Porsche 959

Porsche 959
Porsche
Porsche 959 silver at Auto Salon Singen.jpg
959
Hersteller: Porsche
Produktionszeitraum: 1986–1988
Klasse: Sportwagen
Rennwagen
Karosserieversionen: Coupé
Motoren: Boxermotor:
2,85 Liter
(331 kW)
Länge: 4260 mm
Breite: 1840 mm
Höhe: 1280 mm
Radstand: 2272 mm
Leergewicht: 1350–1450 kg
Vorgängermodell: Porsche 911
Nachfolgemodell: Porsche 911 GT1
Porsche 961

Der Porsche 959 ist ein Supersportwagen von Porsche. Er galt bei seiner Erstauslieferung im Jahre 1986 als schnellstes Serienfahrzeug der Welt mit einer Straßenzulassung. Mit seinen vielen damaligen technischen Neuerungen (u. a. Registeraufladung und elektronisch gesteuerter variabler Allradantrieb) galt er als Technologieträger und als State of the Art des Automobilbaus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die 1983 auf der Frankfurter IAA gezeigte Studie „Gruppe B“ (hier im Porsche-Museum) war Entwicklungsgrundlage für den Porsche 959
Rallye-Dakar-959
Lenkrad und -Armaturen des 959

Weil Porsche nach mehreren Siegen beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans auch im Rallyesport Erfolge vorweisen wollte, entstand 1982 das 959-Rallye-Projekt, das aus dem 911 SC nach dem damals aktuellen Gruppe B-Reglement der FIA entwickelt wurde. Daraus entstanden anfangs drei umfassend überarbeitete 911er mit Allradantrieb, die als 911 4×4 (bzw. 953) firmierten. Obwohl der 959 bereits 1983 auf der IAA in Frankfurt der Öffentlichkeit vorgestellt worden war, errang das Prodrive-Team 1984 noch mit einem 911 4×4 (953) bei der Rallye Paris-Dakar unter dem Franzosen René Metge einen Überraschungssieg. Schon bei dieser IAA wurden die für die Gruppe-B-Homologation geforderten 200 Straßenmodelle bestellt, doch wegen bundesweiter Streiks und der großen Komplexität der Konstruktion des 959 verzögerte sich die Fertigstellung, und erst 1987 wurden die ersten Exemplare ausgeliefert.

Nach dem Vorjahreserfolg des 911 4×4 gingen 1985 drei 959 bei der Rallye Paris-Dakar an den Start, doch die 600 PS starken Biturbo-Motoren wurden nicht rechtzeitig fertiggestellt. Deswegen mussten sie mit den schwächeren 911er Motoren starten. Alle drei Piloten brachen die Rallye vorzeitig ab. Erst im Laufe des Jahres 1985 konnte man bei der ägyptischen Pharaonen-Rallye den ersten Erfolg eines 959 feiern.

Als 1986 wieder drei 959 bei der Rallye Paris-Dakar antraten, gab es erneut Schwierigkeiten. Dave Richards und sein Prodrive-Team waren von den ständigen Werksverzögerungen verunsichert, und angesichts des Gerüchts, dass die Straßenmodelle des 959 doppelt soviel in der Herstellung kosten würden, wie sie Porsche beim Verkauf einbringen könnten, schien das Projekt 959 zum Scheitern verurteilt. Man konnte zwar Paris-Dakar mit einem Doppelsieg beenden und gewann im selben Jahr auch die 1000-Pisten-Rallye in Frankreich, doch diese Siege kamen zu spät. Denn als der Finne Henri Toivonen und sein US-amerikanischer Beifahrer Sergio Cresto bei der Korsika-Rallye im Lancia Delta S4 tödlich verunglückten, entschied sich die FIA endgültig gegen die Gruppe B, verwarf auch alle Pläne für die bereits vorbereitete Gruppe S, und in der Folge dieser Entscheidungen legte man auch bei Porsche das Vorhaben wieder auf Eis.

Nachdem die Gruppe B eingestellt worden war, baute Porsche noch einen 959 für die GTX-Klasse, genannt 961. Dieser gewann 1986 in Le Mans seine Klassenwertung und wurde Gesamtsiebter. 1987 startete der 961 auch beim 24-Stunden-Rennen von Daytona und erneut in Le Mans, doch brannte er dort nach einem Unfall völlig aus.

Der 959 wurde bis 1988 gebaut. Über die Stückzahlen gibt es widersprüchliche Angaben. Am häufigsten wird die Zahl 288 genannt. Davon sollen 29 in der Sportversion ausgeliefert worden sein. Porsche selbst nennt auf seiner Homepage die Zahl 292, aufgeteilt in 113 Stück 1987 und 179 Stück 1988.

Legendär sind acht Fahrzeuge, die im Jahre 1992 als Sonderserie aufgelegt wurden. Diese waren im Detail etwas verbessert (insbesondere an der Regelung der Niveauregulierung und der Dämpfer) und wurden für 747.500,-- DM (inklusive der damals gültigen Mehrwertsteuer von 15% in Deutschland) verkauft. Trotz des gegenüber den 1987/1988 verkauften Fahrzeugen viel höheren Preises war die Nachfrage deutlich höher als das Angebot. Fahrzeuge der Sonderserie gelten heute als die mit Abstand begehrtesten Sammlerobjekte.

Technik

Porsche 959 in Heckansicht

Karosserie

Mit Hilfe von Produktionstechniken aus der Luftfahrt wurden das Dach, die Kotflügel und der Heckbereich aus Kevlar, die Frontschürze aus Polyurethan und die Fronthaube sowie die Türen aus Aluminium hergestellt.

Motor und Getriebe

Der 2,85-l-Biturbo-Motor

Der Sechszylinder-Boxer-Motor, aus einer Aluminiumlegierung hergestellt, hat 2,85 l Hubraum und leistet 331 kW (450 PS) bei 6500/min mit einem maximalen Drehmoment von 500 Nm bei 5000/min.

Als erster Serien-PKW hat der 959 eine Registeraufladung mit zwei hintereinander geschalteten, wassergekühlten KKK-Turboladern samt Ladeluftkühlern – bis dahin für Otto-Motoren einzigartig. Der Motor besitzt zwei obenliegende Nockenwellen pro Zylinderreihe mit vier Ventilen je Zylinder. Die Zylinder selbst sind in alter Porsche-Tradition noch luftgekühlt; die Zylinderköpfe sind jedoch wassergekühlt. Die Auslassventile besitzen eine Natriumfüllung zur besseren Wärmeableitung.

Das Antriebsaggregat mit einem Ölinhalt von 18 Litern hat die aus dem 911 bekannte Trockensumpfschmierung. Einspritzung und Zündung werden von einer Motronic von Bosch gesteuert.

Die Kraftübertragung erfolgt über eine hydraulisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung und ein Sechsgang-Schaltgetriebe.

Allradantrieb

Der Allradantrieb des 911 4×4 wurde für den 959 nochmals verbessert. Über ein gewöhnliches Differenzial werden die Hinterräder angetrieben, das vordere Differenzial wird über die Antriebswelle mit dem Getriebe verbunden. Bei Schlupf werden die Reibflächen der ölgeschmierten Lamellenkupplung aneinandergepresst, und das somit angepasste Drehmoment gleicht die Geschwindigkeit der Räder aus. Das System erkennt über Sensoren Raddrehzahl, Schlupf, Motordrehzahl und Lenkwinkel, damit der Allradantrieb optimal arbeiten kann. Der Allradantrieb passt sich automatisch an die jeweilige Situation an.

Fahrwerk und Reifen

Der 959 hat rundum Einzelradaufhängung, Doppelquerlenker und Schraubenfedern, zwei variable Bilstein-Teleskopstoßdämpfer pro Rad und eine automatische, geschwindigkeitsabhängige Niveauregulierung. Zudem kann man die Härte des Fahrwerks einstellen. Abgebremst wird der 959 über Vierkolben-Festsättel an 322 mm großen Bremsscheiben vorne und an 304 mm großen Bremsscheiben hinten, die mit einem von Porsche und WABCO neu entwickelten ABS ausgestattet sind. Die Reifen haben die Dimension 235/45VR17 vorne und 255/40VR17 hinten, aufgezogen auf Magnesiumfelgen mit 8 Zoll Breite vorne und 9 Zoll breite hinten, die mit hohlen Speichen realisiert wurden, was eine zum Produktionszeitpunkt einzigartige Reifendruckkontrolle ermöglichte. Dieses System wurde erstmalig beim Porsche 936 in Le Mans 1980 eingesetzt. Sobald der Reifendruck unter einen bestimmten Wert sinkt, informieren ein optisches und ein akustisches Signal den Fahrer. Des Weiteren sind vier Kontrollleuchten angebracht, die den Fahrer informieren, um welches Rad es sich handelt. Ursprünglich sollte der Porsche 959 ab Werk mit Denloc-Reifen von Dunlop ausgeliefert werden. Allerdings stieg Porsche mit Beginn der Serienproduktion auf Bridgestone RE 71 um, da die Denloc-Reifen keine Strassenzulassung hatten.

Gewicht

Das Leergewicht beträgt 1450 kg bzw. 1350 kg in der Leichtbauversion. Ein Test der AMS 12/1987 bescheinigte dem 959 in der „Komfortversion“ allerdings 1566 kg Leergewicht. Damit war er rund 300 kg schwerer als sein zeitgenössischer Rivale, der Ferrari F40. Dieser Umstand brachte dem 959 einiges an Kritik ein, denn in Vergleichstests mit dem italienischen Konkurrenten wurde er als behäbiger und schwerfälliger empfunden.

Einzelstück: Das 959-Cabriolet

Auch wenn er in dieser Form nie die Werkshallen verlassen hat, so gibt es doch einen ganz außergewöhnlichen 959: das Cabriolet. Aufgrund eines Unfalls, der eine komplette Neukarosserierung des Fahrzeugs notwendig machte, ließ sich ein 959-Besitzer 1989 seinen Wagen als Cabriolet wieder aufbauen. Neben den entsprechenden notwendigen neu eingeschweißten Stabilisierungen verfügt der Wagen noch über eine weitere Besonderheit: Er kann jederzeit sowohl zum normalen Cabriolet als auch zum Speedster umgebaut werden – durch wenige Handgriffe und den Tausch von Frontscheibe und Verdeck. Die Motortechnik und die komplette Elektronik blieben bei dem Umbau unangetastet. Der Wagen befindet sich noch immer im Besitz des Erstkäufers.[1]

Fahrleistungen

  • 0–80 km/h 3,0 s
  • 0–100 km/h 3,7 s
  • 0–120 km/h 5,3 s
  • 0–140 km/h 6,5 s
  • 0–160 km/h 8,5 s
  • 0–180 km/h 10,5 s
  • 0–200 km/h 13,3 s
  • 400 m mit stehendem Start: 11,8 s
  • 1000 m mit stehendem Start: 21,6 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 317 km/h

Technische Daten

Porsche 959: Daten
Motor:  6-Zylinder-Boxermotor mit Bi-Turboaufladung (Viertakt)
Hubraum:  2847 cm³
Bohrung × Hub:  93 × 70,4 mm
Leistung:  331 kW (450 PS) bei 6500 1/min
Max. Drehmoment 500 Nm bei 5500 1/min
Verdichtung:  8,3:1
Literleistung:  116,2 kW/l (158 PS/l)
Ventilsteuerung:  zweimal zwei oben liegende Nockenwellen
Kühlung:  Luftkühlung (Gebläse), Zylinderköpfe mit Wasserkühlung
Getriebe:  6-Gang-Getriebe, Allradantrieb
Bremsen:  Stahlscheibenbremsen (innenbelüftet), 322 x 32 mm vorne und 304 x 28 mm hinten, ABS
Radaufhängung vorn:  Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern je Rad
Radaufhängung hinten:  Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern je Rad
Federung vorn:  eine Schraubenfeder je Rad
Federung hinten:  eine Schraubenfeder je Rad
Karosserie:  Selbsttragende Stahl-Karosserie mit Komponenten
aus Kunststoff (Aramid und Kevlar) und Leichtmetall (Aluminium)
Spurweite vorn/hinten:  1504/1549 mm
Radstand 2272 mm
Reifen/Felgen:  Magnesium-Felgen (VA: 235 x 45 VR17/HA: 255 x 40 VR17)
mit Reifendrucksensor
Maße L × B × H:  4260 × 1840 × 1280 mm
Tankinhalt:  85 l
Leergewicht 1450 kg (1350 kg bei Leichtbauversion)
Höchstgeschwindigkeit:  317 km/h
Beschleunigung
0 – 100 km/h: 
3,7 s
Beschleunigung
0 – 200 km/h: 
13,3 s

Sonstiges

Wertentwicklung

Der Kaufpreis für die günstigste 959-Version betrug 1987 420.000 DM, allerdings konnte man das Auto nicht frei kaufen – es wurde ursprünglich einer selektierten Käuferschicht angeboten. Um noch höhere Preise auf dem Gebrauchtmarkt zu vermeiden, wurde darüber hinaus den Kunden auferlegt, ihr Auto in den ersten sechs Monaten nicht weiter zu veräußern.[2] Heutzutage werden Gebrauchtfahrzeuge in einem groben Rahmen von 150.000 bis 250.000 Euro gehandelt. Bei gut gepflegten und wenig gefahrenen Exemplaren kann der aufgerufene Kaufpreis aber auch weitaus höher liegen. Besonders die seltene Sportvariante erzielt aufgrund der geringen Produktionszahl einen deutlich höheren Preis. Zur Hochperiode der Sammler-Autos (gegen Ende der 1980er) wurden 959-Kaufpreise von über 1 Million DM bekannt.

Bei Sammlern am begehrtesten sind die acht nachproduzierten Fahrzeuge aus der Sonderserie von 1992. Diese wurden 1992/1993 für 747.500 DM von Porsche verkauft. Für sie ist ein Preis heute nicht bezifferbar, da diese Liebhaberobjekte praktisch nie auf den Markt kommen.

Von mindestens zwei Exemplaren des 959 ist bekannt, dass sie nach Unfällen ohne Personenschaden aufgrund wirtschaftlicher Totalschäden aus dem Verkehr gezogen wurden.

Kunden

Zu den ausgewählten Fahrern des 959 gehörten bei seiner Einführung u. a. der US-amerikanische Komiker Jerry Seinfeld und Martina Navrátilová. Herbert von Karajan besaß gleich zwei 959, Zitat: „Mit dem ersten hatte ich keine Probleme, da er abbrannte.“ Die Microsoft-Gründer Bill Gates und Paul Allen hatten sich 1988 jeweils einen 959 in der US-Version gekauft, die jedoch in den USA wegen fehlender Crashtests und schlechter Emissionswerte zunächst gar nicht für den Straßenverkehr zugelassen wurden. Bill Clinton unterzeichnete später extra ein Bundesgesetz, das die Zulassung erlaubte. Boris Becker kaufte sich auch einen Porsche 959, hatte zu diesem Zeitpunkt aber einen Werbevertrag mit Ford.

Literatur

Quellen

  1. Artikel Grand ouvert, Auto Welt, Ausgabe 1/1989
  2. Artikel "So desired, even the famous were denied" von Dan Jedlicka vom 26. Februar 2007, http://searchchicago.suntimes.com/autos/research/jedlicka/270620,CAR-News-Clas26.article, Stand 23. Oktober 2008: „Other 959 owners had to promise not to sell the car for six months because it could be sold for a huge profit after a buyer took delivery.“

Weblinks

 Commons: Porsche 959 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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