- Albanisches Parlament
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Albanisches Parlament Logo Parlamentsgebäude Basisdaten Sitz: Parlamentsgebäude,
TiranaLegislaturperiode: vier Jahre Erste Sitzung: 15. April 1992 (seit der demokratischen Wende) Abgeordnete: 140 Aktuelle Legislaturperiode Letzte Wahl: 28. Juni 2009 Vorsitz: Parlamentspräsidentin
Jozefina Topalli (PD) seit 2005Sitzverteilung: PD 67 Sitze
PS 65 Sitze
LSI 4 Sitze
PDIU 2 Sitze
PR 1 Sitz
PBDNJ 1 SitzWebsite www.parlament.al Das Albanische Parlament (albanisch: Kuvendi i Shqipërisë oder nur Kuvendi) ist das Gesetzgebungsorgan der Republik Albanien. Ihm gehören 140 Abgeordnete an. Die Legislaturperiode dauert normalerweise vier Jahre. Seit den letzten Parlamentswahlen im Juni 2009 sind 6 Parteien im Parlament vertreten. Parlamentspräsidentin ist seit 2005 Jozefina Topalli (PD). In Albanien gilt das Einkammersystem.
Inhaltsverzeichnis
Wahlrecht und Wahlen
Aktives Wahlrecht haben alle albanischen Staatsbürger, die älter als 18 Jahre sind. Das aktuelle Wahlgesetz wurde in einer seltenen Kooperation der beiden großen Parteien (Sozialisten und Demokraten) erarbeitet und mit deren Mehrheit im Januar 2009 vom Parlament angenommen. Im Vergleich zu dem in den vergangenen zwölf Jahren gültigen Wahlrecht begünstigt das neue Gesetz große Parteien.
Die 140 Parlamentsmandate werden in einer Verhältniswahl bestimmt. Die Zahl der Wähler in den einzelnen Wahlkreisen differiert stark; so hat etwa der Wahlkreis Tirana fast 1 Mio Einwohner, der Wahlkreis Kukës dagegen kaum 100.000. Neben Parteien und Einzelkandidaten können sich auch gemeinsame Listen mehrerer Parteien, so genannte Wahlkoalitionen, zur Wahl stellen, wobei aber jede einzelne Mitgliedspartei separat auf dem Stimmzettel aufgeführt ist. Es sind auch gleichzeitige Kandidaturen auf Listen in verschiedenen Wahlkreisen erlaubt. Nicht im Parlament vertretene Parteien benötigen für die Kandidatur die Unterschrift von 10.000 Unterstützern, Einzelkandidaten die Unterschriften von 1 % der Wähler ihres Wahlkreises. Um bei der Sitzvergabe in einem Wahlkreis berücksichtigt zu werden, muss eine Partei mindestens 2,5 %, eine Koalition mindestens 4 % der Stimmen gewinnen.[1]
Seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft fanden insgesamt sechs Mal Parlamentswahlen statt (1992, 1996, 1997, 2001, 2005 und 2009). Bei allen Wahlen kam es zu mehr oder weniger großen Unregelmäßigkeiten bei der Registrierung der Wähler, der Stimmabgabe und der Stimmenauszählung. Insbesondere die Wahlen von 1996 sind massiv gefälscht worden. Seit 1997 werden die Wahlen daher jedes Mal von der OSZE und anderen internationalen Organisationen beobachtet. Seit 2001 sind auch albanische Bürgerrechtsgruppen in dieser Hinsicht aktiv.
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 28. Juni 2009 statt. Wie bei allen vergangenen Wahlen seit 1997 standen sich im Wesentlichen die zwei großen Machtblöcke unter der Führung der regierenden Demokraten bzw. der oppositionellen Sozialisten gegenüber. Zum Regierungsbündnis Allianz der Veränderung (alb. Aleanca e Ndryshimit) gehörten neben den Demokraten, die Republikaner, die PDIU und weitere kleine Parteien. Mit den Sozialisten traten die griechische Minderheitenpartei PBDNJ und weitere Kleinparteien im Bündnis Union für Veränderung (alb. Bashkimi për Ndryshim) an. Separat kandidierte u.a. die Sozialistische Allianz für Integration. Der Wahlkampf war von Gewalttaten und mehreren Todesfällen überschattet. Von den 3,1 Mio eigentlich wahlberechtigten Albanern konnten 250.000 nicht an der Wahl teilnehmen, weil sie die neuen fälschungssicheren Ausweise noch nicht erhalten hatten, die gesetzliche Bedingung für die Teilnahme waren.[2] Die Stimmabgabe am 28. Juni 2009 verlief im Allgemeinen ruhig und geordnet, was von den Sozialisten aber in Abrede gestellt wird.
Wahlergebnis 2009
Die beiden großen Parteien waren nahezu gleich stark. Zusammen mit ihren Bündnispartnern lag die Koalition um die Demokraten aber vorn und konnte genau die Hälfte der 140 Sitze erreichen. Im August 2009 entschied sich die LSI für eine Koalition mit den Demokraten und verschaffte Ministerpräsident Sali Berisha die Mehrheit für eine erneute Regierungsbildung.[3]
Das Parlament wird so von zwei Koalitionen und einer Partei ohne Bündnispartner beeinflusst: die Allianz für Veränderung zwischen der PD, PR und PDIU, die Union für Veränderung zwischen der PS und PBDNJ sowie die Sozialistische Allianz für Integration der LSI.
Erstmals seit 1997 nicht im Parlament vertreten sind mehrere kleinere Parteien der Mitte: die Sozialdemokraten, die Demokratische Allianz, die Christdemokraten und die Agrarpartei. Damit hat sich das Parteiensystem Albaniens weiter auf die zwei großen Blöcke hin polarisiert.
Im Februar 2011 fusionierte die bisher unter der Partei-Koalition der Demokraten stehende Partia për Drejtësi dhe Unitet (PDU) und die im Parlament einen Sitz haltenden Partia për Drejtësi dhe Integrim (PDI) zur Partia për Drejtësi, Integrim dhe Unitet (PDIU), die nun neu zwei Sitze im Parlament hat und die Sitze der Demokraten sich auf 67 senkt.
Partei (albanisch) Kürzel Parteivorsitzender Fraktionsvorsitzender Kuvendi
(Abgeordnete)Stimmenanteil landes-
weit in ProzentPartia Demokratike e Shqipërisë PD Sali Berisha Astrit Patozi 67 40,2 Partia Socialiste e Shqipërisë PS Edi Rama Gramoz Ruçi 65 40,9 Lëvizja Socialiste për Integrim LSI Ilir Meta Lefter Koka 4 5,6 Partia për Drejtësi, Integrim dhe Unitet PDIU Shpëtim Idrizi Astrit Patozi 2 1,0 Partia Republikane e Shqipërisë PR Fatmir Mediu Astrit Patozi 1 2,1 Partia Bashkimi për të Drejtat e Njeriut PBDNJ Vangjel Dule Gramoz Ruçi 1 1,2 Befugnisse des Parlaments
Neben der Gesetzgebung obliegt dem Parlament die Wahl des Präsidenten und der Mitglieder des Verfassungsgerichts und die Entscheidung über Krieg und Frieden. Eine neu gebildete Regierung muss vor ihrem Amtsantritt das Vertrauen der Parlamentsmehrheit gewinnen.
Kommissionen
- Außenpolitische Kommission
- Kommission für Arbeit, Soziale Fragen und Gesundheit
- Kommission für Europäische Integrierung
- Kommission für Produktive Aktivitäten, Handel und Umwelt
- Kommission für Gesetzesfragen, Öffentliche Verwaltung und Menschenrechte
- Kommission für Nationale Sicherheit
- Wirtschafts- und Finanzkommission
- Kommission für Bildung und Mittel für Öffentliche Informierung
- Neben diesen ständigen parlamentarischen Kommissionen gibt es auch temporäre Kommissionen und auch Untersuchungskommissionen, von denen seit dem Sturz des Kommunismus bisher drei eingerichtet und wieder erfolgreich abgeschlossen wurde.
Vorzeitige Auflösung
Gelingt es dem Parlament nicht, in einer von der Verfassung vorgeschriebenen Anzahl von Wahlgängen, einen Präsidenten zu wählen, ist es automatisch aufgelöst und Neuwahlen finden statt. Ferner kann das Parlament vom Präsidenten aufgelöst werden, wenn es in mehreren Abstimmungen nicht gelungen ist, einen Ministerpräsidenten zu wählen. Der Präsident hat dann fristgemäß Neuwahlen auszuschreiben.
Geschichte
Im Januar 1920 konstituierte sich der Kongress von Lushnja aus Vertretern der meisten albanischen Städte und Regionen. Seine 37 Mitglieder übernahmen die Funktion der gesetzgebenden Nationalversammlung, ohne dazu gewählt worden zu sein.
Im Februar und März 1921 fanden die ersten Wahlen in Albanien statt. Am 21. April 1921 versammelten sich in Tirana erstmals die 78 gewählten Abgeordneten. Die Wahlen konnten kaum als demokratisch bezeichnet werden. Vielmehr drückten Großgrundbesitzer und Clanchefs ihre Kandidaten durch bzw. ließen sich selbst von ihrer Gefolgschaft wählen.
1924 ist die durch Parlamentsvotum ins Amt gekommene Regierung Fan Noli mit Waffengewalt gestürzt worden. Der neue Machthaber Ahmet Zogu beeinflusste die 1925 anstehenden Wahlen in seinem Sinne. Das nach einem neuen Wahlgesetz bestimmte Zwei-Kammer-Parlament (Deputiertenkammer und Senat) trat am 1. Juli 1925 zum ersten Mal zusammen.
1928 akzeptierte das Parlament Zogus' Vorschlag, eine Konstitutionellen Monarchie mit ihm selbst als König einzurichten. In der Zeit der Zogistischen Monarchie (1928-1939) bestand das albanische Parlament nur noch aus einer Kammer.
Vom 24. bis zum 28. Mai 1944 fand in Përmet der 1. antifaschistische Kongress der nationalen Befreiung statt. Dieser Kongress von Përmet, bestent aus 186 Delegierten aus dem ganzen Land, wählte den aus 118 Personen bestehenden Antifaschistischen Rat der nationalen Befreiung (Këshilli antifashist nacional-çlirimtar), ein Übergangsparlament, das vom 20. bis 23. Oktober noch in Berat tagte.[4]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde am 2. Dezember 1945 eine verfassunggebende Versammlung gewählt. Die Kommunisten beeinflussten die Wahl zu ihren Gunsten und gewannen. Nach der Verfassung von 1946 hieß das Parlament Kuvendi Popullor (Volksversammlung). Es spielte unter der kommunistischen Herrschaft keine Rolle. Alle wichtigen Entscheidungen wurden vom Diktator Enver Hoxha und von den Leitungsgremien der Arbeitspartei (KP Albaniens) gefällt.
Am 31. März 1991 fanden erstmals nach dem Ende der stalinistischen Herrschaft pluralistische Wahlen statt. Zugelassen waren außer der Sozialistischen Partei (Nachfolgeorganisation der Arbeitspartei) die Demokratische Partei. Die Sozialisten gewannen die Wahl. Chancengleichheit hatte nicht bestanden, da die soeben erst gegründeten Demokraten kaum organisiert waren. Die Wähler wurden zudem eingeschüchtert und von den kommunistisch beherrschten Medien gezielt desinformiert.
Die ersten wirklich freien Wahlen wurden im März 1992 abgehalten. Aus ihnen ging die Demokratische Partei als Sieger hervor. Das neue Parlament trat am 15. April 1992 zum ersten Mal zusammen. Seitdem fanden 1996, 1997, 2001, 2005 und 2009 weitere Parlamentswahlen statt.
Am 24. März 2011 gewann das Projekt des österreichischen Architektur-Studio Coop Himmelb(l)au die Ausschreibung für den Neubau des Parlamentsgebäudes. Es konnte sich gegen elf andere Entwürfe durchsetzen. Das neue Parlamentsgebäude wird anlässlich des 100. Jahrestags der albanischen Unabhängigkeitserklärung am 28. November 2012 fertiggestellt sein und an der Stelle des Enver-Hoxha-Museums stehen.[5]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Wahlrecht in Albanien
- ↑ Spiegl-online 28. Juni 2009
- ↑ Wahlergebnis 2009 auf den Seiten der Deutsch-Albanischen Freundschaftsgesellschaft
- ↑ Owen Pearson: Albania in Occupation and War – From Fascism to Communism 1940–1945. In: The Centre for Albanian Studies (Hrsg.): Albania in the Twentieth Century: A History. Volume 2, I. B. Tauris, London 2005, ISBN 1-84511-014-5, S. 348ff, 399f.
- ↑ Juria ndërkombëtare dhe votat elektronike të opinionit shqiptar, shpallin projektin fitues për Kompleksin e ri Parlamentar. parlament.al, 24. März 2011, abgerufen am 18. September 2011 (albanisch und englisch).
Weblinks
- Internetpräsenz des albanischen Parlaments (albanisch und englisch)
- Dokumentation zur Parlamentsgeschichte von 1920 bis 2005 (albanisch)
- Zentrale Wahlkommission Albaniens (albanisch und englisch)
Literatur
- Barjaba, Kosta (Hrsg.): Albania's democratic elections, 1991 - 1997. Analyses, documents and data. Berlin 2004. ISBN 3-89404-237-0
- Afrim Krasniqi: Political Parties in Albania 1920-2006. Tirana 2006
Europäische Union: Europäisches Parlament
Albanien: Kuvendi i Shqipërisë | Andorra: Consell General de les Valls | Belgien: Parlament (Abgeordnetenkammer und Senat) | Bosnien und Herzegowina: Abgeordnetenhaus | Bulgarien: Narodno Sabranie | Dänemark: Folketing | Deutschland: Bundestag und Bundesrat | Estland: Riigikogu | Finnland: Eduskunta | Frankreich: Parlement français (Assemblée nationale und Sénat) | Griechenland: Parlament | Irland: Oireachtas (Dáil Éireann und Seanad Éireann) | Island: Althing | Italien: Camera und Senato | Kroatien: Sabor | Lettland: Saeima | Liechtenstein: Landtag | Litauen: Seimas | Luxemburg: Chambre des Députés | Malta: Kamra Tad-Deputati | Mazedonien: Parlament | Moldawien: Parlamentul Republicii Moldova | Monaco: Conseil National | Montenegro: Parlament | Niederlande: Staten-Generaal (Eerste Kamer und Tweede Kamer) | Norwegen: Storting | Österreich: Parlament (Nationalrat und Bundesrat) | Polen: Sejm und Senat | Portugal: Assembleia da República | Rumänien: Camera Deputaților und Senatul | Russland: Föderationsversammlung (Duma und Föderationsrat) | San Marino: Consiglio Grande e Generale | Schweden: Riksdagen | Schweiz: Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) | Serbien: Nationalversammlung | Slowakei: Nationalrat | Slowenien: Državni zbor und Državni svet | Spanien: Cortes Generales (Congreso de los Diputados und Senado) | Tschechien: Abgeordnetenhaus und Senat | Türkei: Türkiye Büyük Millet Meclisi | Ukraine: Werchowna Rada | Ungarn: Országgyűlés | Vatikanstadt: – | Vereinigtes Königreich: Parliament (House of Commons und House of Lords) | Weißrussland: Repräsentantenhaus und Rat der Republik
Sonstige Gebiete:
Åland: Lagting | Färöer: Løgting | Gibraltar: Parlament | Guernsey: States of Guernsey | Isle of Man: Tynwald (House of Keys und Legislative Council) | Jersey: States of JerseyUmstrittene Gebiete:
Kosovo: Kuvendi i Kosovës | Transnistrien: Oberster Sowjet
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