Homosexualität in Deutschland

Homosexualität in Deutschland

In den Jahren 1999 bis 2005 entwickelte sich Deutschland unter dem Einfluss der rot-grünen Bundesregierung zu einer relativ aufgeschlossenen europäischen Nation, was das Thema Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen betrifft. Zuvor war Homosexualität in Deutschland lange Zeit, besonders während der Zeit des Nationalsozialismus und in den ersten beiden Jahrzehnten nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland, von diskriminierender Gesetzgebung und Verfolgung betroffen. Heute ist Homosexualität jedoch weitgehend akzeptiert, besonders in größeren Städten. Es existieren in Deutschland keine Gesetze mehr, welche homosexuellen Geschlechtsverkehr bestrafen. Seit dem 1. August 2001 ist es für gleichgeschlechtliche Paare möglich, eine Lebenspartnerschaft einzugehen, die in vielen Rechtsbereichen anerkannt wird, nicht jedoch z. B. im Einkommensteuerrecht. Die Ehe steht in Deutschland nur heterosexuellen Paaren offen: Gleichgeschlechtliche Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, werden nicht als Ehen anerkannt. Allerdings ist eine Anerkennung als Eingetragene Lebenspartnerschaft möglich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Verfolgung homosexueller Männer reicht auf deutschsprachigem Raum bis zu den Anfängen des Christentums. Laut vereinzelt dokumentierter Fälle von „Sodomie“, „widernatürlicher Wollust“, „Knabenschänderei“ oder „Unzucht wider der Natur“ wurden immer wieder Männer verfolgt oder hingerichtet, die gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen verdächtigt oder überführt wurden.[1]

Deutsches Kaiserreich

Eduard Oberg

Während des Deutschen Reiches war Homosexualität wegen der damals herrschenden Moralvorstellungen gesellschaftlich und politisch geächtet.

1869 erwähnte erstmals Karl Heinrich Ulrichs von der Polizei geführte „Urningslisten“, in denen „fortlaufende Personalnotizen über mehr als 2.000 in Berlin wohnende Urninge“ aufgezeichnet seien.

Am 15. Mai 1871 wurde der § 175 eingeführt und damit sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts wieder im ganzen Kaiserreich unter Strafe gestellt.

Am 15. Mai 1897 wurde von Magnus Hirschfeld, Max Spohr, Eduard Oberg und Franz Joseph von Bülow das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee gegründet. Es gilt als erste Organisation der Geschichte, welche sich der Liberalisierung von Homosexualität bemühte. Das Ziel des Komitees lag vor allem in der Beseitigung des § 175. Dabei arbeitete es eng mit dem 1919 ebenfalls von Hirschfeld eröffneten Institut für Sexualwissenschaft zusammen und übernahm zahlreiche dort entwickelte wissenschaftliche Theorien. Diese beschrieben Homosexuelle als ein biologisches drittes Geschlecht zwischen Mann und Frau. Homosexualität sollte nicht länger strafrechtlich verfolgt werden, da es sich um eine angeborene Eigenschaft handele.[2]

1898 wies August Bebel, Vorsitzender der SPD und Unterzeichner der ersten Petition des Wissenschaftlich-humanitären Komitees darauf hin, dass die Berliner Polizei Listen mit Namen von Homosexuellen führe, die später als Rosa Listen bezeichnet wurden.

In den Jahren 1907 bis 1909 kam es zu einer Reihe von Gerichtsverfahren wegen homosexuellen Verhaltens, wobei prominente Mitglieder des Kabinettes von Kaiser Wilhelm II. betroffen waren. Die sogenannte Harden-Eulenburg-Affäre drehte sich zunächst lediglich um einen Streit zwischen Philipp zu Eulenburg und dem Journalisten Maximilian Harden, der sich jedoch ausdehnte und heute als der größte Skandal des zweiten deutschen Kaiserreichs gilt.[3]

Weimarer Republik

Am 26. Oktober 1921 wurde der Rechtsphilosoph und Rechtswissenschaftler Gustav Radbruch (SPD) Reichsjustizminister. Er war Unterzeichner der Petition zur Streichung des § 175 und war erfolglos bemüht „einfache Homosexualität“ straffrei zu halten. Stattdessen wurde der Paragraph von der am 15. Januar 1925 gewählten konservativen Regierung verschärft, aber im Juni 1927 vom vierten Kabinett Marx’ wieder etwas entschärft. Mit knapper Mehrheit empfahl der Strafrechts-Ausschuss des Reichstages am 16. Oktober 1929 die Straffreiheit der „einfachen Homosexualität“ unter Erwachsenen. Wegen der Krisen der Weimarer Republik und der Stimmenzugewinne der Nationalsozialisten konnte dieser Beschluss jedoch nicht umgesetzt werden.[1]

Zeit des Nationalsozialismus

Hauptartikel: Homosexuelle während der Zeit des Nationalsozialismus

Da Schwule und Lesben nicht zur Fortpflanzung der „Herrenrasse“ beitrugen, standen sie der Ideologie der Nationalsozialisten entgegen.

Rosa Winkel

Homosexuelle Männer wurden – zumeist nach Verbüßung einer Strafhaft aufgrund der 1935 verschärften §§ 175 und 175a RStGB in Konzentrationslager verschleppt und wurden nach Einführung der Winkel-Kennzeichnung mit dem Rosa Winkel markiert. Frühe Konzentrationslager benutzten andere Kennzeichnungen (z. B. Lichtenburg: „Wir hatten ein großes „A“ am Bein“, so Kurt von Ruffin).

Lesbische Frauen wurden nicht wegen ihres Lesbischseins verfolgt, aber es wurden jüdische oder politisch missliebige (z. B. im kommunistischen Widerstand aktive) Lesben aus diesen Gründen ebenfalls verschleppt. Eine besondere Kennzeichnung von Lesben ist daher weder mit dem zeitweilig kolportierten „rosa Winkel“ mit Zusatzkennung „LL“ noch unter dem Vorwand einer Verfolgung als „Asoziale“ mit schwarzem Winkel nachweisbar. Der einzige Hinweis auf einen schwarzen Grundwinkel bei einer Lesbe in Ravensbrück (Mary Pünjer) betrifft eine Frau jüdischer Herkunft.[4]

Ernst Röhm, homosexueller Führer der Sturmabteilung, wurde zunächst von Adolf Hitler geschützt. Hitler empfand ihn jedoch später als Bedrohung und ließ ihn während der Nacht der langen Messer töten. Schwule wurden von Hitler als „Volksfeinde“ denunziert. Er betrachtete Homosexualität als ein „entartetes“ Verhalten, das die Leistungsfähigkeit des Staates und den männlichen Charakter des deutschen Volkes bedrohe. Der Paragraph 175 wurde 1935 unter anderem durch Anhebung der Höchststrafe von sechs Monaten auf fünf Jahre Gefängnis stark verschärft. Darüber hinaus wurde der Tatbestand von beischlafähnlichen auf sämtliche „unzüchtigen“ Handlungen ausgeweitet. Der neu eingefügte § 175a bestimmte für „erschwerte Fälle“ zwischen einem und zehn Jahren Zuchthaus.

Am 10. Juni 1936 wurde die Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung gegründet. Ihre Einrichtung war der Auftakt für die nach den Olympischen Spielen 1936 wieder verstärkt einsetzende Homosexuellenverfolgung. Die Aufgabe der Reichszentrale bestand vorrangig in der Sammlung von Daten über Homosexuelle. Die Rosa Liste enthielt schließlich Dateien von etwa 100.000 als homosexuell bestrafter oder verdächtiger Männer.[5]

Homosexuelle Männer wurden in Zuchthäusern und Gefängnissen, aber auch in den Konzentrationslagern durch Folter und Misshandlung zu „freiwilligen“ Anträgen auf Kastration genötigt und kastriert.

Im Konzentrationslager Buchenwald wurden 1944 von dem dänischen SS-Arzt Carl Værnet Menschenversuche zur „Heilung“ durchgeführt. Dieser implantierte den Opfern künstliche Hormondrüsen in der Leistengegend, die durch die permanente Abgabe männlicher Hormone zu Heterosexualität führen sollten.[6]

Deutsche Demokratische Republik

Der seit der Reichsgründung geltende und von den Nazis erheblich verschärfte § 175 StGB („Unzucht zwischen Männern“) wurde 1957 in der DDR auf sexuelle Handlungen mit Jugendlichen unter 21 Jahren beschränkt. Dieses so genannte Schutzalter wurde 1968 auf 18 Jahre herabgesetzt.

1989 strich die Volkskammer der DDR ihre gegen Homosexualität gerichtete Sondergesetzgebung (§ 151) ersatzlos, das Schutzalter lag somit wie bei Heterosexuellen bei 14 Jahren. Dieses Schutzalter war in den neuen Bundesländern bis zum 9. März 1994 rechtswirksam, zeitgleich existierte in den alten Bundesländern ein Schutzalter von 18 Jahren nach § 175.[7]

Bundesrepublik Deutschland

Seit Bestehen der Bundesrepublik waren homosexuelle Handlungen strafbar und wurden verfolgt. Die rechtliche Grundlage dazu war § 175 des Strafgesetzbuches. Am 10. Mai 1957 entschied das Bundesverfassungsgericht: Gleichgeschlechtliche Betätigung verstößt eindeutig gegen das Sittengesetz. Deshalb könnten sich Homosexuelle nicht auf das durch das Grundgesetz garantierte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit berufen. Zudem sei § 175 des Strafgesetzbuches nicht in dem Maße nationalsozialistisch geprägtes Recht, dass ihm in einem freiheitlich demokratischen Staat die Geltung versagt werden müsse. Die Anwendung des § 175 in der Bundesrepublik erfolgte exzessiv. Es wurden über 50.000 Männer verurteilt und 100.000 Ermittlungsverfahren eingeleitet.[8]

1969 wurde gleichgeschlechtlicher sexueller Verkehr bei einem Schutzalter von 21 Jahren legalisiert. 1973 wurde das Schutzalter auf 18 Jahre reduziert[9]. Auch nach der Entkriminalisierung wurde jedoch die polizeiliche Sammlung der Daten von Homosexuellen in Rosa Listen fortgesetzt. Das Handbuch der Kriminalistik sah noch 1978 die Führung von Homosexuellenkarteien als notwendige Maßnahme zur Wahrnehmung der polizeilichen Sicherungsaufgaben an.

Der Deutsche Bundestag vereinheitlichte 1994 durch Aufhebung des § 175 das Schutzalter für Homo- und Heterosexuelle auf 14 bzw. 16 Jahre im Zuge der Rechtsangleichung nach der deutschen Wiedervereinigung. Dadurch sank mit Wirkung zum 10. März 1994 das Schutzalter für Homosexuelle in Westdeutschland, während es in Ostdeutschland für Homo- und Heterosexuelle in Teilbereichen stieg.[10]

Seit Ende der 1990er Jahre bestimmt in Deutschland die staatliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren die rechtliche und gesellschaftliche Diskussion (siehe hierzu Lebenspartnerschaftsgesetz).

Politik

Antidiskriminierungsgesetz

Als Vertragspartei des Amsterdamer Vertrags wurde Deutschland verpflichtet, seine Gesetzgebung bezüglich Diskriminierung in Bereichen wie der sexuellen Identität in Beschäftigung und Beruf zu revidieren. Dies wurde in der EU-Richtlinie 2000/78 von Dezember 2000 festgelegt, die bis Dezember 2003 umgesetzt werden musste. Aufgrund von Uneinigkeit in der damaligen Regierungskoalition sowie Lobbyarbeit seitens der Wirtschaftsverbände und der Kirchen wurde ein Gesetzentwurf erst zum Jahreswechsel 2004/2005 vorgelegt und im Frühjahr 2005 vom Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat rief dazu den Vermittlungsausschuss an, der aufgrund der vorgezogenen Wahlen 2005 den Entwurf nicht behandelte. Erst am 18. August 2006 erfüllte Deutschland diese EU-Vorgabe, mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das gegenüber dem rot-grünen Entwurf geringfügige Änderungen aufwies. Das Gesetz geht über die EU-Vorgaben hinaus, da es Diskriminierung nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch in Zivilrecht verbietet.[11] Andererseits existieren Zweifel, ob das Gesetz in anderen Bereichen die EU-Vorgaben überhaupt erfüllt, z. B. dadurch, dass der Kündigungsschutz nicht durch das AGG, sondern durch das Kündigungsschutzgesetz geregelt wird.[12]

Einige Bundesländer haben schon länger eine Antidiskriminierungsgesetzgebung, z. T. sogar in ihren Landesverfassungen festgeschrieben: so Berlin (seit 1995), Brandenburg (seit 1992) und Thüringen (seit 1993). In Sachsen-Anhalt wurde Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im öffentlichen Dienst bereits 1997 verboten.[13]

Bundeswehr

Homosexuelle sind nicht von der Bundeswehr ausgeschlossen, weder als Wehrpflichtige noch als Berufssoldaten. Sie stoßen jedoch noch immer auf Zurückhaltung und müssen mancherorts ihre inzwischen verbrieften Rechte gegen Widerstand einfordern. Insgesamt hat – nicht zuletzt durch den zunehmenden Anteil von Soldatinnen – die Bundeswehr ihr Bewusstsein für Sexualität weiterentwickeln müssen.

Bis 2000 war es Homosexuellen nicht möglich, einen Offiziersrang zu erlangen. Bei Bekanntwerden ihrer homosexuellen Orientierung konnten Wehrdienstleistende zwangsversetzt werden.

1984 erregte die Kießling-Affäre Aufsehen in der Bundesrepublik. Der General der Bundeswehr Günter Kießling wurde 1983 der Homosexualität bezichtigt, woraufhin er vorzeitig pensioniert wurde. Da sich die Behauptungen jedoch nicht belegen ließen, wurde er kurzfristig wieder rehabilitiert und mit dem „Großen Zapfenstreich“ in den ehrenhaften Ruhestand versetzt. Zum Jubiläum der Bundeswehr 1985 war Kießling als einziger Vier-Sterne-General nicht eingeladen.[14]

Als bekanntester Fall gilt der des Oberleutnant Winfried Stecher, welcher als Bundeswehroffizier aufgrund seiner Homosexualität auf einen Dienstposten versetzt wurde, auf welchem er nicht mehr mit der Führung und Ausbildung von unterstellten Soldaten betraut war und daraufhin vor dem Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde einlegte. Der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping unterstützte die Versetzung und rechtfertigte dies mit den Worten[15]:

„Homosexualität begründet erhebliche Zweifel an der Eignung und schließt eine Verwendung in solchen Funktionen aus, die an Führung, Erziehung und Ausbildung von Soldaten gebunden ist […]“

Dabei berief er sich auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgericht vom 18. November 1997 – 1 WB 48/97, in dem es lautete:

„Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass homosexuelle Soldaten nicht als Ausbilder in der Truppe verwendet werden.“[16][17]

Scharping zog seine diskriminierende Politik aufgrund des Drucks der Koalition und zahlreicher Klagen jedoch kurz darauf zurück, woraufhin es seit August 2000 bei der Bundeswehr nicht mehr möglich ist, Dienstleistende aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu benachteiligen.

Diese neue, liberalere Lage fand ihren ersten Ausdruck Ende 2000 in der Änderung der "Führungshilfe für Vorgesetzte", Bd.2.,A,III,7. Schon hier wird verlangt, dass militärische Vorgesetzte im Blick auf sexuelle Minderheiten („Toleranz gegenüber anderen nicht strafbewehrten sexuellen Orientierungen“[18], also einschließlich transsexueller Soldaten/innen) aktiv „jeder Diskriminierung energisch entgegentreten“ [19] müssen.

Auch mit dem im Rechtsrang höher stehenden „Sexualerlass“ zur Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 14/3 Anlage B 173 ist eine Diskriminierung verboten worden. Mit der letzten Änderung im Juli 2004 ist nach jahrzehntelanger Ächtung homosexueller Vorgesetzter, die unter Billigung höchstrichterlicher Rechtsprechung mit Versetzungen und sogar Entlassungen rechnen mussten, ein liberalerer Umgang mit der Sexualität gewählt worden. Künftig sind grundsätzlich alle Beziehungsformen in den Privatbereich verwiesen.[20] Homosexuelle Beziehungen können außer Dienst auch innerhalb militärischer Anlagen gepflegt werden, auch spielt der Dienstgrad der Beziehungspartner keine Rolle mehr.[21]

Seit dem Regierungswechsel zur Koalition von Union und SPD im Jahr 2005 hat das unionsgeführte Verteidigungsministerium erneut Schlagzeilen gemacht mit einer Politik der Diskriminierung, als es die Übernachtung von Soldaten auf Dienstreisen in Hotels, die in der Nähe von Schwulenkneipen liegen, missbilligte.[22]

Ein weiterer Fortschritt wurde durch das Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz im Jahr 2006 erreicht, in dem „Benachteiligungen aus Gründen … der sexuellen Identität“[23] verboten sind, aber zusätzlich von diesem Maßstab der Nichtdiskriminierung auch der berufliche Erfolg abhängt, nämlich bei „Begründung, Ausgestaltung und Beendigung eines Dienstverhältnisses und … beruflichen Aufstieg“.[24] Die Einfügung der „sexuellen Identität“ in dieses Gesetz wurde in der Großen Koalition kontrovers diskutiert: CDU/CSU lehnte es zunächst ab, gab dann aber im Rahmen eines Kompromisspaketes dem Wunsch der SPD nach.

Soldatinnen und Soldaten in eingetragener Lebenspartnerschaft haben auch eine eigene Personenstandsbezeichnung („ELP“) und sind berechtigt, Trennungsgeld zu erhalten. Im Oktober 2010 verabschiedet die deutsche Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der die Gleichstellung von verpartnerten Soldaten in Besoldung und in Versorgung vorsieht.[25][26] Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde am 2. Dezember 2010 im Bundestag verabschiedet. Familienzuschlag, Beihilfe und Hinterbliebenenversorgung werden rückwirkend zum 1. Januar 2009 gewährt.[27]

Die Besonderheiten des Lebens in einer Gemeinschaftsunterkunft – verbunden mit einer Einschränkung der Privatsphäre – aber vor allem in Auslandseinsätzen empfinden manche Angehörigen der Bundeswehr jedoch auch weiterhin als Herausforderung. Dies betrifft insbesondere solche Angehörigen, deren engerer Freundeskreis ausschließlich aus Heterosexuellen und ungeouteten Homosexuellen (bzw. vermeintlichen Heterosexuellen) besteht.

Mittlerweile setzt sich für die Belange homosexueller Menschen in der Bundeswehr auch der Arbeitskreis homosexueller Angehöriger der Bundeswehr ein.[28]

Parteien und Politiker

Klaus Wowereit auf dem Berliner Christopher Street Day 2001

Gefördert wird die Gleichberechtigung Homosexueller von der SPD, der FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei.

Die CDU und CSU behaupten zwar, homosexuelle Paarbeziehungen als Verbindungen anzuerkennen, in denen Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind, stehen aber der Gleichstellung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Ehe aufgrund konservativer Familienpolitik entgegen.

Diese Gegenwehr der CDU/CSU hat gegenwärtig insbesondere eine Schlechterstellung von Lebenspartnerschaften im Einkommensteuerrecht (Ehegattensplitting, Steuerklassenwahlrecht) und im Adoptionsrecht zur Folge. Jedoch steht mittlerweile im aktuellen Koaltitionsvertrag der schwarz/gelben Regierung, dass das Steuerrecht zu Gunsten homosexueller Partner verändert werden soll. Die Forderung danach existiert schon seit einiger Zeit in der CDU (LSU).

Die Schwusos sind der 1978 gegründete Arbeitskreis von sozialdemokratisch orientierten Schwulen und Lesben, die sich in der SPD organisiert haben. Entsprechend existiert bei CDU und CSU die Organisation Lesben und Schwule in der Union. Bei den Grünen werden Lesben- und Schwulenpolitik in Landes- und Bundesarbeitsgemeinschaften koordiniert, ähnlich wie bei anderen Politikbereichen wie Verkehrs- oder Innen- und Rechtspolitik, als offizielle Parteiorgane.

Bei Kommunalwahl 1996 erreichte die Rosa Liste München 1,8 % der Stimmen und einen Sitz im Münchener Stadtrat. Damit war sie europaweit die erste schwul-lesbische Wählergruppe, die in ein Kommunalparlament einzog.[29] Dort bilden sie zusammen mit den Vertretern der Grünen eine gemeinsame Fraktion.

Zu den bekanntesten offen schwul lebenden Politikern gehören Klaus Wowereit (SPD), der Regierende Bürgermeister von Berlin, der vor allem durch sein öffentliches Coming-out vor den Wahlen mit den Worten „Ich bin schwul und das ist auch gut so“ Schlagzeilen machte, Volker Beck, Mitglied des Deutschen Bundestags aus Köln, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion und Mitglied im Parteirat von Bündnis 90/Die Grünen, und Guido Westerwelle, Außenminister der Bundesrepublik Deutschland. Der erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Ole von Beust (CDU) leugnete 2003 seine Homosexualität nach einem angeblichen Erpressungsversuch des damaligen zweiten Bürgermeisters Ronald Schill nicht.

Grundsätzlich ist die sexuelle Orientierung von Politikern mittlerweile nur noch von geringem öffentlichen Interesse, da Homosexualität überwiegend akzeptiert wird. Sensationsschlagzeilen und ungewollte Outings stellen teilweise eine größere Rufschädigung für Journalisten und Presse dar als für die betroffenen Persönlichkeiten.

Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus

Homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus waren lange Zeit weitgehend aus dem öffentlichen Gedenken und der Entschädigung von NS-Unrecht ausgegrenzt. Ein Umdenken in der Erinnerungspolitik setzte erst 1985 mit der Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag der Befreiung[30] ein, in der erstmals auch die bislang verschwiegenen Verfolgtengruppen in das Gedenken einbezogen wurden. Jedoch erst 2002, unter Rot-Grün, konnte die gesetzliche Rehabilitierung der Opfer des Homosexuellen-Paragraphen 175 aus der NS-Zeit durchgesetzt werden. Kurz zuvor waren die Homosexuellen aus den Regelungen des NS-Unrechtsaufhebungsgesetzes von Union und FDP ausgeschlossen worden. Die Initiative „Der homosexuellen NS-Opfer gedenken“ und der Lesben- und Schwulenverband setzten sich daher gemeinsam für ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen ein.[31] Dessen Umsetzung wurde am 12. Dezember 2003 vom Deutschen Bundestag beschlossen und sorgte bald für einige Kontroversen, da Lesben nicht bei der Umsetzung berücksichtigt wurden.[32] Am 27. Mai 2008 erfolgte die Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin. Das Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus in Köln erinnert seit 1995 an prominenter Stelle im Stadtbild von Köln, am Rheinufer an der Hohenzollernbrücke, hauptsächlich an die damalige Homosexuellenverfolgung. Bereits seit 1994 gibt es in Frankfurt am Main den Frankfurter Engel als diesem Thema gewidmetes Mahnmal. Bis dahin gab es im deutschsprachigen Raum ausschließlich Gedenktafeln.

Kirche

Während Homosexualität in den meisten politischen und gesellschaftlichen Kreisen akzeptiert wird, grenzen verschiedene christliche Glaubensgemeinschaften bekennende Homosexuelle aus. Begründet wird das mit der Aussage der Bibel, die in konservativer Auslegung homosexuelle Aktivität verbietet. Siehe Homosexualität im Alten Testament und Homosexualität im Neuen Testament.

Die meisten römisch-katholischen Bistümer in Deutschland richten sich bezüglich Homosexualität bei Priesteranwärtern nach der Instruktion von 2005 des Vatikans.[33] Danach sind Kandidaten nicht für das Priesteramt zuzulassen, „die Homosexualität praktizieren, tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen“. Kein Grund zum Ausschluss sind vorübergehende homosexuelle Tendenzen. Die deutsche Bischofskonferenz befürwortete diese Instruktion ausdrücklich und erklärte, dass sie der bisherigen Praxis entspräche.[34]

Im Gegensatz dazu haben homosexuelle Geistliche in der altkatholischen Kirche, in der Metropolitan Community Church und in der Evangelischen Kirche in Deutschland[35][36] keine Sanktionen zu befürchten. Homosexualität ist kein Amtshindernis. Daher steht ihnen eine standesamtlich eingetragene Lebenspartnerschaft offen.[37]

Lesben- und Schwulenbewegung

Im Rahmen der Lesben- und Schwulenbewegung entwickelten sich in Deutschland zahlreiche Verbände mit dem Ziel die Gleichbehandlung sexueller Minderheiten weiter voranzutreiben. Speziell für die Schwulenbewegung in Köln fungiert das Centrum Schwule Geschichte als Archiv und Forschungsstätte.

Ziele

Auch heute engagieren sich noch zahlreiche Organisationen und Politiker für den weiteren Ausbau der Rechte Homosexueller. Noch immer werden ungleiche Behandlungen gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber heterosexuellen Eheleuten kritisiert, die im Steuerrecht, Adoptionsrecht und Beamtenrecht bestehen. Hier weigert sich der Bundesrat seit 2000 Abhilfe zu leisten. Auch die Regierungskoalition vertagt Verbesserungsvorschläge der Opposition, ohne eigene Entwürfe vorzulegen. Ebenfalls befürworten Verbände eine Verbesserung der Antidiskriminierungsmaßnahmen, z. B. ein Verbandsklagerecht statt nur eines Verbandsbeistandsrechts im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und weitere Verbesserungen im Diskriminierungsschutz, wie sie in anderen europäischen und nordamerikanischen Ländern bestehen. So existieren auch zahlreiche berufsständische Versorgungswerke, die als nichtstaatliche Organe des öffentlichen Rechts unterschiedliche Regelungen für Hinterbliebenenrenten vorsehen, wenn (wie es bei gleichgeschlechtlichen Paaren immer der Fall ist) keine Ehe vorliegt, etc. Ebenfalls ein Problem für die Gleichbehandlung ist die vorherrschende Stellung von Kirchen und kirchlichen Trägern in vielen sozialen Berufen als Arbeitgeberinnen, da diese Beschäftigungsverhältnisse über großzügige Ausnahmen im Arbeitsrecht für offen lebende lesbische und schwule Arbeitnehmer nicht geschützt sind. (Die Problematik ist hier schärfer bei der römisch-katholischen Kirche anzutreffen.)

Vereine und Organisationen

Die Homosexuelle Aktion Westberlin (HAW) war mit ihrer Gründung am 15. August 1971 die erste Organisation der neueren deutschen Schwulenbewegung. Sie engagiertes sich besonders für die ersatzlose Streichung des § 175 StGB. Anlass der Gründung war die Aufführung des Filmes Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt von Rosa von Praunheim. Durch den als Tuntenstreit bezeichneten Konflikt im Jahr 1973, bei dem der Auftritt französischer und italienischer Teilnehmer in Frauenkleidung auf der Abschlussdiskussion des Pfingsttreffens kontrovers diskutiert wurde, spaltete sich die Organisation in einen integrationistischen Flügel aus orthodoxen Marxisten und die radikale Fraktion der Feministen. 1974 folgte der HAW die ebenfalls in West-Berlin gegründete Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft. Sie wurde als Gegenpol zur eher links-politisch und sozialistisch orientierten HAW gegründet und ist heute der am längsten bestehende Verein der neuen Schwulenbewegung.

Die Homosexuelle Selbsthilfe wurde 1980 gegründet und ist ein nicht gemeinnütziger Verein, der nach den ersten zehn Jahren der politischen Schwulenbewegung in der Nachkriegszeit entstand.

Seit 1982 besteht der Lesbenring, um Lesben bundesweit zu vertreten und politische Forderungen besser durchsetzen zu können, sowie zur besseren Vernetzung von Lesben, auch außerhalb der Großstädte. Er unterstützt zudem das Lesben-Frühlings-Treffen, welches seit 1974 jährlich stattfindet und das größte und bekannteste Treffen von Lesben in Deutschland darstellt.

Von dem 1979 in San Francisco gegründeten Internationalen Orden der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz (International Order of The Sisters of Perpetual Indulgence), einer Organisation zur Unterstützung der AIDS-Prävention und der Förderung von HIV- und AIDS-Projekten, entstanden in den 1990er Jahren die Ordenshäuser in Deutschland (Erzmutterhaus Heidelberg 1991, von dort begründet: Berlin 1993, Hamburg 1996 und Köln 1997).

Zwischen 1986 und 1997 bestand der Bundesverband Homosexualität als Versuch einer Dachorganisation für Homosexuelle in Westdeutschland.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland ist mit fast 3.000 Einzelmitgliedern und 70 Mitgliedsorganisationen die größte Bürgerrechts- und Selbsthilfeorganisation von Lesben und Schwulen in Deutschland. Er ist mittlerweile in fast allen Bundesländern vertreten. Außerdem ist der Verband als Nichtregierungsorganisation mit offiziellem Beraterstatus bei den Vereinten Nationen anerkannt. Der Verband wurde am 18. Februar 1990 von ostdeutschen schwulen Bürgerrechtlern wie Eduard Stapel in Leipzig als „Schwulenverband in der DDR“ (SVD) gegründet. Während dieser Zeit entstand auch Das Jugendnetzwerk Lambda, welches zunächst nur in Berlin und Brandenburg aktiv war und sich heute als bundesweiter Jugendverband für lesbische, schwule, bisexuelle und transgender-Jugendliche versteht.

Spezifische Interessenvertretungen

HUK auf dem CSD 2006 in Berlin

Da offen gelebte Homosexualität auch in Deutschland noch immer in verschiedensten Umfeldern Probleme bereiten kann, existieren heute viele Interessenvertretungen, besonders in unterschiedlichen beruflichen Sparten.

Auswahl bedeutender Vereine und Organisationen

Volker Beck

Bekannte Aktivisten

Wissenschaft

Rolf Gindorf ist neben Magnus Hirschfeld, Martin Dannecker und Hans Giese einer der bedeutendsten deutschen Sexualwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Homosexualität. Im Jahr 2004 erhielt er die Magnus-Hirschfeld-Medaille für besondere Verdienste um die Sexualreform. Bekannt wurde er auch durch die von einem Heiratswunsch motivierte Klage, die er mit seinem Lebenspartner Wolfgang Gindorf vor dem Bundesverfassungsgericht einreichte und damit maßgeblich zur Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes beitrug.

Soziologie

Rüdiger Lautmann war der erste Professor einer deutschen Hochschule, der sich mit der Untersuchung der Diskriminierung Homosexueller in Geschichte und Gegenwart befasste. Er schob damals die Entpathologisierung der Homosexualität in der Wissenschaft entscheidend an, da bis dato Homosexualität auch in der deutschen Soziologie ausschließlich pathologisiert worden war.

Politik

Bevor der Begriff Homosexualität existierte, prägte der Ostfriese Karl Heinrich Ulrichs die Bezeichnung Uranismus. Er ging von einer natürlichen, nicht krankhaften Veranlagung aus und forderte daher die Straflosigkeit homosexueller Handlungen. Als Vorkämpfer der Homosexuellen-Bewegung trug er dies 1867 erstmals öffentlich vor.

Politisch besonders engagiert in der Lesben- und Schwulenbewegung sind heute Volker Beck und Günter Dworek, die zu den Vorreitern der Lesben- und Schwulenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen zählen. Die Arbeit von Konstanze Gerhard konzentriert sich besonders auf die Situation von Lesben in der Arbeitswelt. Mehrere Auszeichnungen erhielt der Opernregisseur und Hochschullehrer Andreas Meyer-Hanno für seine Verdienste um die Schwulenemanzipation, darunter auch das Bundesverdienstkreuz. Hans-Peter Hoogen wurde 2005 von dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch als erster Schwulenaktivist mit dem Hessischen Verdienstorden am Bande ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erhielt auch Ernst-Detlef Mücke das Verdienstkreuz für seine Verdienste um die Gleichberechtigung und Achtung Homosexueller in Schule und Gesellschaft.

Kunst

Zu den bekanntesten in der Lesben- und Schwulenbewegung aktiven Künstlern der Unterhaltungsbranche zählen Maren Kroymann, Hella von Sinnen, Georg Uecker, Dirk Bach und Hape Kerkeling.

Medien

Um 1900 war Max Spohr der erste und seinerzeit einzige deutsche Buchhändler und Verleger, welcher im nennenswerten Umfang offene Publikationen rund um das Thema Homosexualität veröffentlichte. Der Filmregisseur Rosa von Praunheim gilt als wichtiger Vertreter des postmodernen deutschen Films. Er war vor allem mit seinem Dokumentarfilm Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt von 1970 Wegbereiter und einer der Mitbegründer der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland.

Gesellschaftliche Situation

Einer Meinungsumfrage der Angus Reid Global Monitor im Dezember 2006 zufolge befürworteten 52 % der Deutschen eine europaweite gleichgeschlechtliche Ehe. Das Land befindet sich dadurch in der Europäischen Union an siebter Stelle und liegt über dem Durchschnitt von 44 %.[38] Jedoch kommt es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen auf Homosexuelle. Speziell hierfür wurde in Berlin das Schwule Überfalltelefon eingerichtet, welches von Maneo, einem Zusatzprojekt des Informations- und Beratungsladens Mann-O-Meter, betreut wird. Maneo leistet neben der Hilfe und Beratung für Opfer antischwuler Gewalt unter anderem auch Anti-Gewalt-Trainings in Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei.[39] Nach einer Meinungsumfrage von Emnid im September 2007 können sich 79 Prozent einen homosexuellen Bundeskanzler vorstellen.[40]

Szene und Kultur

Lesbisch-schwules Stadtfest Berlin, 2006

In den Großstädten, besonders in Berlin und Köln, existiert eine umfangreiche Lesben- und Schwulenszene. Vor allem der Berliner Ortsteil Schöneberg ist für seine hohe Konzentration an Schwulen und einer entsprechenden Infrastruktur rund um die Motzstraße bekannt und gilt als größtes schwul-lesbische Quartier Berlins.[41] Dort findet mit ca. 350.000 Besuchern auch das jährliche Lesbisch-schwule Stadtfest Berlin um den Nollendorfplatz statt. In den 1970er Jahren konzentrierte sich die Szene mehr um die im gleichen Kiez liegende Kulmer Straße. Ebenfalls reich an Infrastruktur sind die Berliner Ortsteile Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Friedrichshain. In der alternativen Homoszene ist neben dem Bauwagenplatz Schwarzer Kanal das seit 1981 bestehende Tuntenhaus in Berlin sehr bekannt, das ursprünglich aus einer Hausbesetzerszene hervorging.

In Köln sind schwerpunktmäßig die Viertel rund um den Rudolfplatz sowie um den Heu- bzw. Alter Markt zu nennen. Die schwul-lesbische Gemeinde Kölns feiert in diesen beiden Zentren in der Woche vor dem Christopher Street Day (CSD) und im August zwei separate Straßenfeste. Der Cologne Pride ist nach dem Karneval inzwischen die größte Veranstaltung in Köln. Im Jahr 2005 wurde Köln als Ausrichterin für die weltweite Lesben- und Schwulen Olympiade, die Gay Games 2010, ausgewählt.

Im Internet gilt GayRomeo mit rund 1,2 Millionen (Stand: Januar 2011) weltweit registrierten Profilen (davon rund 362.000 in Deutschland, 26.000 in Österreich und 35.000 in der Schweiz) als das größte deutschsprachige, schwule Kontaktportal. Im September 2006 ist der Betrieb des Portals auf die Amsterdamer Firma PlanetRomeo B.V. übergegangen, um strafrechtliche Probleme aufgrund der im Vergleich zu anderen europäischen Ländern strengeren Jugendschutzbestimmungen in Deutschland zu vermeiden.[42] Eine weitere Chatplattform ist der Gaychat.

Aufgrund der offen gelebten Homosexualität von Peter Plate und politischer Aktivitäten der Band genießen Rosenstolz sowie die Entertainer Hella von Sinnen und Dirk Bach hohe Popularität in der Szene. Marianne Rosenberg ist seit den 1980er Jahren in der Schwulenbewegung populär und engagiert sich seit vielen Jahren für den Kampf gegen AIDS.

Zu den größten schwul-lesbischen Sportvereinen in Europa gehören der Vorspiel SSL in Berlin, der Sport Club Janus e.V. in Köln und der Frankfurter Volleyball Verein mit Sitz in Frankfurt am Main. Er wurde 1985 gegründet und umfasst mittlerweile 15 verschiedene Sportarten. Besonderheiten des Vereins sind zum Beispiel die Sportabteilung mit speziellen Angeboten für HIV-Positive und das Synchronschwimmen für Männer. Der Chor Die Schrillmänner aus Karlsruhe befasst sich neben dem Gesang auch intensiv mit politischen Anliegen.

Auch im volkstümlichen Bereich existieren mehrere homosexuelle Vereine. Traditionelles bayerisches Schuhplatteln wird von der Münchener Gruppe Schwuhplattler ausgeübt. Der erste schwule Karnevalsverein nennt sich Rosa Funken und wurde 1995 in Köln gegründet.

Einen Einblick in die Geschichte der Lesben- und Schwulenbewegung gibt das Schwule Museum in Berlin.

Medien

Filme

Für Filme mit schwul-lesbisch-transgender Hintergrund wird seit 1987 jährlich der Teddy Award am Vorabend der Verleihung des Goldenen Bären im Rahmen der Berlinale in Berlin vergeben.

Zu den erfolgreichsten deutschen Film- und Fernsehproduktionen mit Homosexualität als zentralem Thema zählen die Serien Berlin Bohème, Montagsgeschichten, Montagskinder, Von Mann zu Mann, sowie die Spielfilme Sommersturm und Der bewegte Mann. Letzterer basiert auf dem Comic des Karikaturisten Ralf König, der schwule Themen einem breiten Mainstream auch über die Grenzen von Deutschland und Mitteleuropa hinaus bekannt gemacht hat.

In Rosa von Praunheims Produktion Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt wird das damalige Leben vieler Schwuler Anfang der 1970er in der Subkultur mit daraus zu ziehenden Konsequenzen behandelt. Der umstrittene Film wurde zum Auslöser für die Entstehung der modernen Schwulenbewegung im deutschsprachigen Raum.

In der DDR wurde das Thema Homosexualität erstmals in dem Spielfilm Coming Out aufgegriffen.

In dem Film Taxi zum Klo schildert der Regisseur Frank Ripploh einen Teil seines eigenen Lebens als schwuler Lehrer. Der mit einem Minimalbudget gedrehte Film von 1980, ist in der Szene mittlerweile zum Kultfilm avanciert.

Bekannt wurden auch Filme mit regionalem Bezug wie der 1993 erschienene Off-Mainstream-Film Prinz in Hölleland der sich vor allem durch die authentische Darstellung der alternativen schwulen Subkultur von Berlin-Kreuzberg zu Anfang der 1990er Jahre auszeichnet, oder die Dokumentation Ich kenn keinen – Allein unter Heteros aus dem Jahr 2003 in dem Schwule aus ländlichen Regionen, überwiegend aus Baden-Württemberg, begleitet und deren soziales Umfeld dargestellt werden.

Hörfunk

Nach eigenen Angaben ist der seit 2003 existierende private Hörfunksender Blu.FM aus Berlin die erste schwul-lesbische Radiostation in Deutschland. Als erste lesbisch-schwule Hörfunksendung galt Eldoradio, welche ab 1985 ebenfalls aus Berlin sendete.

Fernsehen

Seit dem 1. November 2008 steht mit TIMM ein flächendeckender deutschsprachiger Fernsehsender zur Verfügung, der sein Programm auf homosexuelle Männer ausgerichtet hat.

Printmedien

Der Eigene nannte sich die weltweit erste Zeitschrift mit homosexuellen Themen. Sie wurde von 1896 bis 1932 von dem Berliner Adolf Brand herausgegeben. Mit dem 1. StrRG und der ersten Reform des § 175 (25. Juni 1969) wurde das Erscheinen von homosexuellen Zeitschriften in der Bundesrepublik Deutschland möglich: DU&ICH ab Oktober 1969 bis heute, ursprünglich geprägt von Alexander Ziegler sowie him ab April 1970 bis 1981, geprägt von Hans Eppendorfer, und DON ab Mai 1970 bis 1995, ursprünglich geprägt von Jens M. A. Reimer. Gegenwärtig existieren auch mehrere Gratis-Magazine, u.a. Box, Rik, GAB, der Hinnerk, die Nürnberger Schwulenpost, blu oder Siegessäule. Die L-Mag ist gegenwärtig im deutschsprachigen Raum das einzige Kaufmagazin speziell für Lesben.

Der 1995 gegründete Querverlag bezeichnet sich selbst als „Deutschlands erster lesbisch-schwuler Buchverlag“. Zudem gehört der seit 1981 bestehende Bruno Gmünder Verlag zu den führenden Verlagen homosexueller Medien.

Christopher Street Day

CSD in Stuttgart, 2002

Die ersten deutschen Christopher Street Days fanden 1979 in Berlin (mit 400 teils vermummten Teilnehmern) und Bremen statt.[43] Größere Lesben- und Schwulendemonstrationen gibt es in Deutschland allerdings schon seit 1972 (die erste in der Bundesrepublik Deutschland am 29. April 1972 in Münster[44]). Mittlerweile wird in nahezu jeder größeren Stadt ein CSD veranstaltet. Mit ca. einer Million Teilnehmern war der Umzug in Köln zum Europride 2002 europaweit der größte. Jedes Jahr kommen in Köln zur Abschlussparade des Cologne Pride 600.000 bis 700.000 Zuschauer und Teilnehmer zusammen.[45] Begleitet werden die Paraden häufig von Prominenten und Politikern wie dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der ehemaligen Bundesministerin Renate Künast, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit, der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch oder der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth. Ranghöchster Teilnehmer war im Jahr 2005 der damalige Bundesaußenminister und Vizekanzler Joschka Fischer.[46] In einigen Städten wird zudem die Schirmherrschaft von lokalen Politikern übernommen.

Aufgrund der zunehmenden Kommerzialisierung hat sich in Berlin-Kreuzberg mittlerweile der jährliche Transgeniale CSD als politischere Alternative etabliert.[47]

Siehe auch

Quellen

  1. a b Homosexuellenverfolgung in Deutschland
  2. Wissenschaft gegen Homophobie
  3. Biographie: Philipp Fürst zu Eulenburg und Hertefeld, 1847–1921
  4. Claudia Schoppmann „Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualität“, in zwei Auflagen 1991 und 1997 veröffentlicht
  5. Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit und ihre Schicksale im Nachkriegsdeutschland Kulturring in Berlin e. V.
  6. KZ-Versuche an Schwulen
  7. Daten-Pool zum Diskurs Männlicher Homosexualität in der DDR
  8. Wie das Bundesverfassungsgericht vor 50 Jahren Homosexuelle diskriminierte
  9. Projektarbeit über Homosexualität
  10. 11.6.1994: Paragraf 175 außer Kraft
  11. Wie es zur EU-Antidiskriminierungsrichtlinie (2000/78/EG) kam
  12. Anfrage der Grünen im Europäischen Parlament
  13. Situation homosexueller Bürger im Land Mecklenburg-Vorpommern (pdf)
  14. (K)ein homosexueller Vier-Sterne-General? wdr.de
  15. Helden wie wir zeit.de
  16. Winfried Stecher in einem offenen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder
  17. Auszug aus dem Protokoll der 95. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 23. März 2000
  18. Kapitel 2 (f) "Toleranz"
  19. Kapitel 3c "Durchsetzen", 2. Absatz
  20. „Die Intimsphäre von Soldatinnen und Soldaten ist als Teil ihres Persönlichkeitsrechts einer Einflussnahme durch den Dienstherren grundsätzlich entzogen.“ (Kapitel I)
  21. „Daher sind außerdienstlich sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle Partnerschaften und Betätigungen unter Soldatinnen und Soldaten disziplinarrechtlich regelmäßig ohne Belang.“ (Kapitel III, 1., 1. Absatz)
  22. Verteidigungsministerium schützt Soldaten vor Begegnung mit Homosexuellen
  23. SoldGG §1 (1)
  24. SoldGG §2 (1) 1.
  25. Noows:Homosexuelle Beamte und Soldaten sollen gleichgestellt werden
  26. Süddeutsche:Gleiches Geld für homosexuelle Paare
  27. Bundestag:Ehebezogene Regelungen sollen auf Lebenspartnerschaften übertragen werden
  28. AHSAB e.V.
  29. Thomas Niederbühl, Stadtrat der Landeshauptstadt München
  30. Weizsäcker Rede zum 8.Mai 1985
  31. Ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
  32. Plenarprotokoll 15/83 Deutscher Bundestag
  33. Kongregation für das katholische Bildungswesen: Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung für das Priesteramt und zu den heiligen Weihen
  34. Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zur Berichterstattung über die Instruktion der Kongregation für das Katholische Bildungswesen „Über Kriterien zur Berufsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung für das Priesterseminar und zu den Heiligen Weihen“.
  35. EKD:Theologische, staatskirchenrechtliche und dienstrechtliche Aspekte zum kirchlichen Umgang mit den rechtlichen Folgen der Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz
  36. http://www.ekd.de/EKD-Texte/lebensgemeinschaft_2000.html
  37. Spiegel:Homosexualität kein Amtshindernis
  38. Europäische Kommission: Eurobarometer, Abschnitt 2.4 Einstellungen zur Homosexualität, Dezember 2006.
  39. Maneo – Das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin
  40. Zeit:Umfrage: Für 79 Prozent Homosexualität kein Hindernis für Kanzlerwahl
  41. Regenbogenfonds
  42. Eigenangabe von GayRomeo
  43. Vermummt, zerstritten, erfolgreich – die Geschichte des Christopher Street Day
  44. KCM, Schwulenzentrum Münster e.V.
  45. CSD: Die Geheimnisse des schwulen Köln
  46. Fischer beim CSD Köln (pdf)
  47. Transgenialer CSD Kreuzberg

Weblinks

 Commons: Homosexualität in Deutschland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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