- Zweisystembahn
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Der Begriff Tram-Train bezeichnet eine Verknüpfung innerstädtischer Straßen- oder Stadtbahnsysteme mit regionalen Eisenbahnstrecken, um umsteigefreie Direktverbindungen im Schienenpersonennahverkehr zwischen den Innenstädten von Mittel- und Oberzentren und ihrem regionalem Umfeld zu schaffen. Hierbei handelt es sich oft um eine Zweisystem-Stadtbahn bzw. allgemeiner um eine Zweisystem-Bahn.
Die Bezeichnung Tram-Train ist hauptsächlich im französischen – teilweise auch im englischen – Sprachraum gebräuchlich. Im deutschsprachigen Raum gibt es für solche Verkehrssysteme unterschiedliche Namen und Bezeichnungen, beispielsweise Regionalstadtbahn (in der Fachwelt allgemein und als Name für das Projekt Braunschweig im Speziellen), Regiotram (Kassel) oder Saarbahn (Saarbrücken). Der im Englischen verwendete Begriff Light Rail ist umfassender und bezeichnet jede Art von schienengebundenem Personenverkehr, der entweder von nicht voll-eisenbahntauglichen Fahrzeugen ausgeführt wird oder auf Schienenstrecken, die nicht die absolute Priorität gegenüber dem Straßenverkehr besitzen, der üblicherweise dem Eisenbahnverkehr eigen ist. Er wird im Deutschen am ehesten mit Stadtbahn übersetzt.
Der oft verwendete Begriff Mehrsystem- oder Zweisystem-Stadtbahn bedeutet, dass die Fahrzeuge eines solchen Verkehrssystems im Sinne der jeweiligen Betriebsordnungen gleichzeitig Straßenbahn- als auch Eisenbahnfahrzeuge sind und unterschiedliche Stromversorgungen oder Antriebssysteme nutzen. Die Fahrzeuge zählen damit in der Regel zu den Leichten Nahverkehrstriebwagen (LNT).
Die Verwendung der Bezeichnung „Karlsruher Modell“ für Tram-Train-Systeme bezieht sich auf die Region Karlsruhe, in der 1992 erstmals eine Zweisystemstadtbahn im engeren Sinne eingeführt wurde. In Karlsruhe wird das System als Stadtbahn bezeichnet und mit dem Logo der S-Bahn abgekürzt, was eine sonst unübliche Anlehnung des Begriffs an die in Deutschland sonst als reine Eisenbahn (heavy rail) konzipierte S-Bahn ist, bei der die Abkürzung für Stadtschnellbahn steht. Diese Anlehnung an ein technisch eigentlich stark abweichendes System fußt auf der Ähnlichkeit der Bedienungsaufgaben beider Systeme, Stadt und Vororte bzw. Umland mit einander zu verbinden, da dieser Aspekt in der Beziehung zum Fahrgast eine vordergründige Rolle spielt. Diese dortige Abkürzung ist daher als Marke zu verstehen.
Inhaltsverzeichnis
Verkehrsplanerische Bedeutung
Hier der Stadtverkehr, dort der Eisenbahn-Regionalverkehr – an Umsteigepunkten verbunden, aber nicht miteinander verwoben. So präsentierte sich über Jahrzehnte hinweg der öffentliche Verkehr in Ballungsräumen. Genau dort lag aber das Problem, neue Kunden zu gewinnen, denn der Übergang vom Zug zur Straßenbahn oder umgekehrt schreckte viele potenzielle Fahrgäste ab. Zwar entstanden in den größten Städten (z. B. München, Köln, Hannover, Wien, Zürich) neue S-Bahn-Netze, die Direktverbindungen zwischen Stadt und Umland schufen, allerdings war deren Bau mit immensen Kosten verbunden, weil entweder innerstädtische Strecken im Tunnel angelegt werden mussten bzw. erhebliche Eingriffe in die städtische Bausubstanz erforderten oder nur bestehende Strecken ausgebaut wurden, was den Mehrwert auf besseres Rollmaterial, eine kürzere Taktfolge und ggf. neue Haltestellen beschränkte. Ein derartiger S-Bahn-Ausbau war daher nur in den Metropolregionen realisierbar, nicht aber in kleineren Verdichtungsräumen. Auch die Verlängerung bestehender Straßen- und Stadtbahnlinien war aufgrund der Kosten für den Streckenneubau nur in Einzelfällen realisierbar.
Die Zweisystemstadtbahn überwindet dieses Problem, indem sie die Systemgrenzen zwischen Eisenbahn und Straßenbahn überwindet und damit die Nutzung regionaler Eisenbahnstrecken durch Stadtbahnlinien ermöglicht, die an den Stadtgrenzen vom Eisenbahn- auf das Straßenbahnnetz übergehen und somit als Straßenbahn mitten in die Großstädte hineinfahren kann – der Umsteigezwang für die Fahrgäste entfällt dadurch. Die Spurweiten des Eisenbahn- und Straßenbahnsystems müssen dazu gleich sein und beide Systeme müssen kompatible Zugsicherungsanlagen benutzen.
Historische Entwicklung
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gab es Bemühungen, durch Kombination innerstädtischer Straßenbahnsysteme mit Vorort- und Lokalbahnen einen schienengebundenen Stadt-Umland-Verkehr zu organisieren (z. B. in Mannheim und Basel). Allerdings handelte es sich bei den befahrenen Eisenbahnstrecken um Kleinbahnen, die eine Straßenbahnen ähnliche Betriebsweise besaßen, sodass nur geringe technische und organisatorische Anpassungen erforderlich waren. Später wurde diese Betriebsweise auch auf kommunale Neben- (Albtalbahn) und Hauptbahnen (Köln-Bonner Eisenbahn) übertragen, wobei durch Anpassung der Eisenbahnstrecken und deren Elektrifizierung mit dem Stromsystem der Straßenbahn eine Art Überlandstraßenbahnbetrieb nach den Regeln der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) entstand. Auf allen diesen Strecken fand teilweise ein Mischverkehr mit lokalen, dampf- oder dieselbetriebenen Güterzugen statt.
Um jedoch auch in den Relationen, in denen keine kommunalen Eisenbahnstrecken genutzt werden konnten, einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr anbieten zu können, entstand in Karlsruhe Anfang der 1980er Jahre die Idee, Regionalstrecken der Deutschen Bundesbahn mit dem städtischen Straßenbahnnetz zu verknüpfen (Karlsruher Modell). Diese Strecken waren jedoch teilweise bereits mit dem Stromsystem der Bundesbahn elektrifiziert, sodass eine Elektrifizierung mit dem Stromsystem der Straßenbahn ausgeschlossen war. Zudem mussten Fragen der Spurführung der Stadtbahnwagen auf den Eisenbahnstrecken, organisatorische und rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Betrieb von kommunalen Stadtbahnwagen auf Bundesbahngleisen sowie Fragen der finanziellen Abgeltung für die Nutzung der Streckeninfrastruktur geklärt werden. Mit Hilfe von Versuchsfahrten mit einem provisorisch zum Zweisystemwagen umgebauten Karlsruher Stadtbahnwagen auf DB-Strecken 1986 konnten die technischen Fragestellungen weitgehend geklärt werden, sodass die Entwicklung serienmäßiger Zweisystemstadtbahnwagen eingeleitet werden konnte. Die Klärung der organisatorischen und rechtlichen Fragen erforderte noch einige Zeit, da seinerzeit die im Zuge der Bahnreform eingeführten Regeln zum diskrimierungsfreien Netzzugang noch nicht existierten und der Betrieb eines anderen Eisenbahnunternehmens im Personenverkehr auf DB-Gleisen Neuland war.
Nach Klärung aller Fragen, dem Bau einer Verbindungsstrecke zwischen Straßen- und Eisenbahnnetz und der Modernisierung der Kraichgaubahn konnte 1992 der erste Zweisystemstadtbahnverkehr zwischen Karlsruhe und Bretten-Gölshausen eingeführt werden. Der große Erfolg dieses Angebotes – die Fahrgastzahlen erhöhten sich innerhalb weniger Wochen auf das Fünffache – führten zu einem zügigen Ausbau des Zweisystem-Stadtbahnnetzes im Karlsruher Umland sowie zur Einrichtung ähnlicher Verkehrssysteme in Saarbrücken, Chemnitz, Nordhausen und Kassel. In mehreren Städten ist der Bau von Zweisystem-Stadtbahnen geplant, z. B. in Mülhausen im Elsass (Mulhouse) und Braunschweig.
Technische und organisatorische Umsetzung
Die Verknüpfung von Eisenbahn- und Straßenbahnsystemen erfordert eine Reihe von fahrzeugtechnischen, baulichen und organisatorischen Anpassungen gegenüber einem reinen Straßen-/Stadtbahnbetrieb. Diese resultieren aus unterschiedlichen technischen Parametern sowie unterschiedlichen Betriebsvorschriften: der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) im Straßenbahnbereich und der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) sowie der Eisenbahn-Signalordnung (ESO) im Eisenbahnbereich.
Fahrzeugtechnische Anpassungen
Zentrale Frage beim Einsatz von Mischsystemen Stadtbahn/Eisenbahn stellt die Frage der Energieversorgung dar: während Straßenbahnen mit Gleichstrom bei einer Spannung von 500 bis 750 V betrieben werden, verkehren Eisenbahnen entweder im Dieselbetrieb ohne Fahrleitung oder elektrisch mit dem Bahnstromsystem: in Deutschland, Österreich und der Schweiz Wechselstrom 15 kV 16,7 Hz. Es sind also Fahrzeuge erforderlich, die entweder für beide Stromsysteme ausgelegt sind oder die fahrdrahtunabhängig verkehren können. Hierzu wurden drei Lösungsansätze untersucht:
- Zweisystemstadtbahnwagen, die neben den elektrischen Einrichtungen für den Gleichstrombetrieb zusätzlich mit Transformator, Gleichrichter und Systemwahlautomatik ausgestattet sind und somit für beide Stromsysteme geeignet sind. Versuchsfahrten mit einem provisorisch umgebauten Fahrzeug fanden 1986 im Raum Karlsruhe erfolgreich statt. Derartige Fahrzeuge kommen inzwischen in Karlsruhe, Saarbrücken und Kassel sowie in der Region Île-de-France(50 Hz) zum Einsatz.
- Fahrzeuge mit Hybridantrieb Gleichstrom/Dieselmotor, die im Stadtbereich elektrisch betrieben werden während auf den Außenstrecken ein Dieselmotor zugeschaltet wird, so dass sich ein diesel-elektrischer Antrieb ergibt. Ein erstes derartiges Fahrzeug entstand zuerst versuchsweise in Nordhausen durch Einbau eines Dieselmotors in einen älteren Straßenbahnwagen. Serienmäßig mit Hybridantrieb ausgestattete Wagen verkehren heute in Nordhausen und Kassel. Dies Verfahren wird in der Regel nur auf nicht elektrifizierten Strecken angewandt
- Fahrzeuge mit Gleichstromantrieb und Batteriespeicher. Experimente mit einem solchen Antriebssystem fanden 1989 in Karlsruhe statt, wurden allerdings nicht zur Serienreife weiterentwickelt.
Neben dem Antrieb erfordert die Spurführung gemischter Straßenbahn-/Eisenbahnsysteme Anpassungen, da sich die Geometrie der Radreifen in wesentlichen Punkten unterscheiden: während Straßenbahnen Gleise mit engen Rillenschienen befahren müssen und im Kreuzungsbereich auch Flachrillen eingesetzt werden, bei denen das Rad auf den Spurkränzen läuft, sind Eisenbahnräder breiter, um eine tragfähige Führung der Räder auf den Radlaufflächen auch beim Überfahren von Weichenherzstücken zu ermöglichen. Dadurch ist auch der Spalt zwischen Schiene und Radlenker bei Eisenbahnweichen größer als bei Straßenbahnweichen. Ein Fahrzeug, das beide Systeme sicher befahren können soll, muss also ein Radreifenprofil aufweisen, dass einen tragfähigen schmalen Spurkranz mit einer breiten Radlauffläche kombiniert. Ein solches Radreifenprofil wurde bereits bei den Fahrzeuge der Albtalbahn und der Köln-Bonner Eisenbahn, die innerstädtisch schon frühzeitig im Mischbetrieb mit Straßenbahnfahrzeugen verkehrte, entwickelt und wurde für die Zweisystemstadtbahnwagen weiterentwickelt.
Unterschiede zwischen Straßenbahn- und Eisenbahnfahrzeugen finden sich auch bei den Anforderungen an die Steifigkeit des Fahrzeugs: während bei Eisenbahntriebwagen eine Längssteifigkeit von 1500 kN vorgeschrieben ist, besitzen Straßenbahn- und Stadtbahnwagen in der Regel nur eine Steifigkeit von 200–600 kN. Daher war der Einsatz der Zweisystemstadtbahnwagen Anfang der 1990er Jahre auf bestimmte Einsatzstrecken beschränkt, bis 1993 mit der so genannten LNT-Richtlinie (offiziell: Besondere Bedingungen für das Verkehren von Leichten Nahverkehrstriebwagen (LNT) im Mischbetrieb mit Regelfahrzeugen der Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs) eine allgemein gültige Regelung für den Mischbetrieb Stadtbahn/Eisenbahn geschaffen wurde. Kern der LNT-Richtlinie ist, dass Fahrzeuge, die eine geringere Steifigkeit als 1500 kN besitzen durch Maßnahmen der aktiven Sicherheit eine mindestens genauso große Sicherheit bieten müssen wie Fahrzeuge mit regelkonformer Rahmensteifigkeit. Zur aktiven Sicherheit trägt bei Stadtbahnwagen insbesondere die gegenüber Eisenbahnfahrzeugen deutlich größere Bremsverzögerung bei. Daneben beschränkt die LNT-Richtlinie die Höchstgeschwindigkeit für leichte Nahverkehrstriebwagen und verbietet deren Einsatz auf Strecken mit Höchstgeschwindigkeiten über 160 km/h.
Besondere technische Lösungen erfordern zudem die größere Fahrzeugbreite von Eisenbahnwagen gegenüber Stadt- und Straßenbahnfahrzeugen, wodurch beim Einsatz von Stadtbahnwagen auf Eisenbahnstrecken ein ca. 20–30 cm breiter Spalt zwischen Fahrzeug und Bahnsteig verbleibt. Neben ausfahrbaren Trittstufen zur Überbrückung des Spaltes wurden in Kassel auch Gleisverschlingungen im Bahnsteigbereich angelegt, die ein Heranführen der schmaleren Straßenbahnfahrzeuge an den Bahnsteig erlauben, während für breitere Fahrzeuge ein eigenes Schienenpaar in größerem Abstand zum Bahnsteig vorbeiführt.
Zweisystemstadtbahnfahrzeuge müssen ferner mit allen sicherungstechnischen Ausstattungen von Straßen- und Eisenbahnen ausgerüstet sein, besitzen also neben der Induktiven Weichensteuerung der Straßenbahnen die im Eisenbahnbereich übliche Induktive Zugsicherung. Auch die Funkanlage muss für den Betriebsfunk der Straßenbahn sowie Zugbahnfunk ausgelegt sein.
Bauliche Anpassungen
Bauliche Veränderungen erfordern insbesondere die Herstellung geeigneter Verbindungsstrecken zwischen Straßenbahn- und Eisenbahnnetz. Gegebenenfalls enthält diese Verbindungsstrecke auch die Stromsystem-Trennstelle. Diese besteht aus einem 50 bis 200 m langen stromlosen Fahrleitungsabschnitt, der durch Streckentrenner fahrleitungs- und schienenseitig gegen die beiden angrenzenden Stromsysteme elektrisch isoliert ist. Die Trennstellen müssen mit Schwung durchfahren werden. Bleibt ein Fahrzeug unbeabsichtigt im stromlosen Abschnitt liegen, so kann dieser vorübergehend mit Gleichstrom gespeist werden, so dass das Fahrzeug den Abschnitt verlassen kann. Außerdem werden die Systemtrennstellen häufig in einem leichten Gefälle angelegt, um ein Herausrollen eines liegengebliebenen Fahrzeugs zu ermöglichen. Die Systemtrennstelle kann, muss aber nicht an der rechtlichen Grenze zwischen Eisenbahn- und Straßenbahnanlage liegen.
Organisatorische Anpassungen
Der Mischbetrieb Stadtbahn/Eisenbahn erfordert, dass das Fahr- und Betriebspersonal sowohl eine Ausbildung als Triebfahrzeugführer nach BOStrab als auch eine Ausbildung nach EBO erhalten hat. Auch das die Stadtbahn betreibende Verkehrsunternehmen muss eine Zulassung nach BOStrab und EBO besitzen.
Für den Betrieb einer Stadtbahn auf Eisenbahngleisen waren außerdem rechtliche, organisatorische und finanzielle Regelungen zu schaffen, um den Betrieb eines fremden Verkehrsunternehmens auf Bundesbahngleisen zu ermöglichen. Die hierbei geschaffenen Regelungen wurden in Deutschland durch die Bahnreform verallgemeinert und stellen heute keine Besonderheit mehr dar.
Einsatzgebiete
Karlsruhe
→ Hauptartikel: Stadtbahn Karlsruhe und Stadtbahn Heilbronn
In Karlsruhe wurde die Zweisystemstadtbahn schrittweise erfunden:
- seit 1959 verkehren Straßenbahnwagen auf der Albtalbahn, einer kommunalen Eisenbahnstrecke, die mit 750 V Gleichstrom elektrifiziert wurde
- seit 1979 verkehren Straßenbahnwagen auf der Hardtbahn, ebenfalls unter Gleichstromoberleitung. Damals gehörte die Strecke noch zum Streckennetz der Deutschen Bundesbahn, wurde jedoch nur noch von wenigen Güter-Zustellfahrten befahren.
- seit 1991 fuhren Zweisystemstadtbahnwagen im Nahverkehr der Deutschen Bundesbahn zwischen Karlsruhe Hbf und Pforzheim
- 1992 wurde die erste Zweisystemstadtbahn im Mischverkehr unter Gleich- und Wechselstromoberleitung eröffnet
Das Karlsruher Netz umfasst inzwischen über 400 Kilometer Streckenlänge. Neben dem Karlsruher Straßenbahnnetz und den regionalen Eisenbahnstrecken wurden in Wörth (Rhein), Bad Wildbad und Heilbronn eigene Innenstadtstrecken geschaffen, die auch mit 750 V Gleichstrom betrieben werden, also eine eigene Systemwechselstelle benötigen.
Saarbrücken
→ Hauptartikel: Saarbahn GmbH
In Saarbrücken wurde 1997 ein neuer Stadtbahnbetrieb eröffnet, der neben einer neugebauten Straßenbahnstrecke in der Saarbrücker Innenstadt eine grenzüberschreitende, elektrifizierte Eisenbahnstrecke nach Sarreguemines/Saargemünd umfasst. Diese Linie wurde inzwischen bis Riegelsberg Süd verlängert, die Verlängerung durch Riegelsberg nach Köllerbach-Walpershofen, wo auf die ehemalige Eisenbahnstrecke bis Lebach-Jabach eingeschwenkt wird, ist im Bau. Der Bau einer zweiten Linie zwischen Saarlouis und Sankt Ingbert wurde aus finanziellen Gründen vorläufig zurückgestellt. Da in Saarbrücken kein bestehender Straßenbahnbetrieb berücksichtigt werden musste, konnte die Saarbahn auf Kompromissradreifen verzichten und verwendet auch auf den Stadtstrecken Radreifen sowie Leit- und Rillenweiten nach EBO.
Kassel
→ Hauptartikel: RegioTram Kassel
In Kassel fahren seit dem 28. Mai 1995 Straßenbahnfahrzeuge unter Gleichstromoberleitung auf der ehemaligen Strecke der Kassel-Naumburger Eisenbahn nach Baunatal-Großenritte, die auch noch vom Güterverkehr und von einer Museumsbahn genutzt wird. Seit dem 8. Juni 2001 wird auch die ehemalige Kassel-Waldkappeler Bahn nach Helsa befahren, die Verlängerung über die Lossetalbahn nach Hessisch Lichtenau wurde am 28. Januar 2006 eröffnet. Seit dem 10. Juni 2001 fand auf der Strecke Warburg–Kassel Hbf. ein RegioTram-Vorlaufbetrieb statt.
Seit dem 8. Mai 2005 fahren die neuen RegioTram-Fahrzeuge auf der Strecke Kassel – Hofgeismar – Warburg und seit Januar 2006 auch auf der Strecke Kassel – Lossetal. Die Strecke Kassel – Melsungen wurde offiziell am 23. Juni 2006 eingeweiht und die Strecke Kassel – Wolfhagen am 27. Januar 2007. Durch die Untertunnelung des Kasseler Hauptbahnhofs ist die RegioTram endgültig an das Kasseler Straßenbahnnetz angeschlossen. Die Bauarbeiten hierzu wurden am Hauptbahnhof (Kulturbahnhof) am 12. August 2005 begonnen. Der Tunnel unter dem Hauptbahnhof wurde am 19. August 2007 eröffnet, seit dem 16. September fahren vier RegioTram-Linien durch diesen Tunnel in die Kasseler Innenstadt. Das ist somit eine erste Kombination aus Straßenbahn und S-Bahn.
Chemnitz
→ Hauptartikel: Chemnitzer Modell, Stadtbahn Chemnitz
Seit 2002 verkehren in Chemnitz Stadtbahnen auf der Eisenbahnstrecke nach Stollberg (Erzgeb.). Hierzu wurde die Eisenbahnstrecke mit Gleichstrom elektrifiziert. Die Einführung des Stadtbahnbetriebs ist auf drei weitere Eisenbahnstrecken im Chemnitzer Umland nach Burgstädt, Mittweida und Hainichen sowie einer Neubaustrecke nach Limbach-Oberfrohna geplant, wobei Hybridfahrzeuge zum Einsatz kommen sollen.
Zwickau
Bei der Zwickauer Lösung handelt es sich um eine Variation des Karlsruher Modells: Dieseltriebwagen der Vogtlandbahn verkehren über den Zwickauer Hauptbahnhof hinaus über ein Anschlussgleis und eine dreischienig ausgebaute Straßenbahnstrecke bis ins Stadtzentrum.
Es handelt sich hierbei allerdings - konträr zur langläufigen Meinung - nicht um eine Regional-Stadtbahn (vulgo "TramTrain") mit Betrieb von Stadtbahn-Fahrzeugen (= Straßenbahn-Fahrzeugen) sondern um eine Stadt-Regionalbahn, also Vollbahn-Fahrzeuge, die auf die Bedürfnisse des Verkehrs im Straßenraum angepasst wurden, allerdings nur bedingt die Vorgaben der BOStrab (Fahrzeugbreite & -höhe, …) erfüllen.
Nordhausen
In der thüringischen Kleinstadt Nordhausen wurde der städtische Straßenbahnbetrieb mit der meterspurigen Harzquerbahn verbunden. Es verkehren Hybridstraßenbahnwagen vom Typ Combino Duo bis nach Ilfeld auf der Strecke der Harzer Schmalspurbahn.
Île-de-France
Die französische Staatsbahn hat im November 2006 einen Stadtbahnbetrieb im Großraum Paris mit Stadtbahnwagen auf der elektrifizierten Eisenbahnstrecke zwischen Aulnay-sous-Bois und Bondy aufgenommen. Obwohl als Straßenbahnlinie T4 bezeichnet, sind die dabei befahrenen Gleise reine Eisenbahnstrecken der SNCF.
Alicante (Spanien)
→ Hauptartikel: Stadtbahn Alicante
Seit 2006 setzen die FGV auf der Strecke von Alicante nach El Campello Tram-Train-Bahnen von Vossloh ein, die den in Saarbrücken verwendeten ähneln. Seit dem 10. Mai 2007 ist auch ein Teil der Tunnelstrecke im Stadtzentrum in Betrieb.
Sardinien (Italien)
→ Hauptartikel: Stadtbahn Sassari
2006 wurde in der sardischen Stadt Sassari die Linie 1 einer neuen Stadtbahn eröffnet, auf der derzeit die in Italien hergestellten Tram-Train-Gelenkwagen Sirios LRV von Ansaldobreda im Betrieb sind. Sie ähneln denen, die in Mailand und in anderen italienischen Stadt- und Strassenbahnnetzen im Einsatz sind. Die Wagen sind 27 Meter lang und verkehren in der Innenstadt auf eigenen Schienen die sich, in der vorstädtischen Strecke, an die regionale Bahnstrecke der Ferrovie della Sardegna verbinden.
→ Hauptartikel: Stadtbahn Cagliari
2008 eröffnete auch die Hauptstadt der Insel Cagliari ein neues Stadtbahnnetz, das die Innenstadt mit dem Vorort der Stadt verbindet. Die Wagen verkehren wie in Sassari teilweise auf eigenen Schienen und teilweise auf Bahnstrecken der Ferrovie della Sardegna. Zurzeit sind zwei Linien im Betrieb, weitere fünf sind im Bau. Im Einsatz sind jetzt Škoda 06T-Wagen.
Weitere Systeme
Neben den bereits genannten Regionen werden Straßenbahnen und Eisenbahnen noch in einer Reihe weiterer Städte miteinander verknüpft, wobei auf den jeweiligen Eisenbahnstrecken ein straßenbahnähnlicher Verkehr abgewickelt wird. Im deutschsprachigen Raum sind dies die Oberrheinische Eisenbahn und Rhein-Haardtbahn in Mannheim/Ludwigshafen, die Köln-Bonner Eisenbahn sowie die SSB im Raum Bonn/Siegburg, die Badener Bahn in Wien, die Stubaitalbahn in Innsbruck, die Appenzeller Bahnen (ehemalige Trogener Bahn) in Sankt Gallen, die Forchbahn in Zürich, der Baselland Transport sowie die Strecke Bern–Gümligen–Worb des Regionalverkehr Bern-Solothurn.
Geplante Systeme
Im spanischen Gijón wird ein 3,5 km langer City-Tunnel (MetroTren-Projekt) gebaut, um die S-Bahn der Staatsbahn RENFE und die meterspurigen Vorortbahnen des Betreibers FEVE an das andere Ende der Stadt zu leiten. Durch Verlegung von Dreischienengleisen ist der Tunnel sowohl für meterspurige, als auch landesübliche breitspurige Triebwagen geeignet. Die Strecke wird als U-Bahn fungieren, technisch jedoch von Zügen unterschiedlicher Spurweiten bedient, von denen nur die Triebwagen der FEVE Straßenbahncharakter haben.
Im französischen Mülhausen im Elsass soll das neueröffnete Straßenbahnnetz bis 2010 um eine Zweisystemstadtbahn nach Thann und zu einem späteren Zeitpunkt nach Kruth erweitert werden. Ebenso ist ab 2010 mit der Erweiterung der Straßburger Straßenbahn um einen Zweisystemstadtbahnbetrieb nach Molsheim, Gresswiller und Barr zu rechnen. Überlegungen zur Einführung ähnlicher Systeme gibt es auch in Lyon und Grenoble. Ab 2008 soll außerdem eine 40 km lange Linie auf der Insel Réunion gebaut werden.
In Braunschweig ist der Aufbau eines Stadtbahnsystems mit Hybridfahrzeugen mit den Endpunkten Salzgitter, Goslar, Bad Harzburg, Schöppenstedt, Gifhorn-Zentrum, Uelzen geplant. Erste Abschnitte des Braunschweiger Straßenbahnnetzes wurden hierfür bereits mit einem Dreischienengleis ausgerüstet, die erste Stadtbahnlinie soll bis 2011 fertiggestellt sein.[1][2] Siehe auch: Verkehr in Braunschweig
In Bremen wird die Einrichtung einer Zweisystem-Stadtbahn nach Delmenhorst und Bremen-Oberneuland diskutiert. Die Stadt Rostock plant ebenfalls die Verknüpfung von Straßenbahn- und Eisenbahnstrecken. Definitive Entscheidungen sind in beiden Städten jedoch noch nicht gefallen. In Frankfurt am Main wird der Bau einer Tangentialstrecke von Bad Homburg vor der Höhe nach Neu-Isenburg über Höchst und den Flughafen in Form einer Zweisystemstadtbahn unter dem Namen Regionaltangente West erwogen.
Weitere Städte, in denen Zweisystem-Stadtbahnen eingeführt werden sollen, sind Liberec/Reichenberg (Strecken nach Zittau, Tanvald/Tannwald und Jelenia Góra/Hirschberg im Riesengebirge), Most/Brüx (Strecke nach Žatec/Saaz), Ostrava/Ostrau und Potsdam (Strecke zum Flughafen Berlin-Schönefeld über Ludwigsfelde). Konkrete Planungen, die wegen der Finanzierung noch umstritten sind, gibt es auch in Kiel, wo erst 1985 die Straßenbahn abgeschafft wurde.
Eine Vielzahl von Vorstudien sind europa- und weltweit insbesondere in den 1990er Jahren erfolgt. Allerdings haben sich die ersten euphorischen Erwartungen an Mehrsystemtechnologien nicht vollständig erfüllt. der Einsatz von Tram-Trains ist kein Wundermittel für die Lösung von Verkehrsproblemen. Streckenverfügbarkeit, Trassenführung, Betrieb und Finanzierung müssen gesichert sein, was nicht überall erfüllt oder beachtet wurde. In Bayern werden vergleichbare Nahverkehrskonzepte unter der Bezeichnung „Stadt-Umland-Bahn“ entwickelt.
Quellen
Siehe auch
- Stadtbahn (insbesondere Regionalstadtbahn)
- Metrotram
- Überlandstraßenbahn
Literatur
- Georg Drechsler: Durchführbarkeitsuntersuchung zur Verknüpfung des Schienenpersonenverkehrs eines Straßenbahnbetriebs und der Deutschen Bundesbahn am Beispiel des Raumes Karlsruhe. Albtal-Verkehrs-Ges., Karlsruhe 1985
- Martin Karr: Mehrsystemkonzepte der Schienenbahnen in Europa. Vertieferarbeit. Universität Karlsruhe, Karlsruhe 1998.
- Stefan Göbel: Kommt die Regionalstadtbahn? in: stadtverkehr. Freiburg 7–8/05, S. 27–34. ISSN 0038-9013
Weblinks
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