Gaweinstal

Gaweinstal
Gaweinstal
Wappen von Gaweinstal
Gaweinstal (Österreich)
Gaweinstal
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Niederösterreich
Politischer Bezirk: Mistelbach
Kfz-Kennzeichen: MI
Fläche: 51,6 km²
Koordinaten: 48° 29′ N, 16° 35′ O48.47611111111116.583888888889199Koordinaten: 48° 28′ 34″ N, 16° 35′ 2″ O
Höhe: 199 m ü. A.
Einwohner: 3.710 (1. Jän. 2011)
Bevölkerungsdichte: 71,9 Einw. pro km²
Postleitzahl: 2191
Vorwahl: 02574
Gemeindekennziffer: 3 16 12
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Kirchenplatz 3
2191 Gaweinstal
Website: www.gaweinstal.at
Politik
Bürgermeister: Richard Schober (ÖVP)
Gemeinderat: (2010)
(23 Mitglieder)
15 ÖVP, 7 SPÖ, 1 FPÖ
Lage der Marktgemeinde Gaweinstal im Bezirk Mistelbach
Altlichtenwarth Asparn an der Zaya Bernhardsthal Bockfließ Drasenhofen Falkenstein Fallbach Gaubitsch Gaweinstal Gnadendorf Großengersdorf Großebersdorf Großharras Großkrut Hausbrunn Herrnbaumgarten Hochleithen Kreuttal Kreuzstetten Laa an der Thaya Ladendorf Mistelbach Neudorf bei Staatz Niederleis Ottenthal Pillichsdorf Poysdorf Rabensburg Schrattenberg Staatz Stronsdorf Ulrichskirchen-Schleinbach Unterstinkenbrunn Wildendürnbach Wilfersdorf (Niederösterreich) Wolkersdorf im Weinviertel NiederösterreichLage der Gemeinde Gaweinstal im Bezirk Mistelbach (anklickbare Karte)
Über dieses Bild
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(Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria)
Gaunersdorf um das Jahr 1700: Färbig markiert sind die historischen Ortsteile Markt, Aigen und Wieden.

Gaweinstal ist eine Marktgemeinde mit 3710 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2011) im Bezirk Mistelbach in Niederösterreich.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Gaweinstal liegt im Hügelland des Weinviertels in Niederösterreich an der Brünner Straße B 7 rund 25 km nordöstlich von Wien. Die Fläche der Marktgemeinde umfasst 51,6 Quadratkilometer, wovon 9,19% bewaldet sind.

Katastralgemeinden sind Atzelsdorf, Höbersbrunn, Martinsdorf, Pellendorf und Schrick.

Geschichte

Etymologie des Ortsnamens

Gaweinstal ist einer der ältesten Orte des Weinviertels. Vermutlich um etwa 1050 gegründet, wurde die Ortschaft 1207 als Gunisdorf erstmals urkundlich erwähnt. Daraus wird auf den Personennamen Guni geschlossen, der auch anderen Ortsnamen bajuwarischer Herkunft im österreichischen und bayrischen Raum zugrunde liegt. Guni dürfte demnach um das Jahr 1050 den Ort gegründet haben, wer er aber war, ob Lehensmann der Babenberger Markgrafen, deren Vogt oder Beauftragter für den bzw. im Ort, ließ sich bisher nicht mit Sicherheit feststellen.

Während des 14. Jahrhunderts scheinen die Namen Gaunestorf und Gawnestorf auf, im Zuge weiterer Lautverschiebungen entwickelte sich daraus bereits während des 15. Jahrhunderts der wenig schmeichelhafte Name Gaunersdorf, der sich durch fast vier Jahrhunderte halten sollte. Im Lauf der Zeit empfand die Bevölkerung des Ortes diese zum Spott reizende Bezeichnung offensichtlich als unerträglich und stellte im Frühjahr 1914 einen Antrag an die Niederösterreichische Statthalterei, den Ort in „Schottenkirchen“ umzubenennen, als Alternative wurde auch der Name „Rudolfsthal“ vorgeschlagen. Dieser Antrag wurde vorerst abgelehnt. Der damalige Pfarrer von Gaunersdorf, Konstantin Vidmar, schlug schließlich den Namen „Gaweinstal“ vor. Offenbar hatte Vidmar eine Vorliebe für die Artussage - Gawein war der Legende nach ein Ritter der Tafelrunde. Mit dem Erlass des k. k. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1917 wurde die Änderung des Ortsnamens in „Gaweinstal“ schließlich bewilligt.[1]

Frühgeschichte und Antike

Archäologische Grabungen des Bundesdenkmalamtes zwischen Gaweinstal und Pellendorf, 2005

Vor dem Neubau der Nord-Autobahn A5 führte das Bundesdenkmalamt, Abteilung für Bodendenkmale, im Bereich der Gemeinden Gaweinstal und Pellendorf umfangreiche archäologische Untersuchungen durch. Dabei wurde von Juni 2003 bis Dezember 2005 eine Fläche von über 50.000 m² bearbeitet, wobei sich mehrere Siedlungsschwerpunkte herauskristallisierten, die einen Siedlungszeitraum von über 1400 Jahren umfassen. So konnten erste Besiedlungen schon in der Jungsteinzeit (Neolithikum, Badener Kultur, ab etwa 4000 v. Chr.) und der Frühbronzezeit (ab etwa 2300 v. Chr.) festgestellt werden. Hügelgräber aus der Mittleren Bronzezeit (ca. 1600 v. Chr) wurden ebenfalls erschlossen. Eine erste größere Siedlungstätigkeit konnte in der jüngeren Eisenzeit (Spät-Latènezeit, ab 450 v. Chr.) beobachtet werden, wobei allerdings nur wenige Befunde ungestört erhalten waren, die wiederum über die gesamte untersuchte Fläche verstreut waren. Ein Großteil der Funde konnte einer germanischen Siedlung – vermutlich Markomannen und Quaden - zugeordnet werden, die vor allem durch eingetiefte Hütten, Pfostengruben von mehrschiffigen Wohnhäusern und tiefen Speichergruben charakterisiert sind.[2]

Mittelalter

Für das Frühmittelalter, sowohl vom 4. bis ins 6. Jahrhundert als auch vom 8. bis ins 9. Jahrhundert konnte das Bundesdenkmalamt im Zuge der Grabungen weitere ausgeprägte Siedlungstätigkeiten nachweisen. So wurden beutelförmig eingetiefte Vorratsgruben sowie Hütten- bzw. Kellereinbauten mit rechteckigem Grundriss freigelegt und wissenschaftlich aufgearbeitet werden. In den meisten Fällen konnten eckständige Ofeneinbauten dokumentiert werden, die zum Teil aus Bruchsteinen aufgebaut waren. Auch kuppelförmige Backöfen waren zu beobachten, die von der Hüttenwand seitlich in den Löss gegraben worden waren. Probleme bei der archäologischen Untersuchung bereitete oft der hohe Grundwasserspiegel.[2]

Frühmittelalterlicher Backofen, freigelegt bei Gaweinstal durch das Bundesdenkmalamt

Gründung

Gaunersdorf wurde um das Jahr 1050 gegründet, also in jener Phase des Hochmittelalters, in der die Babenberger – eine dem bajuwarischen Hochadel entstammende Dynastie – ihr Herrschaftsgebiet über das damalige Ostarrîchi ausdehnten. Gaunersdorf bestand ursprünglich aus drei selbstständigen Gemeinden, nämlich Markt-, Aigen- und Wieden-Gaunersdorf. Jede dieser Gemeinden wurde eigenständig verwaltet.[3] Durch die Lage an der Mährisch-Schlesischen Straße (heutige Brünner Bundesstraße) spielte der Handel eine wichtige Rolle im Erwerbsleben des Ortes. Markt-Gaunersdorf war landesfürstlicher Besitz und hatte schon vor 1250 das Marktrecht mit Jahr- und Wochenmärkten, außerdem u. a. auch das Recht der Hochgerichtsbarkeit. Wieden-Gaunersdorf war der Sitz von Pfarre und Schule.

Herzog Friedrich II. der Streitbare nahm 1236 Gunesdorf in Besitz (Babenberger Stammbaum, um 1490, Stift Klosterneuburg)

Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1207, als ein Rapov von Gunisdorf bei der Abtrennung der Pfarre Kreuzstetten von der Mutterpfarre Rußbach als Zeuge anwesend war.[4] 1236 wurde der Ort wiederum urkundlich erwähnt, als Herzog Friedrich II. der Streitbare die Siedlung in Besitz nahm. Im Jahr 1360 bestätigte Herzog Rudolf IV. der Stifter den Bürgern von Gawnesdorf jene Rechte und Freiheiten, die sie von seinen Vorgängern erhalten hatten, darunter die Abhaltung eines doppelten Wochenmarktes. Eine solche Bestätigung erteilte auch Herzog Albrecht III. im Jahr 1369.

Nachdem der Raubritter Gamareth Fronauer von einem kaiserlichen Heer auf Befehl Kaiser Friedrichs III. aus Orth an der Donau vertrieben wurde, setzte er sich in Groß-Schweinbarth fest und überfiel 1460 Gaunersdorf. Wie die Quellen berichten, gab es ein Gemetzel mit vielen Toten und Fronauer konnte zurückgeschlagen werden. Zwei Jahre darauf, 1462, wurde der Ort abermals drangsaliert, diesmal von einem gewissen „Podenski, ein Räuber aus Slavonien“, welcher „keinen Alterstand noch Geschlecht schonte, Geistliche und Weltliche in Ketten schloss und die Kirchen wie die Bauern- und Bürgerhäuser beraubte, bis ihm Heinrich von Lichtenstein anno 1463 das Handwerk legte, die Schanze eroberte und das Ende gleich machte.“[5]

Neuzeit

1522 hielt die Reformation Einzug, wobei dies nur Markt-Gaunersdorf und Wieden-Gaunersdorf betraf, Aigen-Gaunersdorf verblieb beim alten Glauben. Die Lehre Martin Luthers hielt sich allerdings nicht sehr lange, im Zuge der vom Wiener Bischof Melchior Khlesl vorangetriebenen Gegenreformation wurde der gesamte Ort 1603 wieder katholisch.

Während der Ersten Wiener Türkenbelagerung 1529 wurde das Umland Wiens von den Akıncı, einer etwa 20.000 Mann starken Reitertruppe im Dienst der Osmanen, schwer heimgesucht. Gaunersdorf hatte aber das Glück, dass in der Waldung auf der Hochleiten einige tausend Mann kaiserlicher Truppen standen und die Türken abhielten, den Ort zu verwüsten. Bei den Gefechten wurden zahlreiche Türken gefangengenommen und in das Gaunersdorfer Ortsgefängnis gesperrt.[5]

Gaunersdorf im 17. Jahrhundert (Kupferstich, Niederösterreichische Landesbibliothek)

Während des Dreißigjährigen Krieges hatte Gaunersdorf besonders zu leiden. Schon zu Beginn, als Graf Heinrich Matthias von Thurn mit dem Heer der aufständischen Böhmen auf Wien vorrückte, wurde der Ort geplündert. Gegen Ende des Krieges kam es jedoch weit schlimmer: Bei Jankau in Böhmen, etwa 60 km südöstlich von Prag, fand die letzte große Schlacht des Dreißigjährigen Krieges statt. Am 6. März 1645 besiegte ein schwedisch-protestantisches Heer unter Feldmarschall Lennart Torstensson die kaiserlich-habsburgischen Truppen unter Feldmarschall Melchior Graf von Hatzfeldt, womit für die Schweden der Weg nach Wien offen stand.

Lennart Torstensson (1603-1651) ließ 1645 Gaunersdorf plündern und vollständig niederbrennen. Portrait von David Beck

Torstensson drang in Niederösterreich ein, zog eine Spur der Verwüstung von Böhmen nach Wien und ließ den ganzen Ort Gaunersdorf in Brand stecken und dem Erdboden gleichmachen.[6] Der ortsansässige Chronist Martin Merkh schreibt darüber: „Anno 1645 ist der ganze Markt Gaunersdorf samt Kirche und den beträchtlichen Vordörfern vom Feind abgebrannt und gänzlich eingeäschert worden. Den großen Schaden, den Gaunersdorf durch viele Plünderungen, Brandschatzungen, Lieferung und Verlust so vieler hundert Menschen und letztlich durch die gänzliche Abbrennung und Einäscherung der gesamten Häuser und Wohnungen samt allem Brennholz, alle diese Unglücksfälle brachte Gaunersdorf um ihr voriges großes Ansehen. Die Bevölkerung oder Anzahl der Seelen ist mehr als die Hälfte durch diesen Krieg elendiglich ums Leben gekommen; aus so vielen hundert wohlhabenden Leuten wurden lauter arme Menschen. (...) Das Elend des gesamten Volkes und Vaterlandes lässt sich kaum beschreiben. Gaunersdorf hat bei diesem Krieg alles erdenkliche Elend und Beschwerden erdulden müssen; sehr viele Menschen haben sich geflüchtet, der größere Teil hat sich aus Furcht in die Erdställe verborgen. Die Leute, welche dem Feind in die Hände gerieten, die wurden ausgezogen und erbärmlich geschlagen, dann die meisten zu Tode gemartert. Das flüchtig gewordene Volk, welches da und dort dem Feind in die Hand fiel, wurde ohne Gnade niedergesäbelt. Sehr viele Menschen sind in den Erdställen von dem Feind mit allerhand stinkendem Rauch erstickt worden. Dann viele tausend Menschen sind unter der Erde aus Kummer und Hunger gestorben. Dieses erbärmliche Unwesen dauerte durch ganze fünf Jahre.“[5] Ein solcher Erdstall, wie ihn der Chronist beschreibt, ist 2007 bei einem Kellerumbau in Gaweinstal gefunden und freigelegt worden. [7] Es liegt damit auch ein Hinweis auf die Funktion der Erdställe vor, deren Zweck bis heute nicht einwandfrei geklärt ist.

Schloss Pellendorf um 1670, Kupferstich aus der Typographia Austriae inferioris des Georg Matthäus Vischer.

In den Jahren von 1679 bis 1683 (77 Tote) sowie im Jahr 1713 (16 Tote) wurde Gaunersdorf ebenso wie Wien, das Umland der Stadt und der gesamte niederösterreichische Raum von der Pest heimgesucht. Die Toten wurden auf drei verschiedenen Friedhöfen bestattet.[5]

Im Zuge der Zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 wurde das Umland Wiens wiederum verwüstet, doch wurde Gaunersdorf lediglich durch Einquartierungen von Flüchtlingen belastet. Der polnische König Johann III. Sobieski zog mit seinem Heer auf dem Weg nach Wien auch durch Gaunersdorf.[5]

Während der Kuruzenaufstände wurde 1703-1706 das nördliche Niederösterreich stark in Mitleidenschaft gezogen. 1704 wurde auch Gaunersdorf bedroht, doch brachten die Bürger ihre Vorräte in die Erdställe, ihr Vieh in Sicherheit und zogen sich auf den Wachtberg zurück, wo sie sich verschanzten und auf die anrückenden Kuruzen das Feuer eröffneten. Diese hatten offenbar keinen organisierten Widerstand erwartet und zogen sich zurück.[5] Am 22. August 1704 brach in Gaunersdorf eine Feuersbrunst aus, die den gesamten Ort und die Kirche zerstörte. Das Elend war groß, da das Feuer auch die gesamten Wirtschaftsgebäude mit der darin gelagerten Ernte vernichtete.[5] Ob diese Feuerkatastrophe mit den Kuruzen in Zusammenhang stand, geht aus den Quellen nicht hervor.

Durch Kaiserin Maria Theresia erhielt Gaunersdorf 1753 das Kreisamt des "Viertels unter dem Manhartsberg. Porträt von Martin van Meytens, 1759.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde ein Spital mit einem „Chirurgischen Gremium“ zur Ausbildung von Wundärzten errichtet, 1753 erhielt Gaunersdorf das von Maria Theresia geschaffene erste Kreisamt des Viertels unter dem Manhartsberg (bis 1764). In der Josephinischen Aufnahme von 1787 wurde festgestellt: „Der Markt Gaunersdorf liegt an der Landstraße von Wien nach Mähren, hat eine solide Kirche mit Kirchhofmauer, Pfarrhof, zwei Wirtshäuser, ein Posthaus, zwei solide Bürgerhäuser, die übrigen von mittlerer Bauart. Der Markt liegt im Tal, wird von dem Sulz-, Birken- und Schrickerberg dominiert.“[5] Durch Kaiser Joseph II. und dem von ihm erlassenen Josephinischem Strafgesetz von 1787 wurde auch die Hexenverfolgung endgültig eingestellt. Hexen- und Zaubereiprozesse sind in Gaunersdorf bis dahin aktenkundig.[8]

Gaunersdorf und Umgebung (links oben) in der Franzisco-Josephinischen Landesaufnahme (1872/73)

Abgesehen vom Kuruzen- und Brandjahr 1704 verlief das 18. Jahrhundert für den Ort friedlich. Erst durch die Koalitionskriege gegen Napoléon Bonaparte wurde der Ort wieder in kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen. So wurden im April 1797 25 Gewehre an die k.k.-Armee abgegeben; die Hälfte der Ortsbevölkerung wurde zu Schanzarbeiten nach Wien beordert. 1800 brachte die Bevölkerung 150 Gulden als Kriegsbeitrag auf und mehrere Gaunersdorfer meldeten sich freiwillig zum Kriegsdienst. Im gleichen Jahr quartierte sich die k.k.-Armee ein und beraubte die Bürger ihres gesamten Brennholzvorrates. Auch 500 französische Kriegsgefangene wurden vorübergehend einquartiert. Am 5. November 1805 wurden französische Soldaten in Gaunersdorf einquartiert, dem Ort wurden Zwangslieferungen an die Armee Napoléons auferlegt.[9] Durch Unachtsamkeit der Soldaten brannten in Aigen-Gaunersdorf 11 Häuser ab, wobei sich die Franzosen „eifrig an den Löscharbeiten“ beteiligten.

Ganz anders sah die Situation 1809 aus: Nach der Schlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli 1809 marschierten Teile der Grande Armée auf Gaunersdorf zu und drangsalierten die Ortschaft. Der Ortschronik zufolge wurden die Häuser geplündert, die Menschen misshandelt, auch der Pfarrer namens Paul Schmid, ein Greis von 70 Jahren. Der Ort wurde größtenteils verwüstet, selbst der Tabernakel in der Kirche, der Pfarrhof und die Schule blieben nicht verschont. Mehrere Häuser wurden eingeäschert.[10]

Weil seine Schwester ihn „in den April geschickt“ hatte, legte am 1. April 1822 der elfjähriger Knabe Paul G. in seinem eigenen Elternhaus am heutigen Kirchfeldplatz ein Feuer, das sich infolge eines heftigen Sturms auf die gesamte Ortschaft ausbreitete. Markt-, Aigen- und Wieden-Gaunersdorf wurden binnen drei Stunden ein Raub der Flammen, nur wenige Häuser, die Kirche und der Pfarrhof blieben verschont. Der Sturm soll so heftig gewesen sein, dass der Brand sogar die Nachbargemeinden Bad Pirawarth und Kollnbrunn bedrohte.[10] Nach den Brandkatastrophen von 1645 und 1704 war dies nun bereits das dritte Mal, dass der Ort nahezu komplett abbrannte. Dem elfjährigen Pyromanen wurde erst im Jahre 1829 im Landgericht Niederkreuzstetten der Prozess gemacht. Er wurde zu fünf Jahren schwerer Kerkerhaft verurteilt und in das Strafhaus Wien Leopoldstadt überstellt, wo er 1830 an Typhus starb.[11]

Zu Beginn der Revolution von 1848 wurde, wie in vielen anderen Orten auch, eine Nationalgarde gegründet, die nach den Chronisten „viel Zeit zum Exerzitium nutzlos verschwendet“ hätte. Auf seinem Zug von Prag nach Wien besetzte Fürst Alfred I. zu Windisch-Graetz auch Gaunersdorf, wobei sich die Bevölkerung beeilte, ihm die kaisertreue Gesinnung des Ortes zu versichern, woraufhin Windisch-Graetz keine weiteren Maßnahmen gegen die Ortschaften befahl und sein Augenmerk auf die revolutionäre Hauptstadt richtete.

Alfred Fürst zu Windisch-Graetz ließ Gaunersdorf 1848 militärisch besetzen. Kolorierte Lithographie von Joseph Kriehuber, 1852

Auch der Deutsche Krieg wirkte sich auf Gaunersdorf aus, so wurden dem Ort wiederum Einquartierungen und Zwangslieferungen auferlegt. Nach der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 zogen große Teile der geschlagenen österreichischen Armee durch den Ort, Rückzugsgefechte mit der dicht darauf folgenden preußischen Armee waren die Folge. Der Schaden für die Ortschaft dürfte dabei nicht allzu groß gewesen sein, da durch Artilleriebeschuss lediglich ein Schweinestall in die Luft flog.[10] Wesentlich schlimmer betroffen war die Ortsbevölkerung 1866 durch die Requirierungen der preußischen Armee von Vieh, Korn und Wein und eine Missernte im gleichen Jahr.

Vereinigung der Ortsteile zur Marktgemeinde Gaunersdorf

In der vergleichsweise langen Friedensperiode zwischen dem Deutschen Krieg 1866 und dem Ersten Weltkrieg 1914-1918 prosperierte die Ortschaft weiter. So beschloss auf Antrag des Bürgermeisters Ignaz Withalm der Gemeinderat die Vereinigung von Markt-, Aigen- und Wieden-Gaunersdorf mit einer äußerst knappen Mehrheit von nur einer Stimme. Dadurch entstand am 1. Jänner 1901 die „Marktgemeinde Gaunersdorf“, die 1917 in „Marktgemeinde Gaweinstal“ umbenannt wurde.[12]

Die Ortsteile sind heute wie folgt zu lokalisieren:

  • Markt-Gaunersdorf war die ursprüngliche Siedlung an der heutigen Brünnerstraße. Sie erstreckte sich in etwa vom Weidenbach (dem heutigen „Goldbach“ oder „Pellendorfer Bach“) nach Norden in Richtung Schrick. Ausnahme ist die Bischof-Schneider-Straße, welche die Grenze zwischen den Ortsteilen Markt und Wieden bildete. Die Mühle des Ortsteils Markt war die Marktmühle, deren Bausubstanz heute noch völlig erhalten ist und sich heute in Privatbesitz befindet. Das Wirtshaus des Ortsteils Markt war das Gasthaus zum Schwarzen Adler, welches heute unter gleichem Namen betrieben wird.
  • Wieden-Gaunersdorf lag als befestigter Ortsteil rund um die Kirche. Die südliche Grenze lag beim Weidenbach (heute Goldbach), die nördliche Grenze bildete die Bischof-Schneider-Straße. Im Osten reichte Wieden bis zur heutigen Pfarrgasse bzw. bis an die Brünnerstraße, im Westen bis zur Kirchenmühle, welche heute von der Familie Withalm betrieben wird. Der Ortsteil hatte kein eigenes Wirtshaus.
  • Aigen-Gaunersdorf erstreckte sich von der nördlichen Grenze des Weidenbachs (heute Goldbach) in Richtung Süden (Kollnbrunn). Das Korn der Aigner Bürger wurde in der so genannten Schenkermühle gemahlen, die heute nicht mehr in Betrieb ist. Das Wirtshaus des Ortsteiles war jenes zur Hl. Dreifaltigkeit, welches heute von der Familie Wimmer betrieben wird.

Zeitgeschichte

Die Kriegsschauplätze des Ersten Weltkrieges waren von Gaunersdorf weit entfernt, dennoch hatte der Ort 54 Gefallene zu beklagen[13] und wie ganz Österreich, vor allem in der Zwischenkriegszeit, unter Arbeitslosigkeit und Nahrungsmittelknappheit stark zu leiden. Vor allem das Ende des Zweiten Weltkrieges traf den Ort wie die gesamte Region sehr hart.

Das Gaweinstaler Kriegerdenkmal für die 54 Gefallenen des Ersten Weltkrieges (umgestaltet 1961 und auf den Platz vor der Pfarrkirche versetzt).

Zweiter Weltkrieg

Während die Schlacht um Wien – die Stadt und ihr Umland wurden größtenteils von der 6. SS-Panzerarmee der Waffen-SS verteidigt – ihrem Höhepunkt zustrebte, überschritt ab dem 6. April 1945 die Rote Armee die March Richtung Westen. Die russischen Primärziele waren Zistersdorf, Prottes, Matzen und Neusiedl an der Zaya; eben dort, wo sich die letzten noch funktionierenden Erdölfelder des Dritten Reiches befanden. Abgesehen davon drängte die Zeit für Stalins Armeeführer, möglichst viel Gelände- und Raumgewinn zu bewerkstelligen, denn die US-Armee näherte sich von Westen her rasch der Tschechoslowakei und damit dem erhofften sowjetischem Einflussbereich.

Der Roten Armee standen entlang der March sowohl Teile der Waffen-SS als auch der deutschen Wehrmacht gegenüber, nämlich die 37. SS-Freiwilligen-Kavallerie-Division, 96. Infanteriedivision, 101. Jägerdivision, 211. Volksgrenadierdivision und die 357. Infanteriedivision; in weiterer Folge die Führergrenadierdivision, 25. Panzer-Division sowie die SS-Brigadekampftruppen „Trabandt 1“ und „Trabandt 2“; wobei diese Einheiten auf Grund von hohen Verlusten und Versorgungsmängel nur noch einen Bruchteil ihrer Sollstärke aufwiesen.[14]

Verteidigung Gaweinstals

Bereits am 10. April fielen Gänserndorf und Straßhof in die Hände der Russen und die deutschen Truppen wurden auf die Orte Prottes, Groß-Schweinbarth und Hohenruppersdorf zurückgedrängt. Am 11. April standen russische Luftlandegardisten mit Panzerunterstützung vor Gaweinstal und blockierten die Reichsstraße zwischen Wien und Brünn. Tags darauf erfolgte bei Gaweinstal ein Gegenangriff der „Kampfgruppe Witte“, die mit Teilen des Panzergrenadierregiments 146 und der Panzerjägerabteilung 87 (25. Panzerdivision) die Einbruchstelle abriegelte und mit Sturmgeschützen die Rotarmisten auf Martinsdorf und Hohenruppersdorf zurückdrängen konnte. Im Gegenzug eroberten die Russen um Mitternacht des gleichen Tages Wolkersdorf, woraufhin seitens der Deutschen Verbände alles unternommen wurde, um einen Durchbruch Richtung Mistelbach zu verhindern.[14] So waren die Orte Hohenruppersdorf, Schrick und Obersulz stark umkämpft. Da der größere Teil der Ortschaft Schrick in einem Tal und damit für die Verteidigung ungünstig lag, verschanzte sich die 25. Panzerdivision am Schricker Berg zwischen Schrick und Gaweinstal, über den auch die Reichsstraße führte.

Generalleutnant Walter Assmann (1896-1964), Kommandeur der 101. Jägerdivision

Gaweinstal wurde von der 101. Jägerdivision unter dem Befehl von Generalleutnant Walter Assmann verteidigt, die ihren Divisionsgefechtsstand in Neubau hatte. Dabei verteidigte sie die Linie entlang WolfpassingBogenneusiedl – Gaweinstal - Pellendorf – Atzelsdorf – und Höbersbrunn; und schloss beim Schricker Berg an die 25. Panzerdivision an. Am 13. April rückten aus Bad Pirawarth starke Kräfte der Roten Armee auf Gaweinstal zu, die am Morgen des 14. April zum Angriff übergingen. Zwischen 11:00 und 12:00 Uhr gelang es den russischen Soldaten, von Osten her über die Bahnstraße einzubrechen und Gaweinstal nach kurzem Kampf zu durchstoßen. Ein Chronist der Sturmkompanie hielt fest: “Im Laufe des Vormittags geht links von uns alles stiften. Wir ziehen uns im letzten Augenblick zurück, der Russe ist im Dorf. Viele Verluste.“[14] Die Verteidiger setzten sich über die Kellergasse (heute Scheicherstraße) nach Bogenneusiedl sowie nach Pellendorf und Atzelsdorf ab. Hauptmann Heinz (Artillerieregiment 85) berichtet: “Am 14. April waren wir im Einsatz bei Bad Pirwarth, Kollnbrunn und Gaweinstal. Von dort mussten wir uns auf die Höhe westlich Gaweinstal und von dort aus nach Atzelsdorf zurückziehen. Es waren ständig russische Flieger in der Luft, die uns auch beschossen. Beim Absetzen aus Gaweinstal nützten wir die links und rechts der schmalen Schotterstraße stehenden Bäume als Deckung. Beim Bahnhof Höbersbrunn-Atzelsdorf angekommen beobachteten wir auf den Gleisen stehend Richtung Gaweinstal, das der Russe bereits eingenommen hatte. Da kam der Bahnhofsvorsteher heraus und rief uns zu, wir sollen nicht auf dem Gleiskörper stehen bleiben, da jeden Moment ein Zug käme. Er sah auf die Uhr und meinte, der müsse eigentlich schon da sein. Darauf sagte ich: „Der kommt heute nicht mehr, dafür kommt jetzt der Russe.“[14]

Rückeroberung Gaweinstals

Der Fall Gaweinstals hatte für die 25. Panzerdivision, die immer noch den Schricker Berg hielt, unangenehme Folgen, denn nun war ihre rechte Flanke offen. Der 101. Jägerdivision wurde daher ein Gegenangriff befohlen, der am 16. April mit Jagdpanzerunterstützung von Atzelsdorf aus geführt wurde. Dabei wurden mehrere Häuser zerstört. Der Kompaniekommandant Oberleutnant Steubing notierte in sein Tagebuch: „Oben auf der Höhe, unter den großen Bäumen, waren die Weinkeller angelegt“. Steubing meint hier die Scheicherstraße nach Bogenneusiedl, wo sich heute der Sportplatz des USV Gaweinstal befindet. Steubing weiter: „Bei meiner Ankunft mit den Jagdpanzern IV kamen alle Frauen aus den Kellern und sagten, dass die Russen sie vergewaltigt hätten.“[15] Ähnliche Augenzeugenberichte gab es auch aus Pürstendorf, Niederleis, Helfens, Schrick, Niederkreuzstetten, Poysdorf, Kleinhadersdorf, Hörersdorf ..., praktisch aus der ganzen Umgebung.[16]

Jagdpanzer IV auf dem Marsch (1944)
Der Fall Gaweinstals

Augenzeugen zufolge sollen bei der erneuten Einnahme Gaweinstals am 16. April 1945 viele russische Soldaten gefallen sein. Steubings Kompanie konnte jedoch nicht in die ganze Ortschaft eindringen und auch den nordwestlichen Teil Gaweinstals nicht über längere Zeit halten, die Verteidigung am Schricker Berg brach kurze Zeit später ebenfalls zusammen. Am 17. April wurden auch die Orte Pellendorf, Atzelsdorf und Höbersbrunn geräumt. Bei der Absetzbewegung aus Höbersbrunn konnte Hauptmann Heinz die Russen, welche aus Gaweinstal Richtung Höbersbrunn marschierten, beobachten: “Am 17. April näherten sich auch schon die ersten Sowjets. Die aus Gaweinstal kommenden Russen bogen am Bahnhof rechts ab und gingen nach Höbersbrunn. Vor der Ortschaft schwenkten sie nach links, überwanden eine kleine Höhe (in der Greuten) und zogen dann 200 bis 300 Meter vor uns durch die Mulde in nordwestlicher Richtung, wo sie die Bahnlinie erreichten. Die Stärke des Iwan betrug ca. 1100 Mann (...) und sie führten neben den Infanteriewaffen auch eine beträchtliche Menge Munition mit sich. Am späteren Vormittag erschienen dann weitere Kampftruppen – die hatten offensichtlich auch reichlich Wein genossen, denn sie torkelten total besoffen herum. Sie brachten MG und Kanonen in Stellung, die auf uns gerichtet waren. Noch saßen wir sicher in unseren Deckungslöchern und drängten, solange sie noch im Aufbau der Waffen waren, auf ein Absetzen. Doch der Gruppenführer verbat dies und wir durften erst heraus, als die Stellung nicht mehr zu halten war. Nun mussten wir im Feuerhagel ohne Deckung mit allem Gerät den Hang hinauf. Der Pulverdampf der detonierten Granaten hatte mich so fertig gemacht, dass ich kaum noch atmen konnte. Einer von uns bekam ein Explosivgeschoss in den Oberarm und einer bekam einen Genickschuss, der musste getragen werden.“[14]

Mit diesen Ereignissen überrollte die Front endgültig Gaweinstal und die umliegenden Orte, schon am Tag darauf, am 18. April 1945, wurde die Bezirkshauptstadt Mistelbach eingenommen, am 20. April Poysdorf. Damit war fast die ganze Region von der Roten Armee besetzt und damit der Krieg mehr oder weniger vorbei. Doch erst mit der bedingungslosen Gesamtkapitulation der Deutschen Wehrmacht am 7. Mai 1945 ließen die Repressalien der Roten Armee erst langsam nach.

Nachkriegszeit

Die Nachkriegszeit war in Gaweinstal durch Wirtschaftsaufschwung und vor allem durch eine rege Bautätigkeit geprägt, der aus heutiger Sicht sowohl landschaftlich reizvolle Gebiete (wie die so genannte „Ganslwiesn“) als auch kunsthistorisch-architektonisch wertvolle Gebäude, wie etwa aus der Barockzeit, zum Opfer fielen. An Stelle eines solchen Gebäudes wurde zwischen 1958 und 1960 das Gemeindeamt erbaut, welches 2008 in das neu renovierte Gebäude der ehemaligen Volksschule übersiedelte. Ebenfalls 1960 wurde der ortsbildprägende Getreidesilo der Landwirtschaftlichen Lagerhausgesellschaft für Gaweinstal gebaut. 1966 wurde die Brünner Straße begradigt und ausgebaut, wobei einige Häuser abgerissen werden mussten. 1969 wurde ein neues Hauptschulgebäude errichtet.

Gaweinstal in den 1950er-Jahren, vor dem Ausbau und der Begradigung der Brünner Straße 1966

Die Großgemeinde Gaweinstal entstand mit den Katastralgemeinden Atzelsdorf, Gaweinstal, Höbersbrunn, Martinsdorf, Pellendorf und Schrick im Jahr 1972.

Ab dem Jahr 1996 wurde stark in den geförderten Wohnbau investiert. Die bereits 1882 gegründete Freiwillige Feuerwehr Gaweinstal bezog 1997 ihr neues Feuerwehrhaus. Am 2. April 2006 eröffnete Landeshauptmann Erwin Pröll das neue Volksschulgebäude. Bei diesem Anlass wurde auch die Wappenverleihungsurkunde übergeben. Das Gaweinstaler Marktwappen ist ein in Gold gelegter grüner Dreipass, belegt mit einem rot-weiß-roten Bindenschild. Die aus diesem Marktwappen abzuleitenden Farben der Marktfahne sind Gelb-Grün. Die Verleihung des Marktwappens erfolgte in Anerkennung der historischen Bedeutung des Marktes und Würdigung der ständigen Verbesserung der kommunalen Einrichtungen in den letzten Jahrzehnten.

Einen massiven Anstieg der Lebensqualität erwartet sich der Ort vom Neubau der neuen Nordautobahn A5, welche die Brünner Straße, auf der 2006 über 40.000 Fahrzeuge pro Tag gemessen wurden, als Transitstrecke ablösen soll. Die Verkehrsfreigabe der A5 zwischen Schrick und Eibesbrunn, wo sie in die Wiener Außenring-Schnellstraße S1 einmündet, fand am 31. Januar 2010 statt. Seitdem wird in Gaweinstal am Rückbau der Brünner Straße geplant und gearbeitet, wobei neue Radwege, Grünflächen, Gastgärten und Parkplätze entstehen sollen.

Geschichte der Pfarre Gaweinstal

Die Pfarrkirche zum Hl. Georg von Norden aus gesehen.

Das exakte Gründungsdatum der Pfarre konnte bisher nicht festgestellt werden. Ursprünglich gehörte der Ort nach seiner Gründung um das Jahr 1050 zum Sprengel der Mutterpfarre Großrußbach, es dürfte zu Beginn nur eine Art Seelsorgestation gegeben haben, der eine Eigenkirche der Grundherrschaft folgte. Diese Eigenkirche wurde aus dem Sprengel herausgelöst und verselbstständigt. Die erste bekannte Nennung einer eigenständigen landesfürstlichen Pfarre findet sich ihm Lonsdorfer Pfarrverzeichnis aus dem Jahre 1254 („Gawnesdorf“). Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte am 6. Juni 1280, als König Rudolf I. von Habsburg dem Wiener Schottenkloster die Patronatsrechte der landesfürstlichen Pfarre Gaunenstorf übergab.

Pfarrkirche zum Hl. Georg

Obwohl keine schriftlichen Aufzeichnungen vorhanden sind, kann davon ausgegangen werden, dass seit dem Bestehen der Pfarre, jedenfalls vor Beginn des 13. Jahrhunderts, auch ein Kirchengebäude vorhanden war. Die erste gesicherte Erwähnung eines solchen stammt aus dem Jahr 1444, in dem ein gewisser Wolfgang Wackermann aus Korneuburg der Pfarre Gaunestorf einen namhaften Geldbetrag vermachte um ein neues Hochaltarbild zu beschaffen. Weiters existiert ein Ablassbrief des päpstlichen Legaten Bischof Laurenz von Ferrara für die Gaunersdorfer Pfarrkirche, datiert 1469. 1544 fand eine Visite der Pfarre durch den Abt des Schottenstiftes, Wolfgang Traunsteiner statt, der sich eifrig um die Wiederherstellung des katholischen Glaubens bemühte. Bei seiner Visitation fand er die Kirche bereits stark baufällig vor. Zur gleichen Zeit befanden sich auf dem Standort der heutigen Pfarrkirche ein Schüttkasten, der mit einer bewehrten Mauer umgeben war, so dass er als Zufluchtsstätte verteidigt werden konnte. Der Aufgang zu diesem befestigten Platz war mit einem Turm versehen und von einem Wallgraben umgeben. Der Schüttkasten wurde um das Jahr 1550 zu einer Kirche umgebaut. Die alte Kirche verfiel immer mehr, bis sie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ganz abgerissen oder 1645 durch die schwedische Armee völlig zerstört wurde.

Einblick in den Pfarrhof zum Hauptgebäude hin.

Die neue Pfarrkirche wurde 1645 ebenfalls zerstört, um 1650 aber wiederhergestellt. Der Bauzustand verschlechterte sich in den darauf folgenden Jahrzehnten so sehr, dass 1688 Einsturzgefahr bestand. Das Gebäude wurde 1692 bis auf den Chor abgetragen und neu gebaut. 1702 wurde das heutige Presbyterium und der Kirchturm angebaut, wobei die alten Wehrmauern abgebrochen wurden. Das Material verwendete man für den Zubau und den Turm, mit dem Rest wurde der Wallgraben zugeschüttet. Am 22. August 1704 brannte die Kirche wiederum bis auf die Grundmauern nieder und wurde anschließend in ihrer heutigen Form neu aufgebaut. Es handelt sich um eine hochbarocke Saalkirche mit einem vierjochigen Langhaus, überspannt von einem Tonnengewölbe mit Stichkappen, an das sich ein zweijochiges Presbyterium mit geradem Chorschluss anschließt.

Das älteste Artefakt ist ein 1596 entstandenes Taufbecken aus Sandstein, welches der Spätrenaissance zuzuordnen ist, der barocke Beckenaufsatz wird mit 1720 datiert. Der Hochaltar, eine Säulenretabel aus dem Jahr 1717 zeigt eine Maria Immaculata, der Aufsatz den Hl. Georg beim Töten des Drachen. Weiters ist die Kirche mit vier Seitenaltären und einer Kanzel (1782) ausgestattet.[17]

Außenplastiken

Außerhalb der Kirche befinden sich eine Reihe von Statuen und Denkmälern, das eindruckvollste darunter ist das so genannte „Weiße Kreuz“, eine 1718 errichtete barocke Kreuzigungsgruppe, welche mit einer Steinbalustrade umgeben ist.[18]

Pfarrhof

Neben der Pfarrkirche befindet sich der hochbarocke Pfarrhof, der ursprünglich aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammt und somit unmittelbar nach der Zerstörung der Ortschaft durch die Schweden 1645 errichtet worden sein dürfte. In den Jahren von 1731 bis 1744 wurde der Gebäudekomplex umgebaut. Heute präsentiert er sich als zweigeschossiger Vierflügelbau um einen rechteckigen Hof herum. Das südliche Hauptgebäude enthält beeindruckende Räume mit reichen Stuckdecken. Der Festsaal ist mit einer Vertäfelung mit barocken Ölgemälden geschmückt, welche die vier Erdteile und die vier Kardinaltugenden Glaube, Liebe, Gerechtigkeit und Stärke darstellen. Der Südflügel ist dreigeschossig und grenzt in Richtung Withalmstraße an einen ehemaligen Wehrgraben, der mit einer Basteimauer gestützt wurde.[19] Der Pfarrhof wird seit dem Jahr 2008 generalsaniert, Ziel ist es, einen „Pfarrhof für Alle“ zu schaffen.

Einwohnerentwicklung

Nach dem Ergebnis der Volkszählung 2001 gab es 3485 Einwohner. 1991 hatte die Marktgemeinde 3024, 1981 2781 und im Jahr 1971 2736 Einwohner. Weitere Einwohnerzahlen aus der Geschichte: 1951 1117, 1900 1380, 1869 1245 Einwohner (jeweils Aigen-, Wieden- und Markt-Gaunersdorf zusammengenommen). Im Jahr 1849 hatten jeweils Markt-Gaunersdorf 676, Aigen-Gaunersdorf 323 und Wieden-Gaunersdorf 168 Einwohner.

Gaweinstal 2007: Weißes Kreuz (1718), dahinter Gemeindeamt, Pfarrhof und Pfarrkirche.

Politik

Bürgermeister der Marktgemeinde ist Richard Schober, Amtsleiter Gerald Schalkhammer.

Im Marktgemeinderat gibt es bei insgesamt 23 Sitzen nach der Gemeinderatswahl vom 14. März 2010 folgende Mandatsverteilung: ÖVP 15, Liste SPÖ 7, FPÖ 1, andere keine Sitze.

Wappen

Blasonierung: „In Gold ein gestieltes grünes Kleeblatt mit weißem Butzen, belegt mit einem Schildchen, darin in Rot ein weißer Balken.“

Laut Gemeinderatsprotokoll[20] und Internetseite zeigt das aktuell 2006 verliehene Wappen: „In Gold ein grüner Dreipass, belegt mit einem rot-weiß-roten Bindenschild.“

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Wirtschaft und Infrastruktur

Nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten gab es im Jahr 2001 111, land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach der Erhebung 1999 137. Die Zahl der Erwerbstätigen am Wohnort betrug nach der Volkszählung 2001 1605. Die Erwerbsquote lag 2001 bei 47,25 Prozent.

Sonstiges

In der Oper „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss (Libretto von Hugo von Hofmannsthal) wird die Herrschaft Gaunersdorf erwähnt, indem der Baron zum Notar halblaut sagt: „Als Morgengabe - ganz separatim jedoch - und vor der Mitgift - bin ich verstanden, Herr Notar? - kehrt Schloss und Herrschaft Gaunersdorf an mich zurück! Von Lasten frei und ungemindert an Privilegien, so wie mein Vater selig sie besessen hat.“[21]

Söhne der Marktgemeinde

Literatur

  • Walter F. Kalina: Pfarrkirche zum Hl. Georg in Gaweinstal. Eigenverlag der Pfarre Gaweinstal, 2011.
  • Elfriede Popp, Gaweinstal in historischen Ansichten. Budapest, 2000. [22]
  • Elfriede Popp: Historische Entwicklung der Marktgemeinde Gaweinstal. In: Heimat im Weinland. Heimatkundliches Beiblatt zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, Jahrgang 2009/2, Mistelbach 2009. [23]
  • Christian Jostmann: Die Brünner Straße – eine Geschichte des Verkehrsweges von Wien nach Brünn in Bildern. Edition Winkler-Hermaden, Schleinbach 2009, ISBN 978-3-9502688-6-7.
  • Hans Spreitzer, Gaweinstal. Aus der Vergangenheit des ersten Weinviertler Kreisvorortes. Mistelbach, 1967. [22]
  • Christa Farka, Martin Krenn, Gottfried Artner: TrassenArchäologie. Neue Straßen im Weinviertel. Archäologische Forschungen auf den Trassen von A5 und S. Berger, Horn 2006, ISBN 3-85028-441-7.
  • Evelyn Benesch, Bernd Euler-Rolle, Claudia Haas, Renate Holzschuh-Hofer, Wolfgang Huber, Katharina Packpfeifer, Eva Maria Vancsa-Tironiek, Wolfgang Vogg: Niederösterreich nördlich der Donau. In: Bundesdenkmalamt (Hrsg.): Dehio-Handbuch Die Kunstdenkmäler Österreichs. Anton Schroll & Co, Wien 1990, ISBN 3-7031-0652-2, S. 247–250. 
  • Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (Hrsg.): Heimatbuch des Verwaltungsbezirkes Mistelbach. Band 2. Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, Mistelbach 1959. [24]
  • Franz Jordan: April 1945 – die Kämpfe im nordöstlichen Niederösterreich. Österreichischer Milizverlag, Band 19. Österreichischer Milizverlag, Salzburg 2003, ISBN 3-901185-20-8.
  • Hans Egger, Franz Jordan: Brände an der Donau. Das Finale des Zweiten Weltkriegs in Wien, Niederösterreich und Nordburgenland. Reihe Hochschulschriften. Stocker, Graz 2004, ISBN 3-7020-1053-X.

Einzelnachweise

  1. Christian Jostmann, Die Brünner Straße. Eine Geschichte des Verkehrsweges von Wien nach Brünn in Bildern (Schleinbach 2009), 46 f.
  2. a b Bundesdenkmalamt (Hg.), Trassenarchäologie. Neue Straßen im Weinviertel (Wien 2006)20-23, 26-31
  3. Elfriede Popp, Gaweinstal in historischen Ansichten (Budapest 2000), 351
  4. Franz Strobl: Heimat Kreuzstetten. Geschichte & Geschichten, Krems 1991
  5. a b c d e f g h Aus der Chronik des Martin Merkh, Maler, Gemeindeschreiber und Armenvater in Gaunersdorf (ungedruckte Chronik 1360-1835)
  6. Walter Kalina, Ferdinand III. und die bildende Kunst. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 17. Jahrhunderts (Dissertation Universität Wien 2003), 16.
  7. Webpräsenz von erdstall.heim.at
  8. Wilhelm J. Wagner, Der große Bildatlas zur Geschichte Österreichs (Wien 1995), 126 f.
  9. Peter Kolecko / Peter Dachgruber, 1809-2009. 200 Jahre Marchfeldschlachten Aspern und Wagram, 750 Jahre Deutsch-Wagram (2009), 63 f.
  10. a b c Aus der Chronik des Eduard Lehrl, Maurermeister (Fortsetzung der Chronik des Martin Merkh, ungedruckte Chronik 1835-1884)
  11. Der 1. April 1822 bei www.chronik-gaweinstal.net
  12. Elfriede Popp, Historische Entwicklung der Marktgemeinde Gaweinstal. In: Heimat im Weinland. Heimatkundliches Beiblatt zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, Jahrgang 2009/2 (Mistelbach 2009), 1
  13. Hans Spreitzer, Gaweinstal. Aus der Vergangenheit des ersten Weinviertler Kreisvorortes (Mistelbach 1967), 2f.
  14. a b c d e Hans Egger / Franz Jordan, Brände an der Donau. Das Finale des Zweiten Weltkriegs in Wien, Niederösterreich und Nordburgenland (Graz 2004), 264-279, 332f., 415
  15. Franz Jordan, April 1945. Die Kämpfe im nordöstlichen Niederösterreich (Salzburg 2003)
  16. Walter Kalina, Der Kriegsschauplatz Niederösterreich vom römischen Limes bis zum Zweiten Weltkrieg (Schwerpunkt Weinviertel) Seminar an der Volkshochschule Mistelbach, 22. November 2008
  17. Walter F. Kalina: Pfarrkirche zum Hl. Georg in Gaweinstal. Eigenverlag der Pfarre Gaweinstal, 2011, S. 10-15.
  18. Walter F. Kalina: Pfarrkirche zum Hl. Georg in Gaweinstal. Eigenverlag der Pfarre Gaweinstal, 2011, S. 17.
  19. Karl Mattes, Heimatbuch des Verwaltungsbezirkes Mistelbach (Wien 1959), 63
  20. Gemeinderatsprotokoll 17. November 2005
  21. Weblink zum Online-Opernführer mit dem Libretto des Rosenkavaliers
  22. a b Monografie nicht nachweisbar. – Erfolglose einschlägige Abfragen am 30. Dezember 2010.
  23. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund.
  24. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund.

Weblinks

 Commons: Gaweinstal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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