Kultur der Schweiz

Kultur der Schweiz

Die Kulturen der Schweiz lassen sich kulturwissenschaftlich – mit Ausnahme der rätoromanischen Kultur – den überstaatlichen deutschen, französischen und italienischen Kultur- und Sprachräumen zuordnen. Es gibt aber auch eine Vielzahl von kulturellen Eigenheiten, die allein für die Schweiz typisch sind oder von ausserhalb betrachtet als typisch schweizerisch angesehen werden. Dazu gehören zum Beispiel die Schweizer Calvinistische Arbeitsethik, welche nicht nur die Präzision der Schweizer Uhren und Maschinen beförderte, sondern auch hohe Ansprüche an Käse oder Schokolade stellt.

Viele Künstler, Wissenschaftler, Ingenieure und Architekten, Hoteliers und Zuckerbäcker sowie Angehörige anderer Berufszweige, die in ihrer Not aus der Schweiz ausgewandert sind (zum Beispiel während der Hungersnot in den Jahren 1816/17) wurden bekannt und berühmt.

Andererseits hat die politische Neutralität der Schweiz auch Künstler und insbesondere Schriftsteller aus anderen Ländern angezogen, so zum Beispiel Georg Büchner, Hermann Hesse, Thomas Mann und Ignazio Silone oder den Maler Ernst Ludwig Kirchner nach Davos.

Schweizer Banknoten:
Berühmte Schweizer des 20. Jahrhunderts
CHF10 8 front.jpg CHF10 8 back.jpg Le Corbusier CHF20 8 front.jpg CHF20 8 back.jpg Arthur Honegger
CHF50 8 front vertical.jpgCHF50 8 back vertical.jpg Sophie Taeuber-Arp CHF100 8 front.jpg CHF100 8 back.jpg Alberto Giacometti
CHF200 8 front.jpg CHF200 8 back.jpg Charles Ferdinand Ramuz CHF1000 8 front.jpg CHF1000 8 back.jpg Jacob Burckhardt

Inhaltsverzeichnis


Medien

Hauptartikel: Medien in der Schweiz

Die Zeitungen in der Schweiz sind meist regional und erscheinen in der jeweiligen Landessprache, aber es gibt auch Zeitungen mit überregionaler Verbreitung, so der Tages-Anzeiger aus Zürich und Le Temps aus Genf. Dazu kommen Wochenzeitungen wie die Weltwoche oder die linke Die Wochenzeitung (WoZ) und die Kunstzeitschrift Du. Die einzige Schweizer Tageszeitung mit internationalem Renommée ist die liberal-konservative Neue Zürcher Zeitung.

Wie in allen industrialisierten Ländern spielt auch in der Schweiz das Fernsehen ihre Rolle in der zeitgenössischen Kultur. Das nationale Fernsehen umfasst sechs Kanäle, je zwei für die drei grössten Sprachregionen. Dort sind auch Känale aus dem jeweils gleichsprachigen Nachbarland beliebt. Die Regierung subventioniert Sendungen auf Rätoromanisch. Amerikanische Filme und Fernsehserien sind in den Sprachgebieten der Schweiz in verschiedenem Masse einflussreich. In Kinos der Deutschschweiz besteht ein grosser Teil des Programms aus amerikanischen Produktionen.

Brauchtum und Volksfeste

Schweizer Alphornbläser

Regionale Bräuche werden von Vereinen in der gesamten Schweiz aufrechterhalten. Bräuche umfassen vor allem Musik, Tanz, Theater, Dichtung, Schnitzerei und Stickarbeiten. Eine grosse Anzahl von lokalen Bräuchen und Riten steht in Zusammenhang mit den Jahreszeiten.

Das Jodeln, das oft als typisch für die Schweiz angesehen wird, war ursprünglich eine Art, Signale über grössere Distanzen zu überbrücken.[1] Das Alphorn, eine Naturtrompete aus Holz, ist mindestens seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Das Schwyzerörgeli ist eine Abart der Handorgel (Harmonika) und wird in der Schweizer Volksmusik bzw. der Ländlermusik, welche sich regional durch sehr verschiedene Instrumentationen auszeichnet, eingesetzt. Erwähnt sei hier beispielsweise das typische Appenzeller Hackbrett. Die Melodien der Volkslieder variieren zwischen den einzelnen Regionen. Beliebte Themen sind Liebe, das Heimatland, Bauernarbeit und Jagd. Viele gesungene Lieder verklären die bäuerische Schweiz und entstanden erst in der Zeit der Industrialisierung.

Zwischen Brauchtum und Sport angesiedelt sind Hornussen, Schwingen, Fahnenschwingen und Schiessen, die an zahlreichen Volksfesten gepflegt werden.

Schnitzereien werden meist zur Verzierung von Alltagsobjekten verwendet. Beispiele sind verzierte Melkstühle, Glockenbänder, Holzlöffel oder Gehstöcke. Es werden auch häufig Figuren geschnitzt, speziell Krippenfiguren. In einigen Regionen werden die Fassaden der Häuser mit Schnitzereien verziert. Dies ist besonders im protestantischen Berner Oberland der Fall. In katholischen Gebieten ist sind solche Verzierungen viel seltener anzutreffen. Der Beruf des Schnitzers kann heute noch an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz gelernt werden.

First Lady Michelle Obama in St. Galler Guipure-Spitze während der Amtseinführung ihres Mannes als 44. Präsident der USA am 20. Januar 2009

Eine lange Tradition hat in der Schweiz die Stickerei, die zum Beispiel in der Verzierung von Trachten, die sich je nach Region unterscheiden, Verwendung findet. In der Vergangenheit war Stickerei ein bedeutender Zweig der Heimindustrie und heute produzieren nur noch ein paar wenige Firmen die weltberühmten St. Galler Stickereien, welche beispielsweise in der Haute Couture beliebt sind und welche St.Gallen zu ihrer Blütezeit zu einer der reichsten Städte der Schweiz gemacht hatten. Daneben ist die Schweiz seit dem 19. Jahrhundert berühmt für ihre Spitzen, die ebenfalls in den Sonntagstrachten der Frauen (Hauben, Handschuhe) und bereits in der viktorianischen Modewelt Verwendung fanden.

Gesamtschweizerische Volksfeste sind selten. So wurde 1999 die nur alle 25 Jahre stattfindende Fête des Vignerons in Vevey gefeiert, das letzte Unspunnenfest fand 2006 in Interlaken statt. Es gibt Eidgenössische Trachten- Schiess-, Gesangs- und andere Feste, die in regelmässigen Abständen, in der Regel immer an einem anderen Ort, gefeiert werden. Ca. alle 25 Jahre findet eine Landesausstellung statt, so 1914 in Bern, 1939 in Zürich, 1964 in Lausanne und die Expo02 im Jahr 2002 im Gebiet der Juraseen.

Jede Region hat ihre eigenen Volksfeste. Die grössten jährlich wiederkehrenden Feste sind die Luzerner und die Basler Fasnacht, der Berner Zibelemärit, die Fête des Vendanges in Neuenburg und das Sächsilüüte in Zürich sowie diverse Schützenfeste.

Eine Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz wird seit 2011 vom Bundesamt für Kultur im Rahmen des UNESCO-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes geführt.

Küche

Hauptartikel: Schweizer Küche

Eine eigentliche Schweizer Küche gibt es nicht, dafür gibt es zahlreiche regionale Gerichte, die zum Teil in der ganzen Schweiz beliebt sind.

Uhrmacherkunst

Die Schweiz ist bekannt für wertvolle Uhren von hoher Qualität.

Architektur

Die Schweiz weist ein reiches architektonisches Erbe auf. Die ländliche Architektur, die einen für jede Region typischen Bauernhausstil hervorgebracht hat, kann man auf kleinem Raum im Freilichtmuseum Ballenberg, ein 1978 eröffnetes Ausstellungsgelände zwischen Brienz und Meiringen im Berner Oberland, kennen lernen.

Der Stil der Romanik des 12. Jahrhundert zeigt sich in den Kathedralen von Basel, Sion, Chur, Genf und Lausanne. Man findet ihn auch in vielen oft gut erhaltenen Schlössern und Burgen.

Die Kathedralen von Bern, Schaffhausen, Zug und Zürich sind im Stil der Gotik, jene von Einsiedeln und St. Gallen im Barock erbaut.

In der Zeit der Renaissance gab es viele Architekten, vor allem aus dem Kanton Tessin, die unter anderem in Italien und Russland berühmte Gebäude schufen.

Die Gefängnisse beim Dogenpalast und die Rialto-Brücke, beide in Venedig, wurden von Antonio da Ponte gebaut, Antonio Contino schuf die Seufzerbrücke, Domenico Fontana war an den Umbauten des Lateranpalastes in Rom beteiligt und an der Fassade des Palazzo Reale in Neapel.

In Rom war sein Neffe Carlo Maderno der leitender Architekt an St. Peter und entwarf die Fassade des Petersdoms. Die Kirche San Carlo alle Quattro Fontane, die Galerie des Palazzo Spada und das Filippini-Kloster wurden von Francesco Borromini geplant, während Carlo Fontana für die Fassade von San Marcello al Corso und dem Montecitorio-Palast verantwortlich war.

Baldassare Longhena gestaltete die Kirche Santa Maria della Salute und die Scuola Grande dei Carmini in Venedig.

Maison Blanche in La Chaux-de-Fonds, Architekt: Le Corbusier

Später wirkte G.B. Gilardi am Wiederaufbau einiger Gebäude im Moskauer Kreml mit, und sein Sohn, Domenico Gilardi, wurde beauftragt, die Staatsuniversität in Moskau wieder aufzubauen. Domenico Trezzini hat einige Paläste in Sankt Petersburg im Auftrag Peters I. geplant.

Der berühmteste Schweizer Architekt ist Le Corbusier (Charles-Edouard Jeanneret), der oft als der bedeutendste Architekt des 20. Jahrhunderts überhaupt angesehen wird.

Neben den über die Schweizer Landesgrenzen hinaus bekannten Schweizer Architekturbüros Atelier 5 (Bern), Mario Botta (Lugano), Diener & Diener (Basel) hat die Schweizer Architektur mit Herzog & de Meuron (Basel) und Peter Zumthor (Haldenstein bei Chur) zwei Pritzker-Preis-Träger.

Siehe auch: Kategorie:Schweizer Architekt

Malerei und Bildhauerei

Ferdinand Hodler: Genfersee

Im 16. Jahrhundert haben die Reformation und die Renaissance die bildende Kunst der Schweiz stark beeinflusst. Der berühmte Maler des 16. Jahrhunderts, Hans Holbein d.J. war Basler und in Bern wirkte während der Reformation Niklaus Manuel.

Angelika Kauffmann war im 18. Jahrhundert eine bekannte Malerin des Klassizismus aus Chur, der Dichter Salomon Gessner war unter anderem auch Maler, Jean-Étienne Liotard aus Genf war ein bekannter Pastell- und Emailmaler und Johann Heinrich Füssli wurde im späteren 18. Jahrhundert vor allem in England berühmt.

Arnold Böcklin aus Basel gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts. Albert Anker und Ferdinand Hodler waren zwei gegensätzliche Schweizer Maler des 19.  und frühen 20. Jahrhunderts.

Im 20. Jahrhundert wurden unter anderen Alberto Giacometti und Max Bill international bekannt und Meret Oppenheim über Nacht berühmt, und auch Jean Tinguely mit seinen komplexen sich bewegenden Skulpturen aus Altmetall ist über die Schweiz hinaus bekannt.

Jean Tinguely: Heureka

Paul Klee wird manchmal, obwohl er zu Lebzeiten nie Schweizer Bürger wurde, als der bedeutendste Maler der Schweiz gefeiert.

International bekannte zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler sind unter anderen Peter Fischli / David Weiss, Sylvie Fleury, Franz Gertsch, H. R. Giger, Bernhard Luginbühl, Markus Raetz und Pipilotti Rist.

In der Schweiz gibt es einige sowohl staatliche wie private bekannte Museen und Kollektionen, die sich nicht nur in den grösseren Städten sondern auch in kleineren Städten und Ortschaften befinden.

Auch die kreative Fotografie und Druckkunst florieren in der Schweiz, wie zahlreiche Kalendern, Magazine und Aussenwerbungen zeigen.

Siehe auch: Kategorie:Schweizer Maler, Kategorie:Schweizer Bildhauer und Kategorie:Kunstmuseum in der Schweiz

Film

Hauptartikel: Schweizer Filmgeschichte

Das Filmschaffen begann in der Schweiz relativ spät. Die für das Entstehen einer Schweizer Filmszene ab den 1930er-Jahren bedeutendste Figur war der in Galizien geborene Lazar Wechsler mit seiner sehr erfolgreichen Praesens Film, mit der er zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Ab den 1950er Jahren kam die Gloria Film als Konkurrentin dazu.

Die seit 1937 im Dienst des nationalen Zusammenhalts stehende offizielle Kulturpolitik der Schweiz, die mit Geistiger Landesverteidigung umschrieben wurde, brachte dem Schweizer Film zwischen 1938 und 1943 eine Blütezeit, da grosse Kulturförderungen auch dem Film zugute kamen.

Der Heimatfilm Heidi von 1952 war ein weltweiter Erfolg, die Fortsetzung Heidi und Peter von 1955, dem ersten Schweizer Farbfilm, war ein noch grösserem Erfolg. Die als „Heile Welt“ dargestellte prächtige Bergkulisse mit blühenden Alpweiden war international sehr gefragt.

Heute existiert in der Schweiz keine eigentliche Filmindustrie aber eine staatliche Filmförderung (Sektion Film des Bundesamtes für Kultur). Die Filmschaffenden sind in der Regel nicht nur auf staatliche, sondern auch auf private Unterstützung angewiesen. Nur wenige Schweizer Filme werden weltweit bekannt, und in den Schweizer Kinos werden grösstenteils amerikanische Produktionen gezeigt.

Unter veränderten Bedingungen entstand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der sog. Junge Schweizer Film. Nicht dazu gezählt wird der berühmteste Schweizer Filmregisseur, der französisch-schweizerische Begründer der Nouvelle Vague, Jean-Luc Godard, der seine bekannten Filme jedoch nicht in der Schweiz, sondern in Frankreich gedreht hat. Seit den 1960er Jahren verhalfen vor allem die Regisseure aus der französischsprachigen Schweiz Claude Goretta, Michel Soutter und Alain Tanner dem Schweizer Film zu Bekanntheit. Weitere Regisseure sind unter anderen Rolf Lyssy, Fredi M. Murer, Daniel Schmid, und Yves Yersin, denen das Leben in der Schweiz als Basis für ihre Filme diente.

Die Piazza Grande in Locarno während des Internationalen Filmfestivals

Einer der erfolgreichsten Filme ist der Film Die Schweizermacher von Rolf Lyssy der auf humorvolle Art die Schwierigkeiten beim Erlangen des Schweizer Bürgerrechts zeigt. Der Film Höhenfeuer von Fredy M. Murer, der ein internationaler Erfolg wurde, spielt in den Schweizer Bergen und behandelt auf sehr subtile Art das Thema Inzest in abgelegenen Bergregionen. Ebenfalls in ländlicher Umgebung spielt der Film Les petites fugues von Yves Yersin der von der Schweizer SonntagsZeitung im Jahr 2001 zum besten Schweizer Film aller Zeiten erklärt wurde. Im Zentrum des Films steht ein Knecht, der sich ein Mofa kauft und damit kleinere Reisen in die Umgebung und zu sich selbst unternimmt.

Einen Oscar gewann 1991 die Reise der Hoffnung von Xavier Koller. Dieser Film handelt von einer kurdischen Familie, die auf der Suche nach einem besseren Leben in die Schweiz flieht. Erfolgreich war 2005 der Film Mein Name ist Eugen, der eine Geschichte von vier Lausbuben erzählt, die 1964 wilde Abenteuer erleben. Der Film beruht auf dem gleichnamigen Buch von Klaus Schädelin.

Der heute erfolgreichste Schweizer im internationalen Filmgeschäft ist vermutlich der Produzent Arthur Cohn aus Basel, der mit von ihm produzierten Filmen mehrere Oscars und zahlreiche andere Preise gewonnen hat; seit einigen Jahren in Hollywood erfolgreich ist auch der deutsch-schweizerische Regisseur Marc Forster.

Der Schweizer Filmpreis wird jeweils an den Solothurner Filmtagen Ende Januar verliehen. Alljährlich im August findet zudem das Internationale Filmfestival von Locarno statt, eines der bedeutendsten internationalen Filmfestivals weltweit. Das jüngste Festival ist das Zurich Film Festival, welches 2005 zum ersten Mal stattfand.

Literatur

Johanna Spyri: Heidis Lehr und Wanderjahre, Erstausgabe

Die Literatur der Schweiz ist nach den vier Landessprachen in deutsche, französische, italienische und rätoromanische Literatur unterteilt. In der deutschsprachigen Schweiz gibt es neben der sog. Hochdeutschen noch eine Mundartliteratur.

Die bekannteste literarische Darstellung der alten Eidgenossenschaft stammt nicht von einem Schweizer, sondern von Friedrich Schiller, der das Schauspiel Wilhelm Tell 1803–1804 schrieb und das am 17. März 1804 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wurde.

Das weltweit bekannteste Buch aus der Schweiz ist Heidi von Johanna Spyri, das eigentlich aus den beiden Büchern Heidis Lehr- und Wanderjahre und Heidi kann brauchen, was es gelernt hat aus den Jahren 1880 und 1881 besteht. Es gehört zu den bekanntesten Kinderbüchern überhaupt und zu den am meisten übersetzten Büchern der Welt. Johanna Spyri schuf darin ein noch heute weit verbreitetes romantisches und idealtypisches Bild der Schweiz, ohne allerdings die Lebensbedingungen während der frühen Industrialisierung zu beschönigen.

Theater

Alle grösseren Städte der Schweiz haben ein städtisches Theater. Das bekannteste ist das Zürcher Schauspielhaus, das nicht zuletzt dank der Emigration zahlreicher Künstler aus Deutschland während der Nazidiktatur zu einer der bedeutenden deutschsprachigen Bühnen wurde. Neben den grossen Theatern gibt es in den meisten Städten auch kleinere Theater.

Tellspielhaus Altdorf UR

Das Volksschauspiel, in der deutschsprachigen Schweiz praktisch immer im Dialekt, ist beliebt und kommt auch in entlegenere Orte. Beliebte Volksschauspieler wie Walter Roderer, Walo Lüönd, Zarli Carigiet oder Schaggi Streuli verdanken ihre Popularität oft weniger dem Film und Fernsehen als ihrer Mitwirkung in Volksschauspieltourneen.

In der Schweiz existiert eine lange Tradition im Laientheater, jeder hundertste Schweizer ist Mitglied in einem der 600 Theatervereine. Der Zentralverband Schweizer Volkstheater (ZSV) bildet die Dachorganisation der regional tätigen Theatergruppen und -vereine. Neben örtlichen Theatergruppen, die die Kultur in ländlichen Gebieten beleben, gibt es im Sommer zahlreiche überregionale Freilichtaufführungen, beispielsweise die Tellspiele in Interlaken oder Altdorf und zahlreiche weitere, die oft auf semiprofessionellem Niveau sind.

Dialektstücke für das Laientheater werden in den letzten Jahrzehnten oft auch von namhaften Autoren wie Hansjörg Schneider oder Thomas Hürlimann verfasst.

Das Schweizer Laientheater erlebt gegenwärtig eine Blütezeit: allein die fünf grössten Freilichttheater im Kanton Bern können im Juli und August auf mehr Besucher zählen als das Berner Stadttheater im ganzen Jahr, und manche Vorstellungen sind schon vor der Premiere fast ausverkauft.

Musical

Die Schweizer Musicalszene hat eine längere Tradition. Neben Aufführungen von internationalen Musicals gibt es sehr erfolgreiche Schweizer Musicals, vom Schwarzen Hecht (1939) und der Kleinen Niederdorfoper (1951) bis zu den Erfolgen der letzten Jahre Space Dream (1994) und Ewigi Liebi (2004) und den Uraufführungen von Heidi - Das Musical (2005 und 2007), Dällebach Kari (2010) und Gotthelf - Das Musical (2011). Abgesehen vom Schwarzen Hecht sind alle Schweizer Musicalerfolge in Schweizerdeutsch.


Musik

Schwyzerörgeliquartett Mosibuebä aus Ingenbohl. Im Hintergrund Schwyz und die Mythen

In der traditionellen Schweizer Kultur hat die Schweizer Volksmusik, die zur Alpenländischen Volksmusik gehört, eine hohen Stellenwert. Spezifisch schweizerische Instrumente sind das Alphorn und das Schwyzerörgeli, aber auch Geige, Bassgeige und Klarinette sind häufig. Die verschiedene Stilrichtungen der Volksmusik werden in der Regel zusammenfassend als Ländlermusik (im Volksmund auch Hudigäggeler) bezeichnet. Anders als im übrigen deutschsprachigen Raum bezeichnet Ländler hier nicht nur 3/4-taktige Ländlermelodien, sondern eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus der Volksmusik des 19. Jahrhunderts hervorgegangene Tanz- und Unterhaltungsmusik.

Instrumentale Schweizer Volksmusik wird in zahlreichen lokalen Gruppen mit wechselnder Zusammensetzung gepflegt, die meisten Spieler haben Amateur-Status, einige sind auch schweizweit bekannt, beispielsweise die Streichmusik Alder, Carlo Brunner oder die Swiss Ländler Gamblers. Die Musik ist überwiegend Tanzmusik wie Ländler oder Schottisch, wird jedoch oft auch ohne Tanzgelegenheit gespielt. Auch Blasmusik-Formationen sind sehr verbreitet, und das Eidgenössische Musikfest gilt als grösstes Blasmusikfestival der Welt. Beim traditionellen Gesang gibt es unzählige lokale Jodlergruppen, der Dachverband Eidgenössischer Jodlerverband hat 25'000 Mitglieder und ans letzte Eidgenössische Jodlerfest (2008) in Luzern kamen 360'000 Besucher.

Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich der Dialekt neben Englisch in der modernen Unterhaltungsmusik der deutschsprachigen Schweiz durchgesetzt. Frühe Vertreter waren die Berner Troubadours und Mani Matter, später dann Stephan Eicher und Polo Hofer. Bekannte Pop- und Rockmusiker und Bands sind: Patent Ochsner, Züri West, Florian Ast, Rumpelstilz, Yello, Krokus, DJ Bobo, Che & Ray, Gotthard, John Brack, The Young Gods, Les Reines Prochaines, Plüsch, Sina, Nubya oder die Lovebugs.

Die Schweiz hat im 20. Jahrhundert auch eine Anzahl von bekannten Komponisten ernster Musik hervorgebracht. Arthur Honegger, Othmar Schoeck und Frank Martin haben es zu internationalem Ruhm gebracht.

Die grösseren und mittleren Städte haben ein oder mehrere Orchester von zum Teil hoher Qualität. Die grösseren Städte haben auch ein Opernensemble; die bedeutendste Oper der Schweiz ist diejenige von Zürich, die zu den bedeutenden Opernhäusern der Welt gehört.

In Luzern findet jährlich eines der renommiertesten internationalen Musikfestivals, das Lucerne Festival, statt. Auch in anderen Orten gibt es ähnliche, wenn auch kleinere, Veranstaltungen.

Im Bereich der Pop- und Rockmusik gibt es jährlich zahlreiche Openair-Festivals, eines der älteren ist dasjenige auf dem Gurten bei Bern.

Das seit 1967 am Genfersee stattfindende Montreux Jazz Festival ist das international wohl bekannteste Jazzfestival überhaupt.

Siehe auch: Kategorie:Schweizer Musiker

Wissenschaft

Viele Kantone der Schweiz haben eine Universität, so Basel, Bern, Freiburg, Neuenburg, Genf, St. Gallen und Waadt (Lausanne). Daneben gibt es eine Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne (EPFL) und Zürich (ETH, früher Poly). Die älteste Universität der Schweiz ist diejenige in Basel, die 1460 gegründet wurde.

An Schweizer Universitäten waren Frauen und Angehörige von Minderheiten zum Teil früher zugelassen als an Universitäten in anderen europäischen Ländern, was den Schweizer Universitäten eine hohe Anzahl ausländischer Studentinnen und Studenten, aber auch Dozenten brachte. So zum Beispiel: Albert Einstein, Ricarda Huch, Rosa Luxemburg und viele andere.

Der 1493 in der Nähe von Einsiedeln geborene Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim) hatte in Basel studiert und war Stadtarzt von Basel mit Berechtigung, an der medizinischen Fakultät zu lehren. 1527/28 hielt er in Basel medizinische Vorlesungen – entgegen damaliger Gepflogenheiten ausschliesslich in deutscher Sprache, denn „die Wahrheit müsse nur deutsch gelehrt werden“. Dieser Umstand und die während seiner Lehrzeit vorgebrachte heftige Kritik an der Ärzte- und Apothekerschaft resultierten in Schmähschriften gegen ihn bis hin zu offen vorgebrachten Drohungen gegen Leib und Leben. Im Februar 1528 floh Paracelsus ins Elsass.

Der Humanist Erasmus von Rotterdam lebte von 1524 bis 1529 und 1535 bis zu seinem Tod 1536 in Basel. Teile seines Nachlasses sind im Historischen Museum Basel ausgestellt. Welch hohes Ansehen der Humanist bereits zu Lebzeiten genoss, zeigt die Tatsache, dass er als katholischer Priester in der Zeit heftigster konfessioneller Auseinandersetzungen im protestantischen Basler Münster beigesetzt wurde.

Die aus den Niederlanden stammende Familie Bernoulli liess sich um 1620 in Basel nieder und erwarb dort das Bürgerrecht. Als Mathematiker und Physiker berühmt geworden sind vor allem Jakob Bernoulli (Bernoulli-Zahl), Johann Bernoulli und Daniel Bernoulli. In den darauf folgenden Jahrhunderten gingen noch viele Naturwissenschaftler und in der Neuzeit auch einige Künstler aus der Familie hervor. Auch der Architekt Hans Bernoulli ist mit den alten Mathematikern verwandt.

Auf den 1707 in Basel geborenen Mathematiker Leonhard Euler geht ein grosser Teil der heutigen mathematischen Symbolik zurück (z. B. e, π, i, Summenzeichen ∑, f(x) als Darstellung für eine Funktion). Auch die eulersche Zahl e = 2,718281828459..., die in der Infinitesimalrechnung (Differential- und Integralrechnung) eine wichtige Rolle spielt, ist nach ihm benannt.

Der Berner Albrecht von Haller war nicht nur Naturwissenschaftler und Mediziner, sondern auch Dichter. Er gehörte zu den bekanntesten Gelehrten des 18. Jahrhunderts und galt als Universalgelehrter. Seine Publikationen zur Anatomie sind von grosser medizingeschichtlicher Bedeutung, sein achtbändiges Standardwerk Elementa physiologiae corporis humani (1757-66), wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein neu aufgelegt. Mit seinen Tierexperimenten zur Bestimmung von Sensibilität und Irritabilität einzelner Körperteile, begründete er die modernen experimentelle Physiologie und löste eine europaweite Kontroverse aus.

Mit seiner viel gelesenen Dichtung Die Alpen hat Haller das erste positive Bild von der bis dahin als Furcht erregend empfundenen schweizerischen Gebirgslandschaft gezeichnet und damit – wenn auch ungewollt – eine wesentliche Voraussetzung für den Bergtourismus der heutigen Zeit geschaffen.

Der Genfer Horace-Bénédict de Saussure, ein Neffe Hallers, gilt als Vater der modernen Alpenforschung und als einer der Begründer der Geologie und der Pflanzengeografie. Auf ihn geht z. B. die Bezeichnung der Dolomiten zurück. Er benannte das von ihm als eigenständiges Mineral erkannte dort vorherrschende Gestein nach dem französischen Geologen Déodat de Dolomieu.

Im Jahre 1787, ein Jahr nach der Erstbesteigung, unternahm er in Begleitung seines Sohnes Nicolas-Théodore de Saussure mit 18 Führern die erste wissenschaftliche Besteigung des Mont Blanc. Auf dem Gipfel machte er unter anderem vergleichende barometrische Messungen. Mit weiteren Bergbesteigungen, z. B. der Erstbesteigung des Klein Matterhorns war er auch ein Wegbereiter des Alpinismus.

Ferdinand de Saussure, Urenkel von Horace-Bénédict de Saussure, gilt seit der posthumen Herausgabe seiner sprachwissenschaftlichen Vorlesungen an der Universität Genf von 1906 bis 1911 unter dem Titel Cours de linguistique générale als Begründer der modernen Linguistik und des Strukturalismus.

Die ETH Zürich und andere Schweizer Universitäten haben eine grosse Anzahl von Nobelpreisträgern hervorgebracht.

Der berühmteste Nobelpreisträger ist vermutlich Albert Einstein, der 1896 als Schüler aus dem deutschen Kaiserreich in die Schweiz kam und 1901 das Schweizer Bürgerrecht erhielt, das er im Gegensatz zu verschiedenen anderen Staatsbürgerschaften, die er im Laufe seines Lebens besessen hatte, auch behielt, als er später US-amerikanischer Bürger wurde. Einsteins Hauptwerk, die Relativitätstheorie, war 1905, dem annus mirabilis, als Einstein in Bern lebte und am Patentamt arbeitete, erschienen.

Tourismus

Sankt Moritz Bad um 1900

Der Tourismus ist ein wichtiger Zweig der Schweizer Wirtschaft. Hauptattraktion ist dabei die grösstenteils ländliche, von den Bergen der Alpen und vielen Seen geprägte Landschaft, die im Winter viele Skiurlauber, im Sommer Bergwanderer und Sommerfrischler anzieht. Die charakteristischen Panoramaszenerien der Schweizer Alpen haben dazu geführt, dass im Deutschen Schweiz als geographische Landschaftsbezeichnung für eine ansprechende, touristisch attraktive Landschaft gebräuchlich wurde (z. B. Sächsische Schweiz).

Haupttourismusregionen der Schweiz sind Graubünden mit den Initiatoren des Wintertourismus in Sankt Moritz[2], das Berner Oberland sowie Wallis und Tessin.

Freizeit

Die beliebtesten Sportarten in der Schweiz sind Fussball, Eishockey, Skifahren, Tennis, Basketball, Handball, Gleitschirmfliegen, Segeln, Schwimmen, Volleyball, Unihockey, Mountainbiking, Schiessen und Wandern.

Bekannte Schweizer Sportler sind unter anderen die Tennisspieler: Martina Hingis und Roger Federer.

Viele der Seen in den Bergen frieren im Winter zu und werden für Curling, Pferde- und Hunderennen verwendet, besonders in St. Moritz oder Arosa.

Kulturverhalten

Eine Untersuchung des Bundesamtes für Statistik zum Kulturverhalten der Schweizer Wohnbevölkerung im Jahr 2008 ergab unter anderem was folgt:[3]

  • 93 % der Wohnbevölkerung besuchten im Jahr 2008 mindestens eine Kulturinstitution: 66 % Konzerte, Denkmäler und historische Stätten, Museen und Ausstellungen oder Kinos; 44% Bibliotheken und Mediotheken; 42 % Theater und 35 % Festivals.
  • 62 % üben eigene kulturelle Aktivitäten aus: 20 bis 23 % betreiben Amateurfotografie oder bildende Kunst, 19 % spielen ein Instrument und 16 % singen.
  • Fast alle Personen nutzen Zeitungen und Fernsehen (je 97 %) und das Radio (92 %). 86 % hören Musik, 81% lesen privat oder beruflich Bücher und 79 % nutzen das Internet.
  • Das Ausmass der Teilnahme am Kulturleben ist stark abhängig vom Ausbildungsniveau. Die Teilnahmequoten für die meisten kulturellen Aktivitäten sind in der Deutschschweiz am höchsten, aber Kunsthandwerk und Tanz sind im Tessin beliebter, in der Romandie dagegen Festivals, Comics und privat Musik hören.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Historisches zum Jodeln
  2. http://www.kulmhotel-stmoritz.com/tl_files/pdf/press_erfindung_d.pdf Wintertourismus 1864
  3. Bundesamt für Statistik, Kulturverhalten in der Schweiz: Eine vertiefende Analyse – Erhebung 2008, Neuchâtel, 11. April 2011, ISBN 978-3-303-16087-9, S. 5/9/19/28

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