Mercedes-Benz W 111

Mercedes-Benz W 111
Mercedes-Benz
Mercedes W111 220SB MTP07.jpg
W 111 Lim.
Hersteller: Daimler-Benz
Verkaufsbezeichnung: 220/220 S/220 SE/230 S
Produktionszeitraum: 1959–1968
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine
Motoren: R6 2,2 und 2,3 l
95 bis 120 PS
Länge: 4900 mm
Breite: 1810 mm
Höhe: 1440 mm
Radstand: 2750 mm
Leergewicht: 1440 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz W 105/W 128
Nachfolgemodell: Mercedes-Benz W 108/W 109

Der Mercedes-Benz W 111 war das erste Oberklassen-Modell der Heckflossen-Serie von Mercedes-Benz, gelegentlich „Große Flosse“ genannt.

Inhaltsverzeichnis

Limousine

Mercedes 220 S
Markantes Detail: die verchromten Heckflossen der Limousine

Die im Vergleich zu den zeitgenössischen US-Fahrzeugen maßvollen Heckflossen wurden herstellerseitig „Peilstege“ genannt und galten so laut Mercedes als eine Art Einparkhilfe, die klar das Ende des Wagens markierte. Der W 111 folgte der bis 1959 gebauten großen „Ponton“-Serie W 105 und W 180 nach. Seine geradlinig elegante Karosserieform stammte vom damaligen MB-Chefdesigner Karl Wilfert und seinem Team. Die Karosserie zeichnete sich durch eine bis dahin nicht gekannte passive Sicherheit aus: Sie besaß als erste eine stabile Fahrgastzelle und wirksame Knautschzonen. Mercedes führte umfangreiche Crashtests durch, z. B. brachte man ein Fahrzeug mit 80 km/h über eine Rampe zum Überschlagen.

Produktionsbeginn war im August 1959 mit den Modellen 220 (b), 220 S(b), 220 SE(b) und ab 1965 dem 230 S. Dieser verfügte über eine hydropneumatische Ausgleichsfeder an der Hinterachse. Als erster Mercedes-Serien-Pkw hatte das 220 SEb Coupe (ab Serienbeginn in 02/61; Limousine ab 04/62) Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Die Motoren der Limousinen waren ausschließlich Reihensechszylinder mit 95 bis 120 PS: 220 b mit 95 PS, 220 Sb mit 105 PS, 220 S mit 110 PS, 220 SE und 230 S mit 120 PS. Das Modell 230 S verzichtete auf die aufwendige Einspritzanlage mit der Zweistempelpumpe und zwei Dreifachverteilern. Es erreichte stattdessen die Mehrleistung von 10 PS gegenüber dem sonst weitgehend gleichen Vergasermodell 220 S mit einer Hubraumerhöhung auf 2,3 Liter.

Das b in der Typenbezeichnung 220 b oder 220 Sb grenzte die Heckflossen-Baureihe ab 1959 von den typnamensgleichen Vorgängermodellen, der sogenannten „Ponton“-Serie, ab. Die Basisversion 220 b hatte im Gegensatz zu ihren stärkeren Brüdern kleinere, oben zur Heckmitte leicht abgeschrägte Rückleuchten mit weniger Chromzierrat und keine doppelten Stoßfänger.

Es gab neben dem Mercedes-Benz W 111 noch zwei weitere Heckflossen-Baureihen: zum einen den ab 1961 gebauten „kleinen“ Mercedes-Benz W 110, der einen um 14,5 cm kürzeren Vorbau aufwies, sowie den Mercedes-Benz W 112 des Typs 300 SE, der ausgestattet mit dem M 189-„Alumotor“ des Mercedes 300 d (W 189) und Luftfederung das Topmodell der „Flossen“ darstellte. Diesem 300er vorbehalten war auch die um 10 cm verlängerte Variante „300 SE lang“, die ausgesprochen selten zu finden ist.

Produktionsende der Limousinen 220 b, 220 Sb und 220 SEb war 1965. Lediglich der 230 S lief noch bis 1968 vom Fließband. Nachfolger war der ab 1965 gebaute W 108/W 109.

Coupés und Cabrios

Mercedes-Benz
Mercedes SE Coupé.jpg
W 111 Cou./Cab.
Hersteller: Daimler-Benz
Verkaufsbezeichnung: 220 SE C/250 SE C/280 SE C/300 SE C
Produktionszeitraum: 1961–1971
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Coupé und Cabriolet
Motoren: R6 2,2 l, 2,5 l, 2,8 l und V8 3,5 l
120 bis 200 PS
Länge: 4820 mm
Breite: 1790 mm
Höhe: 1400 mm
Radstand: 2750 mm
Leergewicht: 1510 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz W 128/W 180
Nachfolgemodell: Mercedes-Benz R 107

In die Baureihen W 111 und W 112 eingeordnet wurden neben den viertürigen Fahrzeugen („Heckflossen“-Limousinen) auch die Coupés und Cabrios in flacheren Karosserien mit runderen, nur noch im Ansatz erkennbaren Finnen. Im Rahmen der Eröffnung des Daimler-Benz-Museums in Untertürkheim am 24. Februar 1961 wurde der neue Mercedes-Benz 220 SE(b) Coupé präsentiert.

Als W 111 gab es Coupé und Cabriolet anfangs mit der gleichen Technik des Limousinen-Modells 220 SE als 220 SEb/C. Im Gegensatz zum Vorgängermodell basierte das Coupé auf der ungekürzten Rahmen-Boden-Anlage der zugehörigen Limousine und war dadurch ein vollwertiger Viersitzer. Coupé und Limousine hatten auch stilistisch zahlreiche Gemeinsamkeiten, trotzdem konnte von den Rohbauteilen des Viertürers nicht ein einziges für das Coupé oder Cabrio verwendet werden. Für Coupés und Cabrios wurden viermal so viele Teile in Handarbeit gefertigt wie für die Limousine. Diese C-Modelle waren die letzten weitgehend in Handarbeit gefertigten Mercedes, weshalb der Preis der Coupés und Cabrios fast doppelt so hoch lag wie der der Limousinen.

Mercedes-Benz 250 SE Cabrio aus dem Jahre 1968
Innenraum des Cabrios

Der 220 SEb/C hatte als erster Mercedes-Serien-Personenwagen Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Die originale Typbezeichnung „SE(b)/C“ war einzigartig, da sie einerseits den Unterschied zum Vorgängermodell Ponton (SE bzw. SE(a)) verdeutlichte, andererseits mit Einführung des annähernd baugleichen 250 SE Coupé aufgegeben wurde.

Ab 1965 kamen die (Zwischen)-Modelle 250 SE Coupé mit 150 PS mit den Motoren der Baureihe W 108/109 heraus. Sie erhielten, wie auch die Dreiliter-Modelle, die 14-Zoll-Räder und die größer dimensionierten Scheibenbremsen der Oberklassebaureihe 108. 1967 brachte Mercedes einen neuen 2,8-l-Motor mit 160 PS. Demzufolge hieß der neue W 111 nun 280 SEC. Es gab dabei auch kleine Änderungen im Innenraum. So wurde das bisher furnierte Armaturengehäuse nun mit Leder bezogen. Ein weiteres auch äußerlich erkennbares Facelift gab es bei den W 111 ab 1969 mit der Einführung des 3,5-l-V8-Motors mit 200 PS, als die Frontpartie ein flachere Motorhaube und einen niedrigeren Kühlergrill bekam. Die Modelle werden über die Bezeichnungen „Hochkühler“ und „Flachkühler“ unterschieden. Die 280 SE Coupé 3.5 sind die begehrtesten Fahrzeuge dieser Bauserie.

Die zur gleichen Zeit angebotenen Typen 300 SE Coupé und 300 SE Cabriolet, die gewissermaßen durch einen Griff in den Baukasten entstanden waren, spielten, den Verkaufszahlen nach zu urteilen, kaum eine Rolle. Die Karosserie der entsprechenden 220-SEb-Varianten wurden mit zusätzlichen Zierelementen versehen und mit der Technik des Typs 300 SE kombiniert. Dementsprechend waren die neuen Exklusivmodelle, die wie die zugrundeliegende Limousine der Baureihe W 112 angehören, mit einer ganzen Reihe technischer Besonderheiten ausgestattet. Zur Grundausstattung gehört ein Leichtmetallmotor mit drei Liter Hubraum, ein Viergang-Automatikgetriebe, Servolenkung, Luftfederung sowie eine Zweikreisbremsanlage mit Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrädern. Der zusätzliche Chromschmuck besteht aus einer von den Scheinwerfern bis zu den Heckleuchten durchgehenden Chromleiste in der Längssicke sowie ausgeprägte Zierleisten an den Radläufen und an den Schwellern. Ab März 1963 waren 300 SE Coupé, Cabriolet und Limousine auf Wunsch auch mit Viergang-Schaltgetriebe lieferbar; der Listenpreis reduzierte sich in diesem Fall um 1400 Mark. Im Januar 1964 wurde die Motorleistung auf 125 kW (170 PS) erhöht. Ein Umstellen der Einspritzanlage auf eine Sechsstempel-Einspritzpumpe ermöglichte diese Leistungssteigerung.

Im Mai 1971 wurden die letzten Sechszylinder-Coupés und -Cabriolets gefertigt, im Juli endete die Herstellung der Coupés und Cabriolets der Baureihen W 111 und W 112 nach mehr als zehn Jahren Gesamtbauzeit mit Fertigungseinstellung auch der Achtzylinder endgültig. Und damit endete auch vorerst der Bau von S-Klasse-Coupés und -Cabriolets, denn den Nachfolger W 116 gab es nur als Limousine. Insgesamt wurden im Werk Sindelfingen 28.918 Coupés und 7.013 Cabriolets gebaut. Die höchste Produktionsstückzahl innerhalb der Modellfamilie erreichte das 220 SE(b) Coupé mit 14.173 Einheiten. Obwohl die Cabriolets während der Bauzeit nur rund 10 % mehr kosteten als die Coupés sind sie heutzutage im vergleichbaren Zustand und Motorisierung mehr als doppelt so teuer.

Kombis

Im offiziellen Verkaufsprogramm gab es 1966 und 1967 den Kombiwagen „Universal“.

Die Fahrzeuge, die ab Anfang 1965 in Lizenz der Daimler-Benz bei I.M.A. in Mechelen (Belgien) unter dem Namen „Universal“ nach Mercedes-Qualitätsspezifikationen gefertigt wurden, waren zunächst ausschließlich Kombis. Im Jahr 1965 war zuerst als Einziges die W-110-Version als 190 D erhältlich. Später wurden dann drei „kleine“ (W 110) Modelle angeboten: 200, 200 D, 230 und als einziger „großer“ (W 111) der 230 S. Insgesamt wurden 2754 IMA-Universal-Heckflossenkombis produziert. In geringer Zahl wurden bei IMA auch Heckflossen-Limousinen hergestellt. Später liefen bei IMA auch einige Limousinen des Nachfolgetyps W 115 vom Band. Das Unternehmen ging 1968 in Konkurs.

IMA-Kombis gelten wegen der Kooperationsvereinbarungen mit Daimler-Benz als die einzigen „offiziellen“ Kombis der Heckflossen-Modelle; andere Kombis gelten als Umbauten. Bei Restaurierungen zeigt sich, dass der Korrosionsschutz bei I.M.A. nicht ganz auf Sindelfinger Niveau war: IMA-Kombis sind, ausweislich der Berichte und Kaufberatungen des Oldtimer-Vereins V.D.H., statistisch signifikant schlechter im Zustand als Limousinen und zeigen, fertigungs- und einsatzbedingt, fast immer einen hohen Restaurierungsbedarf vor allem an der Heckpartie mit den kombispezifischen Sonderteilen.

Neben Limousinen, Coupés und Cabriolets gab es von den W 110 und W 111 auch Sonderaufbauten als Krankenwagen, Ambulanz, Leichenwagen und Kombiwagen. Zumeist wurden diese als teilgefertigte Karosserien ohne Dach, Heckscheibe und Kofferklappe vom Werk Sindelfingen an diverse Karossieriefirmen ausgeliefert. Binz in Lorch (Württemberg) und Christian Miesen in Bonn fertigten Ambulanzen, aber auch Leichenwagen, Lieferwagen und Kombis.

Pollmann, Rappold, Welsch, Stolle, Pilato und andere Unternehmen fertigten in erster Linie Bestattungsfahrzeuge. In sehr geringer Zahl wurden neben kommerziellen Nutzfahrzeugen auch Kombis von den Unternehmen Jauernig (Österreich), Marbach (Schweiz), Movauto (Portugal) und Hägele auf Auftrag gefertigt. Auch Jacques Coune in Brüssel (Belgien) stellte im Jahr 1964 bei der Autoshow einen Kombi auf der Basis des W 111-014 vor.

Sicherheit

Mercedes-Benz legte viel Wert auf Sicherheit. So gab es beim W 111 vorne und hinten Knautschzonen, das erste Mal überhaupt bei einem Pkw. Die Idee hatte der Ingenieur Béla Barényi. Die Knautschzonen sollten die Stabilität der Fahrgastzelle bei einem Unfall gewährleisten. Zudem hatte der W 111 sogenannte Keilzapfentürschlösser. Im Falle des Falles konnten die Türen durch diese nicht aufspringen. Auch dies gewährleistete die Stabilität der Fahrgastzelle. Außerdem konnten die Fahrgäste nicht aus dem Fahrzeug fallen. Bei Fahrzeugen mit Sicherheitsgurten wäre dies zwar sowieso nicht möglich, doch Sicherheitsgurte waren damals nicht in jedem W 111 vorzufinden.
Im Innenraum gab es auch einige Sicherheitsvorkehrungen. Das Lenkrad hatte eine Prallplatte mit weichem Bezug. Zudem hatte die Lenksäule ein plastisch verformbares Element zwischen Pralltopf und der eigentlichen Lenksäule. Diese Sicherheitsvorkehrung sollte vermeiden, dass sich die Lenksäule beim Aufprall dem Fahrer entgegen schiebt. Auch das Armaturenbrett mit teilweise elastischen versenkt angeordneten Bedienungselementen war gepolstert.

Filmauftritte

Ausgestellter Testwagen im Mercedes-Benz Museum
  • Im US-Thriller Marathon Man von Regisseur John Schlesinger aus dem Jahr 1976 wird ein W 111 von einer der Hauptfiguren, Klaus Szell bewegt. Dieser kommt in einer Verfolgungsjagd um Leben, nachdem er einen Tanklaster rammt.
  • In der Fernsehserie Um Himmels Willen fahren die Schwestern des Klosters Kaltental einen Wagen dieser Baureihe, und in der Fernsehserie Großstadtrevier der Polizist Dirk Matthies (alias Jan Fedder) ebenfalls. Dabei handelt es sich um sein eigenes Fahrzeug mit H-Kennzeichen.
  • Im Film Der Richter und sein Henker von 1975 ist eine schwarze Limousine der Baureihe W 111 zu sehen. Diese wurde von Robert Schmied bzw. Walter Tschanz gefahren.
  • Im Film The Hangover wird ein silbernes 280 SE Cabriolet Hochkühler gezeigt.
  • Im Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät fahren die Gegner von Geheimagent James Bond in der Schweiz eine schwarze Limousine, Typ 220 S. Während einer Verfolgungsjagd wird der Wagen spektakulär zerstört.
  • Im Film Wo die Liebe hinfällt wird ein braunes 250 SE Cabriolet von Beau Burroughs (alias Kevin Costner) gefahren.

Technische Daten

Modell Bauzeit Baumuster Motortyp Hubraum Leistung Stückzahlen
  ca.     [cm³] [PS]/[kW]  
220 Limousine 8/59–8/65 111.010 M 180.940/R 6 2195 95/70 69.691
220 S Limousine 8/59–8/65 111.012 M 180.941/R 6 2195 105/110 // 77/81 161.119
220 SE Limousine 8/59–8/65 111.014 M 127.982/R 6 2195 120/88 66.086
220 SE Coupé 2/61–10/65 111.021 M 127.984/R 6 2195 120/88 14.173
220 SE Cabriolet 9/61–10/65 111.023 M 127.984/R 6 2195 120/88 2729
230 S Limousine 7/65–1/68 111.010 M 180.947/951/R 6 2295 120/88 41.107
250 SE Coupé 9/65–12/67 111.021 M 129.980/981/R 6 2496 150/110 5259
250 SE Cabriolet 9/65–12/67 111.023 M 129.980/984/R 6 2496 150/110 954
280 SE Coupé 11/67–5/71 111.024 M 130.980/984/R 6 2778 160/118 3797
280 SE Cabriolet 11/67–5/71 111.025 M 130.980/984/R 6 2778 160/118 1390
280 SE 3.5 Coupé 11/69–7/71 111.026 M 116.980/990/V 8 3499 200/147 3270
280 SE 3.5 Cabriolet 11/69–7/71 111.027 M 116.980/990/V 8 3499 200/147 1232

Quellen

Kaufberatung (Cabrio und Coupe) in Oldtimer Markt, Ausgabe 6/2011 p. 48 ff.

Weblinks

 Commons: Mercedes-Benz W 111 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Mercedes-Benz W 111 Coupé und Cabriolet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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