- Standard-Bus
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Der Standard-Bus, auch VÖV-Standard-Linienbus oder VÖV-Bus, ist ein von 1968 bis 2000 in zwei Modell-Generationen von verschiedenen deutschen (und auch europäischen) Omnibus-Herstellern gebauter vereinheilichter Stadtbus-/Überlandbus-Typ. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit dem Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV) entwickelt, um die kaum noch überschaubare Typenvielfalt der Nachkriegszeit zu reduzieren und damit Busfahrer, Fahrgäste, Busbetreiber und Werkstätten markenübergreifend und herstellerunabhängig gleiche Bedingungen vorfinden. Insbesondere vereinfachten sich für die öffentlichen Verkehrsbetriebe in Deutschland die Vorhaltung von Ersatzteilen und die Beschäftigung von fachkundigem Wartungs- und Reparatur-Personal. Die Standard-Busse waren von den späten 1960er Jahren bis in die 1990er Jahre der typische Linienbus in der Bundesrepublik Deutschland. Durch Exporte deutscher Hersteller war vor allem das Modell der ersten Generation (SL I) in verschiedenen Ländern der Welt anzutreffen. Auf Basis des Standard-Linienbusses wurden auch verschiedene Versionen von Oberleitungsbussen hergestellt.
Inhaltsverzeichnis
Der Standard-Stadtbus (VÖV-Bus und SL II)
Vorgeschichte
Nach dem Zweiten Weltkrieg entfaltete sich im damaligen Westdeutschland eine große Vielfalt von Omnibustypen − es gab damals noch viel mehr Hersteller von Omnibussen als heute. Dies führte bei öffentlichen Verkehrsbetrieben zu dem Problem, für die unterschiedlichsten Bustypen Ersatzteile bevorraten und fachkundiges Wartungs- und Reparatur-Personal beschäftigen zu müssen. Die Hamburger Hochbahn (HHA) regte daher im Jahre 1959 an, einen deutschen Einheits-Stadtbus zu konstruieren, um Beschaffung, Wartung und Reparatur der Busse zu vereinfachen und dadurch die Kosten zu senken.
Mit der Umsetzung dieser Aufgabe beschäftigte sich der Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV), der letztlich im Jahre 1991 im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) aufging. Der VÖV erstellte ein Lastenheft, in dem die Eigenschaften und technischen Spezifikationen des Standard-Stadtbusses definiert und festgelegt wurden: Der im Oktober 1966 vom VÖV eingerichtete Arbeitskreis „Standard-Linienbus“ erarbeitete unter maßgeblicher Mitarbeit der Fahrzeugwerkstätten Falkenried (FFG, damals Teil der Hamburger Hochbahn) Kriterien für einen modernen Linienbus mit mehr Fahrgast-, Bedien- und Wartungsfreundlichkeit. Die von unterschiedlichen Verkehrsbetrieben stammenden zehn Mitglieder legten bei den im vierwöchigen Abstand stattfindenden Sitzungen mit einfacher Mehrheit bindende Beschlüsse fest. Dabei wurde der Einfachheit halber lediglich vom zweiachsigen Eindecker ausgegangen. Die Standardisierung sollte sich auf den Wagenkörper, seine Einrichtungen und die elektrische Anlage konzentrieren[1]. Für die endgültigen Festlegungen bei den Punkten Fußbodenhöhe, Fahrerplatz und blendfreie Frontscheibe wurden jeweils Gutachten bei verschiedenen Instituten eingeholt.
Erste Generation: VÖV-Bus
1967 wurden die ersten Prototypen vom VÖV-Standard-Linienbus nach diesen Vorgaben durch Büssing, Magirus-Deutz und Daimler-Benz vorgestellt. Der Prototyp von Magirus-Deutz war von Oktober 1967 bis September 1968 in Hamburg im Probeeinsatz. Die gemachten Erfahrungen der Werkstätten, Fahrer und Fahrgäste flossen in die endgültige VÖV-Richtlinie „Typenempfehlung für einen VÖV-Standard-Linienbus“ (SL) ein. Das Lastenheft forderte Fahrzeuge mit einer Länge von elf Metern mit einem Fensterteiler von 1430 Millimeter (sieben mal), zweiflügelige Türen mit einer lichten Durchgangsbreite von 1250 Millimeter, einen Heckmotor und einem für damalige Zeit niedrigen Wagenboden (725 Millimeter) mit zwei Stufen (je 200 Millimeter) an den beiden Türen. Der Standard-Bus war von Beginn an für den Schaffner-losen Einmannbetrieb ohne Fahrgastfluss und ohne Heckplattform konzipiert.
Die Motorleistung sollte mindestens zwölf Pferdestärken je Tonne bezogen auf das Gesamtgewicht betragen, was einem Wert von circa 240 Pferdestärken entsprach. Auf der Außenseite des Fahrerplatzes war ein zentrales Elektrofach vorgesehen. Der Fahrerarbeitsplatz war einheitlich gestaltet (sogenannter VÖV-Fahrerplatz), die zweiteilige Windschutzscheibe war zur Verhinderung von Blendungen aus dem Innenraum horizontal gewölbt. Die Anordnung der Sitze war vorgegeben, als Anzahl waren 44 bei 2+2-Vollbestuhlung beziehungsweise 37 bei 2+1-Anordnung zwischen den Türen vorgesehen. Das ergab eine Stehplatzanzahl von 61 beziehungsweise 78. Gegenüber der Mitteltür war Platz für die Mitnahme von zwei Kinderwagen vorgesehen. Neu war auch die Einheitlichkeit der Haltestangen mit Anordnung von Signalknöpfen für den Ausstiegswunsch der Fahrgäste. Für die Vereinheitlichung der Elektrik gab es einen Verkabelungsplan, auch Lage und Größe von Beleuchtung, Beschilderung und Reklameflächen wurden fest gehalten.
Als Hersteller beschäftigten sich mit dem VÖV-Bus die Unternehmen Büssing, Magirus-Deutz, MAN, Daimler-Benz (alle Bundesrepublik Deutschland) und Ikarus aus Ungarn. In der Übergangszeit nach der Übernahme von Büssing durch MAN gab es VÖV-Busse auch mit dem Markennamen „MAN-Büssing“ (ab 1971); nach der Eingliederung von Magirus-Deutz in IVECO bis 1982 auch mit dem zusätzlichen IVECO-Schriftzug.
Die Fahrzeuge waren in ihren Maßen und Aufteilungen weitgehend gleich, die Motoren und die Frontgestaltung mit markenspezifischem Design waren grundsätzlich individuell, wenn auch die Frontgestaltung nur bei den in Frankreich bei Berliet (nach der Übernahme durch Renault unter dieser Marke) in bedeutendem Maße unterschied. Magirus-Deutz baute als einziger der beteiligten Hersteller luftgekühlte Motoren ein. Eine Serie von Büssing für West-Berlin mit der Modellbezeichnung BS 110 V SL war zudem die Einzige, die eine komfortable Einzelradaufhängung aufweisen konnte, ansonsten hatten alle anderen Busse dieses Typs stets Starrachsen. Wichtige Teile wie beispielsweise die Fensterscheiben, die Türen, die Beleuchtungseinrichtungen und die Zielschildkästen waren dagegen herstellerunabhängig identisch und demnach austauschbar. Dies diente zum einen den Herstellern, sie konnten durch die einfachere Ersatzteilversorgung Kosten sparen und insgesamt höhere Stückzahlen erreichen. Die Verkehrsunternehmen profitierten von der vereinfachten Ersatzteilhaltung und der einheitlichen Handhabung der unterschiedlichen Fabrikate beim Werkstatt- und Fahrpersonal. Für die Fahrgäste von Vorteil war schließlich die einheitliche Anordnung von Einstiegen, Haltegriffen oder Rollbandanzeigen.
Vorgesehen wurde auch eine kleinere Version des Standard-Busses, die durch Verkürzung um einen Fensterteiler (1430 Millimeter) auf 9,57 Meter Länge erreicht wurde. Diese wurde bis Anfang der 1970er Jahre von Büssing (BS 100 V) und Magirus-Deutz (170 S 10 H) angeboten und produziert. Angeregt wurde auch, einen „Gelenkzug-Motorwagen“ zu konstruieren. In Anlehnung an die VÖV-Vorgaben wurden anschließend Gelenkbusse von Aufbauherstellern wie Göppel und Vetter sowie Anderthalbdecker von Ludewig und Vetter hergestellt. Diese hatten aber im Gegensatz zum Standard-Bus einen unterflur angeordneten Mittelmotor im Vorderwagen und dadurch bedingt einen höheren Wagenboden mit drei Trittstufen an den Türen. Magirus-Deutz lieferte bereits 1968 dreitürige Stadtbusse mit der Typbezeichnung 170 S 11 M mit Mittelmotor und Heckplattform an die Kölner Verkehrsbetriebe.
Ab 1978 fertigte Daimler-Benz durch Nutzung der bei FFG entwickelten Knickwinkelsteuerung des Gelenks einen Schubgelenkbus mit Heckmotor (Mercedes-Benz O 305 G) komplett in Eigenregie ohne Nutzung von Aufbauherstellern. Später baute auch Magirus-Deutz einen eigenen Gelenkbus mit Heckmotor, allerdings mit Antrieb über Kardanwelle durch das Gelenk auf die zweite Achse. Für MAN baute weiterhin Göppel den Gelenkbus, nun allerdings auch mit Heckmotor aber weiterhin mit Antrieb der zweiten Achse über Kardanwelle ähnlich wie bei Magirus-Deutz.
Im Jahre 1972 entwickelten die Gaubschat Fahrzeugwerke im damaligen West-Berlin einen Doppeldeckerbus mit Heckmotor in Anlehnung an die VÖV-Empfehlungen für die Berliner Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Dieser Standard-Doppeldecker (MAN SD 200) hatte einen sehr niedrigen Wagenboden (400 Millimeter) und MAN-Komponenten. Die Aufbauten fertigte das Berliner Werk der Orenstein & Koppel, später auch die Thyssen Waggon-Union.
Mit Aufbauten und Lizenzfertigungen beschäftigten sich Gräf & Stift zusammen mit Steyr in Österreich (Gräf & Stift fertigte das Fahrgestell, Steyr den Aufbau), Heuliez in Frankreich (Aufbauten auf Fahrgestellen von Mercedes-Benz), Berliet/Renault in Frankreich, Jelcz in Polen (als Lizenz von Berliet), Pegaso in Spanien (als Lizenz von MAN) und die türkische MAN-Tochtergesellschaft MANAŞ. Die Busse von Gräf & Stift und Steyr wurden unter den Namen Gräf & Stift und Gräf & Deutz (wenn ein Magirus-Deutz-Chassis verwendet wurde) sowie Gräf/Steyr verkauft. Gräf & Stift gehörte ab 1971 zur MAN, die Nutzfahrzeugproduktion von Steyr kam ab 1989 ebenfalls hinzu. Die Fahrwerke und Motoren von Daimler-Benz und MAN wurden auch von Kässbohrer (SETRA), Auwärter Neoplan und Vetter für den Bau von Linienbussen verwendet, die jedoch in wesentlichen Punkten nicht den Standardisierungs-Richtlinien entsprachen. So hatten beispielsweise die Gräf & Stift-Wagen keinen Heckmotor, dafür aber einen zusätzlichen Einstieg am Heck.
Die VÖV-Busse verbreiteten sich schnell, es gab fast keine Stadt in der Bundesrepublik Deutschland, in der die Fahrzeuge nicht eingesetzt wurden. Auch im Ausland waren sie zahlreich unterwegs, einerseits durch ausländische Lizenzfertigung und andererseits durch Exporte der deutschen Hersteller. So waren sie auch zahlreichen Städten in Österreich zu sehen und eine Serie von Mercedes-Benz O 305 fanden unter anderem auch ihren Einsatz in Australien.
Andererseits existierten in einigen Fällen auch im Ausland hergestellte Standard-Busse, die in Deutschland verkehrten. So etwa Fahrzeuge von Renault im Saarland, sie verfügten über eine abweichende Front- und Heck-Gestaltung. Auch einzelne Elemente des deutschen Standard-Busses, wie das zentrale Elektrofach oder die blendfreie gewölbte Windschutzscheibe, wurden von weiteren in- und ausländischen Omnibusherstellern übernommen. Darunter beispielsweise von Volvo aus Schweden für seine Linienbusse. Diese gelangten wiederum ebenfalls in zahlreichen Ländern zum Einsatz, zum Teil befinden sie sich bis heute im Einsatz.
Die Standard-Busse der ersten Generation bewährten sich gut und kamen sowohl bei den Fahrern als auch den Fahrgästen gut an. Zudem zeichneten sie sich in den späteren Jahren durch eine solide bauliche Qualität aus, die zusammen mit den Polstersitzen und der Luftfederung für Fahrkomfort sorgten.
Zweite Generation: SL II
Mitte der 1970er Jahre stellte der VÖV Überlegungen zum Nachfolger des VÖV-Busses der ersten Generation an. Dabei sollten unter anderem die Informationseinrichtungen verbessert und der Sitzteiler etwas vergrößert werden, was eine größere Gesamtlänge zur Folge hatte. Insbesondere sollte aber die Einstiegssituation verbessert werden. Um die Höhe des Fahrzeugbodens zu verringern, und nur noch eine Stufe im Fahrzeug zu haben, wurden kleinere Räder mit sogenannten 55-Prozent-Niederquerschnitts-Reifen vorgesehen (50er Reifen). Die FFG, die schon an der Entwicklung des VÖV-Busses der ersten Generation maßgeblich beteiligt war, stellte 1976 mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) einen Versuchsbus vor, nach dessen Erprobung bei der Hamburger Hochbahn (HHA) weitere 22 Prototypen als sogenannter S 80 (Stadtbus der 1980er Jahre) folgten. Die Motorleistung sollte gemäß den Entwicklungszielen mindestens 240 PS betragen. Prototypen der Hersteller Daimler-Benz, MAN, Auwärter Neoplan, Kässbohrer Setra und Magirus-Deutz folgten zu Beginn der 1980er Jahre.
Nach der zweijährigen Erprobung der S 80 bei acht verschiedenen Verkehrsbetrieben wurde die Typenempfehlung des VÖV zum sogenannten SL II (Standard-Linienbus, zweite Generation) überarbeitet. Die 55-Prozent-Reifen bewährten sich nicht, da sie den Fahrkomfort verschlechterten und aufgrund des geringeren Abrollumfangs auch verschleißanfälliger waren, sodass jetzt eine 70-Prozent-Bereifung (70er Reifen) vorgesehen wurde. Die Wagenlänge betrug 11.475 mm, die Fußbodenhöhe lag jetzt bei 710 mm, die Einstiege wiesen wieder zwei, allerdings kleinere Stufen von 195 mm auf. Es waren verschiedene Bestuhlungen vorgesehen mit 38 beziehungsweise 44 Sitzplätzen. Im Jahre 1982 wurden drei Prototypen eines Gelenkbusses G 80 der MAN mit Heckmotor und Antrieb über Kardanwelle auf die zweite Achse bei der Rheinbahn in Düsseldorf getestet.
Ab 1984 begann die Serienfertigung der Standardlinienbusse der zweiten Generation bei den Herstellern MAN (SL 202), Daimler-Benz (MB O 405) und Auwärter Neoplan (N 416). Daimler-Benz entwickelte und baute – wie schon bei den eigenen Gelenkwagen der VÖV-Gelenkwagen der ersten Generation – erneut einen Schubgelenkbus-Typ mit Antrieb auf die dritte Achse (O 405 G). Die Waggon-Union stellte wiederum Doppeldecker auf MAN-Basis her, die dem Lastenheft nach Möglichkeit entsprachen (MAN SD 202). Die Hersteller Magirus-Deutz, Kässbohrer Setra und Büssing konnten keinen SL II mehr produzieren. Büssing war bereits 1971 vollständig von der MAN übernommen und Magirus-Deutz hatte als Teil der IVECO seine Busproduktion in Deutschland 1982 eingestellt. Kässbohrer Setra hatte zwar auch einen Standard-II-Bus beim Augsburger Karosseriebauer Göppel für sich entwickeln lassen, wurde jedoch aufgrund eines angedrohten Motorenboykotts der Hersteller Daimler-Benz und MAN daran gehindert, seinen Standardbus in Serie zu bauen. Kässbohrer entwickelte daraufhin seine Modelle S 215 SL (Stadtlinienbus) und S 215 UL (Überlandlinienbus) aus der 200er Reisebus-Serie mit Standardbus-Elementen. Letzterer Bustyp, der Setra S 215 UL, wurde einer der beliebtesten Überlandbusse in den 1980er und 1990er Jahren.
Auch vom VÖV SL II der zweiten Generation gab es mit dem MAN SD 202 wie schon beim VÖV SL I eine Doppeldecker-Variante, die in den Fahrzeuggesamtangeboten von MAN auch als „Standard-Doppeldecker der II. Generation“ bezeichnet wurde. Diese von MAN (Fahrwerk, Motor) und Waggon Union (Aufbau) gebauten Fahrzeuge waren optisch stark an die SL-II-Busse angelehnt, wobei der größte konstruktive Unterschied gegenüber dem SL II der die niederflurige Ausführung des Wagenbodens ohne Stufen an den Einstiegen war (die später erschienene Niederflur-Version ND 202 kann aufgrund weiterer signifikanter Unterschiede nicht mehr zu den Standard-Bussen gerechnet werden). Während der Vorgänger MAN SD 200 eine weite Verbreitung fand (darunter auch Gibraltar), liefen die MAN SD 202 nur in Berlin (BVG) und in Lübeck (LVG), hier mit der kürzer (größer) übersetzten Hinterachse, wobei sie bei der BVG interne Bezeichnungen nach Baujahren (beispielsweise D 88 und D 89) erhielten.
In Anlehnung an den SL II wurde auch Midibusse produziert, die kürzer (Neoplan N 4007, MAN SM 152) und teilweise auch schmäler waren (Mercedes-Benz O 402).
Die VÖV-Busse der zweiten Generation verbreiteten sich auch dieses Mal rasch im gesamten Bundesgebiet. Im Ausland waren sie diesmal jedoch weniger erfolgreich, da Lizenzversionen praktisch nur noch bei Gräf & Stift in Österreich entstanden und andere große ausländische Hersteller wie Renault und Heuliez in Frankreich und IVECO in Italien selbst entwickelte Fahrzeuge auf ihren jeweils heimischen Markt brachten. Die ausländischen Hersteller sorgten somit für eine größere Konkurrenz, wenngleich auch diesmal einige Exporterfolge der deutschen Hersteller zu verzeichnen waren.
Standard-Überlandbus (StÜLB und Ü 80)
Erste Generation: StÜLB
Nach den positiven Erfahrungen mit dem VÖV-Bus wurden Forderungen laut, auch für Überland-Linien vereinheitlichte Busse zu bauen. Ein Arbeitskreis von Bundesbahn, Bundespost (Kraftpost), Nichtbundeseigenen Eisenbahnen (BDE) und im Verband BDP zusammengeschlossenen Unternehmen erarbeitete ein neues Lastenheft für einen Standard-Überlandbus (StÜLB). Im Jahre 1973 wurde eine besondere Richtlinie zum Bau eines Standard-Überlandlinienbus (StÜLB) heraus gegeben. Er war etwas länger (11,7 Meter) als der VÖV-Bus, bot mehr und bequemere Sitzplätze (53, Sitzteiler 720 mm), hatte einen etwas höheren Wagenboden (900 mm) für Unterflur-Kofferräume, Außenschwingtüren (vorn nur einfachbreit), außerdem eine abgerundetere Front mit vertikal an den Seiten gebogenen Windschutzscheiben. Die vier Hersteller Büssing, Magirus-Deutz, MAN und Daimler-Benz präsentierten 1972 ihre Prototypen nach diesen Vorgaben.
Die Serienfertigung begann wenig später. Durch die Eingliederung von Büssing in den MAN-Konzern fiel einer der vier Hersteller allerdings schon recht bald wieder weg. Der StÜLB wurde besonders zahlreich an die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn geliefert. Hersteller der Bahn- und Postbusse waren zunächst Magirus-Deutz und Daimler-Benz, später auch MAN. Auf Basis des StÜLB entstanden bei Magirus-Deutz als einzigem Hersteller dieser Lösung auch Kombibusse des Typs L 117 P: Hier wurden die Sitze auf höhere Podeste gestellt, um das Kofferraumvolumen zu erhöhen. Außerdem wurde anstatt des Mittelausstiegs eine einfachbreite Tür hinter der Hinterachse angeboten. Es gab vom Magirus-Deutz L 117 auch besondere Versionen etwa als Reisebus von Karosseriebauern, zum Beispiel von Voll und Padane (Italien).
Da die Frontgestaltung des StÜLB gefälliger war als die der VÖV-Busse wurden auch die VÖV-Stadtbusse nun fakultativ mit dem Frontdesign des StÜLB angeboten. Bei MAN führte dies dazu, dass die Stadtbusse nach VÖV-Vorgaben dann überwiegend mit StÜLB-Front ausgeliefert wurden. Andererseits war der Überlandbus auch mit doppeltbreiter Vordertür lieferbar, verschiedene Hersteller boten auch andere Türanordnungen an (beispielsweise schmale Mitteltür bei MAN, schmale Hecktür bei Magirus-Deutz).
Zweite Generation: Ü 80
Im Jahre 1979 wurde, wieder mit finanzieller Beteiligung des BMFT, bei den FFG der Prototyp der zweiten Überlandvariante hergestellt, bezeichnet als Ü 80. Er unterschied sich vom SL II durch eine etwas größere Wagenlänge (11.810 mm), kleinere Fahrtzielanzeige vorn, Außenschwingtüren (vorn einfachbreit) und mehr und bequemere Sitzplätze. Der Fahrzeugboden lag vorn 760 mm und in der Mitte 860 Millimeter über der Fahrbahnhöhe und konnte über zwei 190 mm beziehungsweise 240 mm hohe Stufen im Bus erreicht werden. Die Serienwagen wurden von Daimler-Benz (Mercedes-Benz O 407) und von Auwärter Neoplan (N 416 Ü) hergestellt. MAN baute zunächst den StÜLB (SÜ 240) noch bis 1989 weiter. Seit 1987 wurde dann zeitgleich der auf dem Ü-80-Prototyp basierende MAN SÜ 242 gebaut, der den SÜ 240 später ersetzte.
Von Magirus-Deutz und Kässbohrer entstanden Prototypen, eine Serienfertigung des Ü 80 kam bei diesen Herstellern jedoch nicht zustande: Kässbohrer gab dieses Projekt nach wenigen gebauten Versuchsfahrzeugen zugunsten des eigenständigen Setra S 215 UL auf, nachdem die Hersteller MAN und Daimler-Benz mit einem Motorenboykott gedroht hatten. Der S 215 UL entwickelte sich später zum erfolgreichsten Überlandbus seiner Zeit. Magirus-Deutz, seit 1975 in der IVECO eingegliedert, baute noch den Überland-Prototyp 240 L 118, stellte seine Busproduktion in Deutschland jedoch im Jahre 1982 ein.
Standard-Linienbus-Modelle
Erste Generation (SL I)
- Büssing: Präfekt 11 Standard, Präfekt 13 Standard, Präfekt 14D Standard, BS 100 V, BS 110 V, BS 117 SÜ
- Magirus-Deutz: M 170 S 11 H, M 170 S 10 H, M 170 SH 110, M 200 SH 110, M 230 SH 110, M 260 SH 110, M 260 SH 170, M 230 L 117 und M 260 L 117
- MAN 750 HO-SL / SL 192, MAN SL 200, MAN 890 SG / SG 192, MAN SG 220, MAN SG 240 H, MAN SG 280 H, MAN SD 200, MAN SÜ 240
- Mercedes-Benz O 305, Mercedes-Benz O 305 G, Mercedes-Benz O 305 OE, Mercedes-Benz O 307
- Gräf/Steyr LU 200 M11, Gräf/Steyr GU 230/54/69/A1
- Ikarus 190
- Heuliez O 305, O 305 G (Aufbauten auf Fahrgestellen von Mercedes-Benz, anderes Heck)
- Berliet / Renault PR 100, ER 100, PR 180 (jeweils andere Front und anderes Heck)
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Büssing BS 110 V SL als einziger Standard-Bus mit Einzelradaufhängung vorn
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Berliet PR 100 in Polen (rechts ein Jelcz gleicher Bauart)
Zweite Generation (SL II)
- MAN SL 202, MAN SG 242, MAN SG 242 H / SG 282 H, MAN SG 292 / SG 312 / SG 322, MAN SM 152 / SM 182 (Midibus), MAN SÜ 242
- Mercedes-Benz O 405, MB O 405 T (Trolleybus), MB O 405 G, Mercedes-Benz O 407, MB O 402 (Midibus, Aufbau von Göppel auf Fahrwerk von NAW)
- Auwärter Neoplan N 416 und N 416 SÜ, Neoplan N 4007 SL II (Midibus)
- Kässbohrer Setra Ü 80 (Überlandbus-Prototyp, produziert von Göppel)
- Magirus-Deutz 240 L 118 (Überlandbus-Prototyp, keine Serienproduktion)
- ÖAF - Gräf & Stift GS LH 240 M11
Weitere Entwicklung
Das Aufkommen der Niederflurbusse in den 1990er Jahren läutete das schleichende Ende der Standard-Fahrzeuge ein. Aus der zweiten Generation wurde der Niederflurbus weiter entwickelt, Beispiele sind der Auwärter Neoplan N 4014NF, der Mercedes-Benz O 405 N und der MAN NL 202. Bei den Herstellern überstiegen die Produktionszahlen der wieder bei jedem Hersteller individuell entwickelten Niederflurmodelle rasch diejenigen der hochflurigen Standard-Linienbusse, was allerdings auch daran lag, dass es für niederflurige Fahrzeuge höhere Förderungen durch die Bundesländer gab. Das Design der neuen Niederflur-Modelle lehnte sich jedoch stark an die Vorgänger der Standard-II-Generation an, weshalb dieser Bustyp manchmal fälschlich als „VÖV III“ bezeichnet wird, obwohl der Verband an ihrer Entwicklung und Konstruktion diesmal nicht beteiligt war. Auch in diesem Fall wurde das Konzept der neuen Niederflurbusse von ausländischen Herstellern kopiert, sodass sie den Fahrzeugen der deutschen Hersteller zum Teil sehr ähnlich sind. Im Jahr 2001 lief der letzte Standard-Linienbus bei Mercedes-Benz in Mannheim vom Band. Bei MAN wurde der SL 202 in Deutschland gar nur bis 1996 gebaut. Auch bei den Busbetreibern werden die Standard-Fahrzeuge seltener, die Vielfalt der Bustypen nimmt seitdem wieder stark zu. Die Standard-Linienbusse der zweiten Generation sind noch in gewisser Häufigkeit auf deutschen Straßen unterwegs, diejenigen der ersten Generation haben mittlerweile Oldtimerstatus erreicht. Die Modelle von Büssing und Magirus-Deutz sind trotz ihrer einst weiten Verbreitung mittlerweile höchst selten geworden und gelten als Raritäten.
Oberleitungsbusse
Vereinzelt entstanden ab 1974 auch Oberleitungsbusse auf Standardbus-Basis, zusammen etwas über 600 Stück. Eine Übersicht geben folgende Tabellen:
MAN / Gräf & Stift / ÖAF / Vetter SL I
Baujahre Typ Elektrik Anzahl Beschreibung Betrieb Nummern 1974 SG 192 Kiepe 2 Gelenkwagen, Aufbau von Vetter Oberleitungsbus Kaiserslautern 122 und 123 1975 OE 110/54/A Kiepe 11 Solowagen Oberleitungsbus Salzburg 113–123 1977 GE 105/54/57/A Kiepe 1 Gelenkwagen Oberleitungsbus Kapfenberg 20 1976 GE 110/54/57/A Kiepe 6 Gelenkwagen Oberleitungsbus Salzburg 155–160 1978–1981 GE 105 M 16 Kiepe 4 Gelenkwagen Oberleitungsbus Kapfenberg 21–24 1979 SG 200 TH Kiepe 1 Gelenkwagen Oberleitungsbus Solingen 81 1979 GE 150 M 16 Kiepe 1 Gelenkwagen Oberleitungsbus Salzburg 161 1980–1985 GE 110 M 16 Kiepe 44 Gelenkwagen Oberleitungsbus Salzburg 129–147, 162–186 1980 ? BBC-Sécheron 3 Gelenkwagen Oberleitungsbus Bergen 325–327 1983 SG 240 H Duo Kiepe 1 Gelenkwagen, Duo-Bus, Spurbus Essener Verkehrs-AG 3700 1983/1984 GE 150 M 18 Kiepe 20 Gelenkwagen Oberleitungsbus Linz 201–220 1984 SL 200 BBC-Sécheron 1 Solowagen, Duo-Bus Vorführwagen / Prototyp keine 1984–1986 SG 200 HO Kiepe 22 Gelenkwagen Oberleitungsbus Solingen 1–6, 7I, 7II, 8–21 1985 ? BBC-Sécheron 3 Gelenkwagen Oberleitungsbus Bergen 331–333 1986 SG-T310 Siemens 46 Gelenkwagen Seattle 4000–4045 -
Der Solinger Typ MAN SG 200 HO
MAN / Gräf & Stift / ÖAF SL II
Baujahre Typ Elektrik Anzahl Beschreibung Betrieb Nummern 1985–1987 OE 112 M 11 Kiepe 2 Solowagen Oberleitungsbus Kapfenberg 15 und 16 1986/1987 OE 112 M 11 Kiepe 6 Solowagen Oberleitungsbus Salzburg 101–106 1986/1987 SL 172 HO Kiepe 46 Solowagen, dreiachsig Oberleitungsbus Solingen 23–68 1988 GE 152 M 18 ABB 16 Gelenkwagen Oberleitungsbus Innsbruck 801–816 1989–1994 GE 112 M 16 Kiepe 25 Gelenkwagen Oberleitungsbus Salzburg 200–214, 218–219, 221–228 1989 GE 112 M 16 Kiepe 1 Gelenkwagen Oberleitungsbus Kapfenberg 25 1992 NGE 152 M 18 Kiepe 10 Niederflur-Gelenkwagen Oberleitungsbus Innsbruck 817–826 1993/1994 NGE 152 M 17 Kiepe 12 Niederflur-Gelenkwagen Oberleitungsbus Eberswalde 004, 011, 029–037, 039 1993/1994 NGE 152 M 18 Kiepe 3 Niederflur-Gelenkwagen Oberleitungsbus Eberswalde 017, 038, 040 1994–1997 NGT 204 M 16 Kiepe 22 Niederflur-Gelenkwagen Oberleitungsbus Salzburg 229–238, 241–252 1996 NGT 204 M 16 Kiepe 1 Niederflur-Gelenkwagen Oberleitungsbus Kapfenberg 35 -
Der Solinger Typ MAN SL 172 HO
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Ein ehemals Salzburger OE 112 M 11 in Mediaș
Mercedes-Benz / Vetter SL I
Baujahre Typ Elektrik Anzahl Beschreibung Betrieb Nummern 1978 O 305 T Kiepe 1 Solowagen, Eigenumbau Oberleitungsbus Kaiserslautern 135 1979 O 305 B/E Bosch / Dornier / VARTA 2 Solowagen, Batterie- oder E-Betrieb Oberleitungsbus Esslingen am Neckar 301 und 302 1979 O 305 D/E Bosch / Dornier 2 Solowagen, Diesel- oder E-Betrieb Oberleitungsbus Esslingen am Neckar 303 und 304 1979 O 305 G D/E Bosch / Dornier 1 Gelenkwagen, Diesel- oder E-Betrieb Oberleitungsbus Esslingen am Neckar 305 1979 OE 305 Siemens / BBC-Sécheron 1 Solowagen, Prototyp São Paulo ? 1981 O 305 GG ? 1 Doppelgelenkwagen, Spurbus O-Bahn-Versuchsanlage Rastatt keine 1982–1986 VE 16 SO Kiepe 4 Gelenkwagen, von Vetter hergestellt Oberleitungsbus Esslingen am Neckar 201–204 1982/1983 O 305 GT BBC-Sécheron 5 Gelenkwagen diverse siehe Hauptartikel 1983 O 305 GTD AEG 4 Gelenkwagen, Duo-Bus, teilweise Spurbus diverse siehe Hauptartikel Mercedes-Benz / Hispano Carrocera SL II
Baujahre Typ Elektrik Anzahl Beschreibung Betrieb Nummern 1986 O 405 T AEG 1 Solowagen Vorführwagen / Prototyp keine 1986–1995 O 405 GTD AEG 47 Gelenkwagen, Duo-Bus, teilweise Spurbus diverse siehe Hauptartikel 1986–1993 O 405 GTZ ABB 100 Gelenkwagen, Zusatzantrieb diverse siehe Hauptartikel 1994–1999 O 405 G HCE Kiepe / Adtranz 113 Gelenkwagen, Aufbau von Hispano Carrocera (HCE) Oberleitungsbus Quito 1 bis 113 1996 O 405 GNTD Kiepe / ZF 1 Niederflur-Gelenkwagen, Duo-Bus Trolleybus Zürich 51 2004–2010 O 405 NE 23 x gebraucht
5 x Enika28 Niederflur-Solowagen, Eigenumbau aus O 405 N Gdynia 3013–3020, 3041, 3045–3048, 3050–3052, 3055–3066 Einzelnachweise
- ↑ O.W.O. Schultz: Standard-Linien-Bus: Entwicklung − Grundzüge − Ergebnisse. In: Lastauto Omnibus, Heft 10/1968, Vereinigte Motor-Verlage GmbH, Stuttgart 1968
Literatur
- Werner Stock: VÖV-Standard-Linienbusse im Einsatz. In: Der Stadtverkehr, Heft 8/1969, S. 220–223, Verlag Werner Stock, Brackwede 1969, 1 D 21850 E
- Jürgen Jacobi: 10 Jahre Standardbus. Verlag Wolfgang Zeunert, Gifhorn 1977, ISBN 3-921237-40-8
- O.W.O. Schultz: Typenempfehlungen für den Standard-Linienbus II − Entwicklung des Prototyps. Abschlußbericht zum FE-Vorhaben TV 7431, Hamburg-Consult (Tochterfirma der Hamburger Hochbahn), Hamburg 4/1977
- Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV): Unverbindliche Typen- und Konditionenempfehlung für den Standard-Linienbus SL II. VÖV-Schriften, Reihe Technik, Ausgabe Juli 1983, Köln 1/1984
- O.W.O. Schultz: »ÖNV-Bus Ü80« − Prototyp −. Teilschlussbericht zum TV 7666, FFG Falkenried im Auftrag des BMFT, Hamburg 11/1983
- FFG, SNV, STUVA, TU Hannover Inst. f. Verkehrswirtschaft, Straßenwesen und Städtebau: Bus-Verkehrssystem − Fahrzeug Fahrweg Betrieb. S. 73−108, Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV) u. Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA), Alba Buchverlag, Düsseldorf 2/1979, ISBN 3-87094-771-3
- Ingo Kasten: Initialzündung − Standardbusse (Teil I). In: lastauto omnibus, Heft 7/1981, S. 66−69, Vereinigte Motor-Verlage GmbH & Co. KG, Stuttgart 1981
- Ingo Kasten: Ausstrahlung − Standardbusse (Teil II). In: lastauto omnibus, Heft 8/1981, S. 68−71, Vereinigte Motor-Verlage GmbH & Co. KG, Stuttgart 1981
- Lutz Achilles: 1968–2008 • Vor 40 Jahren erster Standard-Linienbus in Hamburg. In: HOV-Verkehrsgeschichte(n), Juli 2008, Hamburger Omnibus-Verein (HOV), Hamburg 2008
- Hans H. Werner: Der Stadtomnibus der 80er Jahre. In: das neue universum, Nr. 94, S. 287–291, Südwest-Verlag, München 1977, ISBN 351700618-1
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