- DIN 51625
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Ethanol Andere Namen Bio-Ethanol, Äthanol, Äthylalkohol, Ethylalkohol, Alkohol, Agraralkohol, Spiritus, Kartoffelsprit, Weingeist, E100
Kurzbeschreibung Kraftstoff für angepasste Otto-Motoren Herkunft biosynthetisch[1]
Charakteristische Bestandteile Ethanol (wasserhaltig)
Eigenschaften Aggregatzustand flüssig Oktanzahl 104 ROZ
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Als Bioethanol bezeichnet man Ethanol, das ausschließlich aus Biomasse (nachwachsende Kohlenstoffträger) oder den biologisch abbaubaren Anteilen von Abfällen hergestellt wurde und für die Verwendung als Biokraftstoff bestimmt ist.[2] Der Begriff Bioethanol ist ein aus den Begriffen biogen und Ethanol gebildetes Kofferwort. Wird das Ethanol aus pflanzlichen Abfällen, Holz, Stroh oder Ganzpflanzen hergestellt, bezeichnet man es auch als Cellulose-Ethanol. Ethanol kann als Kraftstoffbeimischung in Mineralölderivaten für Ottomotoren, als reines Ethanol (sog. E100) oder zusammen mit anderen Alkoholen (z. B. Methanol) als Biokraftstoff verwendet werden.
Im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll wird heute häufig über die Herstellung und den Einsatz von Biokraftstoffen debattiert. Aus Biomasse gewonnenes Ethanol ist ein nachwachsender Energieträger, der zwar gegenüber fossilen Energieträgern Vorteile im Bereich CO2-Ausstoß bietet, jedoch beim Anbau der Energiepflanzen mit hohen Belastungen an klimaschädlichen Gasen wie Distickstoffoxid einhergeht. Trotz einer positiven Energiebilanz wird diskutiert, wie umweltfreundlich die Herstellung von Ethanol angesichts des Bedarfs an Anbauflächen (Monokulturen) tatsächlich ist.
Inhaltsverzeichnis
Einsatz
Ethanol-Kraftstoffe werden als Energieträger in Verbrennungsmotoren und Brennstoffzellen verwendet. Insbesondere der Einsatz als Benzin-Ersatz bzw. -Zusatz in Kraftfahrzeugen und neuerdings auch Flugzeugmotoren hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.
Das Benzin-Alkohol-Gemisch wird in den USA als Gasohol und in Brasilien als Gasolina Tipo C bezeichnet. In den USA sind die Mischungen E10 und E85, die jeweils 10 % bzw. 85 % Ethanol enthalten, verbreitet. In Brasilien wird an allen Tankstellen neben reinem Ethanol nur Benzin mit einen Ethanolanteil von 20 bis 25 % angeboten. Die Regierung ändert diesen Anteil entsprechend der Marktlage (Erntezeit) zur Preisregulierung zuweilen.
Neben der üblichen Verwendung von Ethanol als Ottokraftstoff-Zusatz gibt es auch erste Anwendungen mit Ethanol in Dieselkraftstoff in Form von Emulsionskraftstoffen. [3]
Mischungen von Ethanol-Kraftstoff
Ethanol-Kraftstoffgemisch E85 Andere Namen Ethanol-Kraftstoff E85, E85, Ethanol-Benzin-Gemisch
Kurzbeschreibung Ottokraftstoff mit hohem biogenen Anteil für angepasste Motoren Herkunft hauptsächlich biosynthetisch[1], teilweise fossil
Charakteristische Bestandteile Ethanol (ca. 85 %), Superbenzin[4] (ca. 15 %)
Eigenschaften Aggregatzustand flüssig Dichte 0,785 kg/L (15 °C)
Heizwert 6,3 kWh/L = 8,0 kWh/kg
Brennwert 25,4 MJ/L = 32,3 MJ/kg
Oktanzahl ca. 102 ROZ
Siedebereich 55–180 °C [4]
Flammpunkt < −21 °C [4]
Zündtemperatur 385 °C [4] Explosionsgrenze 2,2–25,5 Vol.-% [4] Temperaturklasse T3 [4] Explosionsklasse AII [4] Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung [4] Hoch-
entzündlich(F+) R- und S-Sätze R: 11-37/38 S: (2)-7/9-16-33 UN-Nummer 1993 [4] Gefahrnummer 33 Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Gängige Mischungen werden mit E2, E5, E10, E15, E25, E50, E85 und E100 bezeichnet. Die dem E angefügte Zahl gibt an, wie viel Volumenprozent Ethanol dem Benzin beigemischt wurden. E85 besteht zu 85 % aus wasserfreiem Bioethanol und zu 15 % aus herkömmlichem Benzin. Bedingt durch die höhere Klopffestigkeit kann die Motorleistung mit E85 gegenüber herkömmlichem Benzin zum Teil deutlich gesteigert werden. Im Sommer 2002 erließ das Bundesministerium der Finanzen ein Gesetz zur Steuerbefreiung u. a. von Ethanol als Biokraftstoff zur Beimischung zu fossilen Kraftstoffen (ermächtigt durch EG Richtlinie 92/81/EWG Art.8.Abs.4.).
Die europäische Norm DIN EN 228 lässt es zu, dem herkömmlichen Benzin bis zu 5 % Ethanol beizumischen (E5). Dies wird auch heute schon praktiziert, allerdings liegt der Ethanolanteil in Deutschland erst bei etwa 2 %. Kraftstoffe mit über 5 % Bioethanolbeimischung müssen in Europa entsprechend gekennzeichnet werden.[2] Normale Benzinmotoren können bis auf wenige Ausnahmen ohne Modifikation mit E5 betrieben werden, während vor allem ältere oder ausländische Fahrzeuge im Bestand nur durch Umrüstungen E10-verträglich gemacht werden müssten. In einigen EU-Ländern (z. B. Polen, Tschechien, Deutschland) wird eine Zwangsbeimischung von Bioethanol geprüft.[5]
In den USA wird bereits größtenteils E10 eingesetzt. Viele Fahrzeuge mit Ottomotor und voll geregeltem Kraftstoffsystem verkraften rein funktionell auch E25. Hierbei wird die großzügig dimensionierte Einspritzmengen-Korrekturregelung via Lambdasonde ausgenutzt. Problematisch sind Kraftstoffschläuche (v. a. Naturgummi), die nicht vom Hersteller für den Ethanolbetrieb freigegeben sind. In Brasilien werden 25 % Ethanol in das Normalbenzin gemischt. Mehr als 80 % aller dort verkauften PKW können wahlweise auch mit E100 oder einer beliebigen Mischung beider Sorten fahren. Motoren, die nur mit reinem Alkohol betrieben werden können, werden dort in der Automobilindustrie seit 1979 und seit 2005 für Kleinflugzeuge verkauft, die Flexible Fuel Vehicles werden seit 2003 angeboten. Japan will zukünftig bis zu 10 % beimischen und verhandelt derzeit mit Brasilien über Alkohollieferungen.
In Bad Homburg eröffnete am 2. Dezember 2005 die erste öffentliche Bioethanol-Tankstelle für E85 Deutschlands. Der Preis pro Liter ist jedoch in konventionellen Benzinfahrzeugen durch den bis zu 30-prozentigen Mehrverbrauch für den Verbraucher nicht wirtschaftlicher als Eurosuper. Ein Mehrverbrauch an Ethanol ist vor allem durch den geringeren Heizwert des Kraftstoffs gegenüber Eurosuper bedingt. Ein Liter E85 hat einen Heizwert von ca. 22,7 MJ/L (Superbenzin ca. 32,5 MJ/L), woraus ein theoretischer Mehrverbrauch von ca. 43 % resultiert. In der Praxis kann der Mehrverbrauch jedoch deutlich geringer ausfallen, je nach Motor und Fahrprofil. Ein nicht speziell modifizierter Ottomotor erreicht durch den Einsatz von Ethanol keine Steigerung des Wirkungsgrades. Leistungssteigerungen oder eine Reduktion des Mehrverbrauchs durch höhere Verdichtungen werden durch die höhere Klopffestigkeit des Ethanols ermöglicht. Derzeit gibt es in Deutschland über 190 Tankstellen, die Ethanol-Gemische anbieten, Tendenz steigend.[6] [7]
Modifikation der Verbrennungsmotoren
Je höher der Anteil von Ethanol in einer Benzin-Ethanol-Mischung ist, umso weniger ist er für unmodifizierte benzinbetriebene Motoren geeignet. Reines Ethanol reagiert mit oder löst Gummi sowie Kunststoffe (z. B. PVC) und darf daher nicht in unveränderten Fahrzeugen verwendet werden. Außerdem hat reines Ethanol eine höhere Oktanzahl als übliches Benzin, was eine Änderung des Zündzeitpunkts ermöglicht. Wegen des geringeren Heizwertes muss der Durchsatz der Einspritzdüsen angepasst werden. Reine Ethanolmotoren benötigen auch ein Kaltstart-System, um bei Temperaturen unterhalb von 13 °C eine vollständige Verdampfung des Kraftstoffs in der Kaltlaufphase sicherzustellen. Bei 10 bis 30 % Ethanol-Anteil im Benzin sind gewöhnlich kaum Umbaumaßnahmen notwendig. Nicht alle großen Autohersteller garantieren eine störungsfreie Funktion des Motors bis zu einem Anteil von 10 % Ethanol, weil z. B. unbeschichtete Aluminiumkomponenten angegriffen werden können. Seit 1999 werden eine zunehmende Anzahl von Fahrzeugen in der Welt mit Motoren ausgerüstet, die mit jedem möglichen Gemisch aus Benzin und Ethanol von 0 % Ethanol bis zu 100 % Ethanol ohne Änderung betrieben werden können.
In Europa ist Schweden bei der Beimischung von Ethanol Vorreiter. Ford verkaufte in Schweden bereits 15.000 Flexible Fuel Vehicle (FFV) (Stand: Dezember 2005). In Brasilien wurde im Dezember 2005 das dreimillionste FFV verkauft. Diese Fahrzeuge sind speziell für den Betrieb mit E85 konzipiert, das in Schweden bereits an 220 Tankstellen und in Brasilien flächendeckend verfügbar ist. Die FFV verbrauchen bei Betrieb mit E85 ca. 35 vol% mehr Kraftstoff gegenüber dem Standardbenzinmodell bei Leistungssteigerungen bis ca. 20 % (Herstellerangaben). FFV können mit jeglicher Ethanol-Benzin-Mischung von 0 bis 85 % Ethanol betrieben werden. Bedingt durch die vom Benzin abweichenden (Verbrennungs-)Eigenschaften des Ethanols werden diese Motoren jedoch mit veränderten Werkstoffen hergestellt. Ein FFV kostet am Beispiel Saab 9-5 etwa 1000 Euro Aufpreis gegenüber dem Benzinmodell (Stand 2/2007). Ein spezieller Sensor stellt im Betrieb fortlaufend das Mischungsverhältnis fest und regelt den Verbrennungsvorgang.
In Brasilien bieten beinahe alle Hersteller ethanol-taugliche Fahrzeuge an. Sie haben bei Volkswagen den Zusatz Totalflex oder bei Chevrolet (Opel/GM) Flexpower und haben teilweise sehr ökonomische Motoren (1.0 City Totalflex oder 1.0 VHC Flexpower). Der Zusammenschluss unabhängiger Mineralölimpoteure AVIA International hat eine Übersicht zur E10-Verträglichkeit der Motoren verschiedener Kraftfahrzeughersteller zusammengestellt.[8]
Additiv ETBE
(Bio-)Ethanol ist Rohstoff für die Herstellung von Ethyl-tert-butylether (ETBE). ETBE kann zu einem Anteil von 15 % normalem Benzin beigemischt werden und erhöht die Klopffestigkeit des Treibstoffs. Bei einem Bioethanolanteil von über 47 % wird das Additiv in Europa als Bio-ETBE eingestuft.[2]
Brennstoffzellen
Hauptartikel: Brennstoffzelle, Wasserstoff, Biowasserstoff, Wasserstoffantrieb
Wasserstoff wird ebenfalls als ein alternativer Treibstoff für Verbrennungsmotoren und Brennstoffzellen betrachtet. Wasserstoff ist jedoch schwer zu transportieren und zu speichern. Eine mögliche Lösung besteht darin, Ethanol für den Transport zu benutzen, dann katalytisch in Wasserstoff und Kohlendioxid zu trennen und den Wasserstoff in eine Brennstoffzelle zu übertragen. Alternativ dazu können einige Brennstoffzellen direkt mit Ethanol oder Methanol betrieben werden.
Anfang des Jahres 2004 zeigten Forscher der University of Minnesota einen einfachen Ethanol-Reaktor, der Ethanol in Wasserstoff mit Hilfe von Katalysatoren umwandelt. Das Gerät benutzt einen Rhodium-Cer-Katalysator für die erste Reaktion, die bei einer Temperatur von etwa 700 °C stattfindet. In dieser Reaktion werden Ethanol, Wasserdampf und Sauerstoff vermischt und große Mengen Wasserstoff produziert. Dabei entsteht jedoch auch giftiges Kohlenmonoxid, das für die meisten Brennstoffzellen störend ist und durch einen weiteren Katalysator zu Kohlendioxid oxidiert werden muss.
Geschichte
Nikolaus August Otto verwendete 1860 Äthylalkohol (Ethanol) als Kraftstoff in den Prototypen seines Verbrennungsmotors. Der Automobilhersteller Henry Ford konzipierte sein ab 1908 gebautes T-Modell, mit dem er die Serienproduktion von Autos revolutionierte, auf der Grundlage, dass Agraralkohol (Bioethanol) der eigentliche Kraftstoff für dieses „Volks-Auto“ sei. Ford glaubte, dass Ethanol der Treibstoff der Zukunft sei, der zugleich der Landwirtschaft neue Wachstumsimpulse bringen würde: „The fuel of the future is going to come from fruit like that sumach out by the road, or from apples, weeds, sawdust – almost anything.“[9]
Aufgrund der Versorgungslage bei Benzin gab es in Deutschland mit der 1925 gegründeten Reichskraftsprit (RKS) einen Hersteller von Spiritus (Kartoffelschnaps) zur Verwendung als Ottokraftstoff. Allerdings diente der Einsatz weniger als Mittel zur Erhöhung der Klopffestigkeit, sondern vielmehr zur Unterstützung der anbauenden Landwirtschaft. Die RKS vertrieb ihr Benzin-Gemisch mit einem ca. 25-prozentigen Anteil Spiritus unter dem Markennamen Monopolin. 1930 trat in Deutschland die Bezugsverordnung von Spiritus zu Treibstoffzwecken für alle Treibstofffirmen in Kraft. Jeweils 2,5 Gewichtsprozente der produzierten oder eingeführten Treibstoffmenge waren von der Reichsmonopolverwaltung zu beziehen und dem Benzin beizumischen. Diese Quote erhöhte sich bis Oktober 1932 schrittweise auf 10 %.
In den folgenden Jahrzehnten wurde Erdöl zur vorrangigen Energiequelle. Erst mit den Ölkrisen der 1970er Jahre fand Ethanol als Kraftstoff neues Interesse. Ausgehend von Brasilien und USA wurde die Nutzung von Ethanol aus Zuckerrohr und Getreide als Treibstoff für Autos ebenso wie andere alternative Kraftstoffe auf der Basis Nachwachsender Rohstoffe zunehmend durch Regierungsprogramme unterstützt. Eine globale Ausweitung dieser Bestrebungen entstand infolge des Kyoto-Protokolls.
Herstellung
Hauptartikel: Ethanol
Wie herkömmlicher Alkohol wird Bioethanol durch Fermentation (alkoholische Gärung) aus Zucker (Glucose) mit Hilfe von Mikroorganismen gewonnen und anschließend durch thermische Trennverfahren aufgereinigt. Für den Einsatz als Treibstoffzusatz wird Bioethanol zusätzlich bis zu einer Reinheit von mehr als 99 % „getrocknet“.
Rohstoffe
Stärke, Zucker
Als herkömmliche Rohstoffe kommen meist die lokal verfügbaren Pflanzen mit hohen Gehalten an Zucker oder Stärke zum Einsatz: in Lateinamerika Zuckerrohr bzw. die daraus gewonnene Zuckerrohr-Melasse, in Nordamerika Mais, in Europa Weizen und Zuckerrüben. Weitere Pflanzen, die für die Bioethanolproduktion eingesetzt werden können, sind zum Beispiel Triticale, Zuckerhirse (Sorghum), in Asien auch Cassava (Maniok).
Cellulose
Angestrebt wird zunehmend die Nutzung von kostengünstigen pflanzlichen Reststoffen wie Stroh, Holzresten und Landschaftspflegegut oder von Energiepflanzen wie Rutenhirse[10] (auch Switchgrass, Panicum virgatum) oder Chinaschilf (Miscanthus sinensis), die keiner intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftung bedürfen und auch auf minderwertigen Böden wachsen. (siehe Cellulose-Ethanol)
Prozessschritte
Um die Glucose für die Ethanolproduktion zu gewinnen, muss der Rohstoff je nach Art aufbereitet werden:
- Stärkehaltige Rohstoffe wie Getreide werden vermahlen. Durch enzymatische Zerlegung wird in der Verflüssigung/Verzuckerung die Stärke in Zucker umgewandelt.
- Zuckerhaltige Rohstoffe wie Melasse können direkt fermentiert werden.
- Cellulosehaltige Rohstoffe wie Stroh müssen ebenfalls durch Säuren und Enzyme aufgespalten werden.
Das Produkt der Rohmaterialaufbereitung ist eine zuckerhaltige Maische, die in der Fermentation mit Hefe (Saccharomyces cerevisiae) versetzt wird. Es entsteht eine alkoholische Maische mit etwa 12 % Ethanolgehalt. Diese wird in der Destillation/Rektifikation bis zu einer Konzentration von 94,6 % zu sogenanntem Rohalkohol gereinigt (ein Azeotrop, das sich nicht mehr durch Destillation trennen lässt). In der Dehydratisierung (umgangssprachlich Dehydrierung) wird der verbliebene Wasseranteil von rund 5 % in einem Adsorptionsprozess mittels Molekularsieb entfernt. Das Endprodukt hat eine Reinheit von bis zu 99,95 %.
Diese hohe Reinheit ist für die Mischung mit Benzin erforderlich, da sich andernfalls das Wasser absetzt. In Fahrzeugen, die mit reinem Alkohol betrieben werden (wie in den Anfängen in Brasilien) kann auch wasserhaltiger, also nicht vollständig dehydrierter Rohalkohol eingesetzt werden.
Nebenprodukte
Als Nebenprodukt entsteht Schlempe, welche die Reststoffe der Maische abhängig vom Rohmaterial enthält. Getreideschlempe ist nährstoffreich und wird getrocknet als Futtermittel mit hohem Proteingehalt vermarktet (Trockenschlempe, auch DDGS = „dried distillers grains and solubles“). Vinasse, die bei der Melassevergärung zurückbleibt, wird agrartechnisch z. B. ebenfalls als Tierfutterzusatz oder als Düngemittel genutzt.
Eine weitere Möglichkeit für die Verwendung der Schlempe ist die Energiegewinnung durch thermische Verwertung, d. h. die Verbrennung zwecks Dampferzeugung für die Ethanolanlage. Neben einer Senkung der Produktionskosten wird dadurch die Treibhausgasbilanz der Produktion verbessert.
Bagasse, die Faserstoffe aus der Zuckerrohrvergärung, wird aufgrund des geringen Nährwertes nicht direkt als Futtermittel für die Tierernährung eingesetzt. Die Restenergie der Bagasse wird stattdessen häufig über eine teils mehrstufige Methanvergärung in den Energiekreislauf der Destillerie zurückgeführt, wodurch die Kosten je Einheit produzierten Ethanols reduzierbar sind. Schwachpunkt dieses Ansatzes und auch der bisher sehr konkurrenzfähigen lateinamerikanischen, auf Zuckerrohr basierenden Biokraftstoffproduktion ist die alleinige Ausrichtung auf die produzierte Menge Ethanol. Trotz mangelnder Flexibilität liegt der große Vorteil der Zuckerrohrnutzung jedoch in der günstigeren Rohstoffbasis, dem deutlichen Standortvorteil und dem geringeren Kapitalaufwand durch den Verzicht auf großvolumige Trocknungsanlagen. Derzeit sind Unternehmungen dieser Art die günstigsten Anbieter von Ethanol auf dem Weltmarkt und stellen das Modell dar, das Neueinsteiger wie Indien und Thailand wählen.
Abhängig von der Prozessführung sind weitere Nebenprodukte möglich (z. B. Maiskeimöl, Kohlendioxid).
Cellulose-Ethanol
Hauptartikel: Cellulose-Ethanol
Die Produktion aus Stärke und Zuckerrohr wird potentiell den langfristig steigenden Bedarf an Bioethanol nicht decken können. Die nur begrenzt zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Anbauflächen, ökologische Probleme bei der notwendigen Intensivierung der Landwirtschaft und die Konkurrenz zum Lebensmittelmarkt begrenzen die Produktion von Bioethanol auf diesem herkömmlichen Wege. Eine Alternative besteht darin, für die menschliche Ernährung ungeeignete Nutzpflanzen oder Pflanzenabfälle zu nutzen. Diese hauptsächlich aus Cellulose, Hemicellulose und Lignin bestehenden Materialien fallen in hohen Mengen an und sind billiger als stärke- oder zuckerreiche Agrarrohstoffe. Zudem sind die potentiell nutzbare Biomasse pro Flächeneinheit höher, die CO2-Bilanz positiver und der Anbau teilweise deutlich umweltschonender.
Ethanol, der aus pflanzlichen Abfällen hergestellt wird, wird als Cellulose-Ethanol oder Lignocellulose-Ethanol bezeichnet. Im Gegensatz zum herkömmlichen Bioethanol besitzt Cellulose-Ethanol eine bessere CO2-Bilanz und konkurriert nicht mit der Lebensmittelindustrie. Allerdings befinden sich die Verfahren zur Herstellung von Lignocellulose-Ethanol noch in der Entwicklung.
Angestrebt wird dabei, in sogenannten Bioraffinerien die Cellulose und Hemicellulose in vergärbare Zucker umzuwandeln und von Hefen direkt in Ethanol zu vergären. Das Lignin könnte als Brennstoff zum Antreiben des Prozesses benutzt werden. Allerdings verhindern zur Zeit noch einige technische Schwierigkeiten den Einsatz dieses Verfahrens. Zum einen ist der Abbau von Cellulose und Hemicellulose zu vergärbaren Zuckern aufgrund der komplexen Struktur dieser Verbindungen im Gegensatz zur Verzuckerung von Stärke schwierig und langsam. Zum anderen können die meisten der zur Ethanolproduktion verwendeten Mikroorganismen nicht alle aus der Hemicellulose freigesetzten Zuckerarten vergären. Für einen wirtschaftlich ausgereiften Prozess ist dies jedoch eine wichtige Voraussetzung. Für Forschungszwecke werden weltweit etwa 15 Versuchsanlagen betrieben (2008). In den USA sind, gestützt durch massive staatliche Förderung, weitere rund 20 Pilotanlagen in Planung bzw. im Bau.
Verwendung in ausgewählten Ländern
Brasilien
In Brasilien wurde in den 1980er Jahren – als Alternative zu den devisenintensiven Ölimporten – mit dem sogenannten „Proàlcool“-Programm eine ausgeprägt einheimische Industrie für Ethanol-Kraftstoff aufgebaut, die auf Produktion und Raffination von Zuckerrohr basiert. Durch die hohen Weltmarktpreise für Zucker in den 1990ern kam die Ethanolproduktion der Zuckerindustrie in Brasilien fast zum Erliegen, doch in den letzten Jahren ist ein starker Aufschwung zu verzeichnen.
In den Anfängen wurde reines Ethanol verwendet, wofür eigene Motoren erforderlich sind. Mittlerweile werden überwiegend sogenannte Flexible Fuel Vehicles eingesetzt, die in der Lage sind, jegliche Mischung von Benzin und Ethanol zu verbrennen. Deren Anteil am Pkw-Verkauf lag in 2007 bei 86 %.
An allen Tankstellen wird Benzin mit einen Anteil von 20 bis 25 % Ethanol angeboten. Der genaue Prozentsatz wird von der Regierung abhängig vom Zuckermarkt festgelegt.
Brasilien war bis 2005 der weltweit größte Hersteller und Verbraucher, wurde mittlerweile aber von den USA überholt. Die Produktion betrug 2007 knapp 19 Mrd. Liter. Der Inlandsverbrauch lag 2007 bei 16,7 Mrd. Liter, ein Anstieg um 3,7 Mrd. Liter gegenüber dem Vorjahr. Für 2008 wird eine weitere Zunahme um 2,9 Mrd. Liter vor allem aufgrund des stark wachsenden Automarktes prognostiziert. Für die Erntesaison 2007/2008 wurde ein starker Anstieg der Ethanolproduktion auf 21,3 Mrd. Liter erwartet (+22 % gegenüber dem Vorjahr). 2006 wurden 3,9 Mrd. Liter Ethanol exportiert (2005: 2,6 Mrd. Liter), davon 1,7 Mrd. Liter in die USA, 346 Mio. in die Niederlande, 225 Mio. nach Japan und 204 Mio. nach Schweden. Brasilien ist damit der mit Abstand größte Ethanolexporteur weltweit. 2007 fiel der Export entgegen den allgemeinen Erwartungen auf 3,8 Mrd. Liter zurück und auch für 2008 wird ein weiterer Rückgang aufgrund einer zurückhaltenden Biokraftstoffpolitik in vielen Ländern und der wachsenden inländischen Produktion in den USA nicht ausgeschlossen. Ein erheblicher Anteil der Exporte in die USA erfolgt nicht direkt, sondern wird aus steuerlichen Gründen über karibische Staaten (insbesondere Jamaika) abgewickelt. Dort wird der Ethanol dehydriert und anschließend zu Präferenzkonditionen in die USA weitergeliefert (Caribbean Basin Initiative).
Aufgrund der Verbrennung der zuckerlosen Rückstände des Zuckerrohrs (Bagasse) zur Gewinnung von Strom und Prozesswärme haben die Ethanol-Fabriken in Brasilien eine deutlich positive Energiebilanz.
2008 wurde in Brasilien sogar mehr Ethanol (15,8 Mrd. Liter) als Benzin (15,5 Mrd. Liter) gekauft (Stand: Oktober 2008).[11]
USA
Auch in den USA führte der Öl-Schock Mitte der 1970er zu einem nationalen Treibstoff-Ethanol-Programm, um die Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern. Steuererleichterungen für Treibstoffmischungen mit Ethanol aus Getreide („Gasohol“ = E10) ermöglichten die Entwicklung einer Treibstoffethanol-Industrie.
Einige US-Bundesstaaten aus dem sogenannten Grain Belt begannen nach der arabischen Ölkrise im Jahr 1973 damit, die Ethanolherstellung aus Mais finanziell zu unterstützen. Der sogenannte Energy Tax Act aus dem Jahr 1978 erlaubte eine Befreiung von der Verbrauchssteuer für Biokraftstoffe, hauptsächlich für Benzin. Allein die Einnahmeausfälle durch Befreiung von der Verbrauchssteuer wurden auf 1,4 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt. Ein anderes US-Bundesprogramm garantierte ein Darlehen für den Anbau von Pflanzen für die Ethanolproduktion und im Jahr 1986 gaben die USA den Ethanolherstellern sogar kostenloses Getreide.
Mit dem „Clean Air Act“ kam in den 1990ern ein weiterer Aspekt für den Einsatz von Ethanol: die Verbesserung der Luftqualität in den Großstädten durch Senkung von Emissionen aus dem Straßenverkehr. Im August 2005 unterschrieb der amerikanische Präsident George W. Bush ein umfassendes Energiegesetz, das unter anderem eine Steigerung der Produktion von Ethanol und Biodiesel von 14,8 auf 27,8 Milliarden Liter (bzw. von 4 auf 7,5 Milliarden US-Gallonen) innerhalb der nächsten zehn Jahre vorsieht.
Die Herstellung und Nachfrage von Ethanol wächst in den USA damit ständig an. Ungefähr 700 von insgesamt 165.000 Tankstellen besitzen Zapfsäulen mit E85. Ethanol ist vor allem im Mittleren Westen und in Kalifornien erhältlich, wo auch das meiste Ethanol raffiniert wird. Seit Juni 2006 liegt die Kapazität bei 18 Milliarden Liter (4,8 Milliarden Gallonen) Ethanol pro Jahr. Kapazitäten zur Produktion von weiteren 8 Milliarden Litern (2,2 Milliarden Gallonen) pro Jahr sind im Bau.[12] In 2007 wurden 24,6 Mrd. Liter Ethanol produziert.
Kolumbien
Kolumbiens Programm für Ethanol-Kraftstoff begann 2002, als die Regierung ein Gesetz zur Anreicherung des Benzins mit sauerstoffhaltigen chemischen Verbindungen verabschiedete. Anfangs bestand vor allem die Absicht, die Emission von Kohlenmonoxid durch Autos zu reduzieren. Später wurde Bioethanol von der Mineralölsteuer befreit, wodurch Ethanol billiger wurde als Benzin. Dieser Trend wurde sogar noch verstärkt, da die Benzinpreise seit dem Jahr 2004 steigen und dadurch das Interesse für erneuerbare Treibstoffe (zumindest für Autos) stieg. In Kolumbien werden die Preise für Benzin und Ethanol von der Regierung gesteuert. Als Ergänzung dieses Ethanolprogramms ist ein Programm für Biodiesel vorgesehen, um Diesel-Treibstoff mit sauerstoffhaltigen Verbindungen anzureichern und erneuerbaren Treibstoff aus Pflanzen herzustellen.
Anfangs hatte vor allem die kolumbianische Zuckerindustrie Interesse an der Ethanolproduktion. Das Ziel der Regierung war es, den Autotreibstoff allmählich auf eine Mischung aus 10 % Ethanol und 90 % Benzin umzustellen. Anpflanzungen zur Ethanolgewinnung werden steuerlich gefördert.
Die erste Anlage für Ethanol-Treibstoff nahm ihre Produktion im Oktober 2005 in der kolumbianischen Region Cauca mit einem Ausstoß von 300.000 Litern pro Tag auf. Spätestens seit März 2006 sind fünf Anlagen in Betrieb mit einer Gesamtkapazität von 1.050.000 Litern pro Tag. Im kolumbianischen Cauca Valley wird Zucker das ganze Jahr über geerntet und die neuen Brennereien haben eine gleichmäßige Auslastung. Die Investitionen in diese Anlagen betragen insgesamt ca. 100 Mio. Dollar. Spätestens 2007 soll die Produktion bei 2,5 Millionen Litern pro Tag liegen, um das Ziel von 10 % Ethanolanteil im Benzin zu erreichen. Der hergestellte Ethanol-Kraftstoff wird zur Zeit hauptsächlich in den wichtigen Städten nahe dem Cauca Valley wie Bogota und Cali Pereira verwendet. Für den Rest des Landes reicht die Produktion noch nicht aus.
Bioethanol-Produktion (GWh)[13] Nr. Staat 2006 2005 1 Deutschland 2554 978 2 Spanien 2382 1796 3 Frankreich 1482 853 4 Schweden 830 907 5 Italien 759 47 6 Polen 711 379 7 Ungarn 201 207 8 Litauen 107 47 9 Niederlande 89 47 10 Tschechien 89 0 11 Lettland 71 71 12 Finnland 0 77 27 EU Gesamt 9274 5411 100 l Bioethanol = 79,62 kg,
1 t Bioethanol = 0,64 ÖleinheitenBioethanol-Verbrauch (GWh)[13][14] Nr. Staat 2005 2006 2007 1 Deutschland 1 682 3 544 3 408 2 Frankreich 871 1 719 3 174 3 Schweden 1 681 1 894 2 113 4 Spanien 1 314 1 332 1 310 5 Polen 329 611 991 6 Vereinigtes Königreich 502 563 907 7 Bulgarien - 0 769 8 Österreich 0 0 254 9 Slowakei 0 4 154 10 Litauen 10 64 135 11 Ungarn 28 136 107 12 Niederlande 0 179 101 13 Dänemark 0 42 70 14 Irland 0 13 54 15 Lettland 5 12 20 16 Luxemburg 0 0 10 17 Slowenien 0 2 9 18 Tschechien 0 13 2 19 Portugal 0 0 0 20 Italien 59 0 0 21 Belgien 0 0 0 22 Griechenland 0 0 0 23 Finnland 0 10 n.a. 24 Rumänien - 0 n.a. 25 Malta 0 0 n.a. 26 Estland 0 0 n.a. 27 Zypern 0 0 n.a. 27 EU Gesamt 6481 10138 13563 1 t Öleinheit = 11,63 MWh n.a. = not available Europa
Schon in den 1980ern gab es in Europa von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt die Zumischung von 5 % Ethanol zu Benzin zur Oktanzahl-Erhöhung. Später begann die Produktion von ETBE aus Überschusswein in Frankreich und Spanien.
Mit der EG-Richtlinie 2003/30/EC[15] verfolgt die europäische Gemeinschaft das Ziel, die Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen als Ersatz für Otto- und Dieselkraftstoffe im Verkehrssektor zu fördern. Die Biokraftstoffrichtlinie gibt – bezogen auf den Energiegehalt – Richtwerte für den Anteil an Biokraftstoffen als Ersatz von herkömmlichen Kraftstoffen im Verkehr vor. Die Werte stehen nicht für die Beimischung zu Benzin oder Diesel, sondern geben den gewünschten Gesamtanteil aller erneuerbaren Kraftstoffe am Gesamtbedarf von Kraftstoffen an:
- 2 % bis 2005
- 5,75 % bis 2010
Die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten erfolgt freiwillig. Das Ziel für 2005 wurde nicht erreicht.[16] Zusätzlich erlaubt die Energiesteuer-Richtlinie (2003/96/EC) es den Mitgliedstaaten, die Mineralölsteuer für Biokraftstoffe bis zu 100 % zu erlassen.
Im März 2007 wurde vom Europäischen Rat ein zusätzliches Ziel von 10 % bis 2020 genannt. Die tatsächliche Umsetzung wird im Rahmen einer Direktive der Europäischen Kommission erfolgen, die voraussichtlich Ende 2008 dem EU Parlament zur Abstimmung vorgelegt wird. Die Direktive wird neben Beimischungszielen auch Vorschriften bezüglich nachhaltiger Rohstoffproduktion und Einsparung von Treibhausgasemissionen enthalten.
Im Jahr 2007 wurden in der EU insgesamt rd. 1,7 Mrd. Liter Ethanol produziert, jedoch rd 2,6 Mrd Liter verbraucht. Die Differenz wurde größtenteils aus Brasilien importiert. Die EU liegt mit ihrer Produktion weltweit vor China auf dem dritten Platz, allerdings weit hinter den USA und Brasilien.
Deutschland
In Deutschland besteht ein Markt für Bioethanol erst seit 2004. In dem Jahr wurden nach Angaben der Industrie etwa 80.000 t Bioethanol abgesetzt, wobei der überwiegende Teil als ETBE-Kraftstoff verwendet wurde.[17] 2006 betrug der Absatz von Bioethanol bereits 478.000 t bzw 605.000 m3 während die Produktionskapazitäten bei etwa 600.000 m3 liegen.[18] Verglichen mit dem Gesamtverbrauch von fast 54 Mio t bzw. 68 Mio l an Kraftstoffen in Deutschland stellt das Bioethanol allerdings nur einen Anteil von 0,6 Prozent dar, Biodiesel liegt mit 2,5 Mio t (2,8 Mio l) bei 4 Prozent des Gesamtverbrauchs.[18]
Bioethanol wird in Form von E85 zur Zeit noch nicht wie das fossile Mineralöl besteuert, sondern ist vollständig steuerentlastet. Für geringere Mischungsverhältnisse hat der Gesetzgeber mit dem Biokraftstoffquotengesetz[5] seit 2006 ein ordnungspolitisches Instrument geschaffen, um die Beimischung von Bioethanol zum Benzin zu fördern: Die Mineralölindustrie ist verpflichtet, dem Ottokraftstoff jährlich steigende Anteile (1,2 % im Jahr 2007 bis 3,6 % im Jahr 2010) Bioethanol beizumischen. Diese Anteile unterliegen dann in voller Höhe der Energiesteuer (Bioethanol 65,4 Cent). Mit dieser Kombinationsmaßnahme möchte die Bundesregierung die meist mittelständische Biokraftstoffwirtschaft über die Sicherung des Absatzmarktes stützen.
DIN 51625 Bereich Kraftstoffe für Kraftfahrzeuge Regelt Ethanolkraftstoff - Anforderungen und Prüfverfahren Kurzbeschreibung Letzte Ausgabe 8.2008 ISO Die derzeit größte europäische Anlage zur Bioethanolgewinnung steht in Zeitz (Sachsen-Anhalt). Hier werden von CropEnergies (früher Südzucker Bioethanol GmbH) aus Weizen, Gerste, Triticale und Mais 260.000 m³/a Bioethanol produziert. In der zweitgrößten deutschen Anlage wird von Verbio im brandenburgischen Schwedt aus 500.000 t Roggen jährlich 180.000 t Bioethanol hergestellt.
Im Frühjahr 2008 geriet die geplante Erhöhung des Ethanol-Anteils auf 10 % in die Kritik, da Politik, Automobilhersteller und der Verband der Automobilindustrie widersprüchliche Aussagen zur Verträglichkeit machten. Da damit offen blieb, ob die nicht explizit dafür konstruierten Modelle mit SuperPlus betankt werden müssten, das als einzige Sorte den 5 %-Ethanol-Anteil behalten soll, wurde die von der Bundesregierung geplante Verordnung zur Einführung von E10 ausgesetzt.[19] Bereits im Mai 2007 hatte der mittelständische Mineralölhändler AVIA Super E10 als erster Tankstellenbetreiber eingeführt.
Im August 2008 wurden mit der Erstausgabe der DIN 51625 Anforderungen und Prüfverfahren an Ethanolkraftstoff erstmalig in einer DIN-Norm definiert.
Österreich
Österreich hat sich bei der Umsetzung der Biokraftstoff-Richtlinie Ziele gesetzt, die über den EU-Vorgaben liegen (2,5 % bis 2005 | 4,3 % bis 2007 | 5,75 % bis 2008). Mit Änderungen der Kraftstoffverordnung und des Mineralölsteuergesetzes wurde sogar eine Substitutionspflicht eingeführt. Mit der Produktionsaufnahme der Bioethanolanlage der Agrana in Niederösterreich auf der Basis von Weizen, Mais und Zuckerrüben (2008) sollte der österreichische Markt für E5 gedeckt sein.
Weitere europäische Länder
In Schweden werden Flexible Fuel Vehicles (FFV) bereits seit 2001 vermarktet. Das Ethanol wird in Schweden aus Getreide, Zuckerrohr und auch aus Abfällen der heimischen Holzverarbeitung erzeugt. An mehr als 140 öffentlichen Tankstellen steht E85 zu Verfügung. Schweden verfolgt das Ziel, bis 2020 gänzlich unabhängig von Erdöl zu werden.
Großbritannien verfolgt eine Politik, die Nutzung von Biokraftstoffen einschließlich Ethanol zu stärken, obwohl die Besteuerung alternativer Treibstoffe wie Biodiesel fast genauso hoch ist wie auf konventionelle fossile Treibstoffe. Spanien ist der größte Produzent von Bioethanol in Europa. Hier werden vor allem Gerste und Weizen vergoren.
Auswirkungen auf die Umwelt
Energiebilanz
Damit Bioethanol-Kraftstoff einen sinnvollen Beitrag zur Energiewirtschaft leisten kann, muss die Herstellung eine positive Energiebilanz aufweisen. Im Auftrag des Bundesverband landwirtschaftliche Rohstoffe verarbeitende Brennereien e. V. wurde eine entsprechende Untersuchung der großtechnischen Herstellung von Bioethanol durch die Universität Hohenheim erstellt. Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Bioethanolproduktion nur eine schwach positive Energiebilanz mit einem Verhältnis des Energie-Gewinns zum Energie-Eintrag von 1,32 aufweist.[20]
Für die Bestimmung der Energiebilanz sind einige Faktoren entscheidend:
- die im Ethanol enthaltene Energie,
- die Energie der Nebenprodukte, die während der Ethanolherstellung erzeugt werden,
- die Energie, die bei der Ethanolgewinnung verloren geht,
- die Energie zum Anbau der Biomasse (z. B. Diesel für Traktoren, oder Stickstoff-Düngemittel),
- die Prozessenergie für die Destillation.
Verfahrensschritt MJ/t Getreide Getreideproduktion −1.367 Getreidelagerung −150 Ethanolproduktion −2.500 Schlempetrocknung −2.400 Gesamt Ethanolproduktion −6.417 Energiegehalt Ethanol 8.480 Energie-Ertrag / t Getreide 2.063 Verhältnis Energie-Gewinn / Energie-Eintrag 1,32 Die Nettoenergiebilanz der Alkoholerzeugung war nicht immer eindeutig positiv, aber die Industrie konnte innerhalb der letzten 10 Jahre einige entscheidende Durchbrüche erzielen. Am „Institute For Brewing and Distilling“ in Lexington (Kentucky) gelang beispielsweise die natürliche Selektion einer extrem thermostabilen Hefe, die eine Gärung bei weit höheren Temperaturen als bisher üblich erlaubt und unter Laborbedingungen Alkoholgehalte bis zu 23 % in der Vergärung von Mais erreicht; ein deutlicher Schritt gegenüber den sonst üblichen 13 bis 14 %. Die hohe Gärungstemperatur bedeutet eine erhebliche Energieersparnis bei der Kühlung und hinsichtlich der Dauer des Gärvorgangs. Sie ermöglicht eine vollständigere Vergärung der Maische. Auch die Enzyme, die den Rohstoffen zugesetzt werden, um Stärke aufzuschließen und Glukose freizusetzen (Amylasen, Glucoamylasen), haben eine Revolution erlebt. Die Wiederentdeckung des jahrtausende alten Verfahrens der Trockenfermentation mit Aspergillus oryzae bringt leistungsfähigere und temperaturtolerante Enzymkomplexe hervor, die nicht nur Stärke und Zucker, sondern auch Cellulosen und Hemicellulosen aufschließen. Aber nicht nur die biologische Seite der Fermentation, sondern auch die Anlagentechnik hat bedeutende Fortschritte erfahren. Der Wasserverbrauch wurde deutlich reduziert, durch neues Hygienemanagement sind Infektionen des Systems vermeidbar und durch Wasserentziehung mittels Molekularsieben (Zeolithe) ist nahezu reines Ethanol nach der Destillation zu erzielen. Die Sorge um eine negative Energiebilanz ist begründet, kann aber durch neue Technologien überholt werden und die ökonomischen Herausforderungen sind durch die Betrachtungen des Gesamtkonzeptes einer „Fermentation von Getreide“ bezwingbar.
Auch Senn et al. 2002 stellen klar, dass die nur geringfügige Positivbilanz der großtechnischen Bioethanolgewinnung über Veränderungen der Produktionsbedingungen deutlich verbessert werden können. So schlägt er als Alternative die Nutzung kleiner Anlagen vor, bei der die Schlempetrocknung als energieintensiver Prozess entfällt und diese in Form von Biogas weiter verwertet werden kann. Auf diese Weise entfällt der Energieverbrauch der Trocknung vollständig und die Energie des Nebenprodukts Schlempe wird positiv in Form von Biogas und Faulschlamm zur Düngung von landwirtschaftlichen Flächen genutzt. Der Gesamtenergiegewinn einer solchen nachhaltigen Nutzung könnte seiner Ansicht nach auf über 14.000 MJ/t Getreide gesteigert werden, was dem siebenfachen Energiegewinn gegenüber der großtechnischen Herstellung entspricht.[20]
Mit Blick auf die Bilanzen zu Energie, Treibhausgas und Wirtschaftlichkeit schneidet Getreide bei kalkulatorischer Berücksichtigung des Futterwertes der Nachprodukte am besten ab. Die vielfach aufgeworfene Frage, ob angesichts des ungelösten Hungerproblems in der Welt die Nutzung von Nahrungsmittelpflanzen zum Betrieb von Autos ethisch zu rechtfertigen ist, bleibt davon unberührt, ebenso die Frage, ob der hohe und wachsende Beschaffungsdruck sich auf die Ertragsfähigkeit der Böden nicht schon relativ schnell negativ auswirken könnte. Engpässe könnten in Deutschland durch nachhaltige Nutzung der stillgelegten landwirtschaftlichen Flächen für Energiepflanzen überwunden werden.
Thermischer Wirkungsgrad
Der thermische Wirkungsgrad bei der Kraftstoffherstellung ist stark abhängig von dem verwendeten Rohstoff. Bei Mais beträgt er lediglich bis zu 15 %, bei Herstellung aus Holz bis zu 20 % und bei Herstellung aus Zuckerrohr bis zu 35 %. Der deutlich bessere Wirkungsgrad bei Verwendung von Zuckerrohr (und das Verbot von Dieselkraftstoffen für Privatleute) erklärt auch die große Verbreitung von Ethanol als Kraftstoff in Brasilien.
Klimabilanz
Bei der Fermentation der Rohstoffe und der Verbrennung des Bioethanols wird zwar das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid freigesetzt; da jedoch beim Wachstum der Rohstoffpflanzen zuvor die gleiche Menge Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre durch die Photosynthese gebunden wurde, sind diese chemischen Vorgänge (Photosynthese, Fermentation, Verbrennung) in der Addition CO2-neutral. Da bei der Produktion der Rohstoffe und bei der Ethanolherstellung zusätzliche Energie benötigt wird, ist der Herstellungsprozess insgesamt nicht CO2-neutral oder gar klimaneutral.
Laut einer vorläufigen theoretischen Studie um den Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen aus dem Jahr 2007 macht der klimaschädliche Effekt des beim Anbau, insbesondere beim Düngen, der Energiepflanzen entstehenden Distickstoffoxids (Lachgas) den „abkühlenden“ Effekt des eingesparten CO2 zu einem großen Teil wieder zunichte und führt unter Umständen sogar zu einer im Vergleich zu fossilem Treibstoff stärkeren Erwärmung. Den Ergebnissen zufolge verursacht Raps-Sprit (Biodiesel) eine 1 bis 1,7-fache relative Erwärmung im Vergleich zu fossilem Treibstoff. Für die ebenfalls untersuchte Energiepflanze Mais betrug die relative Erwärmung 0,9–1,5, und allein für Zuckerrohr ergab sich ein klimafreundlicher Effekt mit einer relativen Erwärmung von 0,5–0,9.[21][22][23]
Allerdings wurde die Veröffentlichung der Studie von Crutzen von renommierten Wissenschaftsmagazinen abgelehnt. Zum einen basiert die Studie lediglich auf einer eigenen Modellrechnung zur Lachgas-Emission, d. h. die mathematisch ermittelten Werte sind nicht durch Versuche bestätigt worden. Zum anderen wird die Relevanz der Lachgas-Emission überzeichnet. Aus Kostengründen wird in der Landwirtschaft tatsächlich immer seltener mit Stickstoff gedüngt.[24][25] Die endgültige Fassung der Crutzen-Studie, erschienen im Jahr 2008, enthält zusätzliche Daten mit neu berechneten Faktoren, die jeweils einem der von anderen Wissenschaftlern eingebrachten Einwände Rechnung tragen. Hiernach können durch eine hohe Effizienz des Stickstoffdüngers, durch einen hohen Anteil an Gülle im Dünger (20 %) oder durch eine effiziente Nutzung der Nebenprodukte bei der Treibstoffproduktion die Erwärmungsfaktoren bei Raps auf bis zu 0,5, bei Mais auf bis zu 0,4 und bei Zuckerrohr auf bis zu 0,3 gesenkt werden. Das entspräche einer um den Faktor 2, 2,5 bzw. 3 niedrigeren Erderwärmung als bei der Nutzung von fossilem Treibstoff.[26]
Luftverschmutzung
Verglichen mit konventionellem bleifreiem Benzin verbrennt Ethanol sauberer zu Kohlendioxid und Wasser. In den USA fordert der Clean Air Act den Zusatz sauerstoffreicher Verbindungen, um den Ausstoß von Kohlenstoffmonoxid zu reduzieren. Die Verwendung des grundwassergefährdenden Zusatzes MTBE wird reduziert und durch ETBE ersetzt.
Durch die Verwendung von reinem Ethanol (E100) anstelle von Benzin wird der gemessene Kohlendioxidausstoß um etwa 13 % reduziert. Effektiv wird durch den Photosynthese-Kreislauf der Ausstoß jedoch sogar um über 80 % verringert. Den Vorteilen steht die Umweltbelastung durch die Produktion von Ethanol gegenüber, die in der CO2-Bilanz berücksichtigt werden.
Wasserverschmutzung
Bei der Produktion von Biomasse für die Agrospritherstellung entstehen die gleichen Wasserverschmutzungen wie bei jedem anderen intensiven Anbau von Agrarprodukten. Nach einer Studie von Simon Donner von der Universität British Columbia und Chris Kucharik von der Universität Wisconsin wird sich die Verschmutzung an der Mündung des Mississippi von derzeit ca. 20.000 Quadratkilometern auf eine noch viel größere Fläche ausweiten, wenn die USA ihre Pläne zur Produktion von Agrosprit aus Mais wie bisher geplant weiter ausweiten. In diesem Bereich wird der Studie entsprechend eine so starke Überdüngung entstehen, dass die daraus resultierende Algenblüte und die auf diese folgende Sauerstoffarmut nach dem Absterben der Algen den Bereich für andere Meereslebewesen nicht mehr bewohnbar machen wird.[27]
Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Falls die Nachfrage nach Bioethanol weiter steigt, sind intensive Anbaumethoden notwendig. Die Nachteile von Monokulturen sind bekannt. In Europa könnten Anbauflächen, anstatt sie mit Subventionen stillzulegen, zur Produktion von Bioethanol oder -diesel genutzt werden. In Entwicklungs- und Schwellenländern könnte die Nachfrage nach Bioethanol auf dem Weltmarkt zu einer Verlagerung der angebauten Pflanzen führen. Der Anbau von Lebensmitteln könnte zugunsten von devisenbringenden Ethanolpflanzen vernachlässigt werden. „Das Getreide, das nötig ist, um den 120 Liter fassenden Tank eines Geländewagens mit Ethanol zu füllen, reicht aus, um einen Menschen ein Jahr lang zu ernähren.“[28]
Landwirtschaft und Ökonomie
Bio-Ethanol wird in Deutschland aus Getreide und Zuckerrüben gewonnen. Der Ertrag in l/ha ist abhängig von der jeweiligen Pflanze. Der Ertrag bei Zuckerrüben ist z. B. deutlich höher als bei Weizen. Getreide wie Hafer, Roggen, Gerste, Weizen und Triticale liefern nach Durchlaufen der Fermentation je nach Verfahren weit höherwertige Futtermittel als Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben es bisher ermöglichten. Mit Proteingehalten von 40 % und höher erreichen diese fermentierten Getreidefutter potenziell größere Märkte als nur der Einsatz im Kraftfutter für Milchvieh wie bisher. Im Ethanolpreis müssen die Brenner jedoch mit dem Weltmarkt konkurrieren, denn Kraftstoffalkohol fällt als frei handelbares Gut nicht unter die regulatorischen Maßnahmen des Branntweinmonopols. Die Vollkosten für die Erzeugung eines Kubikmeters Bioethanol aus Zuckerrohr liegen in Brasilien bei nur 200–250 US-Dollar, in Deutschland bei 450–500 Euro, d. h. die Kosten in Brasilien sind weniger als halb so hoch wie in Deutschland[29].
Prognosen für die europäische Produktion zeigen einen jährlichen Ausstoß von 7 Millionen Tonnen getrocknetem, fermentierten Futter, davon alleine eine Million Tonnen in Deutschland, wozu deutsche Destillerien bis zu 3 Millionen Tonnen Getreide aus der Landwirtschaft einkaufen. Aber neben wenigen Pilotprojekten in kleinem Rahmen existieren diese Anlagen in Deutschland bisher nur auf dem Papier und nun versucht man, die Fehler der amerikanischen Ethanolbranche nicht zu wiederholen: Dort sind von über 250 Unternehmen, die vor 20 Jahren in dieses Geschäft einstiegen, nur zwei große übrig geblieben. Der Untergang dieser Projekte ist größtenteils auf mangelndes Verständnis für das Potential des erzeugten Nebenproduktes als Futtermittel zurückzuführen: Die anfallende Schlempe wurde meist gratis oder nur kostendeckend an die Landwirtschaft abgegeben. Dies wird heute von den deutschen Schnapsbrennern ähnlich praktiziert, jedoch verdienen diese Unternehmen am eigenen Markenprodukt oder am höherwertigen Neutralalkohol in Getränkequalität. Für Ethanol als Biokraftstoff jedoch steht der Preis fest. Ökonomische Beweglichkeit gibt es daher im Rohwareneinkauf und in der Vermarktung der Nebenerzeugnisse.
Aus Nordamerika wird bisher etwa ein Fünftel der dort anfallenden Maiskleberfutter nach Europa exportiert. Große Anstrengungen werden angesichts der neuen Entwicklung nun unternommen, weitere Anwendungen für „DDGS“ (destillers dry grain solubles) zu suchen. Die Entwicklung wird deutlich in der 2002 eröffneten Bioraffinerie in Springfield in Kentucky, der weltweit einzigen Anlage dieser Art. Dort entwickelt Alltech für die Ethanol- und Futtermittelbranche nachgelagerte Gärprozesse zur Erzeugung höherwertiger Futtermittel und neuer Lebensmittelzusätze, sowie neue Cellulosekomplexe als Futterzusatzstoffe.
Landwirtschaft und Ökologie
Durch eine Intensivierung der Landwirtschaft für die Bioethanolgewinnung treten die bei allen landwirtschaftlichen Nutzflächen bekannten ökologischen Probleme auf. Dazu gehören:
- Bodenverbrauch durch Ackerbau: Erosion, Verdichtung
- Beeinflussung von Grund- und Oberflächengewässer durch Ackerbau:
- Nährstoffaustrag durch Düngemittel, z. B. Stickstoff und Phosphor
- Entnahme und Verbrauch im Falle des Bewässerungsackerbaues.
- Treibhausgase neben CO2, z. B. Lachgas als Folge ackerbaulicher Tätigkeit
- Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
- Nutzungsdruck auf die „Landschaft“ im Allgemeinen (Intensiv-Ackerbau), z. B. unter Biodiversitätsgesichtspunkten und der Flächenkonkurrenz
Eine Wahrnehmung der klassischen Kritikpunkte an der mit industriellen Methoden betriebenen Landwirtschaft wird auch unter dem Blickwinkel der nachwachsenden Rohstoffe eingefordert, um diese in die Abwägung der Güter mit einzubeziehen. Um diese Probleme zu minimieren werden Konzepte einer nachhaltigen Landwirtschaft gefordert und entwickelt.
Wirtschaftliche Aspekte
Vergleich von Biokraftstoffen in Deutschland Biokraftstoff Jahresertrag
pro HektarKraftstoff-
ÄquivalentTankstellenpreise pro Liter Pflanzenöl (Rapsöl) 1.480 Liter 1l = 0,96l Diesel 1,18 EUR (Mai 2008)1 Biodiesel (Rapsölmethylester) 1.550 Liter 1l = 0,91l Diesel 1,40 EUR (Juni 2008)2 Bioethanol 2.560 Liter 1l = 0,65l Benzin 1,21 EUR (E85, Mai 08)3 BtL-Kraftstoff (Biomass-to-Liquid) bis 4.030 Liter 1l = 0,97l Diesel k.A. Biomethan ("Bioerdgas") 3.540 Kilogramm 1 kg = 1,40l Benzin 0,93 EUR (Juni 08)4 Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR): Biokraftstoffe Basisdaten Deutschland (PDF), Stand: 2008-01,
außer: 1C.A.R.M.E.N. e.V., 2UFOP, 3C.A.R.M.E.N. e.V., 4Eon Avacon (Biogastankstelle Jameln)Einige Wirtschaftswissenschaftler argumentieren, dass Bioethanol als Benzinersatz nur durch staatliche Subventionen für Landwirte und Industrie rentabel sei. Laut dem US-amerikanischen Energieministerium erhält man für jede Energieeinheit, die für die Herstellung von Ethanol aus Mais eingesetzt wird, 1,3 Einheiten zurück. Bei anderen Pflanzen (Zuckerrohr, Chinagras) ist die Effizienz besser.
Durch intensivere Landwirtschaft, höhere Erträge und eventuell gentechnisch veränderte Pflanzen könnte die Ethanolherstellung aus wirtschaftlicher Sicht rentabler werden. An speziellen Züchtungen und Genmanipulationen wird geforscht. Ein hoher Rohölpreis lässt auch die Verwendung anderer Biomasse (z. B. Stroh) wirtschaftlich interessant werden.
Da der Bedarf an der limitierten Ressource Erdöl – auch durch die wirtschaftliche Entwicklung in China – weiter steigen wird, sind hohe Ölpreise zu erwarten. Politisches Ziel einiger Länder ist es, sich von Ölimporten weniger abhängig zu machen und einen Energiemix anzustreben. Da in Regionen wie den USA oder Europa nicht so viel Bioethanol produziert werden kann, wie für den Ersatz von Erdöl nötig wäre, könnte jedoch eine neue Abhängigkeit von Importen aus Ländern mit entsprechenden Anbau- und Produktionsmöglichkeiten entstehen.
Potential
In Brasilien wird auf 5,6 Millionen Hektar Zuckerrohr angepflanzt. Die Hälfte davon wird zu 15 Millionen m³ Bioethanol verarbeitet (2005). Laut Embrapa, der brasilianischen staatlichen landwirtschaftlichen Forschungsgesellschaft, gibt es ein Potenzial von 90 Millionen Hektar für die Bioethanolproduktion.[30] Bei gleichem Ethanolertrag würde diese Fläche 480 Millionen m3 Bioethanol pro Jahr bringen. Dies entspricht bei einem Energieäquivalent von 6,4 Millionen Barrel Öl pro Tag nur 7,5 % der derzeitigen Weltölproduktion (85 Millionen Barrel pro Tag).
Die Bioethanolproduktion in Brasilien steigt jährlich um etwa 5 Millionen m3 (25 Millionen Barrel Erdöläquivalent). Allerdings steigt der weltweite Ölbedarf im gleichen Zeitraum um 776 Millionen Barrel (2,5 % jährlich). Angesichts dieser Tatsache wird Bioethanol in naher Zukunft keinen relevanten Beitrag leisten können. Die Produktion müsste weltweit massiv ausgebaut werden. Einen Anreiz dazu können nur Fördermaßnahmen bzw. sehr hohe Erdölpreise sein.
Bioethanol als Konkurrent zur Lebensmittelproduktion
Im Rahmen der internationalen Preisanstiege für Rohstoffe und Lebensmittel und die darauf beruhenden Unruhen in einer Reihe von Ländern wurde auch die Rolle des Bioethanols als Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion beleuchtet. Dabei geriet vor allem die Nutzung von Mais in den Vereinigten Staaten in den Mittelpunkt der Kritik. Obwohl in einer Reihe differenzierter Analysen nachgewiesen werden konnte, dass Biokraftstoffe nur anteilig an der globalen Verteuerung der Nahrungsmittel beteiligt sind und statt dessen als Hauptfaktoren das uneingeschränkte Bevölkerungswachstum sowie eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie China und Indien und damit ein zunehmender Bedarf an Futtermitteln für die Fleischproduktion besteht, fokussierte sich das Interesse der Medien und damit auch der Bevölkerung in dieser Diskussion vor allem auf die Biokraftstoffe.[31]
Insbesondere in armen Herstellerländern soll die Nutzung von Lebensmitteln zu einem rapiden Anstieg der Nahrungsmittelpreise geführt haben, da einheimische Käufer in direkter Konkurrenz zu Bioethanolkäufern in den westlichen Industrienationen stehen. In Mexiko hat dies schon zu einer staatlichen Preisregulierung für Mais per Notverordnung geführt, da dieser im großen Stil zu Ethanol für nordamerikanische Fahrzeuge verarbeitet wird.[32].[33] Laut einer unveröffentlichten Studie des Weltbank-Ökonomen Don Mitchell soll die Herstellung von Treibstoff aus Pflanzen die Nahrungsmittel weltweit um 75 % verteuert haben[34], von einem offiziellen Sprecher der Weltbank wird dies allerdings als Einzelmeinung eines Experten und nicht als Ergebnis einer offiziellen Auswertung durch die Weltbank betrachtet.[35]
Der UN-Sondergesandte für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, bezeichnete die Herstellung von Bioethanol in einem Interview des Bayerischen Rundfunks als Verbrechen gegen die Menschheit (wörtlich: „Die Bio-Treibstoff-Fabrikation heute ist ein Verbrechen gegen die Menschheit.“) und hat den Anbau von Energiepflanzen als drohendes Massaker an den Menschen in Entwicklungsländern kritisiert. Gleichzeitig warnte er angesichts von ca. 850 Millionen hungernden Menschen vor Unruhen und Aufständen. Der Anbau von Energiepflanzen wurde auch beim Frühjahrstreffen des Internationalen Währungsfonds als Gefahr für die Ernährung der Weltbevölkerung bezeichnet. Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erklärte am Rande der Konferenz, daß die Erhöhung des Lebensmittelpreises um einen Prozentpunkt ca. 16 Millionen Menschen zusätzlich der Gefahr des Hungers aussetze. Weiter forderte sie eine Aussetzung der Bioethanolbeimischung.[36]
Auch Greenpeace beteiligte sich an der Diskussion und warf ein, dass sich aus 100 kg Getreide ca. 100 kg Brot herstellen lassen, jedoch nur 25 Liter Bioethanol.[37] Mit der Ernte von einem Hektar Getreideanbaufläche ließen sich ca. 18 Menschen ein Jahr lang ernähren oder Bioethanol für ein Fahrzeug mit einem durchschnittlichen Verbrauch und moderater Kilometerleistung für ein Jahr herstellen. Der Betrieb eines Fahrzeuges verbraucht also so viel Getreide wie zur Ernährung von 18 Menschen notwendig ist.[38]
Einzelnachweise
- ↑ a b Definition Biokraftstoff bei motorlexikon.de
- ↑ a b c Definition nach Richtlinie 2003/30/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (PDF)
- ↑ O2Diesel™: Next Generation Diesel Fuel
- ↑ a b c d e f g h i Sicherheitsdatenblatt e85fuel
- ↑ a b Deutschland: Biokraftstoffquotengesetz vom 18. Dezember 2006
- ↑ Tankstellennetz bei ethanol-tanken.com
- ↑ [www.e85.biz/index.php?page=82 Tankstellennetz bei e85.biz]
- ↑ E10 Freigaben und Stimmen zu E10., AVIA (Stand: 28. März 2008)
- ↑ Bill Kovarik: Henry Ford, Charles Kettering and the „Fuel of the Future“ Automotive History Review 32, 1998; Seiten 7–27
- ↑ M. R. Schmer, K. P. Vogel, R. B. Mitchell, and R. K. Perrin: Net energy of cellulosic ethanol from switchgrass. In: PNAS. 105, Nr. 2, 2008, S. 464-469. doi:10.1073/pnas.0704767105 und deutsche Zusammenfassung
- ↑ [1]
- ↑ Liste US-Bioethanolanlagen, Ethanol Producer Magazine (Stand 21. Mai 2008)
- ↑ a b Biofuels barometer 2007 – EurObserv’ER Systèmes solaires Le journal des énergies renouvelables n° 179, s. 63–75, 5/2007
- ↑ Biofuels barometer 2008 – EurObserv’ER Systèmes solaires Le journal des énergies renouvelables n° 185, p. 49–66, 6/2008
- ↑ Richtlinie 2003/30/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (PDF)
- ↑ Länderberichte auf der Website der Europäischen Kommission: Downloads
- ↑ Norbert Schmitz: Treibstoffe, Bioethanol. In: Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe. Erstellt durch: meó consulting Team, Faserinstitut Bremen, Institut für Energetik und Umwelt gGmbH. Hrsg. FNR e. V., Gülzow 2006. (PDF-Download)
- ↑ a b Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (Hrsg.): Daten und Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen. Gülzow 2006; Seite 57 (PDF-Download)
- ↑ Tagesschau: Falsche Zahlen als Grundlage vom 4. April 2008.
- ↑ a b c Thomas Senn, F. Lucá: Studie zur Bioethanolproduktion aus Getreide in Anlagen mit einer Jahres-Produktionskapazität von 2, 5 und 9 Mio. Litern Eine Energie- und Kostenbilanzierung, erstellt im Auftrag von Bundesverband landwirtschaftliche Rohstoffe verarbeitende Brennereien e. V. unter Beteiligung des Bundesverbandes Deutscher Kartoffelbrenner e. V., Universität Hohenheim 2002 (PDF)
- ↑ Jeanne Rubner: Klimakiller vom Acker Sueddeutsche Zeitung, 26. September 2007
- ↑ Marlies Uken: Ernüchternde Klimabilanz Die Zeit, 26. September 2007
- ↑ P. J. Crutzen, A. R. Mosier, K. A. Smith, and W. Winiwarter: N2O release from agro-biofuel production negates global warming reduction by replacing fossil fuels. In: Atmos. Chem. Phys. Discuss.. 7, 2007, S. 11191-11205 Abstract
- ↑ Ruth Weinkopf: [2] Mannheimer Morgen, 21. November 2007
- ↑ Julia Langensiepen: [3] taz.de, 27. September 2007
- ↑ P. J. Crutzen, A. R. Mosier, K. A. Smith, and W. Winiwarter: N2O release from agro-biofuel production negates global warming reduction by replacing fossil fuels. In: Atmos. Chem. Phys.. 8, 2008, S. 1389-395 Abstract und vollständige Veröffentlichung (PDF)
- ↑ Simon D. Donner, Christopher J. Kucharik: Corn-based ethanol production compromises goal of reducing nitrogen export by the Mississippi River Proceedings of the National Academy of Sciences USA 105 (11), 2008: Seiten 4513–8 (Abstract)
- ↑ spiegel.de: Sprit für die Welt: „Autos, nicht Menschen verbrauchen den größten Teil des Getreides, das 2006 im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich verarbeitet wurde. (…)“
- ↑ Bioethanol als Kraftstoff – Stand und Perspektiven von Norbert Schmitz, April 2006, gesehen 31.07.2008
- ↑ Lavinia Barros de Castro: Ethanol and Renewable Fuels: The Brazilian Experience. Vorlesungsankündigung am Center for Latin American Studies, University of California, Berkeley
- ↑ Florian Krebs: UN-Konferenz zur Nahrungskrise: „Biokraftstoffe haben die Krise nicht ausgelöst“ Informationsdienst Wissenschaft, 2. Juni 2008
- ↑ Alexandre Peyrille und Isabelle Tourne: Volle Tanks, leere Teller. Schattenseiten des Biospritbooms. Der Spiegel, 23. Januar 2007
- ↑ Ethanol-Durst der USA löst Tortilla-Krise aus. 5. Februar 2007
- ↑ Aditya Chakrabortty: Secret report: biofuel caused food crisis. The Guardian 4. Juli 2008
- ↑ Die Weltbank und der Streit um Biosprit. Süddeutsche Zeitung 4. Juli 2008
- ↑ Hungerkrisen durch Lebensmittel-Verteuerung? BR-Online, 13. April 2008
- ↑ Sigrid Totz: 100 Kilo Brot oder 25 Liter Agrosprit? Greenpeace, 10. März 2008
- ↑ Greenpeace: Agro-Sprit: Antriebsmittel für den Welthunger, 16. Oktober 2007
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