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Die Aller (Al) ist ein 260 km langer Fluss in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen (Deutschland). Sie hat einen generell nach Nordwesten gerichteten Verlauf und mündet bei Verden von rechts (Osten) in die Weser, deren größter Nebenfluss sie ist. Ihr unterer Teil, die 115,8 km lange (Fließstrecke) Unteraller[3]ist als Bundeswasserstraße[4] ausgewiesen. Die Aller ist bei der Allerregulierung in den 1960er Jahren weitgehend ausgebaut, in unterschiedlichem Maße begradigt und größtenteils zum Hochwasserschutz eingedeicht worden. In einem knapp 30 km langen Abschnitt bei Gifhorn mäandriert der Fluss noch in seinem natürlichen Flussbett.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Namensdeutung
Für die Erklärung des 781 als Alera, 803 als Elera, 1096 als Alara überlieferten Flussnamens gibt es zwei Möglichkeiten:
- Deutung als Verkürzung von *Eleraha, wobei *Eler auf urgermanisch *olisa oder alt-slawisch olsa (poln.: olsza) für Erle zurückzuführen wäre und aha (sprich: „Acha“) einem in Flussnamen häufigen alten Wort für Wasser entspricht (vgl. lateinisch aqua). Der Baumname ist vom Niederdeutschen als Eller übernommen worden, was dem Wort Aller sehr nahe kommt. Aller würde also soviel wie Erlenwasser bedeuten, was sich daraus herleiten könnte, dass der Flusslauf großteils mit Erlen bewachsen war, einer Baumart, die bevorzugt auf nassen Standorten wächst.
- In Hans Krahes System der alteuropäischen Hydronymie stellt der alte Name der Aller als Alara ein Beispiel für eine Reihe von Flussnamen mit der Wurzel al- dar, die über einen großen Teil Europas verbreitet sind und Krahe zufolge alle auf eine indoeuropäische Wurzel *el-/*ol- mit der Bedeutung fließen zurückgehen. Urverwandt wären beispielsweise Alle, Alster, Iller, Elz oder Ilmenau. Krahes Hypothese wird allerdings in der Sprachwissenschaft kontrovers diskutiert. Modifiziert übernahm Theo Vennemann Krahes Modell in der Theorie der vaskonischen Sprache.
Verlauf
Oberaller
Die Aller entspringt in Sachsen-Anhalt im Westen der Magdeburger Börde etwa zwischen Oschersleben und Helmstedt. Ihre Quellbäche sammeln sich an der Nordostseite des Hohen Holzes nahe Seehausen.
Zunächst fließt die Aller als kanalartig ausbebauter Bach durch hügeliges, intensiv bewirtschaftetes Ackerland in nordwestlicher Richtung. Im Osten erstreckt sich der Flechtinger Höhenzug und im Westen der Lappwald mit seinen Ausläufern. Der Fluss passiert die Orte Eilsleben und Weferlingen. Nach etwa 60 Flusskilometern erreicht er bei Oebisfelde den Südrand des Drömlings und damit das Urstromtal, dem sie bis zur Mündung folgt. Jenseits der Landesgrenze zu Niedersachsen knickt die Aller daher bei Grafhorst nach Westen ab. Hier liegt das Geländeniveau bei 55 m ü.NN. Bis zur etwa 150 km entfernten Mündung verliert die Aller nur 40 m an Höhe, so dass sie ab hier deutlich langsamer durch eine nunmehr breite, als Grünland genutzte Aue fließt. Sie hat ab Wolfsburg eine generell westnordwestliche Richtung.
In Wolfsburg unterquert die Aller bei Wendschott den Mittellandkanal in einem Düker, durchquert den Allerpark und passiert den Allersee.
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Die Aller bei Wefensleben, etwa 10 km unterhalb ihrer Quelle
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Aller bei Oebisfelde
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Allerbrücke der Oberaller in Vorsfelde
Südlich von Weyhausen zweigt von der Aller der 1860–1863 erbaute und etwa 15 km lange Allerkanal ab. Er sollte die damals gefürchteten und langandauernden Hochwasser schneller ableiten. Der Kanal verläuft bis zur Rückleitung westlich von Gifhorn einige Kilometer südlich der Aller durch den Barnbruch und an Gifhorn vorbei, während die Aller durch die Stadt fließt. Dieser knapp 30 km lange Abschnitt parallel zum Allerkanal ist der einzige Laufabschnitt, in dem der Fluss in seinem natürlichen Flussbett mäandriert. Östlich von Gifhorn bei Osloß wird die Aller vom Elbe-Seitenkanal in einer Trogbrücke überquert. Westlich der Stadt mündet bei Müden als erster großer Nebenfluss die etwas wasserreichere Oker ein.
Mittelaller
Zwischen der Okermündung und Celle wird die Aller in einem etwa 30 km langen Abschnitt als Mittelaller bezeichnet. Wenig oberhalb von Celle fließt sie an Wienhausen und seinem Kloster vorbei. In Celle ist sie zur Energiegewinnung gestaut und durchquert die Parkanlagen um die Altstadt und das Schloss in mehreren Armen.
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Beginn der Mittelaller an der Mündung der Oker (rechts) in die Aller bei Müden
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Mündung der Örtze (links) in die Unteraller bei Winsen (Aller)
Unteraller
Der letzte, 112,1 km[3] lange (Schifffahrtsstrecke, verkürzt durch Schleusenkanäle) Abschnitt unterhalb von Celle ist schiffbar (Bundeswasserstraße)[4]. Größere Orte sind zunächst Winsen, unterhalb dessen von rechts die Örtze mündet, und Wietze. Bei Eickeloh führt eine Gierseilfähre über die Aller. Dort mündet von links die Leine, wie schon die Oker etwas größer als die Aller. Danach passiert der Fluss Ahlden und unterhalb der Böhmemündung die kleine Stadt Rethem. Rund 4 Kilometer nordwestlich von Verden, beim Ortsteil Eissel, mündet die Aller in die Weser.
Aller-Urstromtal
Oberhalb von Wolfsburg trifft die Aller auf die eiszeitliche Abflussrinne des Aller-Urstromtals als Teil des Breslau-Magdeburg-Bremer Urstromtals ein. Das durchschnittlich 20 km breite Tal entstand während der vorletzten Eiszeit, der Saaleeiszeit vor rund 200.000 Jahren. Darin flossen Schmelzwässer in die Nordsee. Die heutige Flussaue ist in das kilometerbreite Urstromtal mit seinen vielen ehemaligen verflochtenen Strömungsrinnen nur wenig eingesenkt. Innerhalb dieser Aue änderten sich früher die Mäander mit jedem Hochwasser. Heute befinden sich zahlreiche trockenliegende Altarme, Totarme und Restarme in der Flussaue. In der letzten Kaltzeit, der Weichselkaltzeit, wurde nördlich der Aue ein flussparalleler breiter Saum von Binnendünen aufgeweht.
Die Flussaue der Allerniederung zwischen Celle und Verden wird heute hauptsächlich als Grünland genutzt. Die feuchten, grundwassernahen Niederungen der Aller und der einmündenden Nebengewässer mit ihren Altarmen, Kolken, Baumgruppen und Buschreihen weisen eine artenreiche Flora und Fauna auf. Durch Aufschotterung in Folge des nacheiszeitlichen Meeresanstieges und durch den stauenden Dünenwall bildeten sich abseits der Flussläufe Brüche und Moore. Im unteren Bereich wird auf Lehmböden auch Ackerbau betrieben. Im Oberlauf werden auf Sandböden vielfach Kiefernforste bewirtschaftet.
Zuflüsse
Flüsse
Die meisten größeren Nebenflüsse der Aller münden von links, also auf der südlichen, dem Harz zugewandten Seite. Dies sind bei Müden (Aller) die Oker, in Celle die Fuhse und bei Schwarmstedt die Leine. Rechnet man die Leine als Quellfluss der Aller, ergibt sich eine Gesamtlänge von 346 km.
Die kleineren Nebenflüsse von rechts entwässern vor allem die Lüneburger Heide. Zu nennen sind etwa bei Weyhausen die Kleine Aller, in Gifhorn die Ise, östlich von Celle (bei Lachtehausen) die Lachte, bei Winsen (Aller) die Örtze, bei Hodenhagen die Meiße und bei Rethem die Böhme.
Nebenbäche der Oberaller
Die Oberaller hat von der Quelle bis Müden zahlreiche Zuflüsse von Bächen:
- Riole
- Schölecke
- Spetze
- Rote Riede
- Lapau
- Katharinenbach
- Drömlingsgräben
- Wipperaller
- Steekgraben und Hehlinger Bach
- Hasselbach
- Kronriede
- Beverbach
- Springriede
- Triangeler Moorkanal
- Barnbruchgraben
- Gosebach
- Fulau
- Knesebach
- Emmerbach
- Kiekenbruchrönne
- Momerbach
- Kielhorster Graben
- Bruno
- Fischergraben
- Flotte
- Sauerbach
- Beberbach
- Platendorfer Moorgraben
Nebenbäche des Allerkanals
Im Bereich der Oberaller zwischen Wolfsburg und Gifhorn verläuft der Allerkanal parallel zur Aller, der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Hochwasserentlastung geschaffen wurde. Er hat folgende Bachzuflüsse:
- Mühlenriede
- Klein Brunsroder Riede
- Hehlenriede
- Rischmühlenriede
- Rötgesbütteler Riede
- Viehmoorgraben
- Vollbütteler Riede
- Wittesmoorgraben
- Allertalgraben
- Flettmarscher Abzuggraben
Nebenbäche der Unteraller
Von links münden bei Rethem die Alpe und die Wölpe in die Aller, von rechts bei Kirchlinteln-Hohenaverbergen die Lehrde, bei Verden-Eitze der Gohbach und kurz vor der Mündung bei Verden-Dauelsen der Halsebach.
Schlösser, Burgen, Klöster
- Schloss Bartensleben, als Wasserburg entstanden
- Burg Oebisfelde, als Niederungsburg vermutlich im 10. Jahrhundert auf einer Sandbank der Aller im Sumpfgebiet des Drömlings erbaut
- Schloss Wolfsburg, als Wohnturm im. 14. Jahrhundert an der Aller zur Wasserburg mit Festungscharakter entwickelt
- Schloss Gifhorn, 1581 fertiggestelltes Schloss mit Festungscharakter
- Kloster Wienhausen, ehemals zisterziensisches Kloster aus dem 13. Jahrhundert
- Schloss Celle, entstanden im 10. Jahrhundert als Wehrturm an einer Allerfurt
- Uhlenburg bei Essel, als Adelssitz des 14. Jahrhunderts
- Burg Blankenburg bei Essel
- Schloss Ahlden, 1549 als Wasserschloss an der Aller erbaut, in deren Flussbett ab 1618 die Leine floss
- Bunkenburg, als Ringwallanlage des 13. Jahrhunderts an der Aller in Ahlden (Aller)
- Burg Hudemühlen im Hodenhagener Ortsteil Hudemühlen, im 14. Jahrhundert als Burg entstanden, im 16. Jahrhundert zum Renaissanceschloss umgebaut und im 19. Jahrhundert abgerissen
- Burg Bierde bei Bierde
- Burg Hodenhagen bei Hodenhagen
- Burg Blankenhagen bei Grethem
- Burg Rethem in Rethem (Aller), im 13. Jahrhundert entstanden und Ausbau zur bastionierten Anlage im 17. Jahrhundert
- Dom zu Verden, im 12. Jahrhundert entstanden
Kultur und Tourismus
Die Aller zählt zu den wenigen - zumindest scheinbar - unberührten größeren Flüsse in Deutschland. Ab Celle bis in den Raum Verden bildet sie mit der Leine das landschaftlich reizvolle Aller-Leine-Tal. Die Aller fließt gemächlich in relativ naturbelassener Umgebung entlang von Wiesen und Wäldern und durch kleinere Dörfer sowie Landstädte. Daher besitzt sie große Bedeutung als Erholungsgebiet für die fast 4 Millionen Menschen des Ballungsraums der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg. Es gibt Bestrebungen, den Tourismus entlang des Flusses naturverträglich auszubauen durch Sanften Tourismus, vor allem im Aller-Leine-Tal. Der rund 250 km lange Aller-Radweg begleitet den Flusslauf meist in größerem Abstand. Weitere Freizeitmöglichkeiten sind Flussfahrten mit Kanu oder Hausboot. Wasserski ist in kleineren Abschnitten im Unterlauf bei Hornbostel und Frankenfeld zeitlich begrenzt erlaubt.
Hydrologie
Der Fluss ist der wasserreichste Zufluss der Weser. Das Einzugsgebiet der Aller umfasst mit 15.744 km² etwa ein Drittel des Stromgebiets der Weser. Der Pegel Rethem unterhalb der Leineeinmündung registriert eine mittlere Wasserführung von 114 m³ in der Sekunde. An der Mündung in die Weser führt die Aller 118 m³ in der Sekunde[1].
Die Aller nimmt über die Oker und die Leine etwa die Hälfte der aus dem Harz abfließenden Wassermenge auf (die andere Hälfte geht über die Saale und ihre Nebenflüsse in die Elbe). Dementsprechend ist sie vor allem durch diese Nebenflüsse häufig Überflutungen ausgesetzt. Mittels der Talsperren im Harz wird innerhalb bestimmter Grenzen besonders das jahreszeitliche Hochwasserregime bis in die Weser hineinwirkend reguliert, beispielsweise durch zeitversetzten und verlangsamten Ablass des in den Harzer Stauseen zurückgehaltenen Schmelzwassers.
Fließgeschwindigkeit
Die Fließgeschwindigkeit der Aller ist streckenweise gering. Im Oberlauf in Höhe des Drömlings gleicht das Gewässer einem träge fließenden Kanal, streckenweise einem Stillwasser. Abgesehen von Stauhaltungen ist die Trägheit auf das geringe Gefälle zurückzuführen, das in Niedersachsen durchschnittlich nur noch 10-20 cm pro Kilometer beträgt. Bereits im Oberlauf ist die Strömung gleichmäßig träge, was auch auf den Ausbau und die Begradigung zurückzuführen ist. Hier ist der Gewässergrund von einem Sand-Schlammgemisch bedeckt.
Abwassereinleitungen
Im Oberlauf der Aller von der Quelle bis Müden/Aller wird direkt und über Nebenflüsse das gereinigte Abwasser von etwa einer halben Million Menschen eingeleitet. Zur Reinigung bestehen 40 größere Kläranlagen. Das Abwasser der Stadt Wolfsburg als einziger Großstadt am Flusslauf wird nicht eingeleitet, sondern auf Rieselfeldern verrieselt. Das Volkswagenwerk Wolfsburg nutzt das Flusswasser ebenfalls und leitet Abwasser nach Reinigung in einem eigenen Klärwerk ein. Der chemische Wasserzustand der Aller zeigt, dass die eingeleiteten Abwasser überwiegend zufriedenstellend gereinigt werden.
Schwermetallbelastung
Die Belastungen der Aller mit Schwermetallen resultiert aus dem jahrhundertelang betriebenen Bergbau im Harz. Dadurch nehmen die Harzflüsse, wie der Allerzufluss Oker, Schwermetalle aus Bergwerken und Abraumhalden auf. Vorwiegend handelt es sich um Cadmium, Zink und Bleiverbindungen, die sich in den Schwebstoffen des Flusses anreichern. Die Stoffe werden durch den Feststofftransport der Oker bis hin zu Aller und Weser geführt, wo sie sich in ruhigen Gewässerzonen als Sedimente absetzen. 1999 wurden Untersuchungen zum Schwermetallgehalt in Schwebstoffen der Aller bei Verden vorgenommen. Sie ergaben, dass die Aller die Weser überproportional mit Blei, Cadmium, Zink und Quecksilber belastete[5].
Gewässergüte
Der niedersächsische Gewässergütebericht[6] von 2004 bewertet die chemische Gewässerbelastung der Aller insgesamt als mäßig belastet (Güteklasse II). Bei einzelnen Indikatoren liegt sie bei Güteklasse I (unbelastet bis sehr gering belastet), teilweise aber auch sehr stark verschmutzt (Güteklasse III-IV). Starke Verschmutzungen betreffen vor allem die Belastung mit Nitrat. Die stellenweise Belastung mit Ammonium wird auf unzureichende Wirkung einiger Kläranlagen zurückgeführt. Erhöhte Phosphatwerte wurden im ackerbaulich intensiv genutzten Bereich nahe der Quelle festgestellt. Der Salzgehalt liegt heute unter der kritischen Grenze für die Schädigung von Wasserpflanzen. Seit 1990 ist der Salzgehalt erheblich zurückgegangen, was möglicherweise mit geringeren Einleitungen aus früherem DDR-Gebiet infolge der Wende von 1989 zusammenhängt. Die biologische Wassergüte anhand der Untersuchung des Saprobiensystems hat meist den Zustand unbelastet bis sehr gering belastet. Kritisch belastet ist nur der Bereich um Wolfsburg, wofür Faulschlammablagerungen im Fluss verantwortlich sind.
Schattenschutz durch Wälder besteht (außer entlang des Allerkanals) kaum, so dass direkte Sonneneinstrahlung die Ausbreitung von Wasserpflanzen fördert. Auch erwärmt sich das Flusswasser ohne schattenspendende Gehölze im Sommer stark.
Überschwemmungen und historischer Hochwasserschutz
In früheren Zeiten kam es in der Allerniederung häufig zu Frühjahrsüberschwemmungen, die zudem lange anhielten. Das lag hauptsächlich am geringen Flussgefälle ab dem Eintritt in die eiszeitliche Abflussrinne des Breslau-Magdeburg-Bremer Urstromtals. Große Wassermengen hatte der Fluss nach der Schneeschmelze im Leinebergland und im Harz durch Leine und Oker aufzunehmen. Im Oberlauf füllte die Aller im Frühjahr das flache Sumpfbecken des Drömlings, aus dem sich das Wasser nur langsam zurückzog. Zudem floss die Ohre diffus durch den Drömling. Da die Wasserscheide zwischen Weser und Elbe mitten im Drömling liegt, konnte es sogar zu einem Wechsel der Fließrichtung kommen, wobei das Wasser der Aller zur Elbe floss. Den zu Preußen gehörigen Ostteil des Drömlings ließ Preußenkönig Friedrich der Große zwischen 1780 und 1796 entwässern und für Kolonisten urbar machen. Die westlichen Drömlingsanrainer in Form der Herzogtümer Braunschweig und Hannover schlossen sich dem Entwässerungsprojekt nicht an und begannen erst 1860 mit der Entwässerung und Regulierung der Aller. Dabei entstand der 20 km lange Aller-Ohre-Kanal von Grafhorst in den Raum Calvörde, über den Allerwasser zur Ohre abfließen konnte. Ein weiterer Kanal zum Hochwasserschutz war der 1863 fertiggestellte Allerkanal, der die Allerniederung bei Gifhorn vor Hochwasser schützte. Durch den Bau des Mittellandkanals in den 1930er Jahren konnte überschüssiges Wasser der Aller abgeführt werden. Das erfolgt seither bei Grafhorst durch den Aller-Entlaster, einen 3 km langen Kanal. Trotz dieser Maßnahmen kam es auch im 20. Jahrhundert zu Überschwemmungen im Tal der Aller, die zu Einbußen in der Landwirtschaft führten.
Heutiger Hochwasserschutz
In den Jahren 1954-1962 gab es vermehrt Hochwässer an der Aller, die in den Talauen beträchtliche Schäden anrichteten. Das war bedingt durch das ungleichmäßige Abflussverhalten des Flusses mit Überschwemmungsflächen zwischen 300 m und 5.000 m Breite im Tal der Aller. 1961 beschloss der Niedersächsische Landtag eine Hochwasserregulierung durch den Ausbau der Aller. Sie diente dem Schutz der Siedlungen, aber auch der Landwirtschaft. Sie litt unter den Überschwemmungen in den zudem meist strukturschwachen Orten am Flusslauf. Die Allerregulierung fand in den 1960er Jahren statt. In den 1970er Jahren wurde ein 15 ha großes Rückhaltebecken bei Gifhorn gebaut. Dagegen wurde ein geplantes Rückhaltebecken am Allerknie bei Grafhorst noch 1993-96 auf Umweltverträglichkeit[7] geprüft. Das geplante 12,5 km² große Becken Fahle Heide westlich von Gifhorn wurde mangels finanzieller Mittel nicht gebaut. Zum Ausbau der Aller gehörte auf langen Strecken eine Neugestaltung des Ufers. Dazu erwarb der Staat von den Flussanliegern Uferflächen von bis zu 12 m Breite. Die Ufer wurden abgeflacht und mit einer Steinschüttung versehen. Auch fanden zum Uferschutz Anpflanzungen von Weiden, Erlen oder Röhricht statt. Im Bereich der Oberaller wurde der Fluss 15 m breit gestaltet, im Bereich der Mittelaller 30 m breit und auf der Unteraller ab der Leinemündung 50 m breit. An der Unteraller bei Rethem (Aller), Westen und Häuslingen entstanden Hochwasserdeiche.
Hochwasserschutz Region Celle
Bereits in den 1980er Jahren hat die Stadt Celle einen Rahmenentwurf zum Hochwasserschutz der Region Celle aufgestellt[8]. Hier ist eine Kombination vieler Maßnahmen wie Vorlandabgrabungen und der Bau von Flutmulden und Deichen beschrieben. Am 6. Juni 2005 erhielt die Stadt die Genehmigung zum Start des ersten Abschnitts der Hochwasserschutzprojekte. Im Jahre 2006 wurde mit den Arbeiten begonnen[9]. Bei diesem ersten Bauabschnitt zwischen Boye und der Fuhsemündung (Kosten: rund zwei Millionen Euro) handelt es sich ausschließlich um sogenannte Vorlandabgrabungen, die das Abflussprofil der Aller bei Hochwasser vergrößern sollen[10]. Die Flutmulden haben eine Größe von ca. 15 Hektar. 1½ Meter tief wurden ca. 240.000 m³ Boden abgespült. Bereits zwei Jahre später wurde festgestellt, dass sich hierdurch im Fluss Sand ablagert und Untiefen entstehen, so dass erstmals im Mai 2009 die Fahrrinne im Bereich der neuen Hochwasser-Flutmulden freigebaggert werden musste. Jetzt ist vorgesehen, die Flutmulden neu zu gestalten und teilweise wieder rückzubauen, um die Sandablagerungen in Zukunft zu vermindern.
Passierbarkeit für Fische
Beim Ausbau der Aller in den 1960er Jahren nahm das Gefälle durch den verkürzten Lauf zu. Dabei wurden Sohlabstürze eingebaut, die zur besseren Passierbarkeit durch Gewässerorganismen in Sohlgleiten umgewandelt wurden. Mittlerweile kein Hindernis mehr für Fische bildet ein Wehr bei Grafhorst, mit dem im Sommer Wasser zur Erhöhung des Grundwasserspiegels gestaut wird. Es erhielt eine Fischtreppe. Ende 2009 wurde eine neue große Fischwanderhilfe bei Bannetze fertig gestellt[11]. Die Fischwanderung aus der Nordsee wird noch von mehreren Wehren verhindert, zunächst in Celle[12], weiterhin bei Gifhorn und Müden (Aller). Unüberwindbar ist auch der Düker des Mittellandkanals bei Wendschott. Den Elbe-Seitenkanal bei Osloß unterquert die Aller dagegen freifließend. In Celle sind im Juni 2010 Vermessungsarbeiten für den Bau eines Fischaufstiegs in Form eines Schlitzpasses und eines Fischschonrechens für die abstiegswilligen Fische vorgenommen worden. Die Bauarbeiten sollen ab der ersten Hälfte 2011 beginnen. Als Bauzeit sind ca. sechs Monate eingeplant, an Kosten sind 1,6 Millionen Euro veranschlagt worden. Die Genehmigung durch den NLWKN wurde inzwischen erteilt.
Schifffahrt
Geschichte
Schifffahrt wird auf der Aller schon seit Jahrhunderten betrieben. Sie trug zum wirtschaftlichen Aufstieg von Braunschweig bei, da es Herzog Heinrich dem Löwen gelang, die Flussschifffahrt in seine Hände zu bekommen. Der Transportweg für Metalle aus dem Harz von Braunschweig zur Nordsee verlief zunächst über die Oker und dann über die Aller und Weser. Im 14. Jahrhundert war Celle die bedeutendste Kornverladestelle im Gebiet des heutigen Niedersachsen. Um 1500 konnten die Allerschiffe bereits eine Ladung von etwa 60 Tonnen tragen. Vor allem die Unteraller zwischen Celle und Verden hatte in früheren Jahrhunderten große wirtschaftliche Bedeutung für den Schiffsverkehr. Allerdings verursachten Unterhaltung und Ausbau bereits damals erhebliche Kosten. 1907 beschloss der Preußische Staat, die Aller von oberhalb der Leinemündung bei Schwarmstedt bis hinauf nach Celle auf rund 50 km mit Staustufen auszubauen. In den Jahren 1908 bis 1918 wurde der Fluss durch vier Staustufen mit Schleusen reguliert und damit für größere Binnenschiffe befahrbar. Vor allem die Allerschleusen in Bannetze und Oldau dienten dazu, Erdöl von Ölfeldern aus Wietze nach Celle zu transportieren. Ebenso wurde Getreide zum Mahlen nach Celle verschifft. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in großen Mengen Kalisalz auf der Aller verfrachtet, das bei Celle ausgebeutet wurde. Die maximal transportierte Gütermenge wurde 1912 mit 125.000 t erreicht. Heute gibt es keine gewerbliche Schifffahrt mehr.
Heutige Situation
Heute ist die Unteraller von der Mündung in die Weser (bei km 326,40) bis Celle auf 112,1 km[3] schiffbare Bundeswasserstraße[4]. Zuständig für ihre Verwaltung ist das Wasser- und Schifffahrtsamt Verden. Für die Aller von Celle (km 0,25) bis Hülsen (km 94,1) ist der Außenbezirk Oldau zuständig, für den Bereich von Hülsen bis zur Mündung in die Weser bei Verden-Eissel (km 117,16) der Außenbezirk Verden.
Seit Mitte der 1960er Jahre findet oberhalb von Verden auf den letzten Flusskilometern nur noch Fahrgast- und Sportbootschifffahrt statt.
Schiffsgrößen
- Mündung–Verden: Wasserstraßenklasse III (Länge x Breite: 67 m x 9,50 m)
- Verden–Celle: Wasserstraßenklasse II (Länge x Breite: 58 m x 9,50 m)
- Oberhalb Celle: nicht schiffbar
Schleusen
Ort Lage Nutzlänge Nutzbreite Fallhöhe Baujahr Oldau km 14,7 159 m 10 m 3,21 m 1908-10 Bannetze km 26,7 159 m 10 m 2,40 m 1909-12 Marklendorf km 38,3 159 m 10 m 3,22 m 1914 Hademstorf km 49,8 159 m 10 m 1,23 m 1914-18 Flößerei
Flößerei wurde auf der Aller vermutlich bereits ab dem 14. Jahrhundert betrieben. Das dabei transportierte Holz diente als Bauholz und Brennholz. Ein frühes Zentrum der Flößerei und des Holzhandels war die fürstliche Residenzstadt Celle. Zunächst ließ sich der Adel so Brennholz zum Beheizen des Celler Schlosses und anderer fürstlicher Gebäude heranschaffen. Das Holz wurde in herrschaftlichen Wäldern eingeschlagen. Per Floß war der Transport etwa 10-mal effektiver als mittels Pferdefuhrwerk.
Eine größere Flößaktion auf der Aller fand 1680 statt, als eine große Menge Bauholz zur Weser bis an die Wesermündung geflößt wurde. Das Holz stammte aus der südlichen Lüneburger Heide und diente dem Bau von rund 100 Häusern in der schwedischen Festung Carlsburg am heutigen Standort von Bremerhaven.
Holz wurde ab dem 17. Jahrhundert auch auf Nebenflüssen der Aller nach Celle geflößt, wie auf Ise und Örtze. In Celle wurde das Holz an einem Nadelwehr an Land geholt und auf einem Holzplatz gelagert. Flöße gingen auch an Celle vorbei zur Weser nach Bremen. Nach dem Tod von Herzog Georg Wilhelm 1705 ging durch die Verlegung der Hofhaltung nach Hannover die Holzflößerei nach Celle zurück. Danach übernahmen Floßhändler das Geschäft. Auf der Unteraller blühte die Flößerei Ende des 19. Jahrhunderts während der Gründerjahre erneut auf. Es gab eine große Holznachfrage in Bremen, Bremerhaven sowie in den Wesermarschen, wo Holz dem Gebäude- und dem Schiffbau diente. In den Jahren um 1895 gingen jährlich etwa 8.000 Festmeter in Richtung Weser. Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Flößerei auf der Aller zum Erliegen.
Wasserkraft
Beim Ausbau der Aller zwischen Celle und der Leinemündung bei Schwarmstedt von 1908 bis 1918 wurden an zwei der vier neuen Staustufen (Oldau, Marklendorf) Wasserkraftwerke eingerichtet. Sie dienten der Elektrifizierung der Südheide. Das Kraftwerk Oldau mit drei Francis-Turbinen kam 1929 an die PreussenElektra. 1972 wurden die Kraftwerke wegen Unrentabilität stillgelegt. Während die Bauten in Marklendorf abgerissen wurden, wurde das Kraftwerk in Oldau zum Technischen Denkmal erklärt. Nach einer Modernisierung wurde es 1983 reaktiviert, ist aber weitgehend in seinem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben. Die Gesamtnennleistung beträgt 650 kW.[13]
Einzelnachweise
- ↑ a b Wasser- und Schifffahrtsamt Verden (s. auch: http://www.wsa-verden.wsv.de/wasserstrassen/weser/index.html)
- ↑ Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch Weser-Ems-Gebiet 2005
- ↑ a b c Längen (in km) der Hauptschifffahrtswege (Hauptstrecken und bestimmte Nebenstrecken) der Binnenwasserstraßen des Bundes, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- ↑ a b c Verzeichnis E, Lfd.Nr. 1 der Chronik, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- ↑ Dieter Steffen: Schwermetallfrachten der Aller und deren Auswirkung auf die Weser-Bilanzierung auf der Basis von Schwebstoffuntersuchungen des Jahres 1999
- ↑ Gewässergütebericht Aller / Quelle 2004 des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
- ↑ Allernknie
- ↑ Rahmenentwurf zum Hochwasserschutz der Region Celle
- ↑ NLWKN: Start der Hochwasserschutzprojekte in Celle
- ↑ Übersichtskarte der Vorlandabgrabungen in der Region Celle
- ↑ Fischwanderhilfe bei Bannetze
- ↑ Aller-Wehr in Celle
- ↑ Wasserkraftwerk Oldau
Literatur
- Jürgen Delfs: Die Flößerei auf Ise, Aller und Örtze, Gifhorn 1995, ISBN 3-929632-24-1
- Wilhelm Kersting: Die ausgleichenden Maßnahmen des Umweltschutzes bei der Hochwasserregulierung der Aller, 1979, Celle
- M. Eckoldt (Hrsg.), Flüsse und Kanäle, Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen, DSV-Verlag 1998
Weblinks
Commons: Aller – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Aller – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenKategorien:- Flusssystem Aller
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