Friedrich Lutzmann

Friedrich Lutzmann
Friedrich Lutzmann

Friedrich Leopold Christoph Lutzmann (* 5. April 1859 in Nienburg (Saale); † 23. April 1930 in Dessau) war ein deutscher Erfinder, Konstrukteur und Unternehmer. Er war mit zwei seiner Motorwagen neben Carl Benz und Gottlieb Daimler einer von vier Ausstellern auf der Ersten Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) 1897. Die Gebrüder Opel kauften 1899 seine Dessauer Motorwagenfabrik und stiegen damit in den Automobilbau ein. Sie machten Lutzmann zum Direktor der Opel-Fahrzeugwerke und produzierten mit dem Opel Patentmotorwagen „System Lutzmann“ ihr erstes Automobil. Die Kooperation mit Lutzmann dauerte zwei Jahre.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Seine ersten Schritte und seine Ausbildung

Friedrich Lutzmann wurde 1859 in der Stadt Nienburg an der Saale als Sohn von Christian Carl Lutzmann, der eine Anstellung als herzoglicher Steueraufseher und Kreiskassenkontrolleur innehatte, und dessen Frau Karoline Frederike, geborene Krause. Er war der älteste Sohn der Familie und hatte mit seinen Geschwistern Richard, Albert und Anna zwei Brüder und eine Schwester. Seine Schulausbildung begann mit dem Besuch der Bürgerschule in seiner Heimatstadt Nienburg, zwischen seinem 10. und 16. Lebensjahr besuchte er die Gymnasien in Dessau und Köthen. Anschließend folgte eine Lehrausbildung als Bauschlosser und Spengler über drei Jahre und eine Ausbildung zum Werkzeugschmied für ein Jahr. Den Ausbildungen folgten eine Wanderschaft, auf der er in Kunst- und Baumaschinenschlossereien in Leipzig, Apolda und Koblenz tätig war, sowie die Zeit beim Militär.

Nach der Militärzeit arbeitete Lutzmann bei der Dessau-Cottbuser-Maschinenbau-Actien-Gesellschaft in Cottbus und danach bei der Verwaltung der Dessauer Gasanstalt, bei der er für die Verlegung der Gasrohrleitungen sowie der Installation von Gasapparaten und Dampfkesseln zuständig war. Es folgte eine Tätigkeit in der Maschinenfabrik von Richard Baumbach in Dessau und danach eine erneute Wanderschaft durch verschiedene Kunstschlossereien, vor allem in Dresden in der Kunstschlosserei von Herrmann Darme. Inspiriert durch die Ausstellungsstücke in der Dresdner Kunstgewerbeausstellung ging er nach Wien, um dort in der damals bekannten Werkstatt des königlich-kaiserlichen Hofkunstschlossers zu arbeiten.

Als Kunstschlosser in Dessau

Zaun am „Krötenhof“ (ehem. Villa Meinert)

Im Januar 1884 setzte Friedrich Lutzmann seine Reise fort, um in Italien zu arbeiten. Dabei führte ihn seine Wanderschaft von Triest über Venedig, Ferrara, Bologna, Florenz, Rom, Neapel, Genua nach Mailand. Danach arbeitete er ein Jahr bei dem Kunstschlosser Johann Meyer in Luzern in der Schweiz und anschließend für ein halbes Jahr in einer Kunstschlosserwerkstatt in Berlin. Im Anschluss daran eröffnete er in Dessau seine eigene Werkstatt als Bau- und Kunstschlosserei. Innerhalb von drei Jahren entwickelte sich die Werkstatt soweit, dass Lutzmann das Haus kaufen konnte, in dem er bis zu diesem Zeitpunkt zur Miete arbeitete. Eines seiner ersten Werke war das kunstgeschmiedete Eisengitter um die Villa des Kommerzienrates Albert Meinert (Sowohl die Villa als auch das Gitter existieren auch heute noch in der Wasserstadt 40, dem heutigen „Krötenhof“).

Seine Arbeiten wurden bekannt und besonders der Vater von Albert Meinert, der eine Tuchfabrik unterhielt, wurde zu einem wichtigen Großkunden. Lutzmann heiratete am 24. September 1887 Alwina Hulda Pohle aus Raguhn. Um seine Arbeiten effektiver zu gestalten entwickelte er eine Technik, bei der er mit Hilfe von mechanischen Schmiedegesenken schneller arbeiten konnte. Als wichtigsten Auftrag sollte Lutzmann ein großes Ziergitter mit zweiflügeligen Eingangstoren für das Palais des Erbprinzen von Anhalt xx von Auer anfertigen. Für die gute Arbeit wurde ihm am 21. Mai von diesem das Prädikat des „Hofschlossermeisters“ verliehen, das Palais und damit auch das Tor wurden allerdings 1927 abgerissen und sind entsprechend heute nicht mehr zu besichtigen.

Neben seiner Tätigkeit als Kunstschlosser wirkte Lutzmann auch bei der Reparatur und Wartung der Kutschen des Herzogs. Am 18. August 1890 erhielt er in diesem Zusammenhang das Patent auf einen verstellbaren Scheerbaumhalter, mit dem es einfacher wurde, die Pferde an die Kutsche zu spannen. Des Weiteren unterhielt Lutzmann eine Fahrradwerkstatt, in dem er auch Fahrräder der Firma Rover verkaufte.

Das erste Taxi-Unternehmen Deutschlands

Benz Victoria Vis-à-vis

Der erste Motorwagen wurde 1886 von Carl Benz entwickelt und bereits kurze Zeit später begann sich auch Friedrich Lutzmann dafür zu interessieren. Er wendete sich entsprechend 1893 dem Automobilbau zu, nachdem er am 28. April des Jahres den ersten Motorwagen in Dessau gesehen hatte. Dabei handelte es sich um das Fahrzeug des Industriellen Fritz Kühne, einen viersitzigen Benz Victoria Vis-à-Vis, mit dem dieser von Leipzig nach Dessau kam. Lutzmann und sein Freund Fritz Koch erfuhren davon in der Zeitung und begutachteten das Fahrzeug. Sie unterhielten sich mit Kühne, der aus Begeisterung für die Motorwagen neben seinen Zentralheizungsbau-Unternehmen auch die Vertretung der Benz-Fahrzeuge übernommen hatte. Lutzmann beschloss nach eigenen Worten an diesem Abend, selber Motorwagen zu bauen.

Er bestellte sich über Kühne einen eigenen Benz Victoria Vis-á-Vis bei der Firma Benz & Co in Mannheim, den er nach viermonatiger Wartezeit auch erhielt und dort abholen konnte. Auf der Rückreise begleitete sie ein Werksmonteur, der nur die letzte Etappe von Leipzig bis Dessau nicht mitfuhr und nach Mannheim zurückkehrte.

Am 17. September eröffneten Fritz Koch und Lutzmann gemeinsam den „Motorwagen-Fahr-Verkehr“, der die Strecken von Dessau nach Wörlitz und nach Aken befuhr. Die Fahrtzeit betrug dabei im optimalen Fall etwa eine Stunde, in der die 15 Kilometer zurückgelegt wurden, als Fahrpreis hatten die drei Passagiere eine Mark pro Person zu zahlen. Für die Passagiere wurde dies die erste Möglichkeit, einen Motorwagen auszuprobieren, nur im Winter ging die Nachfrage für den Transport im offenen Wagen merklich zurück. Am 19. Januar 1894 startete das Unternehmen erneut, diesmal mit einem eigens für das Fahrzeug angefertigten Lederverdeck. Bis zur Eröffnung der Eisenbahnstrecke am 22. September 1894 wurde der Betrieb aufrechterhalten, danach wurden Lutzmann und Koch die ersten Taxiunternehmer Deutschlands, indem sie Fahrdienste in Dessau übernahmen. 1894 wurde die Straßenbahn in Dessau eingeführt, die wesentlich billiger war, sodass sie wieder ein neues Betätigungsfeld brauchten.

Die Automobilkonstruktion und -produktion

Das Fabrikgebäude in der Dessauer Wasserstadt
Lutzmann Pfeil 1, 1895. Dieses Fahrzeug wurde nach England geliefert.
Heinrich von Opel auf einem leichten Jagdwagen Pfeil 0, um 1898/99

Vermutlich im Mai 1894 (das genaue Datum ist nicht bekannt), und damit gut ein Jahr nach Lutzmanns erster Begegnung mit dem Benz-Motorwagen, verließ das erste eigene straßentaugliche Fahrzeug die Fabrikhalle. Abgesehen von der zeitüblichen allgemeinen Kutschenform und der – ebenfalls (noch) üblichen – Kraftübertragung über Riemengetriebe und Ketten unterscheiden sich beide Fahrzeuge vom technischen Standpunkt deutlich. So verfügt der Lutzmann nicht nur über eine andersartige Lenkung (Lutzmanns eigene Erfindung, Patent Nr. 79039) und eine an das Fahrrad angelehnte Vorderradaufhängung. Auch der Motor ungterschied sich in seiner Konstruktion deutlich vom Benz.

Neben den goldenen Verzierungen auf schwarzen Lack und rot abgesetzten Felgen fielen vor allem die schmiedeeisernen Ornamente auf, die als Lampenhalter dienten. Das elegante Erscheinungsbild, auch im Vergleich zu eher plumpen Kutschen der Konkurrenz, machte deutlich, dass Lutzmann gelernter Kunstschlosser war.

Noch im selben Jahr erwarb der Fabrikant F. A. Schreiber aus Köthen einen Lutzmann für 4 000 . Ein weiterer Lutzmann-Motorwagen wurde sogar ins arabische Aden exportiert, wie das „Bernburger Wochenblatt“ im August 1895 berichtete. Im Laufe der Jahre wurden Lutzmann-Automobile auch nach Großbritannien, die Niederlande und zahlreiche andere Länder exportiert.

Lutzmann beschäftigte in seiner Dessauer Fabrik nur etwa 20 Arbeiter, deutlich weniger als etwa die Konkurrenten Daimler und Benz. Das Unternehmen selbst firmierte erst ab Dezember 1898 unter dem Namen „Anhaltische Motorwagenfabrik“.

Konstruktionsmerkmale

Gegenüber der Konkurrenz von Benz und Daimler hatte der Motorwagen von Lutzmann einen gewichtigen Vorteil. Lutzmann verwendete Kugellager für Achsen und Antriebswellen sowie die Lenksäule, was den Reibungswiederstand des Automobils wesentlich verringerte. Bei eher bescheiden Motorleistungen von 3 bis 4 PS wirkte sich diese Maßnahme in einer merklichen Erhöhung der Endgeschwindigkeit aus. Die Kugellager stellte Lutzmann in der eigenen Werkstadt her, da die für Fahrräder erhältlichen Varianten nicht ausreichend dimensioniert waren.

Ein besonderer Schwerpunkt der Konstruktion lag bei der Gewichtsminimierung.

1895 ließ Lutzmann sich zudem ein Riemengetriebe patentieren (Pat. 87231 / 93843 / 109473), dass mit nur einem Hebel auskam und später in allen Lutzmann-Motorkutschen eingesetzt wurde. Dies führte zu einer wesentlichen Bedienungsvereinfachung. Gegen Aufpreis gab es auch einen Rückwärtsgang. Zudem verfügten die Fahrzeuge über eine patentierte Freilaufvorrichtung für die Hinterräder, der demselben Zweck wie später bei den kardangetriebenen Fahrzeugen das Differetial diente. Wie auch bei den Benz-Motorwagen dieser Zeit kamen die Riemengetriebe ohne Kupplung aus.

Die wohl bedeutendste Verbesserung aber war wohl ein fahrtwindgekühlter Kühlwasserbehälter (Gebrauchsmusterschutz-Nr. 82841), der den Kühlwasserbedarf der Lutzmann-Automobile deutlich senkte, was auch ein großer Vorteil gegenüber der Konkurrenz war. Ein Benzwagen dieser Zeit hatte auf 100 km einen Benzinverbrauch von 20 und einen Kühlwasserverbrauch von 150 (!) Litern, ein großer Schwachpunkt der Konstruktion mit einfacher Verdampfungskühlung.

Im Laufe der Produktion wurden immer wieder Verbesserungen eingeführt.

Motor

Der Motor verfügte über ein „automatisches“ Einlassventil, das durch Unterdruck gesteuert wurde. Das Auslassventil hingegen wurde über eine Nocke auf der Kurbelwelle gesteuert. Beide Ventile wurden zwecks Vereinfachung in einem Bauteil zusammengefasst (Pat. Nr. 93233).

Alle Motoren waren Einzylinder mit einem Hubraum von 1500 bis 3500 cm3. Die Leistung lag bei etwa 1,5 bis 9 PS bei 400 – 500 min−1. Sie verfügten sämtlich bereits über eine fortschrittliche elektrische Zündung mittels Rühmkorffschem Funkeninduktor. Die Motorgehäuse wurden aus hochwertigem Schmiedestahl gefertigt, wodurch eine überdurchschnittlich hohe Qualität und Langlebigkeit gewährleistet war.

Die späteren Modelle mit einem platzsparend in den Benzintank integrierten Oberflächenvergaser erregten einiges Interesse bei Fachpresse und interessierten Laien, die den Lutzmann-Motor fälschlich als „vergaserlos“ bezeichneten.

Modellversionen

Pfeil 1 Pfeil 2 mit Halbverdeck Pfeil 5 (links) und Pfeil 4 (rechts)

Von links nach rechts: Pfeil 1, Pfeil 2 mit Halbverdeck, Pfeil 5 und Pfeil 4


Insgesamt wurde der Lutzmann-Motorwagen in mindestens 14 verschiedenen Varianten angeboten, von denen die meisten den Beinamen „Pfeil“ führten. Von jedem dieser Modellvarianten wurde mindestens ein Exemplar tatsächlich gebaut.

Das kleinste Modell war der relativ leichte und einfache Pfeil A beziehungsweise seine Weiterentwicklung, der Pfeil 0, die auch als „leichte Jagdwagen“ bezeichnet wurden. Eine Nummer größer waren der Zweisitzer Pfeil 1 und der Viersitzer Pfeil 2, die im Gegensatz zu den kleineren Modellen über eine Achsgabellenkung verfügten. Als Pfeil 1 B wurde eine besonders elegante Ausführung des zweisitzigen Modells mit Drahtspeichenfelgen anstelle der schweren Holzspeichenräder bezeichnet. Durch sein geringeres Gewicht erreichte dieses Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Pfeil 3 war ein ebenfalls mit der Lutzmann-typischen Achsgabellenkung ausgestatteter Sechssitzer.

Exotischere Modellvarianten beinhalteten den Pfeil 4, einen postkutschenartigen Achtsitzer, den Pfeil 5, der an eine Straßenbahn der damaligen Zeit erinnerte und 12 Passagiere befördern konnte, sowie den Lieferwagen Pfeil 6. Bei späteren Modellen dieses Typs ließ sich der Frachtkasten abnehmen, sodass der Wagen auch privat genutzt werden konnte. Nicht unter die „Pfeil“-Nomenklatur fielen das Kombinationsfahrzeug „Break“, ein offener Achtsitzer mit pritschenartig angeordneten Sitzbänken, sowie zwei verschiedene, auf Kundenwunsch gebaute Autobusse für 14 respektive 16 Personen.

Der damaligen Mode entsprechend baute Lutzmann auch ein Motor-Dreirad.

Lutzmann-Motorwagen in Großbritannien

Die ersten Besitzer eines Lutzmann in Großbritannien waren John Adolphus Koosen und seine Frau Kathleen aus Southsea in der Grafschaft Hampshire. Noch 1895 bestellte Mr. Koosen einen „Pfeil 1“, nachdem die beiden auf einer Urlaubsreise in Deutschland Lutzmanns „Dessauer Pfeile“ kennengelernt hatten. Um sein Fahrzeug jedoch überhaupt erst in Gang bringen zu können, musste Mr. Koosen schließlich bei einer chemischen Fabrik ein 200-Liter-Fass Benzin kaufen, weil weder Apotheken noch Drogerien es in ausreichender Menge verkauften.

1896 kaufte Mr. Koosen einen zweiten Lutzmann, diesesmal einen Viersitzer. Dieser ist heute in Besitz des Berliner Museums für Verkehr und Technik.

Mit ihrem „Arrow 1“ legten die Koosens über 100 000 Meilen (ca. 160 000 km) zurück.

Mr. Koosen gebürt auch die zweifelhafte Ehre, den wohl ersten „Strafzettel“ der Welt erhalten zu haben. Nach dem „Locomotive Act of 1865“ (en) war das Fahren mit Dampfwagen auf öffentlichen Straßen nämlich verboten. In der Gerichtsverhandlung erklärte zwar ein sachverständiger Ingenieur, dass es sich bei dem Motorwagen nicht um einen Dampf-, sondern um eine Gasmaschine handele; der Richter verhängte aber dennoch eine – eher symbolische – Strafe von einem Shilling.

Daraufhin reichte Mr. Koosen eine Petition beim britischen Parlament ein. Seine Bemühungen trugen maßgeblich zur Lockerung der Gesetzgebung in Großbritannien bei. Aus diesem Grund widmete ihm das Magazin The Autocar am 4. Januar 1896 ein Gedicht, betitelt „Ode to J.A.K.“:

Then in peace and quiet J. A. K.
in his autocar shall drive,
and thanks to his great efforts
the autocar shall thrive.[1]

Ab 1896 wurde J. A. Koosen außerdem zum offiziellen Vertragshängler für Großbritannien und Irland.

In dieser Funktion zeigte er seinen Motorwagen am 1. Mai 1896, unter anderem neben Daimler, De Dion-Bouton und einem Motorrad von Hildebrand und Wolfmüller (bezeichnet als „Wulf-Muller New Main Bicycle“) auf einer Ausstellung im Crystal Palace in London. Von dieser Ausstellung und dem dort gezeigten Lutzmann berichtete sogar der Scientific American in New York.

Die erste Internationale Automobilausstellung

Am 30. September 1897 wurde im Berliner Hotel Bristol der Mitteleuropäische Motorwagen-Verein gegründet, der erste Automobilclub Deutschlands. Friedrich Lutzmann gehörte zu den Gründungsmitgliedern, wie unter anderem auch Vetrteter von Daimler, Benz, Skoda, Siemens & Halske und Kühlstein.

Im Anschluss an die Gründungssitzung wurde eine Automobilausstellung veranstaltet, mit anschließender Demonstrationsfahrt nach Grunewald. Diese Ausstellung war die erste ihrer Art in Deutschland und Vorgänger der [Internationale Automobil-Ausstellung|Internationalen Automobilausstellung].

Es gab nur vier Aussteller: Benz mit drei, Daimler mit einem und Lutzmann mit zwei Motorfahrzeugen. sowie Kühlstein mit einem Elektroautomobil. Bei den von Lutzmann ausgestellten Automobilen handelte es sich um einen Pfeil 0 und einen Pfeil 1.

Die Opel-Periode

Opel Patentmotorwagen System Lutzmann (1899) – heute in Besitz der Adam Opel AG

Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Fahrrad-Markt geradezu überschwemmt, was zu deutlichen Absatzeinbußen für Opel führte. Hinzu kam eine allgemeine wirtschaftliche Flaute. Die Gebrüder Opel machten sich daher auf die Suche nach einem weiteren Standbein. Auf der Automobilausstellung von 1897 nahmen Wilhelm und Fritz Opel schließlich Kontakt mit Friedrich Lutzmann auf. Zweimal besuchten sie auch die Motorwagenfabrik Lutzmanns in Dessau.

Schließlich entschieden die Opel-Brüder, Lutzmanns gesammte Fabrik, alle Maschinen und Patente zu kaufen und nach Rüsselsheim zu verlegen. Dazu kam auch ein weitgehend fertiggestellter Patentmotorwagen Pfeil 0. Lutzmann sollte Direktor der neuen Motorwagenfabrikation in Rüsselsheim werden, alle Arbeiter aus Dessau sollten übernommen werden.

Laut Vertrag betrug der Kaufpreis insgesamt 116 687 Mark (heutiger Gegenwert: ca. 730.000 €). Das Jahresgehalt für Lutzmann sollte großzügige 8.000 Mark (ca. 50.000 €) betragen. Am 21. Januar 1899 wurde der Vertrag schließlich unterschrieben. Dieses Datum gilt seither als offizieller Beginn des Automobilbaus bei Opel. Ab Februar wurden dann in einer Ecke der Rüsselsheimer Opelwerke die ersten Motorfahrzeuge hergestellt.

Am 8. Juni 1899 verstarb Hulda Lutzmann im Alter von 37 Jahren in Rüsselsheim nach langer Krankheit. Sie hinterließ ihm drei Kinder: Friedrich, Charlotte und Katharina. Lutzmann stürzte sich daraufhin in seine Arbeit. Am 31. Mai 1900 heiratete Lutzmann ein zweites Mal. Anna Marie Ochsenhirt, geschiedene Vombach, wurde eine begeisterte Autofahrerin und am 29. Juli 1900 zur ersten Opel-Werksrennfahrerin. Sie brachte zudem zwei eigene Kinder aus erster Ehe mit in die Familie. Am 14. Juli 1901 wurde die gemeinsame Tochter Else geboren.

Der Opel Patentmotorwagen

Der Opel Patentmotorwagen „System Lutzmann“ war ein leichtes Automobil, basierend auf dem Lutzmann Pfeil 0, das nicht über die für die größeren Lutzmann-Modelle übliche Achsgabellenkung verfügte, sondern über eine Achsschenkellenkung. Ebenfalls weggefallen waren die schmiedeeisernen Ornamente zu Gunsten einer einfacheren Karosseriegestaltung. Die ersten Werbeannoncen zeigten jedoch noch alte, teils nicht mehr produzierte Lutzmann-„Pfeil“-Modelle.

Der Motor mit einzelnem liegendem Zylinder holte aus etwa 1,5 Litern Hubraum 3,5 PS, was immerhin gut war für einen Höchsgeschwindigkeit von über 20 km/h. Die Drehzahlen wurden gegenüber den Lutzmann-Motorwagen leicht auf 650 min−1 angehoben. Die Motoren des Opel-Motorwagens wurden nun aus deutlich günstigerem Grauguss gefertigt. Diese Umstellung war jedoch nicht ganz einfach, und erforderte die Anschaffung einer besonderen Zylinderbohrmaschine.

Im ersten Motorwagen-Prospekt aus der zweiten Hälfte des Jahres 1899 bewarb Opel außerdem einen Lastwagen, eine Weiterentwicklung des Lutzmann Pfeil 6 sowie einen „Duc“ genannten Viersitzer, basierend auf dem Modell „Break“. Der Lastwagen wurde von der zeitgenössischen Presse auf den Namen „Koloss von Rüsselsheim“ getauft.

Wie anhand eines noch erhaltenen Auftragsbuches ersichtlich, wurden immer auch in großem Umfang Sonderwünsche der Kunden erfüllt, neben stärkeren Motoren beispielsweise auch moderne Karbid-Lampen.

1899 wurden lediglich 11 Fahrzeuge ausgeliefert. Um 1900 war die Mitarbeiterzahl dennoch auf über 70 angewachsen. Etwa 65 Exemplare wurden bis 1901 hergestellt, bevor Opel die Produktion einstellte.

Ein voll funktionsfähiges Exemplar (Viersitzer) befindet sich heute in Besitz der Adam Opel AG, ein weiteres (Zweisitzer) steht im Deutschen Museum in München.

Opels Abkehr von Lutzmann

Um 1900 war Lutzmanns Konstruktion bereits veraltet, besonders im Vergleich zu moderenen Automobilen aus Frankreich, beispielsweiße von Renault oder De Dion-Bouton, die oft bereits einen vorne eingebauten Motor und Achsantrieb über eine Kardanwelle besaßen. Auch die Karosserie hatte sich nun deutlich von einer Pferdekutsche zu unterscheinden.

Das musste auch Lutzmann einsehen, und so waren die Opel-Brüder gezwungen, sich von ihm zu trennen.

Im Jahr 1901 übernahmen die Opel-Brüder zunächst die Generalvertretung für Renault in Deutschland, 1902 wurde dann ein Kooperationsvertrag mit dem französischen Automobilhersetller Alexandre Darracq geschlossen, der bis 1907 Bestand hatte. Die zwei Jahre der Automobilproduktion mit dem Patentmotorwagen System Lutzmann brachten jedoch immerhin wertvolle Erfahrungen.

Die späten Jahre

Grabstein in Dessau

Nachdem Lutzmann die Adam Opel AG verlassen hatte, versuchte er mit dem Kauf einer Mineralwasser-Getränkefabrik in Untermhaus bei Gerau einen Neuanfang, zu der auch 12 Filialen mit Trinkhäusern in der Umgebung gehörten. Der mit Opel abgeschlossene Vertrag erlaubte ihm nicht, weiter in der Automobilbranche tätig zu sein. Das Unternehmen lief jedoch nur schleppend und blieb auch im zweiten Jahr ein Zuschussgeschäft. Ende 1903 musste er Konkurs anmelden.

Im Oktober 1903 schiffte sich die gesamte Familie Lutzmann auf der Hamburg-Amerika-Linie nach Porto Alegre ein. Lutzmann wollte sich in Südamerika unter anderem nach neuen Betätigungsmöglichkeiten umsehen, hatte jedoch keinen Erfolg. Schon im Herbst 1904 kehrte die Familie wieder nach Europa zurück und ließ sich in Zürich nieder, wo Lutzmann sich in der Schreibmaschinen-Branche betätigte.

Nach dem Ersten Weltkrieg verlor Lutzmann durch die Inflation sein in Deutschland verbliebenes Vermögen. Im September 1922 kehrte er schließlich nach Dessau zurück. Hugo Junkers, mit dem Lutzmann seit der Zeit der „Anhaltischen Motorwagenfabrik“ befreundet war, bot ihm nun eine Anstellung als Archivleiter an. Am 30. Mai 1925 lud Junkers ihn und seine Frau anlässlich der Silberhochzeit sogar zu einem Rundflug ein. Im Jahr darauf schon musste sich Junkers aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten jedoch von Lutzmann trennen.

Der nun 68-jährige wandte sich daraufhin an die Stadt Dessau mit der Bitte um Unterstütung. Er erhielt daraufhin für sich und seine Frau eine Wohnung im Rentnerheim in der Herzogsallee (heute Mendelssohn-Straße) 14.

Am 23. April 1930 starb Lutzmann und wurde auf dem Dessauer Friedhof III bestattet. Mit seinem Tod endete ein bedeutendes Kapitel der Frühzeit des Automobilbaus. Erst einige Jahre später errichtete die Stadt Dessau ihm einen schlichten Gedenkstein.

Nachwirkungen

Eine späte Ehrung erhielt die Witwe Marie Lutzmann, als ihr 1936 auf Anordnung der Reichsregierung eine Ehrenrente vom Reichsverband der Automobilindustrie zugestanden wurde. Dies ermöglichte ihr einen Lebensabend ohne finanzielle Sorgen.

In Dessau gibt es seit 1996 eine Lutzmannstraße. Die Unternehmenszentrale der Adam Opel AG in Rüsselsheim liegt seit 1998 am Friedrich-Lutzmann-Ring.

Die Stadt Nienburg an der Saale, der Geburtsort Lutzmanns, plant eine Gedenksäule, für die derzeit Spenden gesammelt werden.[2]

Literatur

  • Manfred Riedel: „Friedrich Lutzmann – Ein Pionier des Automobilbaus“. Anhaltische Verlagsgesellschaft mbH, Dessau 1999, ISBN 3-910192-61-0

Weblinks

 Commons: Lutzmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. dt.: gedeihen
  2. Verein zur Förderung kultureller Projekte in Nienburg Saale e.V.

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