armee strikt ab und verfolgte das Ziel eines kollektives Sicherheitssystems mit dem Osten zusammen. Vor allem gab er dabei der Wiedervereinigung den Vorrang vor dem Ziel Adenauers einer konsequenten Westintegration.[24] In der Bevölkerung war aber weniger die Strategie und Ausrichtung entscheidend, sondern die Angst vor einem erneuten Krieg. Sowohl die DDR als auch die Bundesrepublik versuchten aber schon weit Früher Fakten zu schaffen. Zwar war in der Potsdamer Konferenz eine vollständige Entmilitarisierung Deutschlands beschlossen worden, doch sowohl die Westalliierten als auch die Sowjetunion setzen recht früh auf die Selbstverteidigung der jeweiligen Grenzen. So wurde bereits 1951 der Bundesgrenzschutz eingeführt. 1952 in der DDR die Kasernierte Volkspolizei.KPD-Verbot
Nach einer Verhandlungsdauer von 5 Jahren wurde die Komunistische Partei Deutschlands (KPD) durch den 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 21 Abs. 2 GG verboten. (Urteil vom 17. August 1956, Aktenzeichen 1 BvB 2/51)
Das Urteil wie auch das gesamte Verfahren gilt bis heute als sehr umstritten. Verschiedene Verfassungsrechtler sind der Meinung, dass der Senat unter den gleichen Voraussetzungen und Handlungen der Partei das Urteil heute so nicht bestätigen würde. Konrad Adenauer persönlich übte im Laufe der Verhandlungen erheblichen Druck auf den 1. Senat aus, in dem er drohte den Fall dem 2. Senat zu übertragen, wenn dieser nicht bald zu einer Entscheidung kommen würde. Innerhalb der Bevölkerung löste das Urteil aber keinerlei Protest aus, da die KPD zu diesem Zeitpunkt bereits relativ isoliert da stand. Die Arbeiterschicht vertraute im Kern der SPD und bei den Gewerkschaften hatte die KPD ebenfalls keinarlei Rückhalt. In weiten Teilen der Bevölkerung galt die KPD als verlängerter Arm der SED. Historische Bedeutung erlangte das Verfahren auch nicht, weil es sich um eines von insgesamt nur 3 Verbotsverfahren gegen eine Partei handelte, sondern weil es das bis heute einzige Verfahren war, in das die Bundesregierung aktiv versucht hat einzugreifen.Bruch der Koalition
1956 verließ die FDP die Koalition. Offiziell wegen Differenzen in der Deutschlandpolitik. Doch tatsächlich beendete Konrad Adenauer die Koalition mit der FDP. Der Hintergrund war, dass Adenauer versuchte die FDP dazu zu bewegen den Vorsitzenden Thomas Dehler durch den nationalliberalen August-Martin Euler zu ersetzen. Als das Vorhaben scheiterte versuchte Adenauer durch Manipulation des Wahlrechts die FDP zu schwächen und aus dem Bundestag zu drücken. Das Wahlrecht sollte so geändert werden, dass 60% der Abgeordneten direkt gewählt werden und nur 40% Anteil der Landeslisten, wobei die Direktmandate nicht angerechnet werden. Dieses "Grabenwahl"-System hätte die CDU/CSU unverhältnismäßig stark begünstigt, da von ihren 244 Abgeordneten im Bundestag nicht weniger als 172 direkt gewählt worden waren.[25]
Als unmittelbare Reaktion auf den Angriff Adenauers kündigte die FDP die Koalition mit der CDU in Nordrhein-Westfalen auf, und ging dort mit der SPD zusammen.
Adenauer gelang es die FDP Fraktion zu spalten. Die sogenannte Euler Gruppe verließ die FDP, offiziell aus Protest gegen die SPD/FDP Koalition in Nordrhein Westfalen. Unter diesen 16 Bundestagsabgeordneten befanden sich alle 4 FDP Minister. Diese gründeten die Freie Volkspartei FVP und bildeten eine neue Koalition mit Adenauer. Das Kabinett blieb trotz des Verlassen der FDP aus der Koalition unverändert.
Nach Verlassen der Koalition versuchte die FDP sich voll und ganz auf die Deutschlandpolitik zu konzentrieren und nahm Kontakt zur DDR Blockpartei LDPD auf. dabei musste diese aber feststellen, dass es zwischen der Blockpartei und den Freien Demokraten keine Gemeinsamkeiten mehr gab, da die LDPD ganz auf SED-Linie eingefahren war.Wahlkampf zur Wahl des 3. Deutschen Bundestag
Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 1957 wurde ein Wahlkampf um die Deutschlandpolitik. Die SPD warb mit der Forderung, dass die Bundesrepublik Deutschland aus der NATO und die DDR aus dem Warschauer Pakt austreten sollten, um eine Wiedervereinigung möglich zu machen. Damit ging die SPD voll auf Konfrontationskurs zur bisherigen Deutschlandpolitik Adenauers, womit die Westintegration ebenfalls in Frage gestellt wurde. Ein weiterer Schwerpunkt der SPD war die atomare Bewaffnung der Bundeswehr. Die SPD wertete Atomwaffen als reine Angriffswaffe. Die CDU konterte mit dem Slogan keine Experimente.[26] Von Adenauer wurde der Wahlkampf extrem scharf geführt. Er bezeichnete es als das Ende Deutschlands wenn die SPD gewinnen sollte.
Auf dem Höhepunkt der Macht
Das erste und bis heute einzige Mal konnte die CDU/CSU die absolute Mehrheit an Stimmen und Mandate gewinnen. Mit 50,2% der Stimmen und 270 Abgeordneten konnte Adenauer nun alleine regieren und war nicht auf einen Koalitionspartner angewiesen. Bei der Bildung des Kabinetts überließ Adenauer aber zwei Ministerien der DP. Die CDU hatte zu Gunsten der DP auf einige Direktkandidaten verzichtet und somit der DP, die 6 Direktmandate gewann, den Einzug in den Deutsche Bundestag ermöglicht, obwohl sie an der 5% Hürde scheiterten (siehe: Huckepackverfahren). Die Minister für Verkehr Hans-Christoph Seebohm sowie der Minister für Angelegenheiten des Bundesratesund der Länder Hans-Joachim von Merkatz traten beide 1960 der CDU bei. Im Parlament waren nun nur noch 5 Parteien und 4 Fraktionen vertreten, da auch die GB/BHE mit 4,6% knapp an der 5% Hürde scheiterte. Das Kabinett bestand nun nur noch aus 18 Ministern, da die 4 Minister für "besondere Aufgaben" ( früher auch Minister ohne Geschäftsbereich) nicht mehr ernannt wurden. Trotz der anhaltenden Konflikte blieb Heinrich von Brentano Außenminister. Ludwig Erhard wurde Stellvertreter Adenauers.
Ein wesentlicher Faktor der die Wahl entschied, war die erfolgreiche Reise nach Moskau und die damit verbundene Heimkehr der Kriegsgefangenen sowie der Beitritt des Saarlandes ins Bundesgebiet. Die SPD unter Erich Ollenhauer konnte zwar 3% hinzu gewinnen, musste die Wahl aber, in Hinblick auf die Forderungen nach der Aufgabe der Westintegration zu gunsten der Wiedervereinigung, als herbe Niederlage einstufen. Auch die Gefahren durch die Wiederbewaffnung und das Vorhaben Atomwaffen für die Bundeswehr zu beschaffen konnten die Wähler nicht überzeugen.Römische Verträge
Am 1. Januar 1958 traten die Römischen Verträge in Kraft. Dieses waren der EWG-Vertrag und der EURATOM-Vertrag
EURATOM-Vertrag
- sichere und effektive Kernenergie
- Weitergabe von wichtigem Know-how
- friedliche Verwendung
- gemeinsame Forschung und Entwicklung
- gemeinsames Vorgehen, um Leistungen zu verwirklichen
- Modernisierung; Zugang zu den besten technischen Mitteln
- Sicherheitsnormen
- gemeinsamer Markt für verwendete Stoffe
- Aufgaben wahrgenommen durch Rat, Kommission, Versammlung und EuGH
EWG-Vertrag
- Sicherung des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts
- Beseitigung europäischer Schranken; Abschaffung der Zölle
- Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbestimmungen
- beständige Wirtschaftsausweitung, ausgewogener Handelsverkehr, redlicher Wettbewerb
- gemeinsame Handels-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik
- Wahrung von Frieden und Freiheit
- größere Stabilität, engere Beziehungen zwischen den Staaten
- freier Personen-, Dienstleistungs-, Kapital-, und Warenverkehr
- Angleichung innerstaatlicher Rechtsvorschriften
- innere und äußere finanzielle Stabilität
Der Fall Oberländer
Am 4. Mai 1960 musste der Minister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte Theodor Oberländer zurück treten. Vorangegangen war eine seit 1959 heftig geführte Auseinandersetzung über die Rolle Oberländers während der NS Zeit.
Oberländer war als damals achtzehnjähriger am Hitlerputsch 1923 beteiligt. Seine Rolle während des 2. Weltkriegs war jahrelang umstritten. Das Politbüro des ZK der SED wollte am Beispiel Oberländers die „Wesensgleichheit des Bonner Systems mit dem Hitlerfaschismus beweisen“. In einem Schauprozess wurde Oberländer in Abwesenheit zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Adenauer weigerte sich aber Oberländer zu entlassen. Er argumentierte, dass er "einem Mann den Kopf abzuschlagen, nur weil die SED es will". Obwohl Oberländer bis zu diesem Zeitpunkt keine Kriegsverbrechen nachzuweisen waren, stand die Regierung Adenauer unter Druck. Oberländer wurde vorgeworfen, dass er an Progromen im galizischen Lemberg beteiligt gewesen sein soll. Oberländer selbst bestritt die Vorwürfe bis zu seinem Tod 1998. Bis heute konnte ihm eine direkte Beteiligung nicht nachgewiesen werden. Dennoch galt Oberländer als ein besonders lebhaftes Beispiel für die Kontinuität der Funktionselite zwischen dem Dritten Reich und der Nachkriegsrepublik.[27]
Nachdem die SPD aber einen Untersuchungsausschuss über die Vergangenheit Oberländers beantragt hatte, trat er schließlich am 4. Mai 1960 nach Erreichen der Pensionsberechtigung unter Zurückweisung der Vorwürfe zurück.Nachfolger Oberländers wurde der ehem. DP Abgeordnete Hans-Joachim von Merkatz der im zweiten Kabinett Adenauers bereits Minister für Angelegenheiten der Länder und Justizminister war und wenige Wochen vor seiner eineuten Ernennung zum Minister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte der CDU beigetreten war. Oberländer blieb Bundestagsabgeordneter. Bei den Wahlen 1961 verfehlte er den Einzug zwar, rückte aber 1963 nochmals über die Landesliste Niedersachsen für die CDU nach, nachem die Abgeordnete Elisabeth Vietje verstorben war.
Nach der Wiedervereinigung hob das Landgericht Berlin am 28. November 1993 das 1960 ergangene DDR-Urteil gegen Oberländer aus formalen Gründen auf. In der Historischen Betrachtung wird Oberländer sehr unterschiedlich beurteilt. Für Adenauer waren Personen wie Oberländer unverzichtbar für den Aufbau der Bundesrepublik Deutschland. Philipp-Christian Wachs unrteilte in seinem Buch Der Fall Theodor Oberländer (1905 - 1998) Theodor Oberländer, gehörte zur akademischen Elite des Nationalsozialismus. Sein Leben war Teil der Geschichte beider deutscher Staaten und ihres Umgangs mit der Vergangenheit.[28]
Bau der Berliner Mauer
In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 begann die DDR, nach Zustimmung des Kreml, die Grenze zwischen den drei Westzonen und der Ostzone Berlins abzuriegeln. In den folgenden Tagen wurde damit begonnen eine insgesamt 155 Kilometer lange Mauer zu errichten. Die U- und S-Bahn Verbindungen wurden unterbrochen. Damit war das letzte Schlupfloch, durch das DDR-Bürger in den Westen konnten, geschlossen.
Bereits Monate vorher gab es immer wieder Gerüchte, dass die DDR eine vollständige Abriegelung der Grenzen planen würde. Sowohl die Westalliierten als auch die Bundesregierung waren über die bevorstehenden Maßnahmen unterrichtet. Es gab aber keine Informationen über Art und Zeitpunkt der Maßnahmen. Am 10. August 1961 bekam der BND Hinweise über einen bevorstehenden Mauerbau. Bei einer Pressekonferenz in Ost-Berlin am 15. Juni 1961 antwortete Walter Ulbricht auf die Frage von der Journalistin Annamarie Doherr von der Frankfurter Rundschau:
„Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass [eine] solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird, voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“
Ulbricht war damit der erste, der den Begriff "Mauer" für die Grenzsicherung verwendete. Zu diesem Zeitpunkt war dem Westen klar, um welche Grenzsicherung es sich handeln würde.
Erklärung von Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer, 13. August 1961:[29] Die Machthaber der Sowjetzone haben heute nacht damit begonnen, unter offenem Bruch der Viermächtevereinbarungen West-Berlin von seiner Umgebung abzuriegeln. Diese Maßnahme ist getroffen worden, weil das der mitteldeutschen Bevölkerung von einer auswärtigen Macht aufgezwungene Regime der inneren Schwierigkeiten in seinem Machtbereich nicht mehr Herr wurde. Die übrigen Ostblock-Staaten haben von dem Zonenregime verlangt, diesen Zustand seiner Schwäche und Unsicherheit zu beseitigen. Der gesamten Weltöffentlichkeit wurde durch die Massenflucht aus der Zone tagtäglich gezeigt, unter welchem Druck die Bewohner stehen und daß ihnen das in der ganzen Welt anerkannte Selbstbestimmungsrecht nicht gewährt wird. Durch die Willkür des Pankower Regimes ist eine ernste Situation heraufbeschworen worden. Im Verein mit unseren Alliierten werden die erforderlichen Gegenmaßnahmen getroffen. Die Bundesregierung bittet alle Deutschen, auf diese Maßnahmen zu vertrauen. Es ist das Gebot der Stunde, in Festigkeit, aber auch in Ruhe der Herausforderung des Ostens zu begegnen und nichts zu unternehmen, was die Lage nur erschweren, aber nicht verbessern kann. Mit den Deutschen in der Sowjetzone und in Ost-Berlin fühlen wir uns nach wie vor aufs engste verbunden; sie sind und bleiben unsere deutschen Brüder und Schwestern. Die Bundesregierung hält an dem Ziel der deutschen Einheit in Freiheit unverrückbar fest. Bei der Bedeutung des Vorgangs habe ich den Außenminister gebeten, die ausländischen Regierungen durch die deutschen Vertretungen unterrichten zu lassen.
Adenauers Zurückhaltung löste sowohl in der Bundesrepublik als auch in Berlin Unmut aus. Es wurde vor allem von den Berlinern erwartet, dass Adenauer sich sofort auf den Weg nach Berlin machen würde. Doch der reiste erst am 22./23. August nach Berlin.[30] Aber auch die West Alliierten sahen zunächst keinen Handlungsbedarf. US Außenminister Dean Rusk erklärte hierzu: Vorliegende Berichte deuten darauf hin, dass sich die bisher getroffenen Maßnahmen gegen die Bewohner Ostberlins und Ostdeutschlands und nicht gegen die Position der Alliierten in Westberlin oder den Zugang nach Westberlin richten.[31] Die Westberliner wurden aber durch den Besuch US-Vizepräsident Lyndon B. Johnson und dem Held der Luftbrücke General Lucius D. Clay beruhigt. Johnson sicherte dem regierenden Bürgermeister Willy Brandt zu, dass am Status von Berlin nicht gerüttelt wird und die USA verstärkte die Militärpräsenz in Berlin. Adenauers Ansehen war durch sein Verhalten nach dem Mauerbau beschädigt.
Adenauers Tauschangebot
Laut einem Bericht des Magazins Der Spiegel, hat die Bundesregierung 2011 geheime Dokumente freigegeben, aus denen hervorgeht, dass Adenauer versucht hat John F. Kennedy vorzuschlagen, den Sowjets einen Deal anzubieten. Thüringen und Teile Mecklenburgs und Sachsens sollten an die Bundesrepublik Deutschland fallen und dafür West-Berlin aufgegeben werden. Hintergrund war, dass Thüringen ursprünglich von den Amerikanern besetzt wurde, im Rahmen des Viermächteabkommens dann aber an die Sowjetunion fiel. Adenauer wollte damit die Berlinkrise beenden. Es sollen aber vor allem wirtschaftliche Interessen im Vordergrund gestanden haben. So bezeichnet das Magazin die Aktion als "ein vorteilhafter Tausch"[32]
Deutschland Fernsehen
Ende 1958 wurde die Freies Fernseh(en) Gesellschaft m.b.H.(FFG) In Frankfurt als bundeseigener Privatsender gegründet. Die Gründung ging auf eine Initiative Konrad Adenauers zurück, der die Berichterstattung der Länderanstalten, in der ARD als nicht immer neutral ansah und sich unter-repräsentiert fühlte.
Ein von der ARD unabhängiges zweites Programm sollte dazu als Gegengewicht dienen.[33] Da die Kulturhoheit laut Grundgesetz den Bundesländern vorbehalten war, sollte die privatwirtschaftlich Organisation des Senders dieses umgehen. Ein weiteres Argument war, dass für die Rundfunksender die Deutsche Bundespost und somit der Bund zuständig sei, infolgedessen könne er auch über die Fernsehanstalten befinden. Adenauer sah die Zeit gegeben, da er der Meinung war, durch die absolute Mehrheit im Parlament die Bürger im Rücken zu haben. Da die SPD geführten Länder bereits Widerstand angekündigt hatten, wurde die Deutschland-Fernsehen GmbH gegründet an denen die Länder zu 49% beteiligt werden sollten, 51% verblieben beim Bund. Die FFG sollte dabei aber als de facto alleiniger Programmgestalter auftreten.
Die Idee einer privaten Fernsehanstalt ist nicht neu gewesen. Bereits 1952 gab es erste Überlegungen der Wirtschaft einen privaten Radiosender einzurichten um sich mit Werbung besser präsentieren zu können. 1953 verweigerte der Bundespostminister den Länderanstalten weitere Frequenzen und kündigte an private Rundfunkveranstalter zu fördern. Im gleichen Jahr sollte die Funkwirtschaftliche Interessenvereinigung den Grundstein für eine eigene Anstalt legen, doch kam diese Gründung nie zu Stande. Neben der FFG und der Deutschland-Fernsehen GmbH wurden zwei weitere Tochtergesellschaften gegründet. Zum einen die Fernsehverkaufs- und Werbegemeinschaft mbH als 99%ige Tochter der FFG, die den Zweck hatte, dass die Werbewirtschaft keinen direkten Einfluss auf die Programmgestaltung hatte, was vor allem eine Forderung innerhalb der CDU wie auch von den Kirchen war. Des weiteren wurde die Deutscher Fernsehdienst GmbH gegründet, die für die tagesaktuelle Berichterstattung der Nachrichten zuständig war. Diese Gesellschaft war zu 51% ein Tochterunternehmen der FFG. Die restlichen Anteile verteilten sich auf die Internationale Fernsehagentur GmbH (IFAG) in Wiesbaden, an der die Bundesregierung zu 51% beteiligt war, und die Deutsche Wochenschau mit je 12%. Die ev. Kirche und Tellux-Film hielten je 10% und der Marx Verlag als jüdischer Vertreter 5% der Anteile.
Da der Bund neben dem BDI das alleinige Vorschlagsrecht für die Besetzung des Aufsichtsrates der FFG hatte, der Lizenznehmer zu 51% im Besitz des Bundes war, und mit den Anteilen von IFAG und FFG an der DFD GmbH war das Deutschland-Fernsehen damit faktisch ein reiner Staatssender. Am 1. August 1960 wurde die Deutschland-Fernsehen GmbH ins Handelsregister Köln eingetragen. Für den Bund unterzeichnete Konrad Adenauer, für die Länder treuhänderisch der Bundesjustizminister Schäffer. Für den 1. Januar 1961 wurde die Zuteilung der Frequenzen bei der Deutschen Bundespost beantragt. Doch die Länder akzeptierten Schäffer nicht, so musste bereits am 25. August die Satzung geändert werden, und der Bund übernahm die Einlage der Länder in Höhe von bis dahin 11.000 DM.
Die von der SPD regierten Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Hessen legten daraufhin Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Per einstweilige Anordnung wurde bis zum Abschluss des Hauptverfahrens vom Bundesverfassungsgericht die Ausstrahlung von weiteren Sendern neben der ARD untersagt. Dieses Urteil galt zunächst nicht nur für die FFG und das Deutschland Fernsehen, sondern auch für die Gegenmodelle der Länderanstalten NDR und HR die ihrerseits ein zweites Programm anbieten wollten. Damit war ein Sendestart zum 1. Januar 1961 nicht mehr möglich. Adenauer rechnete zwar durchaus damit, dass die Länder im Hauptverfahren recht bekommen könnten, doch sah er durchaus auch eine Chance, dass zu Gunsten der Bundesregierung entschieden wird, da es tatsächlich eine gewisse Kompetenzüberschneidung gab. In Art. 73 Nr. 7 a. F. GG war die Zuständigkeit für die technische Umsetzung der Bundespost unterstellt. In Artikel 5 die Kulturhoheit den Ländern zugewiesen. Das Bundesverfassungsgericht sprach im ersten Rundfunkurteil weder zu Gunsten der Länder noch des Bundes recht. Es unterschied klar zwischen der technischen Umsetzung und dem Sendeveranstalter aus Anbieter. Somit wurde Technische und kulturelle Umsetzung klar unterschieden. Für die Umsetzung ist die Bundespost zuständig, für die Inhalte aber ausschließlich die Länder. Für Adenauer war dieses klare Urteil eine vernichtende Niederlage. FFG und Deutschland-Fernsehen mussten sofort liquidiert werden. Die Verbindlichkeiten und Kosten von rund 30- 35 Millionen DM musste der Bund zahlen. Adenauer versuchte noch eine Art Schadensbegrenzung und hatte die Länder gebeten, das bereits produzierte Material zu übernehmen.
Die Folgen
Aus heutiger Sicht war das Scheitern der Deutschland-Fernsehen GmbH neben dem Verhalten Adenauers beim Mauerbau in Berlin der eigentliche Anfang vom Ende der Adenauer Ära. Für Konrad Adenauer war das Scheitern so wohl ein großer Gesichts- als auch Machtverlust. Für die deutsche Medienlandschaft hatte der Versuch sowohl positive als auch negative Folgen. Zum einen wurde mit Verträgen u. a. mit der von Peter von Zahn geführten Windrose Film- und Fernsehproduktions GmbH geschlossen, die mit einem Etat von rund 50 Millionen DM für 8 Jahre, ein für deutsche Verhältnisse bis dahin nie da gewesenes Auslandsreportage-Netz zur Verfügung stellte. Der WDR übernahm die bis dahin produzierten Sendungen mit großem Erfolg. Es war die Grundlage für die heute noch existierende Sendereihe „Der Weltspiegel“.
Mit der Schaffung von privaten Anbieten beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht erst 20 Jahre später wieder, als das Kabelnetz vorbereitet wurde, und viel 1981 ein weiteres Grundsatzurteil, das sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Anbieter senden dürfen. Erst 1984 sendete Radio Luxemburg über den Kabelsender RTL plus das erste rein private Fernsehen.
Politisch war mit dem Urteil aber noch kein Ende gezeichnet. Durch die Verhinderung des „Adenauers Kanzlerfernsehen“ gerieten besonders die SPD regierten Länder unter Druck, da die Schaffung eines zweiten Vollprogramms nun erwartet wurde. Die CDU/CSU Bundestagsfraktion konnte aber ein zweites ARD Programm verhindern, woraufhin die Länder die Schaffung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AdöR, AöR) unabhängig von der ARD beschlossen. Der Sender bekam den Namen Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF). Das Land Rheinland-Pfalz kaufte die Sendezentrale in Eschborn der FFG für das ZDF. Zwischen 1964 und 1969 richteten die ARD Sendeanstalten die „Dritten“ Programme ein.
Die Präsidentschaftskrise
1959 endete die zweite Amtszeit des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland Theodor Heuss. Konrad Adenauer schlug Wirtschaftsminister Ludwig Erhard als dessen Nachfolger vor. Doch vermutete man schnell in diesem Vorschlag einen Schachzug Adenauers, der Erhard damit als sein Nachfolger im Amt des Bundeskanzlers vermieden hätte. Die CDU favorisierte Erhard aber weiterhin als Nachfolger Adenauers. Als Erhard dann schließlich ablehnte, reichte er selber seine Kandidatur ein. Ziel war es seinen Nachfolger vom Präsidentenamt aus kontrollieren zu können. Doch als Adenauer bemerkte wie wenig Macht das Amt des Bundespräsidenten beinhaltete, verzichtete er schließlich auf die Kandidatur und überredete Heinrich Lübke die Nachfolge von Heuss anzutreten. Dieser wurde dann auch von der Bundesversammlung zum zweiten Bundespräsidenten gewählt.[34]
Wahlkampf zur Wahl des 4. Deutschen Bundestag
Für die CDU - ohne Adenauer! lautete die Wahlkampfparole der FDP. Der gesamte Wahlkampf war extrem personifiziert. Nicht Inhalte sondern die Spitzenkandidaten standen im Vordergrund. Das galt vor allem aber für die Spitzenkandidaten der Mitbewerber. Die SPD hatte nicht ihren Vorsitzenden Erich Ollenhauer aufgestellt, sondern den Regierenden Bürgermeister von Berlin Willy Brandt. Die CDU/CSU setzte weiter auf Bundeskanzler Konrad Adenauer. Die FDP ging mit Erich Mende in den Wahlkampf.
Besonders die Auseinandersetzung zwischen Herausforderer Brandt und Amtsinhaber Adenauer bestimmten zunächst den Wahlkampf, der dann aber vom Bau der Berliner Mauer überschattet wurde.[35][36]
Doch zunächst stand die Auseinandersetzung zwischen Adenauer und Brandt im Vordergrund. Brandt war beliebt und galt als Hoffnungsträger. Adenauer versuchte ihn persönlich zu diffamieren. Besonders die Tatsache, dass Brandt während der NS-Zeit nach Norwegen emigriert ist, dass er seinen Namen geändert hatte und dass er einen politischen Wandel vom radikalen Sozialisten in jungen Jahren hin zum Sozialdemokraten, versuchte Adenauer zu nutzen. Aber auch Brandt teilte aus. In einer Wahlkampfrede am 12. August 1961 sagte er, er wolle den „alten Greis", „zum Denkmal erstarrt", vom Sockel stoßen.[37]
Bei einem Wahlkampfauftritt in Regensburg am 14. August, also einen Tag nach Beginn der Absperrmaßnahmen an der Berliner Grenze, ließ sich Adenauer unter Druck stehend, zu der Entgleisung hinreißen „Herr Brandt alias Frahm". Dieses wurde in der Bevölkerung mit Unverständnis aufgenommen. Adenauer Umfragewerte sanken. An einem entschlossenen Schulterschluss bei der Bewältigung der Berlin-Krise war niemandem gelegen. In der Bevölkerung waren die Rollen klar verteilt: der handelnde Regierende Bürgermeister gegen den zaudernden Bundeskanzler.
In den Sachfragen setzte die SPD vor allem auf den Slogen „Wohlstand ist für alle da“ und „Frohe Ferien. Jahresurlaub mindestens vier Wochen“ des Weiteren bekannte sich die SPD zur NATO-Mitgliedschaft und zur sozialen Marktwirtschaft. Die CDU setzte weiter auf sich selber mit dem Slogan „Auch morgen keine Experimente – CDU“. Die FDP warb mit „Ein freies Volk braucht Freie Demokraten“.
Es kristallisierte sich für die CDU heraus, das man einen Koalitionspartner brauchen werde. Doch die FDP setzte klar die Bedienung nicht mit Adenauer. Dieser wiederum nun aber zurück schlug und die Option einer Großen Koalition mit der SPD nicht ausschloss. Damit geriet die FDP nun wiederum unter Druck, wenn sie nicht erneut in der Opposition landen wollte.
Die Wahlen
Die SPD ging nach Stimmen erstmals wieder als stärkste Partei aus den Wahlen hervor. Mit 11.427.355 (36,2%) konnte die SPD rund 2 Millionen Stimmen hinzu gewinnen. Es war die erste Wahl nach Verabschiedung des Godesberger Programms, das eine Abkehr vom historischen Marxismus hin zu einem demokratischen Sozialismus bedeutete. Dieses Programm gilt heute als der vollzogene Wandel der SPD zur Volkspartei. Insgesamt wird der Wahlerfolg aber an der Person Willy Brandt festgemacht. Die CDU/CSU musste wie zu erwarten die absolute Mehrheit einbüßen und kam zusammen auf 45,3% . Dabei profitierte sie aber noch vom Scheitern der Gesamtdeutschen Partei, die gemessen an den Wahlergebnissen ihrer Vorgängerparteien rund 5,2% einbüßten und mit 2,8% der Stimmen an der 5% Hürde scheiterten. Der größte Gewinner war die FDP, die mit 12,8% der Stimmen ihr bis dahin bestes Ergebnis erzielen konnte.
Bei den Mandaten im 4. deutschen Bundestag blieb die CDU aber stärkste Partei, da sie 114 Direktmandate (gegenüber 92 der SPD) gewinnen konnte und hatte mit 192 Mandaten 2 mehr als die SPD. Die CDU/CSU Fraktion vereinte damit 242 Mandate auf sich und war weiter stärkste Fraktion. Die SPD bekam 190, die FDP 62.
Koalitionsverhandlungen
Die FDP blieb nach der Wahl bei ihrem erklärten Ziel eine Koalition mit der CDU/CSU eingehen zu wollen. Zunächst ging man aber weiter unter den Voraussetzungen in die Verhandlungen Konrad Adenauer nicht zum Bundeskanzler wählen zu wollen. Man klärte zunächst aber die Sachfragen und konnte sich rasch einigen. Die Personaldiskussion zog sich aber in die Länge. Adenauer setzte die FDP mit der Option einer großen Koalition weiter unter Druck. Er wollte unter allen Umständen eine 4. Amtszeit. Rein rechnerisch wäre für die FDP aber auch eine Koalition mit der SPD möglich gewesen, doch war das zu diesem Zeitpunkt für die FDP noch keine Option. Nachdem Adenauer der SPD ein Koalitionsangebot zukommen ließ, kippte die FDP um. Allerdings konnte sie Adenauer die Zusage abringen, noch innerhalb der Legislaturperiode zurück zu treten. Dennoch musste sich die FDP dem Vorwurf der Wählertäuschung aussetzen, da sie stark damit geworben hatte Adenauer ablösen zu wollen.
Die Regierung
Adenauer blieb zunächst Kanzler, sein Stellvertreter wurde Wirtschaftsminister Erhard. Die FDP und CSU bekam je 5 Ministerien, die CDU neben dem Kanzler 11. Das Auswärtige Amt blieb anders wie später üblich in der Hand der Kanzlerpartei CDU. (siehe Kabinett Adenauer IV)
Deutsch Französische Zusammenarbeit
1962 nahm der französische Staatspräsident Charles de Gaulle eine Einladung Konrad Adenauers zu einem Staatsbesuch in Deutschland an. de Gaulle setzt vor allem auf die Symbolkraft des Besuches. Mit den Worten: "Es lebe Deutschland, es lebe die deutsch-französische Freundschaft!" endete die Begrüßungsrede de Gaulles auf dem Flughafen Köln-Bonn. Aber neben markigen Worten setzte de Gaulle auch auf symbolische Handlungen. So wünschte sich de Gaulle ein Treffen mit Vertretern der Arbeiterklasse. Neben den ersten Reisezielen Bonn und Düsseldorf fuhr de Gaulle zu Thyssen nach Duisburg. Der Hintergrund war, dass Thyssen im ersten und zweiten Weltkrieg Waffen hergestellt hatte, die gegen Frankreich eingesetzt wurden, zum Anderen wollte de Gaulle seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit damit dokumentieren.[38] Neben der großen Symbolkraft und die Bedeutung des Treffens als "Beginn einer Freundschaft" der einstigen Erzfeinde, hatte der Besuch aber auch politische Bedeutung für Europa. Frankreich hatte das Ziel Europa als Gegengewicht zu den USA auszustellen. Dafür brauchte Frankreich aber Deutschland als Wirtschaftsfaktor. Aber auch Adenauer hatte das Ziel in einem gemeinsamen Europa sich behaupten zu können. Allerdings hatte sich Adenauer auch stark an die USA gebunden und wollte die Beziehungen zu den USA nicht aufweichen. Frankreich setzt mehr auf Distanz zu den USA. Man beschloss einen Gegenbesuch Adenauers in Paris und entwickelte einen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit auch Élysée-Vertrag genannt.
Élysée-Vertrag
Der Élysée-Vertrag[39] war der erste Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich über eine Zusammenarbeit beider Staaten. Er wird gemeinhin auch als ersten Freundschaftsvertrag der beiden Staaten bezeichnet, diese Darstellung ist aber politisch betrachtet nicht ganz korrekt, da Frankreich zu diesem Zeitpunkt de Facto immer noch eine Besatzungsmacht war, und nach wie vor ein Vetorecht hatte auf Entscheidungen der Bundesrepublik Deutschland. Dennoch bezeichnen Politiker wie Historiker diesen Vertrag als den Grundstein für das Ende der Erzfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich und den Beginn einer neuen Epoche in Europa. Der Vertrag verpflichtet beide Regierungen zu Konsultationen in allen wichtigen Fragen der Außen-, Sicherheits-, Jugend- und Kulturpolitik. Daneben wurden regelmäßige Treffen auf Regierungsebene beschlossen. Am 22. Januar 1963 wurde der Vertrag unterzeichnet. Beide Parteien unterzeichneten jeweils die deutsche wie auch französische Version. Als besondere Geste galt, dass Charles de Gaulle Konrad Adenauer nach der Unterzeichnung umarmte. Aus heutiger Sicht, wird davon ausgegangen, dass diese Umarmung auch von de Gaulle ausging, der sehr stark auf Symbolik setzte und damit die Bedeutung des Vertrages unterstreichen wollte. Es war die erste der bis heute drei großen Gesten, die die deutsch-französische Freundschaft unterstreichen sollten. Am 22. September 1984 Helmut Kohl und François Mitterrand Hand in Hand in Verdun anlässlich einer großen Zeremonie zur Erinnerung an die Opfer der Kriege zwischen Frankreich und Deutschland. Am 6. Juni 2004 Gerhard Schröder und Jacques Chirac umarmen sich am 60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie, bei dem zum ersten Mal ein deutscher Kanzler eingeladen ist.
Obwohl der Élysée-Vertrag der erste Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich nach dem 2. Weltkrieg war, wird in der Politik aus heutiger Sicht nicht dieser, sondern die Unterzeichnung der Römischen Verträge über die Gründung der EWG als Beginn der deutsch-französischen-Freundschaft bezeichnet.[40] Formal ist aber der Besatzungszustand erst mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990 beendet worden. Dennoch begründet sich die enge Beziehung zu Frankreich besonders im persönlich guten Verhältnis zwischen de Gaulle und Adenauer, wie später auch zwischen Kohl und Mitterrand sowie Schröder und Chirac.
Für zwischenzeitliche Verstimmung sorgte die Präambel, die dem Vertrag von deutscher Seite vor der Ratifizierung hinzugefügt wurde. Darin erklärten die Deutschen ihre enge Bindung an die USA und den Willen zur Aufnahme Großbritanniens in die EWG. De Gaulle verfolgte aber das Ziel, das sich Europa unabhängiger von den USA machen sollte. Bereits 1958 lehnte de Gaulle die Unterstellung der französischen Mittelmeerflotte unter das NATO-Kommando ab. Adenauer blieb aber bei seiner Haltung der Westintegration und sah Deutschland vor allem auch an der Seite der USA.
Der Vertrag trat nach Unterzeichnung am 2. Juli 1963 in Kraft. Ihm folgte am 5. Juli 1963 das Gründungsabkommen für das Deutsch-Französische Jugendwerk. In der Folgezeit entstanden zahlreiche Städtepartnerschaften sowie Partnerschaften zwischen Schulen und Vereinen.
Spiegel-Affäre
Die Spiegel-Affäre war eine Affäre, wo es um das Selbstverständnis der Pressefreiheit in der Bundesrepublik Deutschland ging. Sie wird von Historikern auch als Strauss-Affäre bezeichnet.[41]
Hintergrund der Affäre
in der Ausgabe 41/1962 des Nachrichtenmagazins der Spiegel wurde ein Artikel unter dem Titel "Bundeswehr Bedingt abwehrbereit"[42] veröffentlicht. Verfasser war der stellv. Chefredakteur Conrad Ahlers. Inhalt des Artikels war das NATO-Manöver "Fallex 62". Fallex 62 war das erste Manöver der Nato, dem die Annahme zugrunde lag, dass der dritte Weltkrieg mit einem Großangriff auf Europa beginnen würde. Nach Darstellung des Spiegels zeigte das Manöver schonungslos Mängel bei der Bundeswehr im Verteidigungsfall auf. Die Bundeswehr bekam die niedrigste sogenannte Nato-Note 4 des Nato-Oberkommando, was die Klassifizierung zur Abwehr bedingt geeignet bedeutete. Neben der eigentlichen Beschreibung des Manövers, beschrieb der Spiegel in dem Artikel vor allem auch die Strategie wie Strauss an das Verteidigungsministerium kam und wie er mit geschickten Manipulationen an der Sollstärke der Bundeswehr strickte. Diese und andere Darstellungen bezeichnete Strauss als Landesverrat. Argumentiert wurde von Strauss damit, dass einige Darstellungen aus geheimen Papieren der Bundesregierung stammen sollen. Der Spiegel warf Strauss vor, das Ziel zu verfolgen, Atomwaffen in die Gewalt der Bundesrepublik zu bringen und Deutschland zur Atommacht machen zu wollen. Hauptvorwurf des Spiegel war, das Strauss die konventionelle Ausstattung der Bundeswehr vernachlässigt hatte um Atomwaffen zu beschaffen. Strauss wiederum bezichtigte den Spiegel der Täuschung, aktiven Bestechung und verräterischen Fälschung.[43]
Dem Artikel ging eine schon länger andauernde Fehde zwischen Strauss und dem Spiegel Chefredakteur Rudolf Augstein hervor. Strauß war mehrfach durch Berichte des Spiegel in Korruptionsverdacht geraten. So bei der sogenannten Fibag-Affäre und der Onkel-Aloys-Affäre. Strauß versuchte mit Verleumdungsklagen gegen Augstein und den Spiegel vorzugehen, was aber scheiterte. Die Darstellung dem Verteidigungsminister hafte "ein Ruch von Korruption" an, durfte der Spiegel sogar pauschal behaupten.[44]
Beginn der Affäre
In der Nacht des 26. Oktobers 1962 besetzen und durchsuchen Kriminalbeamte im Auftrag der Bundesanwaltschaft die Redaktionsräume des Spiegel in Hamburg und Bonn. Vorangegangen war eine Anzeige des damaligen Oberst der Reserve Friedrich August Freiherr von der Heydte. Rudolf Augstein, Claus Jacobi, Conrad Ahlers, Hans Schmelz und, acht Tage nach Beginn der Aktion, Hans Detlev Becker wurden verhaftet und ihre Wohnungen durchsucht. Die Redaktionsräume wurden samt Inventar beschlagnahmt.
Als besonders anstößig wurde die Verhaftung von Conrad Ahlers angesehen. Dieser befand sich zu diesem Zeitpunkt in Spanien im Urlaub. Zu dieser Zeit regierte dort das Franco-Regime. Franz Joseph Strauß veranlasste diese Verhaftung über den Madrider Militärattaché Achim Oster. Rudolf Augstein, der zunächst untergetaucht war, stellte sich zwei Tage nach der Aktion selber.
Neben den inhaltlichen Vorwürfe aus dem Artikel führte man noch an, dass angeblich Offiziere der Bundeswehr bestochen wurde um an das brisante Material zu kommen. Der Spiegel-Artikel "Bedingt Abwehrbereit" enthalte 37 zum Teil äußerst wichtige militärische Geheimnisse.Die Politische Auseinandersetzung
Die SPD kritisierte in einer Fragestunde des Deutschen Bundestages am 7. und 8. November 1962 das Vorgehen gegen den Spiegel auf das heftigste. Vor allem das Vorgehen gegen Conrad Ahlers, und die Tatsache das auf Weisung von Verteidigungsminister Strauß nahezu direkt mit dem Franco-Regime zusammen gearbeitet wurde, stand in der Kritik. Strauß selber bestritt im Laufe der Fragestunde, dass er überhaupt in den Ermittlungsverfahren eingegriffen habe. Er behauptete, "Ich habe mit der Ingangsetzung des Verfahrens nichts zu tun gehabt". Konrad Adenauer äußerte sich entgegen der Erwartung von Strauß zurückhaltend. Aus seiner Rede im Deutschen Bundestag:
"Wir haben einen Abgrund von Landesverrat im Lande" .... (Gemurmel im Saal) "Wer sagt das?" "Ich sage das!"[45]
Die SPD glaubte weder Strauß noch, dass der Spiegel mit dem Bericht Landesverrat begangen hat. Der Koalitionspartner FDP hielt sich zunächst noch zurück. Nur der Abgeordnete Wolfgang Döring, der mit Rudolph Augstein befreundet war, äußerte sich gegenüber Adenauer: "Aber Herr Bundeskanzler, ich bin es nicht nur meinem Freunde, sondern auch dem Staatsbürger Augstein und allen anderen schuldig, dagegen zu protestieren, dass Sie hier sagen, Herr Augstein verdient am Landesverrat, dann haben Sie als erster hier ein Urteil gefällt, das zu fällen nur den Gerichten zusteht! (Beifall)"
Am 9. November 1962 räumte Franz Josef Strauß ein, in Madrid angerufen zu haben, aber nur auf Veranlassung der Justizbehörden. Auf den Vorwurf er habe zwei Wochen lang gelogen, begründete Strauß dieses damit, das er nur klar stellen wollte, mit dem Verhaftungen nichts zu tun zu haben.
Die FDP fühlte sich komplett übergangen. Besonders der eigentlich zuständige Justizminister Wolfgang Stammberger der gar nicht über die Aktion informiert wurde empörte sich über das Verhalten von Strauß. Dieser hatte aber nicht nur den Justizminister übergangen, auch der für die Polizeiaktion in Hamburg eigentlich zuständige Innensenator Helmut Schmidt wurde erst verspätet informiert. Ferner wurde bei der Aktion in Spanien auch das Auswärtige Amt umgangen.Die Folgen
Die FDP-Minister Wolfgang Stammberger (Justiz), Heinz Starke (Finanzen), Wolfgang Mischnick (Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte), Hans Lenz (Schatz) und Walter Scheel (Wirtschaftliche Zusammenarbeit) traten geschlossen zurück und verlangten den Rücktritt von Franz Josef Strauß. Konrad Adenauer bot zunächst aber der SPD Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition an. Doch die SPD wäre nur bereit gewesen in Verhandlungen zu treten, wenn Adenauer zurückgetreten wäre. Adenauer konnte nun Strauß nicht mehr halten. Am 30. November reichte Franz Josef Strauß seinen Rücktritt ein, und Adenauer musste das Kabenett umbilden. Er selber kündigte seinen Rücktritt für den Oktober 1963 an. Stammberger und Starke gehörten dem neuen Kabinett nicht mehr an. Strauß wurde mit der Wahrnehmung der Geschäfte im Verteidigungsministäruium bis zur Ernennung von Kai-Uwe von Hassel am 9. Januar 1963 beauftragt.
Die Räume der Spiegelredaktion in Hamburg wurde nach vier Wochen wieder frei gegeben. Die Verhafteten werden entlassen, Augstein nach 103, Hans Schmelz nach 81, Ahlers nach 56 Tagen.[46]Spätere Ergebnisse
Am 13. Mai 1965 erklärt das Bundesgerichtshof das Verfahren gegen die Redakteure des Spiegel für beendet. Eine Verfassungsbeschwerde des "Spiegel" gegen die Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in seinen Redaktionsräumen wird jedoch vom Bundesverfassungsgericht am 5. August 1966 bei Stimmengleichheit abgewiesen. Nur die Hälfte der Richter bewertet in diesem Fall das Recht der Bevölkerung, umfassend informiert zu werden höher als den Verdacht des Landesverrats.[47]
Im Buch Die Erinnerungen[48], das nach Strauß Tod 1988 veröffentlicht wurde, gab Strauß schließlich zu, dass er die atomare Aufrüstung der Bundeswehr auf Kosten der konventionellen betrieben hatte. Er sprach dabei aber nach wie vor noch von Verrat.
In einer Sendung des Dokumentationssenders Phoenix wurde ein Schreiben Adenauers gezeigt, das dem Sender vorliegen soll, in dem ein Telefonat zwischen Adenauer und Strauß dokumentiert ist, in dem Adenauer ihm volle Handlungsfreiheit gegeben hatte. In dem Schreiben sicherte Adenauer Strauß volle Rückendekung zu, den er ihm bei der Anhörung im Deutschen Bundestag dann aber nicht gab.Ende der Ära Adenauer
Am 15. Oktober 1963 genau 14 Jahre und einen Monat nach Amtsantritt verabschiedete der Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier Konrad Adenauer mit den Worten:
- "Am 15. September 1949 haben Sie sich hier von Ihrem Abgeordnetensitz erhoben, um den Platz des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland einzunehmen. Heute verlassen Sie ihn wieder mit einer geschichtlichen Leistung, ungebeugt und in Ehren. Damals standen Sie auf und traten vor das Haus. Heute steht der Deutsche Bundestag vor Ihnen auf, Herr Bundeskanzler, um für das deutsche Volk dankbar zu bekunden: Konrad Adenauer hat sich um das Vaterland verdient gemacht."[49]
Konrad Adenauer regierte damit fast einen halben Monat länger als alle 14 Reichskanzler der Weimarer Republik zusammen (gerechnet von der Regierungsübernahme Philipp Scheidemanns am 13. Februar 1919 bis zum Rücktritt Kurt von Schleichers am 28. Januar 1933). Adenauer blieb noch bis 1966 Bundesvorsitzender der CDU und bis zu seinem Tode am 19. April 1967 Bundestagsabgeordneter.
Adenauer war erklärter Gegner von Ludwig Erhard als Bundeskanzler und bekämpfte ihn auch nach seinem Rücktritt noch nach Kräften. Adenauer befürwortete eine große Koalition mit dem Argument, dass damit diplomatische Beziehungen zu Staaten Osteuropas möglich seien. Dieses bedeutete eine Abkehr Adenauers von den Hallstein-Doktrien. Doch nach der Bundestagswahl 1965 blieb es zunächst bei der schwarz-gelben Koalition unter Erhard. Am 27. Oktober 1966 traten jedoch alle FDP-Minister nach Streitigkeiten über den Haushalt 1967 zurück, nachdem die CDU Steuererhöhungen zum Ausgleich des Haushaltsdefizits nicht ausschloss, was die FDP strikt ablehnte.
Adenauer fühlte sich bestätigt und Erhard verlor jede Rückendeckung in der CDU. Zunächst waren alle möglichen Optionen offen, ob es zu einer erneuten Koalition mit der FDP unter anderer Besetzung oder zu einer großen Koalition kommen sollte. Es folgte schließlich eine große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger, der von Konrad Adenauer bis zu seinem Tode unterstützt wurde.
Trivia
- Conrad Ahlers wurde 1966 stellvertretender Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung und war damit Mitarbeiter des Bundeskabinett und somit von Franz Josef Strauß, der ihn vier Jahre zuvor noch verhaften ließ. In einem Gespräch mit dem Spiegel bezeichnete Rudolf Augstein das Verhältnis zwischen Ahlers und Strauß sowohl vor als auch nach der Verhaftung als freundschaftlich.[50]
- Rudolf Augstein besuchte Konrad Adenauer kurz vor dessen Tod in seinem Haus in Rhöndorf. Bei diesem Treffen versöhnten sich beide mit einer Umarmung.
- In der ersten Wahlperiode (1949-1953) gab es bis heute (Stand 2011) die meisten Ordnungsrufe (156) und Wortentziehungen (40). Erst mit dem Einzug der Grünen in den deutschen Bundestag 1982 wurde eine ähnlich hohe Zahl (136) erreicht.[51]
Siehe auch
Weblinks
Commons: Konrad Adenauer – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienWikiquote: Konrad Adenauer – Zitate- Konrad Adenauer Stiftung
- Literatur von und über Adenauer-Ära im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dorlis Blume/Irmgard Zündorf: Tabellarischer Lebenslauf von Konrad Adenauer im LeMO (DHM und HdG)
- Informationen zu Adenauer, Konrad im BAM-Portal
- Adenauer-Portal der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus
- "Erinnerungen" - Adenauers Memoiren von 1945-1963
- Konrad Adenauer in den Akten der Reichskanzlei
- Konrad Adenauer bei Günter Gaus im Gespräch, 1965 (1), abgerufen am 13.11 2011
- Konrad Adenauer bei Günter Gaus im Gespräch, 1965 (2), abgerufen am 13. November 2011
- Konrad Adenauer bei Günter Gaus im Gespräch, 1965 (3), abgerufen am 13. November 2011
- Konrad Adenauer - Der Patriarch (1/4) abgerufen am 13. November 2011
- Konrad Adenauer - Der Patriarch (2/4) abgerufen am 13. November 2011
- Konrad Adenauer - Der Patriarch (3/4) abgerufen am 13. November 2011
- Konrad Adenauer - Der Patriarch (4/4) abgerufen am 13. November 2011
Einzelnachweise
- ↑ Konrad Adenauer Stiftung - Ära Adenauer | 1949 - 1963
- ↑ Guido Knopp - Kanzler, die Mächtigen der Politik, ISBN 3-570-00645-X S. 20.
- ↑ Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V., "Die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 - 1951" (Autor: Dieter Griesshaber), vom 27. Februar 2011
- ↑ Konrad Adenauer Stiftung - Regierungserklärung zum Petersberger Abkommen
- ↑ Schumachers "Kanzler der Alliierten"
- ↑ EGKS Vertrag
- ↑ 18. April 1951: Unterzeichnung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in Paris
- ↑ Kritische Reaktion Erhards zur Montanunion
- ↑ Widerstand der Opposition zum EGKS Vertrag
- ↑ Westintegration
- ↑ der Dritte Weg
- ↑ Vollbeschäftigung in den 50ern
- ↑ Udo Kempf, Hans-Georg Merz: Kanzler und Minister 1949–1998. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2001, S. 86.
- ↑ Bundestagswahlen 1953
- ↑ Wahlen 1953 Bericht des Kölner Stadtanzeiger
- ↑ Wahlkampf 1953 aus dem Kölner Stadtanzeiger
- ↑ Deteutung des Wunders von Bern
- ↑ Guido Knopp Unser Jahrhundert ISBN 3-442-15044-2 S. 338.
- ↑ Fußball Weltmeisterschaft 54
- ↑ Einladung nach Moskau - Adenauers Reise nach Moskau - Werner Kilian, Verlagspublikationen, Freiburg, 15. Juni 2005 Herausgeber: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., ISBN 3-451-22995-1, Herder Verlag
- ↑ Moskaureise Adenauers
- ↑ Adenauers Moskau-Reise war ein guter Schachzug - Welt Online
- ↑ Hallstein Doktrin
- ↑ Wiederbewaffnung spaltet westdeutsche Gesellschaft - Sendereie 60mal Deutschland des rbb
- ↑ Manipulation des Wahlrechts durch Adenauer
- ↑ Wahlplakat der CDU
- ↑ Klaus Wiegrefe über Theodor Oberländer in Spielgel Online Zeitgeschichte
- ↑ Philipp-Christian Wachs: Der Fall Theodor Oberländer (1905 - 1998). ISBN 3-593-36445-X.
- ↑ Chronik der Mauer - Erklärung Konrad Adenauers
- ↑ Adenauer in Berlin nach dem Mauerbau - Konrad Adenauer-Stiftung
- ↑ Reaktion des US Außenministers zum Mauerbau - Chronik der Mauer
- ↑ Spiegel Bericht zu den geheimen Verhandlungen Adenauers mit Kennedy über den Tausch Berlins gegen Thüringen
- ↑ 1961: Adenauers Kanzlerfernsehen scheitert - aus Planet Wissen
- ↑ Innenpolitische Krisen - Das Ende der "Ära Adenauer" Informationen zur politischen Bildung (Heft 258) der Bundeszentrale für politische Bildung
- ↑ Wahlen 1961 - aus dem Archiv des deutschen Bundestages
- ↑ Die Mauer Bundestagswahlkampf 1961 - Haus der Geschichte
- ↑ Brandt - Adenauer Darstellung der Konrad Adenauer.Stiftung
- ↑ Deutschland Besuch de Gaulles 1962 - Arte Sendung Karambolage 245 - 09/10/11
- ↑ Der Élysée-Vertrag - Veröffentlicht von dem Haus der Geschichte
- ↑ Publikation der Bundesregierung 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft
- ↑ die Spiegel Affäre - Informationen zur politischen Bildung (Heft 258) der Bundeszentrale für politische Bildung
- ↑ Artikel Bundeswehr Bedingt abwehrbereit in Ausgabe 41/1962 des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL
- ↑ AUS DEM SPIEGEL VOM 7. NOVEMBER 1962 Darstellung der Vorwürfe
- ↑ Fehde zwischen Augstein und Strauß aus Planet Wissen
- ↑ Kampf um die Pressefreiheit - Die Spiegel-Affäre 1962 - Deutschlandradio Kultur
- ↑ Sieg der Pressefreiheit - Planet Wissen zur Spiegel Affäre
- ↑ Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsbeschwerde des Magazins der Spiegel vom .8.1963
- ↑ Die Erinnerungen. postum. Siedler, Berlin 1989, ISBN 3-88680-682-0
- ↑ Rücktritt Adenauers - Haus der Geschichte
- ↑ Spiegel Gespräch von Rudolph Augstein zur Spiegel Affäre 2002
- ↑ Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999
Kategorien:- Deutsche Geschichte (Nachkriegszeit)
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