Oskar Panizza

Oskar Panizza
Oskar Panizza und Signatur (Datierung unbekannt).

Leopold Hermann Oskar Panizza (* 12. November 1853 in Kissingen; † 28. September 1921 in Bayreuth) war ein deutscher Schriftsteller, Satiriker und Publizist.

In seinen Schriften attackierte Panizza den wilhelminischen Obrigkeitsstaat, die katholische Kirche, sexuelle Tabus und bürgerliche Moralvorstellungen. Als literarischer Individualist nimmt er eine Sonderrolle in der deutschen Literaturgeschichte ein: Der Einzelgänger der Münchner Moderne lässt sich nur grob zwischen Naturalismus und Expressionismus einordnen. Panizzas Schreibstil war spontan, flüchtig und unkonventionell – dem späteren Expressionismus ähnlich; dabei benutzte er ab 1893 eine phonetische Orthographie. Er verwendete zwar häufig die Formensprache des Naturalismus, doch ist der größte Teil seiner Erzählungen und seiner Gedichte auf das Innenleben des Erzählers ausgerichtet, das sich häufig stark von der realen Außenwelt unterscheidet. Seine Themen waren häufig autobiografisch geprägt und dienten ausdrücklich auch der Selbsttherapie des psychisch labilen Autors.

Panizzas Hauptwerk ist das 1894 erschienene satirische Drama Das Liebeskonzil – eine in der Literaturgeschichte beispiellose antikatholische Groteske. Bedeutend sind daneben Panizzas bizarre Erzählungen, in denen er Realistik und Phantastik verband. Als äußerst polemischer Publizist setzte Panizza vor allem satirische Mittel ein und gab von 1897 bis 1900 die Zeitschrift Zürcher Diskußjonen heraus, in der er individualanarchistische und atheistische Überzeugungen vertrat. Panizzas lyrisches Schaffen wird in erster Linie als bemerkenswertes Zeugnis seiner zunehmenden Geistesgestörtheit rezipiert. Waren die ersten Veröffentlichungen noch deutliche Nachahmungen romantischer Lyrik, so sind die expressiven Gedichte der 1899 erschienenen Parisjana inhaltliche wie stilistische Provokationen, die selbst von ehemals befreundeten Zeitgenossen als „Material für den Irrenarzt“ gewertet wurden.

Das von spektakulären Literaturskandalen begleitete Werk Oskar Panizzas ist kaum von seiner bewegten Lebensgeschichte zu trennen: Nach einer streng pietistischen Erziehung und einer von Leistungsverweigerung geprägten Schulzeit wurde er Nervenarzt, wandte sich aber bald der Literatur zu. Seine blasphemischen Provokationen brachten ihn nach einem aufsehenerregenden Prozess 1895 ein Jahr lang wegen Gotteslästerung ins Gefängnis. Er gab die deutsche Staatsangehörigkeit auf und ging ins Exil nach Zürich und, nachdem er dort ausgewiesen wurde, nach Paris. Nach Erscheinen seines Gedichtbandes Parisjana 1899 – seines letzten gedruckten Werks – lief eine internationale steckbriefliche Fahndung wegen Majestätsbeleidigung nach ihm, und sein gesamtes in Deutschland verbliebenes Vermögen wurde eingezogen. Deshalb nach Deutschland zurückgekehrt, endete der ehemalige Irrenarzt Panizza, der sich während seines Studiums mit Syphilis infiziert hatte, selbst als paranoider, von Wahnvorstellungen und Halluzinationen beherrschter Geisteskranker in der Nervenklinik. Nach 16 Jahren in der Heilanstalt starb er 1921 im Bewusstsein, als Dichter gescheitert zu sein: „Ich hab umsunst gelebt“.[1]

Kein anderer Autor des wilhelminischen Deutschland – vielleicht Frank Wedekind ausgenommen – war so sehr von der Zensur betroffen, keiner wurde für seine literarischen Werke ähnlich hart durch die Justiz bestraft. Fast alle seine Bücher wurden schon kurz nach ihrer Veröffentlichung verboten und konfisziert, an eine Aufführung seiner Theaterstücke war jahrzehntelang nicht zu denken und seine Familie weigerte sich nach seinem Tod, die Urheberrechte freizugeben. So konnte eine Rezeption seiner Werke erst in den späten 1960er Jahren einsetzen, in größerem Umfang geschah dies erst in den 1980er Jahren.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und frühe Jahre

Konfessionskonflikt im Elternhaus

Oskar Panizza wuchs als viertes von fünf Kindern des Hoteliers Karl Panizza (* 1808 in Würzburg) und dessen Frau Mathilde, geborene Speeth auf. Im 17. Jahrhundert war die Familie Panizza vom Comer See nach Deutschland eingewandert und hatte sich in Würzburg niedergelassen. Karl Panizza hatte sich vom Kellner zum Besitzer des führenden Hotels Kissingens, dem Russischen Hof, emporgearbeitet, dabei aber auch Schulden angehäuft. 1844 lernte er die dreizehn Jahre jüngere Mathilde Speeth kennen, die er bereits nach wenigen Tagen heiratete.

So tiefkatholisch die väterliche Familie Panizza war, so kämpferisch protestantisch war die Familie Mathildes. Die Mutter Oskars entstammte dem adligen Hugenottengeschlecht de Meslères, das 1685 aus Frankreich nach Sachsen geflohen war und den bürgerlichen Namen Mechthold angenommen hatte. Von heftigem religiösem Eifer erfüllt verfasste sie unter dem Pseudonym „Siona“ pietistische Erbauungsschriften. Der konfessionelle Konflikt prägte die frühen Jahre Oskar Panizzas: Der Vater, der zunächst nach heftigen Streitigkeiten im Ehevertrag eine protestantische Taufe zugesagt hatte, bestand auf der katholischen Taufe und Erziehung Oskars.

Im November 1855 starb Karl hochverschuldet an Typhus. Mathilde sah in dem frühen Tod die Strafe Gottes für das gebrochene Versprechen, die Kinder protestantisch zu erziehen, und ließ diese nun evangelisch umtaufen. Dagegen reichte der katholische Pfarrer Anton Gutbrod beim Landgericht Kissingen Klage mit der Begründung ein, Karl sei bei der Unterzeichnung einer entsprechenden Einverständniserklärung zwei Tage vor seinem Tod nicht bei klarem Verstand gewesen. Die jahrelangen und spektakulären Prozesse wurden als Bad Kissinger Konfessionsstreit bekannt, von der Presse zum Skandal aufgewertet[2] und schließlich bis zum Hofe des bayerischen Königs Maximilian II. getragen. Die Gerichte gaben der Klage des Pfarrers in jeder Instanz Recht; eine Eingabe Mathildes bei Maximilian II. 1858 blieb ohne Erfolg. Trotz angedrohter Gefängnis- und verhängter Geldstrafen, die sie nicht bezahlte, führte Mathilde ihren privaten Religionskrieg fort. Sie entzog ihre Kinder dem bayrischen Staat und schickte sie wiederholt zu verschiedenen Verwandten nach Schwaben und ins preußische Hanau.

Schulzeit

Das ehemalige Hotel Russischer Hof in Bad Kissingen.

Gegen alle staatlichen Anweisungen wurde Oskar so nach streng pietistischen Prinzipien erzogen und erhielt mehrere Jahre lang Privatunterricht in der halboffiziellen Schule von Dr. Johann Wilhelm Schmidt. Von 1863 bis zu seiner Konfirmation 1868 besuchte Oskar Panizza das Knabeninstitut der pietistischen Brüdergemeinde Kornthal im protestantischen Württemberg und anschließend das Gymnasium in Schweinfurt, wo er bei einem Buchhändler wohnte. 1870 wechselte er an ein Münchner Gymnasium und lebte dort bei seinem Onkel, dem Stadtpfarrer Feez. Oskar, der zunehmend durch Leistungsverweigerung auffiel, wurde nicht in die Sekunda versetzt, so dass sich die Hoffnungen seiner Mutter, er möge ein Theologiestudium absolvieren, bald zerschlugen. Deshalb nahm er ab 1871 Privatunterricht in kaufmännischen Fächern und Französisch, konzentrierte sich daneben jedoch immer stärker auf Literatur und Musik. So nahm er in dieser Zeit Gesangsunterricht am Münchner Konservatorium.

Gescheiterte Berufsversuche und Militär

Als Mathilde 1873 klar wurde, dass Oskar weder als Kaufmann noch als Sänger großen Erfolg haben würde und sich stattdessen in der frivolen Großstadt amüsierte, holte sie ihren aufsässigen Sohn zurück nach Kissingen, damit der bald 20-Jährige dort das Hotelfach erlernen und schließlich den „Russischen Hof“ leiten sollte, den Mathilde mit sehr viel größerem Erfolg führte, als dies ihrem Mann gelungen war. Nun eskalierte der Konflikt zwischen Mutter und Sohn völlig und bald sah Mathilde ein, dass auch dieser Plan keinen Erfolg haben würde.

Stattdessen begann Oskar Panizza im jüdischen Bankhaus Bloch & Co. in Nürnberg, für das auch sein Bruder Karl arbeitete, ein Volontariat, das er aber nach drei Monaten abbrach. Nach diesem erneuten Desaster kehrte er nach München zurück und nahm seine Musikstudien am Konservatorium wieder auf, wurde aber sehr bald zum einjährigen Militärdienst eingezogen, den er 1873 bis 1874 bei der 7. Kompanie des 2. Bayrischen Infanterieregiments in München ableistete. Häufige Arreste und psychosomatische Erkrankungen waren Ausdruck der Probleme, die er während der harten Zeit in der bayerischen Armee hatte. Gegen Ende seiner Dienstzeit infizierte er sich mit Cholera.

Nach dem Militärdienst nahm Panizza 1874 zunächst seine Musikstudien in München wieder auf und begann, Seminare an der Philosophischen Fakultät der Universität zu besuchen. Dabei wurde ihm klar, dass das fehlende Reifezeugnis für weitere akademische Studien eine unüberwindliche Hürde bleiben würde und so beschloss er, noch einmal sein altes Gymnasium in Schweinfurt zu besuchen. 1876, inzwischen 23 Jahre alt, legte er dort erfolgreich das Abitur ab.

Studium der Medizin und Arbeit als Psychiater

Das Klinikum links der Isar in München.

Panizza immatrikulierte sich 1877 an der Medizinischen Fakultät der Münchner Universität. Das Medizinstudium absolvierte er sehr erfolgreich, wurde Assistent von Hugo von Ziemssen, dem Direktor des städtischen Klinikums links der Isar, und promovierte bereits 1880 summa cum laude mit einer Dissertation Über Myelin, Pigment, Epithelien und Micrococcen im Sputum. Nach der Promotion arbeitete er zunächst für einige Monate in einem Militärhospital und ging dann mit Empfehlungsschreiben von Ziemssens für ein halbes Jahr nach Paris. Statt wie geplant die dortigen Krankenhäuser und psychiatrischen Anstalten zu besuchen, zog ihn jedoch das Studium der französischen Literatur und vor allem des Theaters in seinen Bann.

1881 approbierte Panizza und arbeitete von 1882 bis 1884 als Assistenzarzt zweiter Klasse an der Oberbayerischen Kreis-Irrenanstalt in München unter Professor Bernhard von Gudden, dem Arzt Ludwigs II., der später mit diesem im Starnberger See den Tod fand.

Syphilisinfektion

Eine Erholungsreise im Frühjahr hatte Panizza 1878 zunächst nach Norditalien, dann nach Neapel geführt. Nach eigenen Angaben zog er sich auf dieser Reise eine Syphilisinfektion zu, wahrscheinlich steckte er sich jedoch bei einer Münchner Prostituierten an. Möglich ist allerdings auch, dass Panizza die Krankheit lediglich erfand, damit diese ihn in besonderer Weise auszeichnen und Assoziationen zu anderen syphilitischen Künstlern wecken sollte.[3] Bereits als Student hatte er sich, nicht ohne eigenes Zutun, den Beinamen Mephisto erworben und gefiel sich darin, sich zu einem genial-verrückten Syphilitiker zu stilisieren.

Panizza gab später an, dass seine Gehbehinderung eine Folge der um die Jahrhundertwende noch unheilbaren Syphilis gewesen sei. Einige Ärzte diagnostizierten dagegen statt einer von der Syphilis herrührenden Gumma am rechten Innenschenkel lediglich eine chronische Knochenhautentzündung mit Kallusbildung und auch Panizzas Mutter führte die Behinderung auf einen Unfall in seiner Kindheit zurück.

Vom Irrenarzt zum Dichter

Entscheidung für die Literatur

Oskar Panizza (Aufnahme um 1895)

Ein gespanntes Verhältnis zu von Gudden, seine angeschlagene Gesundheit und der Wunsch, mehr Zeit für seine schriftstellerischen Ambitionen zur Verfügung zu haben, ließen Panizza die Stelle als Nervenarzt nach zwei Jahren kündigen und er ließ sich für kurze Zeit als praktischer Arzt nieder. Es folgten Depressionen, die etwa ein Jahr lang anhielten. Oskar Panizza litt zu dieser Zeit unter der Furcht, wahnsinnig werden zu können. Geschürt wurde diese Angst durch zwei Selbstmordversuche seiner Schwester Ida und durch den Tod seines Onkels Ferdinand Speeth, der 1884 in religiösem Wahn in der Irrenanstalt des Juliusspitals Würzburg starb. Ein anderer Onkel mütterlicherseits hatte sich erschossen. Von Oktober 1885 bis Oktober 1886 „flüchtete“ Oskar Panizza deshalb nach London.

Um in seinem literarischen Schaffen keine Kompromisse eingehen zu müssen, bat er seine Mutter um finanzielle Unterstützung. Diese hatte kurze Zeit vorher das Hotel verpachtet, war jedoch nicht gewillt, Oskars schriftstellerische Ambitionen zu unterstützen. Nach einem monatelangen Streit sagte sie ihm schließlich eine Jahresrente von 6.000 Mark zu.

Lyrische Versuche

1885 erschien Panizzas erste literarische Veröffentlichung, der Gedichtband Düstre Lieder. Die deutlich in der Tradition des bewunderten Heinrich Heine stehenden Gedichte waren weder ein Verkaufserfolg, noch riefen sie auch nur die geringste öffentliche Resonanz hervor. Trotzdem war das Buch für Panizza eine Befreiung: Das Schreiben hatte therapeutische Wirkung auf den psychisch labilen Dichter, es half ihm, seine Depressionen zu überwinden – ein Umstand, der ihn zu der Überzeugung brachte, dass nur die ununterbrochene schriftstellerische Arbeit ihn geistig gesund würde erhalten können. Seit dieser Erfahrung lebte er als freier Schriftsteller. Er wurde zu einem exzessiven Leser, dessen Lektüre von Martin Luther und Ulrich von Hutten über Ludwig Tieck, Edgar Allan Poe, Heinrich Heine und E. T. A. Hoffmann bis zu seinen Zeitgenossen reichte.

Die 1887 veröffentlichten Londoner Lieder blieben wie der 1889 erschienene Gedichtband Legendäres und Fabelhaftes ohne Kritikerecho und beendeten für die nächsten zehn Jahre Panizzas lyrische Unternehmungen. In seinem Gesamtwerk sollte Lyrik eine sehr untergeordnete Rolle spielen, auch wenn er die Poesie Zeit seines Lebens als höchste Form menschlichen Ausdrucks ansah. Panizzas Schreibstil war spontan, flüchtig und unkonventionell – dem späteren Expressionismus ähnlich.

Erste literarische Erfolge mit Prosaerzählungen

Titelbild zu Visionen (1893).

1890 debütierte Oskar Panizza als Prosaautor mit den von Poe inspirierten, Realistik und Phantastik verbindenden Grotesken Dämmerungsstücke. Er verwendete zwar mitunter die Formensprache des Naturalismus, doch richtete sich ein großer Teil seiner bizarren Erzählungen und Gedichte auf das Innenleben des Erzählers aus, das sich häufig stark von der realen Außenwelt unterschied. Zumeist griff er dabei Themen und Begebenheiten aus dem eigenen Leben auf.

1892 veröffentlichte Panizza die Erzählungen Aus dem Tagebuch eines Hundes und ging 1893 mit den Grotesken Visionen zu einer phonetischen Schreibweise über. Unter den zehn Erzählungen dieser Sammlung findet sich die Satire Der operirte Jud’. Der jüdische Protagonist der Geschichte kann selbst durch Operationen, Bluttransfusionen, Verhaltensänderungen und die Konversion zum protestantischen Glauben sein wahres jüdisches Wesen nicht ablegen. Diese Erzählung lässt sich als Ausdruck einer extrem antisemitischen Haltung interpretieren,[4] wie sie auch für anarchistisch-oppositionelle deutsche Intellektuelle der Jahrhundertwende nicht untypisch war. Andererseits kann man den Operirten Jud’ auch als Parodie auf das tragische Scheitern jüdischer Assimilationsbemühungen lesen.[5] Einige Jahre später bezeichnete Panizza Antisemiten jedenfalls als „kulturfeindliche Schreier.“[6]

Neben der schriftstellerischen Arbeit hatte Panizza begonnen, als Redakteur für die naturalistische Zeitschrift Die Gesellschaft, für Moderne Blätter und andere Magazine zu schreiben und hielt ab 1891 Vorträge, darunter das weitgehend von Cesare Lombroso abgeschriebene, dennoch diesen kritisierende Referat Genie und Wahnsinn, einen Aufsatz über Realismus und Pietismus (beide 1891) und über Die Minnehöfe des Mittelalters (1892). Auch in der Münchner Bohèmeszene begann Panizza nun, eine Rolle zu spielen. Er wurde für einige Monate neben Michael Georg Conrad Vorsitzender der Literaturvereinigung Gesellschaft für modernes Leben und Vorstandsmitglied des Theatervereins der neu gegründeten Freien Bühne.

Angriffe auf Kirche und Staat

Mitglieder der Gesellschaft für modernes Leben: Otto Julius Bierbaum, Georg Schaumberg, Oskar Panizza, Michael Georg Conrad, Hanns von Gumppenberg und Julius Schaumberger (um 1893).

Zum ersten Mal geriet Panizza in Konflikt mit dem Staat, als der Landwehr-Bezirkskommandeur den Reserveoffizier im Sommer 1891 aufforderte, aus der „Gesellschaft für modernes Leben“ auszutreten, da diese „realistische Tendenzen, die mit dem Gegebenen zu brechen suchen und mit der weltlichen und kirchlichen Macht in Conflict zu gerathen Gefahr laufen“ verfolge.[7] Da sich Panizza weigerte, wurde er unehrenhaft aus der Armee entlassen. Nur wenig später konfiszierte die Staatsanwaltschaft den Almanach Modernes Leben, für den Panizza den Beitrag Das Verbrechen in Tavistock-Square beigesteuert hatte, der ihm eine Anklage wegen Vergehens gegen die Sittlichkeit einbrachte, die allerdings bald fallengelassen wurde.

Mit den nächsten drei Veröffentlichungen wurden die Texte Panizzas zunehmend beißender gegen die staatliche Obrigkeit und vor allem gegen die katholische Kirche. Die unbefleckte Empfängniß der Päpste (1893) erweiterte das von Pius IX. verkündete Dogma der unbefleckten Empfängnis Marias satirisch auf die Zeugung der Päpste. Das Buch wurde beschlagnahmt und im sogenannten „objektiven Verfahren“ für ganz Deutschland verboten. 1894 folgten Der heilige Staatsanwalt und Der teutsche Michel und der römische Papst. Altes und Neues aus dem Kampfe des Teutschtums gegen römisch-wälsche Überlistung und Bevormundung in 666 Tesen und Zitaten, das ebenfalls beschlagnahmt wurde.

Mit einiger Effekthascherei übernahm Panizza in der radikalen Münchner Avantgarde die Rolle eines genialisch-verrückten Syphilitikers, der keine Gelegenheit zur literarischen Provokation verstreichen ließ. Obwohl er durch seine Veröffentlichungen innerhalb der Münchner Moderne eine gewisse Bekanntheit erreicht hatte, war ihm der erhoffte literarische Durchbruch nicht gelungen, als er 1893 mit vierzig Jahren das Werk schrieb, für das er berühmt-berüchtigt werden sollte: Das Liebeskonzil.

Das Liebeskonzil und die Folgen

Hauptwerk und gezielte literarische Provokation

Manuskript des Liebeskonzils (1893).

Panizzas Hauptwerk ist die satirische „Himmelstragödie“ Das Liebeskonzil – eine in der Literaturgeschichte beispiellose antikatholische Groteske.[8] Das Drama erklärt das plötzliche Auftreten der Syphilis Ende des 15. Jahrhunderts als göttliches Auftragswerk des Teufels, um eine verkommene Menschheit zu strafen, und thematisiert das katholische Gottesbild, heuchlerische Frömmigkeit sowie die Dekadenz der Renaissancepäpste.

Schauplätze der Handlung sind der Himmel, die Hölle und der Hof des Borgiapapstes Alexander VI. im Jahr 1495. Gottvater, ein seniler und gebrechlicher Tattergreis, der hinfällige und debile Christus und die abgebrühte Jungfrau Maria erhalten Nachricht von skandalösen Zuständen auf der Erde, insbesondere in Neapel, und von Orgien am Hofe des Papstes. Zum Osterfest nehmen sie den Vatikanspalast selbst in Augenschein und werden dabei Zeugen obszöner Spiele und Intrigen der Hofgesellschaft. Deshalb handeln sie mit dem Teufel ein Geschäft aus: Dieser soll eine schreckliche Strafe erfinden, die unmittelbar auf fleischliche Sünde folgen, aber die Seelen der Menschen erlösungsfähig belassen soll, da die Schöpferkraft Gottes verbraucht ist und er sich keine neuen Menschen mehr erschaffen kann – er also auf die vorhandenen angewiesen ist. Als Gegenleistung fordert der Teufel ein prächtiges Portal für die heruntergekommene Hölle, das Recht auf unangemeldete Sprechstunden mit Gott und vor allem die Freiheit, seine Gedanken zu verbreiten, denn „wenn jemand denkt, und darf seine Gedanken nicht mehr Andern mitteilen, das ist die gräßlichste aller Foltern.“[9] Die vom Teufel ersonnene Strafe ist nun die „Lustseuche“ Syphilis. Um diese auf die Erde zu bringen, zeugt der Teufel mit Salome, der durchtriebensten Gestalt in der Hölle, das „Weib“, eine unwiderstehlich schöne Frau, die zuerst den Papst, dann die Kardinäle, die Bischöfe und schließlich die übrige Kirchenhierarchie mit der Krankheit infiziert, die sich schnell in der gesamten Menschheit ausbreitet.

Als Einflüsse für das Liebeskonzil hat man vor allem das 1800 unter dem Pseudonym Pater Elias veröffentlichte Stück Germania, ein Trauerspiel ausgemacht, das ähnliche Motive aufweist. Andere weitläufige, von Panizza selbst genannte Vorbilder sind Goethes Faust, La Guerre des Dieux ancien et modernes von Évariste de Forges de Parny, Sebastian Sailers Fall Luzifers aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Jesuitendramen mit ihren Himmel- und Hölleszenen und den allegorischen Darstellungen von Tugenden und Lastern. Das Liebeskonzil ist dem Gedächtnis Ulrich von Huttens gewidmet, der an der Syphilis erkrankt war und nach langem Leiden daran starb.

Der Fall Panizza

Titelbild der 1897 bei Jakob Schabelitz in Zürich verlegten dritten Ausgabe des Liebeskonzils,
Künstler: Max Hagen.

Die antikatholische Satire wurde zum größten Literaturskandal der 1890er Jahre. Im Oktober 1894 erschien das Liebeskonzil bei Jakob Schabelitz in Zürich. Panizza verschickte Rezensionsexemplare an Journalisten und Freunde, so dass das Buch zum vielbesprochenen literarischen Thema wurde, noch ehe es in den deutschen Handel gelangte. Theodor Fontane, Detlev von Liliencron, Otto Julius Bierbaum und andere reagierten begeistert auf das spektakuläre Werk.[10]

Das Liebeskonzil war nur wenige Wochen lang in den Buchläden erhältlich: Nach einer Besprechung in der Allgemeinen Zeitung beschlagnahmte die Polizei am 8. Januar 1895 alle in Deutschland zugänglichen Exemplare und die Münchner Staatsanwaltschaft unter Freiherr von Sartor erhob Anklage wegen Blasphemie aufgrund § 166 des Reichsstrafgesetzbuches. Ein Problem war dabei der Nachweis, dass das in der Schweiz gedruckte Werk in Deutschland überhaupt Leser gefunden hatte. Schließlich erklärten zwei Münchner Buchhändler, 23 Exemplare verkauft zu haben und ein Polizist aus Leipzig gab eine Erklärung ab, das Buch gelesen und an seinem Inhalt „Aergerniß genommen“ zu haben – seine Anzeige unterzeichnete er mit „i. A. Müller“.[11]

Der Fall ging durch die deutsche Presse. Panizza fand Fürsprecher unter liberalen und sozialdemokratischen Journalisten, aber heftige Anfeindungen in konservativen Zeitungen. Auch Thomas Mann, der Panizza während seiner Studienzeit in München im „Akademisch-dramatischen Verein“ persönlich kennengelernt hatte, äußerte Verständnis für die Verfolgung der blasphemischen „Geschmacklosigkeit“ durch die Justiz. Er ging in seiner Kritik dabei von Panizzas veröffentlichter Verteidigungsrede aus und hatte das Buch, wie viele andere Kritiker, wahrscheinlich nicht selbst gelesen.[12]

Da konservative Politiker eine politische Opposition vermuteten, wie sie sich tatsächlich erst rund 15 Jahre später entwickeln sollte, wurde aus dem Fall Panizza ein hochpolitischer Prozess gegen „die Moderne“. Die Staatsanwaltschaft ging deshalb mit außerordentlicher Härte gegen Panizza vor. Im Prozess, der am 30. April 1895 vor dem Landgericht München I stattfand, nahm Panizza die Rolle eines Vorkämpfers für die Freiheit moderner Literatur ein und stilisierte sich dabei zu einem Märtyrer, bewusst die Risiken einer solchen Haltung in Kauf nehmend. Gegen den Rat seiner Freunde, die ihm zuvor schon vergeblich zur Flucht ins Ausland geraten hatten, suchte er in seiner literatur- und kunsthistorisch angelegten Verteidigung kämpferisch die Auseinandersetzung mit dem Staat. Trotzig weigerte er sich auch zu leugnen, dass er die Veröffentlichung des in der Schweiz verlegten Buches für Deutschland beabsichtigt hatte – die wohl einzige Chance auf einen Freispruch.

Mit seiner Rede über die Grundwerte künstlerischer Freiheit konnte er die zwölf Geschworenen kaum überzeugen, zu deren Auslosung die Justiz 28 Bürger mit durchweg geringer Bildung geladen hatte. Bereits Panizzas Bekenntnis „Ich erkläre, daß ich Atheist bin“[13] hatte eine Verurteilung geradezu provoziert. Einer der Geschworenen sagte ganz offen: „Wann der Hund in Niederbayern verhandelt worden wär, der kam net lebendig vom Platz!“[14] Selbst der von Panizza als Sachverständiger geladene Freund und Förderer Michael Georg Conrad stand angesichts dieses Verhaltens fassungslos vor Gericht und konnte Zweifel an der geistigen Gesundheit Panizzas kaum verbergen. So lief der Prozess unweigerlich auf eine Verurteilung Panizzas hinaus. Kein anderer Schriftsteller im wilhelminischen Kaiserreich wurde mit vergleichbarer Härte gestraft: Anders als etwa Frank Wedekind oder Hanns von Gumppenberg wurde Panizza nicht zu kurzer Festungshaft, sondern zu einem Jahr Einzelhaft verurteilt und trug die Kosten des Verfahrens und des Gefängnisaufenthaltes.

Zwischen Prozess und Haftstrafe

Zeichnung von Oskar Panizza (Datierung unbekannt).

Noch im Gerichtssaal wurde Panizza verhaftet und erst nach dreiwöchiger Haft gegen eine außergewöhnlich hohe Kaution von 80.000 Mark bis zur endgültigen Entscheidung des Reichsgerichts in Leipzig auf freien Fuß gesetzt.

Fünf Monate vor der Veröffentlichung des Liebeskonzils hatte Panizza in einem Aufsatz über „Volkspsychologie“ formuliert, „daß eine erlittene Gefängnisstrafe für eine ideell verteidigte Sache fast der Garantieschein für Popularität in der Masse“ sei.[15] Konsequent versuchte er in dieser kurzen Frist, aus der öffentlichen Aufmerksamkeit Nutzen zu ziehen und veröffentlichte im Juli die Schrift Meine Verteidigung in Sachen das „Liebeskonzil“. Nebst dem Sachverständigen-Gutachten des Dr. M. G. Conrad und dem Urteil des k. Landgerichts München I.[16] Theodor Lessing, ein junger Autor und ebenfalls ehemaliger Assistenzarzt in München, griff die Debatte auf und schrieb zwei Monate nach dem Prozess eine enthusiastische und auf Selbstdarstellung ausgerichtete Verteidigungsschrift, „ohne das verurteilte Stück überhaupt zu kennen.“[17] Der Einsatz für Panizza hatte eine Durchsuchung von Lessings Wohnung und die Konfiszierung einiger seiner Gedichte durch die Polizei zur Folge.

Bei der Uraufführung von Georg Büchners Komödie Leonce und Lena in einer Freilichtaufführung des Münchner Theatervereins „Intimes Theater“ am 31. Mai 1895 in der Regie von Ernst von Wolzogen spielte Oskar Panizza den Hofprediger – fast 60 Jahre, nachdem das Stück geschrieben worden war. Noch am Abend vor seinem Prozess hatte Panizza bei der ersten Aufführung des Intimen Theaters in August Strindbergs „Gläubiger“ mitgewirkt. Am 11. Oktober 1895 – als Oskar Panizza bereits seit zwei Monaten im Gefängnis saß – fand in Leipzig die Uraufführung seines Einakters Ein guter Kerl statt. Das Stück um einen Erbstreit ist das einzige Werk Panizzas, das als naturalistisch bezeichnet werden kann, und blieb das einzige zu seinen Lebzeiten inszenierte Theaterstück.

Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit

In die Zeit zwischen Prozess und Haftstrafe fällt die einzige philosophische Veröffentlichung Panizzas: Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit. Skizze einer Weltanschauung. Oskar Panizza adaptierte darin die Philosophie Max Stirners und kritisierte vehement eine einseitig naturwissenschaftliche Sicht auf die Psyche des Menschen. Damit war eine deutliche Kritik an der hirnanatomisch-neurophysiologischen Psychiatrie ausgesprochen, wie sie von Gudden vertrat.

Panizza formulierte die Überzeugung, dass es keine geistigen Normen gebe und nur die radikalen Taten und Ideen einzelner die Weltgeschichte lenkten. Für den Einzelnen existiere die Außenwelt nur als Projektion in seinem Kopf, Halluzinationen seien für ihn dagegen unabhängig von der wirklichen Welt real. Diese Überzeugung ist eine deutliche Reaktion auf die latente geistige Störung Panizzas, die später zum Ausbruch kommen sollte und die der erfahrene Nervenarzt als solche diagnostizierte. Die Kluft zwischen realer Außenwelt und innerem Welterleben gehört zu den erzählerischen Leitmotiven im Werk Panizzas. Bereits das Liebeskonzil hatte nicht Gott, sondern das Gottesbild der Katholiken zum Gegenstand – ein Unterschied, den Panizzas Richter und die Geschworenen nicht nachvollziehen konnten. Wohl am stärksten thematisiert die 1894 geschriebene und 1896 als Sonderdruck veröffentlichte, stark autobiographisch geprägte Erzählung Die gelbe Kroete die Diskrepanz zwischen der objektiven und der subjektiv wahrgenommenen Welt.

Ein Jahr im Gefängnis

Am 8. August 1895 trat Panizza die einjährige Einzelhaft in der Haftanstalt Amberg an, die er vollständig abbüßte. Ein Gnadengesuch, das Panizzas Anwalt am 30. August an den Prinzregenten mit einer Geisteskrankheit und der Unzurechnungsfähigkeit seines Mandanten begründete, hatte keinen Erfolg, trug aber zehn Jahre später nicht unwesentlich zur Entmündigung Panizzas bei. Das Gesuch wurde ohne Kenntnis Oskar Panizzas eingereicht – wahrscheinlich auf Betreiben der Familie.

In der Haft war es Panizza gestattet zu schreiben. Da er jedoch nicht publizieren durfte, veröffentlichte Panizza aus der Haftanstalt einige Aufsätze und Rezensionen in der Zeitschrift Die Gesellschaft unter Pseudonym, so eine Besprechung von Wedekinds Der Erdgeist oder den psychiatriekritischen Artikel Neues aus dem Hexenkessel der Wahnsinns-Fanatiker. Weitere in Amberg verfasste Schriften erschienen nach der Haftentlassung.

Das Manuskript Ein Jahr im Gefängnis – mein Tagebuch aus Amberg, das Panizza an Conrad sandte, tat dieser als literarisch wertlos ab und es blieb ungedruckt.[18] Das nur noch fragmentarisch erhaltene Tagebuch des Häftlings gibt einen Eindruck von den psychischen Qualen der Gefängniszeit. Unter den einfachen und derben Gefangenen und Aufsehern war der Gefängnisgeistliche Friedrich Lippert, der spätere Vormund Panizzas, sein einziger Gesprächspartner. Eine Folge der Demütigungen im Gefängnis war eine deutliche Politisierung Panizzas, der die psychischen und physischen Erniedrigungen durch Wärter und Gefangene als systematischen Teil des staatlichen Strafvollzugs auffasste.

Abschied von München

Als er im August 1896 nach München zurückkehrte, traf die starke Veränderung, welche die Haftzeit im Wesen Panizzas verursacht hatte, die meisten seiner Freunde wie ein Schock. Er wirkte abgezehrt und bleich, war zu einem eigenbrötlerischen Skeptiker geworden.

Noch im Gefängnis hatte Panizza die Streitschrift Dialoge im Geiste Huttens und das Pamphlet Abschied von München verfasst, mit dem er sich programmatisch von Deutschland abwandte und seine Emigration in die Schweiz ankündigte. Gut einen Monat nach seiner Haftentlassung beantragte Panizza die Entlassung aus der Bayerischen Staatsangehörigkeit und zog im Oktober 1896 nach Zürich. Zuvor brachte er noch weitere literarische Projekte zu einem Ende, darunter den letzten Artikel für die Gesellschaft, Der Klassizismus und das Eindringen des Variété, in dem er sich für eine Erneuerung der dramatischen Kunst aus dem Geiste des Varietées einsetzte, und die Ausarbeitung eines früheren Aufsatzes über die mittelalterlichen Haberfeldtreiben in Buchform, das im renommierten S. Fischer Verlag erschien.

Emigration in die Schweiz

Zürcher Diskußjonen

Oskar Panizza mit seiner Hündin Puzzi (etwa 1897).

Obwohl Oskar Panizza München und Deutschland aus eigenem Entschluss den Rücken gekehrt hatte, sah er sich als Exilant, als Verstoßener und stellte sich selbst in die Tradition politischer Flüchtlinge wie Heinrich Heine.

Da Panizza keinen Verleger mehr fand, der seine neuen Bücher und keine Zeitschrift, die seine Artikel veröffentlichen wollte, gründete er in Zürich einen eigenen Verlag und gab darin ab Mai 1897 die Zürcher Diskußjonen heraus, die den Untertitel Flugblätter aus dem Gesamtgebiet des modernen Lebens trugen. Grundfragen nach dem Verhältnis von Individuum und Staat, von Idee und Tat bestimmten die redaktionelle Ausrichtung der Zeitschrift. Themen waren neben der Literatur und Kunst religiöse, erotische, sittengeschichtliche und politische Essays, Satiren und Erzählungen. Unter den Artikeln finden sich so ungewöhnliche Titel wie Das Schwein in poetischer, mitologischer und sittengeschichtlicher Beziehung oder Christus in psicho-patologischer Beleuchtung.

Angeblich lagen den Veröffentlichungen Gespräche an Diskussionsabenden zugrunde. Ob diese tatsächlich stattfanden und wie viele Gäste daran teilnahmen, ist heute nicht mehr ermittelbar. Sicher ist, dass Panizza unter eigenem Namen und den Pseudonymen Louis Andrée, Hans Dettmar, Sven Heidenstamm, Hans Kistenmaecker, Jules Saint-Froid, Sarcasticus und mit der Sigle *** den größten Teil der Beiträge selbst verfasste. Einige Namen weiterer Autoren sind jedoch bekannt, so schrieben Franziska Gräfin zu Reventlow, Léon Bazalgette, Ludwig Scharf, Heinrich Pudor und die russische Immigrantin Ria Schmujlow-Claaßen, mit der Panizza eine langjährige Freundschaft verband, für die Zürcher Diskußjonen.

Die Zeitschrift hatte eine maximale Auflage von 400 Exemplaren und wurde von dem deutschen Mäzen Otto von Grote unterstützt. Als Panizza, der mit nur 600 Mark Guthaben in die Schweiz eingereist war, persönlich und verlegerisch in finanzielle Schwierigkeiten geriet, verlangte Grote redaktionellen Einfluss. Panizza weigerte sich jedoch und zog es vor, die Auflagenhöhe der Zürcher Diskußjonen herabzusetzen.

Psichopatia criminalis

Neben der Zeitschrift entstand in Zürich eine Satire auf eine politische Indienstnahme der Psychiatrie: Die Psichopatia criminalis mit dem Untertitel Anleitung um die vom Gericht für notwendig erkanten Geisteskrankheiten psichjatrisch zu eruïren und wissenschaftlich festzustellen. Für Ärzte, Laien, Juristen, Vormünder, Verwaltungsbeamte, Minister etc. Im Stile einer wissenschaftlichen Studie erläutert darin der ehemalige Psychiater unter anderem am Beispiel der Märzrevolution, wie man durch ein „mässig grosses Irrenhaus zwischen Neckar und Rhein, etwa von der Größe der Pfalz […] die kriminelle Bewegung, ich wollte sagen: die epidemische Psichose“[19] im Keim hätte ersticken können und welche Lehren daraus für die Gegenwart zu ziehen seien. Als beispielhafte Fälle aus der Geschichte behandelt Panizza Tiberius Sempronius Gracchus, Christian Friedrich Daniel Schubart, Wilhelm Weitling, Robert Blum und Max Stirner. Die Psichopatia criminalis ist deutlich von den anarchistischen und antimonarchistischen Grundhaltungen geprägt, die Panizza während der Haft in Amberg entwickelt und die sich in den Zürcher Exilantenkreisen noch verstärkt hatten. Die Broschüre steht inhaltlich in Zusammenhang mit dem 1891 gehaltenen Vortrag Genie und Wahnsinn und der Abhandlung Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit von 1895.

Ausweisung aus der Schweiz

Panizzas Stimmung schwankte in der Schweiz zwischen Depressionen und großer Lebens- und Kampfeslust. Zwar wurde er zum Mittelpunkt einer Gruppe intellektueller, teilweise anarchistischer „Revoluzzer“ doch er knüpfte in Zürich nicht oder nur scheinbar an sein altes Bohemienleben an. Er pflegte kaum enge Freundschaften und isolierte sich zunehmend. Stunden verbrachte er damit, seiner geliebten Hündin Puzzi vorzulesen, deren Tod 1897 ihn tief erschütterte. Dennoch fühlte er sich in seinem Gastland wohl und beantragte das Schweizer Bürgerrecht. In dieser Situation wurde er am 25. Oktober 1898 völlig unerwartet aus der Schweiz ausgewiesen, nachdem er längere Zeit mit einer 15-jährigen Prostituierten verkehrt und diese auch nackt fotografiert hatte. Die tatsächliche Ursache für die Ausweisung dürfte jedoch eine politische Reaktion auf das Attentat auf die österreichische Kaiserin Elisabeth am 10. September 1898 in Genf gewesen sein, in dessen Folge die Schweizer Behörden konsequent gegen Anarchisten, Sozialisten und Intellektuelle vorgingen, die Kontakte zu diesen Kreisen unterhielten. Am 15. November 1898 verließ Panizza Zürich und kam sechs Tage später mit seiner Bibliothek von 10.000 Büchern, einem Büfett und einem Bett in Paris an.

Exil in Paris

Depressionen, Halluzinationen und Verfolgungswahn

Brief mit Zeichnung von Oskar Panizza (Datierung unbekannt).

Die neuerliche Emigration, die Panizza wie ein Schlag getroffen hatte, führte ihn in eine schwere psychische Krise. Er wurde in Paris zunehmend von Resignation, depressiven Schüben, Halluzinationen und Verfolgungswahn beherrscht und zog sich weitgehend von menschlicher Gesellschaft zurück. Die Furcht, erneut ausgewiesen zu werden, war so groß, dass er in seiner weiträumigen Wohnung auf dem Montmartre sogar jahrelang darauf verzichtete, seine Bibliothek aus den Umzugskisten auszupacken.

Panizza wurde mehr denn je zu einem skurrilen und menschenscheuen Sonderling. Nur wenige frühere Bekannte wie Frank Wedekind, Anna Croissant-Rust und Max Dauthendey besuchten ihn gelegentlich. In seinem früheren Freund, dem Lyriker Ludwig Scharf, wollte er sogar einen Geheimpolizisten der Berliner Regierung erkennen und warf ihn kurzerhand aus seiner Wohnung hinaus. So sehr Panizzas Wahnsystem, Gegenstand einer weitreichenden Verschwörung zu sein, deren Initiator Kaiser Wilhelm II. sei, von Verfolgungs- und Größenwahn geprägt war, so scheint der Verdacht, von der Polizei überwacht zu werden, doch nicht völlig unbegründet gewesen zu sein: Post von ihm kam geöffnet bei der Mutter an und von anderer Seite drohte ihm sein ehemaliger Mäzen Otto von Grote aus Furcht, beider früherer Briefwechsel könnte unangenehme Folgen für ihn haben, mit den Verbindungen zur deutschen Gesandtschaft und über diese zur Pariser Fremdenpolizei. Dazu bemerkte von Grote in einem Brief an Michael Georg Conrad: „Solche Irrsinnige sind unberechenbar!“[20]

Parisjana

Die sechs Jahre, die Panizza in Paris verbrachte, waren nicht annähernd so produktiv, wie die Münchner und die Zürcher Zeit. Bis 1901 gab er weiterhin die Zürcher Dißkussjonen heraus und behielt dabei den Titel auch in Paris bei. Panizza bekannte sich nun offen zum Anarchismus als „Prinzip der Negazjon“[21] und sah sich zunehmend in einem persönlichen Kampf mit Kaiser Wilhelm II., den er nicht nur für seine Ausweisung aus Zürich verantwortlich machte, sondern der ihn auch aus Paris vertreiben wolle.

Panizzas letzte Buchveröffentlichung, der Lyrikband Parisjana (1899), wurde deshalb zu einer persönlichen Kampfansage an den deutschen Kaiser, ein Pamphlet in einer Schärfe, die Panizza bis dahin nicht erreicht hatte. In den künstlerisch wenig ambitionierten, dafür um so zeitkritischeren Balladen in Panizzas typischer phonetischer Schreibweise prangerte er das verhasste wilhelminische Deutschland als untragbaren Klassenstaat an, in dem das Volk und die Kunst unterdrückt würden, und rief die Untertanen zur „Revoluzion“ auf.

Steckbriefliche Fahndung

Zeichnung Oskar Panizzas (Datierung unbekannt).

In merkwürdiger Verkennung der inzwischen nationalistischen Überzeugung seines früheren Freundes Michael Georg Conrad, widmete er diesem die Parisjana. Empört wandte sich Conrad an den Herausgeber der Gesellschaft, Ludwig Jacobowski: „Es hilft nichts, mit Panizza muß sauber aufgeräumt werden und so schnell wie möglich“, der Gedichtband sei „Material für den Irrenarzt“, Panizza „in der gebildeten Welt ein todter Mann“.[22] Conrad veröffentlichte heftige Rezensionen in der Gesellschaft, in Das litterarische Echo und in Die Wage. Daraufhin wurde die Staatsanwaltschaft auf die Parisjana aufmerksam, am 29. Januar 1900 erhob erneut Freiherr von Sartor Anklage und einen Tag später erging ein Beschlagnahmebeschluss. Seit dem 2. Februar wurde nach Panizza mit einem internationalen Steckbrief gefahndet.

Am 28. Februar 1900 beantragte die Staatsanwaltschaft wegen Fluchtgefahr die Beschlagnahmung von Panizzas Vermögen. Da dieser staatenlos war und sich im Ausland aufhielt, wurde das Verfahren bald wieder eingestellt, der Besitz Panizzas in Höhe von 185.000 Mark blieb jedoch konfisziert. Nun erwies es sich als fatal, dass Oskar Panizza bei seiner Ausreise in die Schweiz die Weigerung seiner Familie, ihm seinen Erbanteil auszuzahlen, akzeptiert hatte. Unterstützung seitens seiner Familie, die durch ihn ihren gesellschaftlichen Ruf verloren zu haben glaubte, war ausgeschlossen und zum Verkauf seiner Bibliothek konnte er sich nicht durchringen – so verarmte Panizza schnell und konnte bald die Miete nicht mehr bezahlen.

Wahnsinn, Entmündigung und Ende in der Nervenklinik

Haft und Erklärung der Unzurechnungsfähigkeit

Zeichnung von Oskar Panizza, Bildunterschrift: pour Gambetta sans faute. das ist der verteufelte Thoth / der die armen Seelen abfängt, und / im Fluge durch die Lüfte führt (entstanden wahrscheinlich 1906).

In dieser Situation stellte er sich am 13. April 1901 der Münchner Justiz. Unmittelbar wurde er in der Münchner Fronfeste am Anger inhaftiert und verhört. Am 15. April 1901 wurde das Verfahren wegen Majestätsbeleidigung wieder aufgenommen, Panizzas Vermögen aber freigegeben.

Da, ausgehend von seinen literarischen Werken seit dem Liebeskonzil, Zweifel an der geistigen Gesundheit Panizzas bestanden, wurde er zur Untersuchung in die Kreis-Irrenanstalt eingeliefert, an der er selbst Anfang der achtziger Jahre als Assistenzarzt gearbeitet hatte. Nach der Fronfeste empfand er diese Anstalt nahezu als Paradies. Hier wurde er untersucht, bis er am 3. August 1901 zurück ins Gefängnis geschickt wurde. Nachdem drei Wochen später das psychiatrische Gutachten vorlag, wurde Panizza gerichtlich für unzurechnungsfähig erklärt und als Paranoiker eingestuft, die Anklage gegen ihn wurde fallengelassen. Noch am selben Abend wurde er entlassen und reiste am 28. August 1901 nach Paris zurück.

Expandierendes Wahnsystem

Nach seiner Rückkehr im November 1901 veröffentlichte Panizza nur noch wenige Nummern der Zürcher Diskußjonen. Zwar schrieb er weiter, fand jetzt aber nicht einmal mehr einen Drucker für seine Werke. Ungedruckt blieb deshalb auch seine Prosasammlung Imperjalja, die inhaltlich an die Parisjana anschlossen. Die Texte illustrieren Panizzas Verschwörungstheorie: Demnach führte eine Nebenregierung Bismarcks einen geheimen Kampf gegen Wilhelm II. und Panizza war Objekt und entscheidende Figur dieses Ringens, dessen Kritik der Kaiser mehr fürchte als alles andere. Selbst hinter „Jack dem Aufschlitzer“ und zahllosen anderen Skandalen stecke in Wahrheit der Kaiser, doch nur wenige Eingeweihte wie Panizza wüssten davon. Bald gab es nichts mehr, das nicht Teil der großen Verschwörung war.

Panizza isolierte sich immer mehr von seiner Umwelt, litt unter Übelkeitsanfällen und wurde von akustischen, visuellen und Geruchshalluzinationen geplagt, die er in sein Wahnsystem integrierte: Ein „Luftsingen“ hielt er für ihm geltendes Pfeifen kaiserlicher Agenten, gastritische Schmerzen führte er auf eine Vergiftung zurück. Alltagsgegenstände schienen ihm Wörter zu artikulieren, selbst der Flug von Schwalben schien ein gegen ihn gerichteter Akt zu sein. 1903/04 diagnostizierte der frühere Nervenarzt bei sich selbst eine „Dissozjazjon der Persönlichkeit“.[23]

Internierung und Entmündigung

Zeichnung von Oskar Panizza, Bildunterschrift: pour Gambetta! (dem französischen republikanischen Politiker Léon Gambetta gewidmet, entstanden 1906).

Am 23. Juni 1904 verließ Panizza Paris und bat in der Münchner Kreisirrenanstalt um Aufnahme. Diese wurde jedoch abgelehnt, offiziell wegen Überfüllung, tatsächlich wohl, weil die Finanzierung der Therapie des Staatenlosen ungesichert war. Daraufhin wandte sich Panizza an die private Nervenheilanstalt Neufriedenheim, aus der er aber bereits nach zehn Tagen wegen eines heftigen Streits mit dem Direktor verwiesen wurde. Oskar Panizza mietete sich ein Zimmer in Schwabing und fühlte sich fortgesetzt durch Mensch und Natur belästigt und verhöhnt. Wiederholt kam es zu Streitereien mit Münchner Bürgern, die Anzeigen, Verhöre und polizeiliche Überwachung zur Folge hatten.

Einen Selbstmordversuch am 19. Oktober 1904 gab Oskar Panizza im letzten Moment auf. Als er anschließend in Unterwäsche durch die Stadt lief, der herbeigerufenen Polizei einen falschen Namen angab und behauptete, ein Patient der Nervenklinik zu sein, wurde er zur Untersuchung seines geistigen Zustandes in die psychiatrische Klinik eingewiesen. In einer Autobiographie, die Panizza in der Irrenstation des städtischen Krankenhauses 1/I auf Wunsch des Arztes im November 1904 verfasste,[24] behauptete Panizza stolz, er habe diese Einweisung absichtlich und schließlich erfolgreich provoziert. Der ehemalige Psychiater Panizza schreibt in diesen Aufzeichnungen über den Patienten Panizza in der dritten Person und benennt das Pfeifen als Halluzination, gleichzeitig aber als Realität.

Am 28. März 1905 wurde er in die Anstalt für Gemütskranke St. Gilgenberg in Eckersdorf bei Bayreuth überwiesen und im April gegen seinen Willen entmündigt. Oskar Panizzas Vormünder wurden Justizrat Popp und sein Bruder Felix, nach dessen Tod 1908 Dekan Friedrich Lippert, Panizzas Gesprächspartner aus der Amberger Gefängniszeit. 1907 wechselte Oskar Panizza in das Luxussanatorium Mainschloß Herzoghöhe in Bayreuth, in dem er der einzige Geisteskranke war. Nur wenig Gesichertes ist über Panizzas Zeit im Sanatorium bekannt, aus einem Brief der Mutter geht jedoch hervor, dass er sich 1905 das Leben nehmen wollte.[25] In Bayreuth übersetzte Panizza noch eine Zeit lang lateinische Texte und schrieb an einem letzten, nie vollendeten Buch: Die Geburtsstunde Gottes, ein mitologischer Ziklus im Sinne des Sonnen- und Mondlaufes. Eines seiner letzten Gedichte aus dem Jahr 1904 trägt den resignierten Titel: „Ein Poet, der umsunst gelebt hat“.[26] Nach über 16 Jahren in der Heilanstalt erlag Oskar Panizza am 28. September 1921 wiederholten Schlaganfällen. Die Familie weigerte sich, einen Grabstein für ihn zu setzen und scheint einen großen Teil des unveröffentlichten Nachlasses vernichtet zu haben.[27]

Rezeption

Zeitgenössische Rezeption und frühe Legendenbildung

Die meisten Bücher Panizzas wurden schon kurz nach ihrer Veröffentlichung verboten und konfisziert, an eine tatsächliche Theateraufführung seines Liebeskonzils war lange Zeit gar nicht zu denken und Panizzas Familie weigerte sich, die Urheberrechte für Neuauflagen des Entmündigten freizugeben – so war eine wirkliche Rezeption seiner Werke jahrzehntelang kaum möglich. Die Skandalfigur Oskar Panizza aber war eine der schillerndsten Personen der Schwabinger Bohème-Szene und später mystifizierte Figur etlicher literarischer Werke: So schildert ihn Hanns von Gumppenberg in seinem Schlüsselroman Der fünfte Prophet als mephistophelischen Sonderling, Oscar A. H. Schmitz als Alchimisten, Zauberer und Dämon der Welt. Ob Thomas Mann ihn im Doktor Faustus skizziert hat, ist nicht nachweisbar, aber möglich.[28] Für Sigmund Freud war das Liebeskonzil „ein stark revolutionäres Bühnenstück“[29] und Walter Benjamin schätzte Panizza als „häretischen Heiligenbildmaler“.[30]

1913 erschien eine auf 50 Exemplare limitierte und in den Niederlanden gedruckte Edition des Liebeskonzils für die „Gesellschaft der Münchner Bibliophilen“, die von Alfred Kubin illustriert wurde.[31] Wegen der strikten Zensur musste jedes Exemplar dieser Privatausgabe den gedruckten Namen des späteren Besitzers auf der Titelseite tragen. Unter den Mitgliedern der Gesellschaft waren unter anderem Franz Blei, Karl Wolfskehl, Erich Mühsam und Will Vesper. Von 1917/18 stammt ein großformatiges Ölgemälde von George Grosz (Widmung an Oskar Panizza), das heute in der Staatsgalerie Stuttgart hängt.[32]

Nach dem Ersten Weltkrieg lebte der „Fall Panizza“ in Justiz-, Psychiatrie- und Literaturkreisen fort. Emil Kraepelin, der Panizza untersucht hatte, setzte sich in seinen psychiatrischen Lehrbüchern mit seinem Fall auseinander. Bibliophile zahlten in den 1920er Jahren Höchstpreise für Exemplare der beschlagnahmten Erstauflage des Liebeskonzils. Kurt Tucholsky schrieb 1920 über Panizza, dass er, „als er noch bei Verstande war, der frechste und kühnste, der geistvollste und revolutionärste Prophet seines Landes gewesen ist. Einer, gegen den Heine eine matte Zitronenlimonade genannt werden kann und einer, der in seinem Kampf gegen Kirche und Staat (…) bis zu Ende gegangen ist.“[33]

Friedrich Lippert, der Vormund Panizzas, veröffentlichte 1926 gemeinsam mit Horst Stobbe im Privatdruck die Biographie In memoriam Oskar Panizza.[34] Gemeinsam mit der darin abgedruckten, 1904 auf Drängen der Ärzte in der Kreisirrenanstalt verfassten Selbstbiographie Panizzas und den Autobiographien von Walter Mehring[35] und von Max Halbe[36] bildeten diese Erinnerungen lange Zeit die Grundlage für jede Darstellung des Lebens von Oskar Panizza. Alle diese Werke sind jedoch aus unterschiedlichen Gründen ungenau oder tendenziös. Dass Panizza trotz geistiger Gesundheit ins Irrenhaus eingeliefert worden sei, geht in erster Linie auf Mehring, Halbe und Äußerungen Wedekinds zurück und galt bald als allgemein anerkannte Tatsache. Sowohl die Rolle der „Obrigkeit“, als auch die seiner Familie war dabei Gegenstand der Spekulation. Erst seit den 1980er Jahren wurde der Blick auf Oskar Panizza durch ein gründlicheres Quellenstudium erweitert. Einen gänzlich anderen Blickwinkel auf das schwarze Schaf der Familie Panizza nimmt die ungedruckte, äußerst religiös gefärbte, nicht veröffentlichte Biographie der Mutter Mathilde ein.[37]

Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten

Der teutsche Michel und der römische Papst (hier das Titelbild zur ersten Auflage 1894) gehörte in einer redigierten Fassung unter dem Titel Deutsche Thesen gegen den Papst und seine Dunkelmänner zu den Werken Panizzas, die bei Nationalsozialisten populär waren.

Ein Thema war Panizzas Prozess ausschließlich für Linksintellektuelle, bis Ende 1927 der „Münchener Beobachter“, ein Beiblatt zum Völkischen Beobachter, eine nationalsozialistische Interpretation von Panizzas Liebeskonzil und den Abdruck seiner Erzählung Der operirte Jud veröffentlichte[38].

Panizzas Werk wurde während des Dritten Reichs von den Nationalsozialisten vereinnahmt, dabei jedoch auf die entsprechend verwertbaren Texte reduziert. Emil Ferdinand Tuchmann, der jüdische Vorsitzende einer 1928 gegründeten „Panizza-Gesellschaft“, musste 1933 ins Pariser Exil gehen, zwei Jahre später gab aber der nationalsozialistische Kulturfunktionär und Autor Kurt Eggers zwei Anthologien mit ausgewählten Werken Panizzas heraus. In der Interpretation Eggers’ wurde der Individualanarchist und frankophile Bohèmien Panizza zum antisemitischen, antifranzösischen und antibritischen Willensmenschen. Ein typisches Ergebnis dieser Umdeutung war die Umformulierung des Buchtitels Der teutsche Michel und der römische Papst in Deutsche Thesen gegen den Papst und seine Dunkelmänner, das 1940 in großer Auflage erschien. Ein Nachdruck wurde im Völkischen Beobachter veröffentlicht. Damit war Panizza postum zum nationalsozialistischen Autor geworden, dessen Werk von Reichsleiter Martin Bormann persönlich beworben wurde.

Wiederentdeckung in den 1960er Jahren

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Werke Panizzas lange Zeit weder verlegt noch gespielt und waren kein Thema der Germanistik. Als Jes Petersen 1962 ein Faksimile der Erstausgabe des Liebeskonzils in einer kleinen Auflage von 300 Exemplaren neu herausgab, wurde das Buch auf den Index gesetzt und Petersen inhaftiert. Seine Wohnung wurde durchsucht, Bücher und Bilder beschlagnahmt und ihm wegen Verbreitung pornographischer Schriften der Prozess gemacht. Nach heftigem Protest der Presse wurden jedoch alle Anklagepunkte gegen Petersen wieder fallengelassen. Erst 1964 gab Hans Prescher das Liebeskonzil zusammen mit anderen Schriften bei Luchterhand heraus. Damit war erstmals eine Grundlage für eine breitere Rezeption Panizzas in Deutschland verfügbar. 1960 war eine französische Übersetzung erschienen, 1964 folgte eine niederländische, 1969 eine italienische und 1971 eine englische Ausgabe.

Zunächst hatte im Dezember 1965 ein Münchener Studententheater, die Studiobühne der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), Panizzas Stück als szenische Lesung zur Aufführung gebracht und war hierbei in Konflikt mit dem konservativen AStA-Vorsitzenden an der LMU München, dem späteren bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser, geraten.[39] Die Uraufführung des Liebeskonzils als Theaterstück fand dann erst 1967, also 74 Jahre nach der Erstveröffentlichung, auf der Wiener Kleinbühne Experiement statt und 1969 wurde es im Théâtre de Paris unter der Regie von Jorge Lavelli zum ersten Mal auf eine großen Bühne gebracht. Als das Liebeskonzil 1973 am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater endlich seine deutsche Erstaufführung erlebte, blieb die erwartete empörte Reaktion der Öffentlichkeit aus, allerdings widmete die führende Fachzeitschrift Theater heute Panizza die Titelreportage.[40]

In den 1970er Jahren wurden lediglich einzelne Texte Panizzas in Anthologien veröffentlicht bis 1976 das Liebeskonzil im Fischer Verlag erschien. 1977 folgte Aus dem Tagebuch eines Hundes, 1978 Die kriminelle Psychose, genannt Psichipatia criminalis und 1979 Dialoge im Geiste Huttens mit einem Vorwort von Heiner Müller.

Verfilmung und Panizza-Renaissance in den 1980er Jahren

Einen veritablen Skandal hatte eine Inszenierung am Teatro Belli in Rom unter der Regie von Antonio Salines 1981 zur Folge. Die italienische Produktion Il concilio d’amore wurde in den Film Liebeskonzil des deutschen Regisseurs Werner Schroeter integriert, der im ausverkauften Zoo Palast auf der Berlinale 1982 Premiere feierte. Die Filmhandlung ist nicht völlig identisch mit Panizzas Stück, so fehlt ihm, wie schon der italienischen Inszenierung, die zügelloseste Szene am Hofe Alexanders VI. im Vatikan. Dagegen werden die Szenen von dem Prozess gegen Panizza umrahmt, dessen „Beweisstücke“ sie sind. Die hohen Erwartungen konnte der Film nicht erfüllen: Statt der erwarteten Provokation rief der Film eher enttäuschte Langeweile hervor und galt bald als Flop, die Religionskritik als harmloser Anachronismus aus wilhelminischer Zeit.[41] Auch finanziell war die Low-Budget-Produktion kein Erfolg und lockte nur wenige Zuschauer in die wenigen Kinos, in denen der Film lief.

Seitdem wird das Liebeskonzil regelmäßig, aber nicht häufig auf die Bühne gebracht.[42] Unter anderem wurde es 1988/89 am Berliner Schillertheater in der Regie von Franz Marijnen und mit Musik von Konstantin Wecker aufgeführt. Die meisten Ausgaben der Werke sowie die meisten literaturwissenschaftlichen Studien über Werk und Leben Panizzas wurden in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre veröffentlicht.

Gerichtliche Auseinandersetzungen in den 1990er Jahren

Völlig überraschend kam im Mai 1985 ein Verbot des Filmes durch die Tiroler Landesregierung, weil er die christliche Religion beleidige. Als das Otto-Preminger-Institut für audiovisuelle Mediengestaltung (OPI) das Liebeskonzil sechs Abende in ihrem Kino in Innsbruck zeigen wollte, erstattete die katholische Diözese Anzeige gegen den Direktor des OPI, Dietmar Zingl, und fand die Unterstützung des Staatsanwalts. Trotz harscher Reaktionen der österreichischen Presse wurde der Film, wie kurze Zeit vorher Das Gespenst von Herbert Achternbusch, in Tirol verboten. 1994 bestätigte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Entscheidung.[43]

In der Schweiz erstattete 1997 eine Gruppe namens „Christen für die Wahrheit“ unter Berufung auf § 261 StGB (Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit) Anzeige gegen eine Inszenierung des Liebeskonzils durch die Abschlussklasse der Schauspielschule Bern. Diese Klage wurde 1998 durch ein Berner Gericht abgewiesen.

Literaturwissenschaftliche Studien

Bis zu Beginn der 1980er Jahre beschränkten sich wissenschaftliche Texte zu Panizza weitgehend auf die Nachworte der wenigen Editionen und sehr vereinzelte Aufsätze, von denen einige im Zusammenhang mit der Antipsychiatrie-Bewegung standen. Nach einer amerikanischen Dissertation von Peter D.G. Brown aus dem Jahre 1971 (Doghouse, Jailhouse, Madhouse) wurden größere Studien erst 1983 erneut von Peter D.G. Brown (Oskar Panizza. His Life and Works) und 1984 von Michael Bauer (Oskar Panizza. Ein literarisches Porträt) veröffentlicht. Nachdem Rolf Düsterberg 1988 eine Studie über die Zürcher Diskußjonen und Knut Boeser 1989 eine Quellendokumentation über Leben und Werk Panizzas veröffentlicht hatten, folgten nur noch 1993 ein weniger literaturwissenschaftliches als programmatisches Buch von Rainer Strzolka (Oskar Panizza. Fremder in einer christlichen Gesellschaft) und 1999 eine Monographie von Jürgen Müller (Der Pazjent als Psychiater), der sich speziell für die psychiatrischen Aspekte der Werkinterpretation und der Biographie Panizzas interessierte.

Bis heute hat sich wenig daran geändert, dass die meisten Literaturgeschichten Panizza, wenn überhaupt, in wenigen Sätzen oder lediglich passim abhandeln. Selbst viele umfangreiche Standardwerke zur Literatur des 19. Jahrhunderts oder Autorenlexika ignorieren Panizza noch immer. Wo Panizzas Werk Erwähnung findet, wird ihm heute allerdings eine bedeutende Sonderrolle in der deutschen Literatur der Jahrhundertwende jenseits des Naturalismus eingeräumt.

Werke

  • Über Myelin, Pigment, Epithelien und Micrococcen im Sputum. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde der medizinischen Facultät zu München. Leipzig 1881.
  • Düstre Lieder. Unflad, Leipzig 1886. (tatsächlich 1885 erschienen)
  • Londoner Lieder. Unflad, Leipzig 1887.
  • Legendäres und Fabelhaftes. Gedichte. Unflad, Leipzig 1889.
  • Dämmerungsstücke. Vier Erzählungen. Friedrich, Leipzig 1890.
    (Darin die Erzählungen Das Wachsfigurenkabinett, Eine Mondgeschichte, Der Stationsberg und Die Menschenfabrik)
  • Genie und Wahnsinn. Vortrag, gehalten in der „Gesellschaft für modernes Leben“, Centralsäle, am 20. März 1891. Poeßl, München 1891 (= Münchener Flugschriften, 1. Serie, Nr. 5 u. 6)
  • Aus dem Tagebuch eines Hundes. Friedrich, Leipzig 1892.
  • (Bruder Martin O.S.B.) Die unbefleckte Empfängnis der Päpste. Aus dem Spanischen von Oskar Panizza. Schabelitz, Zürich 1893.
  • Visionen. Skizzen und Erzählungen. Friedrich, Leipzig 1893.
    (Darin die Erzählungen Die Kirche von Zinsblech, Das Wirtshaus zur Dreifaltigkeit, Ein criminelles Geschlecht, Der operierte Jud', Der Goldregen, Ein skandalöser Fall, Der Korsetten-Fritz, Indianer-Gedanken, Eine Negergeschichte und Ein Kapitel aus der Pastoralmedizin)
  • Die Wallfahrt nach Andechs. Erstmals erschienen in Der Zuschauer : Monatsschrift für Kunst, Litteratur und Kritik. Hamburg, Verlag der Zuschauer, 2. Jahrgang (1894), Nr. 23 (1894-12-01); Nr. 25 (1894-12-15)[1]
  • Der heilige Staatsanwalt. Eine moralische Komödie in fünf Szenen (nach einer gegebenen Idee). Friedrich, Leipzig 1894.
  • Das Liebeskonzil. Eine Himmels-Tragödie in fünf Aufzügen. Schabelitz, Zürich 1895. (tatsächlich 1894 erschienen)
  • Der teutsche Michel und der römische Papst. Altes und Neues aus dem Kampfe des Teutschtums gegen römisch-wälsche Überlistung und Bevormundung in 666 Tesen und Zitaten. Mit einem Begleitwort von Michael Georg Conrad. Friedrich, Leipzig 1894.
  • Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit. Skizze einer Weltanschauung. Friedrich, Leipzig 1895.
  • Meine Verteidigung in Sachen „Das Liebeskonzil“. Nebst dem Sachverständigen-Gutachten des Dr. M. G. Conrad und dem Urteil des k. Landgerichts München I. Schabelitz, Zürich 1895.
  • Die gelbe Kroete. O. O. (Sonderdruck, 1896).
  • Ein guter Kerl. Tragische Szene in 1 Akt. Höher, München 1896. (= Meßthaler's Sammlung moderner Dramen 2)
  • Abschied von München. Ein Handschlag. Schabelitz, Zürich 1897.
  • Dialoge im Geiste Hutten's. Ueber die Deutschen. Ueber das Unsichtbare. Ueber die Stadt München. Ueber die Dreieinigkeit. Ein Liebes-Dialog. Zürcher Diskußionen, Zürich 1897.
  • Die Haberfeldtreiben im bairischen Gebirge. Eine sittengeschichtliche Studie. Fischer, Berlin 1897.
  • Nero. Tragödie in fünf Aufzügen. Zürcher Diskußionen, Zürich 1898.
  • Psichopatia criminalis. Anleitung um die vom Gericht für notwendig erkanten Geisteskrankheiten psichjatrisch zu eruiren und wissenschaftlich festzustellen. Für Ärzte, Laien, Juristen, Vormünder, Verwaltungsbeamte, Minister etc. Zürcher Diskußionen, Zürich 1898.
  • Parisjana. Deutsche Verse aus Paris. Zürcher Diskussionen, Zürich 1899. (tatsächlich in Paris erschienen)

Postum veröffentlichte Manuskripte

  • Imperjalja. Manuskript Germ. Qu. 1838 der Handschriftenabteilung der Staatlichen Museen Preussischer Kulturbesitz zu Berlin. Hrsg. von Jürgen Müller. Pressler, Hürtgenwald 1993 (Schriften zu Psychopathologie, Kunst und Literatur 5) ISBN 3-87646-077-8
  • Selbstbiographie. In: Der Fall Oskar Panizza. Hrsg. von Knut Boeser. Ed. Hentrich, Berlin 1989. S. 8-14 (erstmals in: F. Lippert u. H. Stobbe, In memoriam Oskar Panizza, München 1926).
  • Pour Gambetta. Sämtliche in der Prinzhorn-Sammlung der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg und im Landeskirchlichen Archiv Nürnberg aufbewahrten Zeichnungen. Hrsg. von Armin Abmeier. Edition Belleville, München 1989, ISBN 3-923646-30-5
  • Mama Venus. Texte zu Religion, Sexus und Wahn Hrsg. von Michael Bauer. Luchterhand-Literaturverlag, Hamburg/Zürich 1992, Sammlung Luchterhand 1025. ISBN 3-630-71025-5.

Literatur

  • Michael Bauer und Rolf Düsterberg: Oskar Panizza. Eine Bibliographie. Lang, Frankfurt am Main 1988. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1086) ISBN 3-631-40530-8
  • Michael Bauer: Oskar Panizza. Ein literarisches Porträt. Hanser, München 1984, ISBN 3-446-14055-7 und ISBN 3-446-13981-8
  • Knut Boeser (Hrsg.): Der Fall Oskar Panizza. Ein deutscher Dichter im Gefängnis. Eine Dokumentation. Edition Hentrich, Berlin 1989. (= Reihe deutsche Vergangenheit; 37) ISBN 3-926175-60-5
  • Peter D.G. Brown: Oskar Panizza. His Life and Works. Bern und Lang, New York 1983 (= American University Studies; Series 1, Germanic Languages and Literatures; vol. 27 ISBN 0-8204-0038-6 u. Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 745) ISBN 3-261-03365-7
  • Peter D.G. Brown (Hrsg.): Das Liebeskoncil. Eine Himmels-Tragödie in fünf Aufzügen. Faksimile-Ausgabe der Handschrift, eine Transkription derselben, des Weiteren die Erstausgabe des „Liebeskonzils“ als Faksimile, sowie „Meine Verteidigung in Sachen 'Das Liebeskonzil'“ und Materialien aus der zweiten und dritten Ausgabe. belleville, München 2005, ISBN 3-936298-16-5
  • Rolf Düsterberg: „Die gedrukte Freiheit“. Oskar Panizza und die Zürcher Diskussjonen. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1988. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1098) ISBN 3-8204-0288-8
  • Jürgen Müller: Der Pazjent als Psychiater. Oskar Panizzas Weg vom Irrenarzt zum Insassen. Edition Das Narrenschiff, Bonn 1999, ISBN 3-88414-291-7
  • Dietmar Noering und Christa Thome: Das Flüstern der Geschichten oder Ein Gespräch der Herren Raabe, Panizza und Klaußner nebst Einwürfen einiger anderer. In: Schauerfeld. Mitteilungen der Gesellschaft der Arno-Schmidt-Leser, 3. Jg., H. 4, 1990 S. 2-13.
  • Rainer Strzolka: Oskar Panizza. Fremder in einer christlichen Gesellschaft. Berlin: Karin Kramer Verl. 1993 ISBN 3-87956-115-X

Theaterstück

Weblinks

Online-Texte

 Wikisource: Oskar Panizza – Quellen und Volltexte

Bibliotheksnachweise

Leben und Werk

 Commons: Oskar Panizza – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. O. Panizza, Ein Dichter der umsunst gelebt, in: F. Lippert u. H. Stobbe, In memoriam Oskar Panizza, München 1926, S. 54.
  2. U.a. von der Augsburger Postzeitung, den Neuesten Nachrichten und dem Frankfurter Journal, vgl. M. Bauer, S. 240.
  3. Eine Abwägung dieser Möglichkeiten finden sich u.a. bei J. Müller, S. 201f und Peter D. G. Brown, S. 17.
  4. Z.B. bezeichnet Jens Malte Fischer den Operirten Jud’ als „Explosion eines wütenden Antisemitismus wie er in dieser Drastik nur noch vom,Stürmer' erreicht worden“ sei. (Deutschsprachige Phantastik zwischen Décadence und Faschismus, in: Rein A. Zondergeld (Hrsg.): Phaïcon 3, Almanach der phantastischen Literatur, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1978, S. 93-130.)
  5. So Alexander Bahar, Die grässlichste aller Foltern.
  6. Zitiert nach J. Müller, S. 70.
  7. Brief O. Panizzas an Cäsar Flaischlen, 30. August 1891, zitiert nach M. Bauer, S. 135.
  8. Eine solche Sonderstellung betont z.B. Viktor Žmergač, Geschichte der deutschen Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Regensburg, Athenäum, Bd. II., S. 225. Bereits Zeitgenossen wie Kurt Tucholsky und Theodor Fontane hatten sich in diesem Sinne geäußert.
  9. Das Liebeskonzil, in: Neues aus dem Hexenkessel der Wahnsinns-Fanatiker, hrsg. v. M. Bauer (1986), S. 66.
  10. Zahlreiche publizierte und private Reaktionen finden sich bei K. Boeser, S. 105-123.
  11. Zitiert nach M. Bauer, S. 154.
  12. Thomas Mann, Das Liebeskonzil, in: Das Zwanzigste Jahrhundert 5, 1895, Hbd. 2, S. 522.
  13. Protokoll, S. 5 /SA Mchn., St. Anw. Nr. 7119/. Zitiert nach: M. Bauer, Oskar Panizza, S. 17.
  14. Zitiert nach M. Bauer, S. 153.
  15. Die Gesellschaft 10, 1894, H. 5. S. 703. Zitiert nach: M. Bauer, Oskar Panizza, S. 20.
  16. Abgedruckt in K. Boeser, S. 51ff.
  17. Theodor Lessing: Einmal und nie wieder. Prag 1935, S. 234. Zitiert nach: M. Bauer, Oskar Panizza, S. 19.
  18. Auszüge abgedruckt in K. Boeser, S. 85ff.
  19. O. Panizza, Psichopatia, Zürich 1898, S. VIf., zitiert nach M. Bauer, S. 201.
  20. Brief Otto von Grotes an Michael Georg Conrad vom 8. Januar 1900. Zitiert nach M. Bauer, S. 206.
  21. Zitiert nach M. Bauer, S. 204.
  22. Zitiert nach M. Bauer, S. 208.
  23. Zitiert nach J. Müller, S. 212.
  24. Abgedruckt in K. Boeser, S. 8ff.
  25. M. Bauer, S. 35.
  26. Abgedruckt in K. Boeser, S. 192.
  27. M. Bauer, S. 33f.
  28. M. Bauer, S. 226, Anm. 20.
  29. Sigmud Freud, Die Traumdeutung, Wien/Leipzig 1900, S. 149. Zitiert nach: M. Bauer, Oskar Panizza, S. 22
  30. Zitiert nach M. Bauer, S. 12.
  31. Nachdruck 1991 herausgegeben von Michael Bauer, Spangenberg Verlag München.
  32. Eine Abbildung findet sich auf dieser Website.
  33. Ignaz Wrobel (Pseudonym von Kurt Tucholsky): Oskar Panizza, in: Freiheit, 11. Juli 1920.
  34. In memoriam Oskar Panizza. Hrsg. v. Friedrich Lippert und Horst Stobbe, München (Selbstverlag) 1926.
  35. Walter Mehring, Die verlorene Bibliothek. Autobiographie einer Kultur. Hamburg 1952.
  36. Max Halbe, Jahrhundertwende. Geschichte meines Lebens. 1893–1914. Danzig 1935.
  37. Teilweise bei K. Boeser, S. 183ff. zitiert und referiert.
  38. Oskar Panizza, in: Münchener Beobachter vom 8. Januar 1927, S. 2
  39. Stefan Hemler: Protest-Inszenierungen. Die 68er-Bewegung und das Theater in München, in: Hans-Michael Körner u. Jürgen Schläder (Hrsg.), Münchner Theatergeschichtliches Symposium 2000, München, Utz-Verlag 2000 (Studien zur Münchner Theatergeschichte 1), S. 276-318, hier S. 293f, ISBN 3-89675-844-6, Pdf online
  40. Theater heute 14, Oktober 1973.
  41. Zahlreiche entsprechende Kritikerzitate finden sich bei Peter D. G. Brown, The Continuing Trials of Oskar Panizza: A Century of Artistic Censorship in Germany, Austria and Beyond. In: German Studies Review 24/3 (Oktober 2001), S. 537f.
  42. Eine Liste aller Inszenierungen findet sich auf der Website von Peter D.G. Brown.
  43. Urteil des ECHR
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