Dáil Éireann

Dáil Éireann

Dáil Éireann (irisch; kurz auch Dáil genannt; Übersetzung: Versammlung Irlands, Aussprache: /ˈdɑːL´ˈeːr´ən/) ist das Unterhaus des Parlaments (Oireachtas) der Republik Irland. Es wird direkt gewählt, mindestens alle fünf Jahre im System des Verhältniswahlrechts durch die Single transferable vote. Die Machtbefugnisse des Dáil, als des beherrschenden Zweigs des Parlaments, sind ähnlich denen von anderen Unterhäusern in anderen parlamentarischen Systemen. Die Versammlungen des Unterhauses finden seit 1922 im Leinster House in Dublin statt. Im Rahmen der irischen Wirtschafts- und Regierungskrise um die Jahreswende 2010/2011 wurden vorgezogene Wahlen zum Dáil für den 25. Februar 2011 angesetzt (siehe auch Wahlen in Irland).[1]

Inhaltsverzeichnis

Zusammensetzung

Das Dáil besteht zur Zeit aus 166 Mitgliedern. Diese werden mindestens alle fünf Jahre durch die Bürger der Republik Irland direkt gewählt. Mitglieder des Unterhauses müssen mindestens 21 Jahre alt sein und werden als Teachta Dála (TD) or Deputy bezeichnet.

Wahl

Wahlberechtigt ist man mit 18 Jahren. Unter der irischen Verfassung muss eine Unterhauswahl mindestens alle sieben Jahre stattfinden – die aktuelle Begrenzung auf fünf Jahre beruht auf einem Gesetz. Der Taoiseach kann durch ein Ersuchen beim irischen Präsidenten das Unterhaus jederzeit auflösen, was zu Neuwahlen innerhalb von 30 Tagen führt.

Durch das System der Single transferable vote (STV) werden die Sitze im Dáil anteilmäßig verteilt. Die relativ kleinen Wahlkreise bringen den größeren Parteien hierbei Vorteile und benachteiligen leicht die kleineren Parteien. Seit den 1990er Jahren besteht die Regierung durchgehend aus Koalitionen. Vor 1989 waren hingegen Ein-Parteien-Regierungen, meist durch die Partei Fianna Fáil, die Regel. Dadurch dass die Wahlbezirke bedingt durch die STV immer mehreren Sitzen im Unterhaus entsprechen, müssen Kandidaten oft gegen Mitglieder der gleichen Partei antreten. Dies führt zu einer größeren Auswahl für den Wähler, wird aber von einigen kritisiert, da es teilweise zu recht provinzlerischen Unterhausmitgliedern führt. Zwei Versuche (1959 und 1968) wurden unternommen zum britischen System des Mehrheitswahlrechts überzugehen – beide wurden durch Volksabstimmungen abgelehnt. Nachwahlen finden im System des Instant-Runoff-Votings statt.

Aktuell (Stand: 2007) stimmt jeder Wahlkreis über drei bis fünf (Durchschnitt ist 3,9) Mitglieder des Unterhauses ab. Die irische Verfassung schreibt lediglich vor, dass kein Wahlkreis weniger als drei Unterhausmitglieder stellen darf. Eine Obergrenze wird nicht festgelegt. Weiterhin ist in der Verfassung festgelegt, dass die Wahlkreisgrenzen mindestens alle zwölf Jahre überprüft werden müssen. Es ist also möglich, dass sich diese, aufgrund von Änderungen in der Bevölkerungsdichte, verschieben. Wahlkreisgrenzen werden momentan durch eine unabhängige Kommission ausgearbeitet, deren Vorschläge normalerweise übernommen werden. Per Verfassung ist eine ungerechte Verteilung der Wahlkreise verboten.

Anzahl der Mitglieder

Leinster House in Dublin, Amtssitz des Dáil Éireann.

Per irischer Verfassung muss auf je 30.000 Einwohner mindestens, und auf je 20.000 Einwohner maximal ein Unterhausmitglied vorhanden sein. Da sämtliche irische Minister aus den Reihen des kleinen Parlaments stammen müssen, war es seit je die Aufgabe des Unterhauses eine möglichst große Anzahl an talentierten und fähigen Politikern „bereitzustellen“, weshalb die Zahl der Unterhausmitglieder meist nahe an der Maximalgrenze gelegen hat. Im aktuellen (30.) Dáil kommt ein Unterhausmitglied auf 25.500 Einwohner – eine der höchsten Quoten auf der Welt. Mit der Annahme der (aktuellen) Verfassung im Jahr 1937 verminderte sich durch diese Regelung die Anzahl von 153 auf 138. Da dies in den 1960er Jahren für den Taoiseach Seán Lemass zu Problemen führte, geeignete Minister aufzustellen, wurde die Anzahl daraufhin erhöht. 1981 fand erneut eine Erhöhung auf die noch heute gültige Zahl von 166 Mitgliedern statt.

Ceann Comhairle

Hauptartikel: Ceann Comhairle

Der Sprecher, oder Vorsitzende, des Dáil Éireann ist der so genannte Ceann Comhairle. Der Ceann Comhairle wird aus den Reihen der Unterhausmitglieder gewählt, von ihm wird aber strikte Unparteilichkeit verlangt. Unabhängig davon versucht die Regierung einen Vorsitzenden aus den eigenen Reihen zu erreichen.

Machtbefugnisse

Obwohl Dáil Éireann neben dem Präsidenten und dem Seanad Éireann nur eine von drei Säulen des Parlaments ist, besitzt das Dáil die wohl mächtigsten Befugnisse. Er kann quasi jedes gewünschte Gesetz verabschieden, da der Präsident normalerweise verpflichtet ist jedes Gesetz, das von beiden Kammern der Oireachtas verabschiedet wurde, zu unterzeichnen und der Seanad normalerweise ein Gesetz nur verzögern, es aber nicht verhindern kann. Weiterhin bestimmt das Dáil den irischen Premierminister, den sog. Taoiseach. Dáil Éireann kann eine Vertrauensfrage stellen; in diesem Fall muss der Taoiseach entweder das Parlament auflösen oder zurücktreten1. Das Dáil hat auch die alleinige Macht

  • den Haushalt vorzuschlagen (solange es nicht den Senat betrifft)
  • Staatsverträge zu ratifizieren
  • den Krieg bzw. die Teilnahme an einem Krieg zu erklären.

Das Dáil bestimmt eigenständig über die eigene Geschäftsordnung und seine Mitglieder werden durch verschiedene Gesetze geschützt (politische Immunität). Wie auch in anderen parlamentarischen Systemen, sind die Unterhausmitglieder prinzipiell an die Vorgaben der Partei gebunden und stimmen nicht nach ihrer eigenen Ermessenslage ab. Versammlungen des Dáil sind öffentlich, es sei denn, es treten außergewöhnliche Umstände auf.

Geschichte

Irish House of Commons (13. Jahrhundert–1800)

Hauptartikel: Parliament of Ireland

Die erste gesetzgebende Gewalt in Irland war das Parliament of Ireland (Parlament von Irland) aus dem 13. Jahrhundert und dessen Unterhaus was das Irish House of Commons (Irisches Unterhaus). Das Parlament wurde 1800 mit dem Act of Union abgeschafft.

House of Commons of Southern Ireland (1921–1922)

Hauptartikel: Parliament of Southern Ireland

Erst 1921 schaffte die britische Regierung mit dem Parliament of Southern Ireland (Parlament von Südirland) eine neue offizielle legislative Gewalt in Irland. Dies war ein Versuch Nationalisten mit einer Art beschränkter Home Rule zu besänftigen. Diese Institution wurde jedoch von den Nationalisten abgelehnt und boykottiert, deren Loyalität weiterhin dem Dáil gehörte. Da aber der First Dáil nach britischer Rechtsprechung illegal war, gilt das Unterhaus des südirischen Parlaments, das House of Commons of Southern Ireland, dort noch heute als Vorgänger des Dáil.

Dáil Éireann (House of Assembly) (1919–1922)

Hauptartikel: Dáil Éireann (House of Assembly)

Bereits vor 1921, nämlich 1919, versammelten sich irische Nationalisten wieder unter einer Art „Revolutions-Parlament“, das auf der einseitig ausgerufenen Unabhängigkeit beruhte. Dieses Parlament ist auch unter dem Namen „First Dáil“ bekannt. Der Name Dáil Éireann stammt aus dieser Zeit und obwohl es erfolgreich viele Regierungsaufgaben übernommen hatte, wurde es vom britischen Gesetz, wie auch der Second Dáil, nie anerkannt. Lediglich der Third Dáil, der unter dem Anglo-Irischen Vertrag gewählt wurde, galt als eine Art Übergangs-Unterhaus.

Dáil Éireann (Chamber of Deputies) (1923–1937)

Hauptartikel: Dáil Éireann (Freistaat)

1921 wurde durch den Anglo-Irischen Vertrag der Irische Freistaat geschaffen, der aus 26 (von 32) Grafschaften der Insel bestand. Durch die Wahl 1923 wurde das bisherige Übergangsunterhaus (Third Dáil) aufgelöst und neu zusammengesetzt. Das neue gewählte Unterhaus des Irischen Freistaates (jetzt auch mit Chamber of Deputies bezeichnet) war jetzt Teil der Legislative, die erstmals Oireachtas (irisches Parlament) genannt wurde. Sowohl Dáil Éireann als auch das Oberhaus versammelten sich im Leinster House in Dublin. Obwohl die ersten drei Dáila nie offiziell anerkannt wurden, wird das erste Unterhaus unter dem Freistaat als 4. Dáil bezeichnet.

Dáil Éireann (House of Representatives) (1937–heute)

Die Verfassung der Republik Irland aus dem Jahr 1937 begründet den noch heute existierenden modernen irischen Staat. Unter dieser Verfassung behielt sowohl die Legislative (Oireachtas) als auch das Unterhaus (Dáil Éireann) den bisherigen Namen. Das Unterhaus wurde aber ab sofort als „Abgeordnetenhaus“ bezeichnet. Das erste Unterhaus, das unter der neuen Verfassung zusammentrat, wird auch als das 9. Dáil (Ninth Dáil) bezeichnet.

Sitzverteilung des 31. Dáil Éireann (Stand März 2011)

Hauptartikel: Wahlen zum Dáil Éireann 2011

Fußnoten

  1. Bisher geschah es nur einmal, dass der Rücktritt nicht in einer Neuwahl endete: 1994 wurde John Bruton (Fine Gael) neuer Taoiseach als die Labour-Party die Koalition mit Fianna Fáil unter Albert Reynolds verließ und so die Regierung wechselte.
  2. Koalitionspartner sind mit einem Kreis gekennzeichnet ()
  3. Am 8. November 2008 wurde die Selbstauflösung der Progressive Democrats beschlossen.
  4. Die Socialist Party und die People Before Profit Alliance sowie der unabhängige Abgeordnete Seamus Healy bilden die United Left Alliance.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The Irish Times: Cowen says election will define economic future, 1. Februar 2011

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