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Nationale Volksarmee Führung Oberbefehlshaber
de jure:Frieden: Minister für Nationale Verteidigung, Krieg: Nationaler Verteidigungsrat Oberbefehlshaber de facto: Nationaler Verteidigungsrat Verteidigungsminister: Zuletzt Rainer Eppelmann Sitz des Hauptquartiers: Strausberg bei Berlin Militärische Stärke Aktive Soldaten: Zuletzt 155.319[1] Wehrpflicht: 18 Monate Wehrtauglichkeitsalter: 18 bis 60 Anteil der Soldaten an der Gesamtbevölkerung: Zuletzt 0,95% Haushalt Militärbudget: Anteil am BNE: Geschichte Gründung: 1. März 1956[2] Faktische Gründung: 10. Juli 1952[3] Auflösung: 2. Oktober 1990 Die Nationale Volksarmee (NVA) war von 1956 bis 1990 die Armee der Deutschen Demokratischen Republik.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Entstehung
Die Gründung der NVA erfolgte am 18. Januar 1956 durch die Volkskammer (zeitlich nach der Bundeswehr). Die Aufstellung erfolgte in mehreren Etappen, bis zum 1. März 1956 sollten die Stäbe und Verwaltungen einsatzfähig sein.[4] Die NVA-Gründung war das Ergebnis einer Entwicklung, die am 10. Juli 1952 mit der Proklamation der „Nationalen Streitkräfte“ durch die Volkskammer der DDR begonnen hatte.[5] In ihrem Verlauf wurden die Kasernierte Volkspolizei (KVP) sowie die Grundstrukturen einer Militärorganisation aufgebaut. Der Aufbau vollzog sich ab 1955 unter Anleitung der Sowjetunion. Dabei wurde wie bei der Bundeswehr auf ehemalige Angehörige der Wehrmacht zurückgegriffen. Sie kamen meist aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft und hatten dort an Antifa-Schulungen teilgenommen. Der bekannteste ehemalige Wehrmachtsgeneral, der auch in der NVA diente, war Vincenz Müller. Mitte 1956 waren im 17.500 Mann starken Offiziersbestand der NVA etwa 2.600 ehemalige Mannschafts- und etwa 1.600 Unteroffiziersdienstgrade sowie knapp 500 Offiziere, insgesamt also knapp 27 Prozent, ehemalige Wehrmachtsangehörige. Die ehemaligen Offiziere wurden vorwiegend im Ministerium, an Schulen und in Kommandostellen der Teilstreitkräfte und Militärbezirke eingesetzt. Von den 82 höheren Kommandoposten in der Armee waren 61 von ehemaligen Wehrmachtsangehörigen besetzt.
Positionierung und Entwicklung
Nach der Gründung war die NVA, im Gegensatz zu den anderen Armeen des Warschauer Paktes, eine Freiwilligenarmee, was in der propagandistischen Auseinandersetzung mit der Bundeswehr als Vorzug hervorgehoben wurde. Die Wiederbewaffnungsdiskussion war an der DDR nicht spurlos vorübergegangen, der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 hatte die Führung der DDR erheblich verunsichert. Ein deutliches Misstrauen der osteuropäischen Verbündeten den Ostdeutschen gegenüber blieb lange bestehen. Die Einführung der Wehrpflicht 1962 nach dem Bau der Berliner Mauer [6] wurde von vielen als Niederlage empfunden. Mit der Einführung der Wehrpflicht wurde es der NVA möglich, die angestrebte Personalstärke von circa 170.000 Soldaten zu erreichen.
Die NVA diente zunächst der Machtabsicherung der SED nach innen und war selbst erheblicher Kontrolle durch die SED unterworfen. Die Partei hatte sich durch die Einrichtung der Politische Hauptverwaltung (PHV) in der Armee und durch eine spezielle Struktur von Parteiorganisationen die führende Rolle in der NVA gesichert. Die Offiziere und Fähnriche waren, bis auf wenige Ausnahmen, Mitglieder der SED. Bei den Unteroffizieren wurde ein hoher Anteil an SED-Mitgliedern angestrebt. Laut Giese [7] resultierte daraus ein erhebliches Konfliktpotenzial zwischen politischem Anspruch und militärischer Professionalität. Die politische Beeinflussung habe sich anfangs sehr negativ auf die militärischen Entscheidungsprozesse ausgewirkt.
Die 1970er und 1980er Jahre waren durch einen Professionalisierungsprozess und eine stärkere eigenständige außenpolitische Rolle der NVA gekennzeichnet. Im Dauerkonflikt der DDR mit der Bundesrepublik um die Anerkennung im Ausland wurden auch die Streitkräfte eingesetzt. Insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten war die NVA zur Unterstützung und Begleitung vielfältiger Rüstungs- und (Militär-)Infrastrukturprojekte für befreundete Regierungen und Befreiungsbewegungen tätig und unterhielt eine hohe Auslandspräsenz, die nur von der Sowjetunion und Kuba übertroffen wurde. Anfang der 1980er Jahre wurde der Bereich militärische Mikroelektronik insbesondere im Süden der DDR ausgebaut, was als Mikroelektronikcluster bis heute nachwirkt. Nach der Wahl Gorbatschows zum Generalsekretär der KPdSU Mitte der 1980er Jahre fiel aber die Sowjetunion als Hauptabnehmer von hochwertigen Rüstungsexporten aus, was erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten auslöste.
Militärische Erfahrung und Auslandspräsenz
Teile der NVA waren 1968 für militärische Aktionen zur Niederschlagung des Prager Frühlings vorgesehen, die NVA war am Einmarsch in die Tschechoslowakei aber aus politischen Gründen nicht unmittelbar beteiligt. Die 7. Panzerdivision und die 11. Motorisierte Schützendivision sollten ursprünglich laut Planung an der Intervention mitwirken. Wegen der zu erwartenden außenpolitischen Wirkungen, es wäre der erste Kampf- und Auslandseinsatz deutscher Truppenverbände nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen, wurden diese Divisionen nicht eingesetzt. Sie leisteten logistische Hilfe beim Einmarsch und standen in Grenznähe bereit, um im Falle eines möglichen, der Sowjetarmee außer Kontrolle geratenden Volksaufstandes, einzugreifen. Verbindungsoffiziere, NVA-Nachrichtensoldaten und auch MfS-Offiziere waren direkt in der ČSSR im verdeckten oder korrespondierenden Einsatz. Im Herbst 1981 stand die NVA bereit, um gegebenenfalls an der Seite der Sowjetarmee in Polen einzugreifen. Eine Intervention unterblieb auch in diesem Fall.
Mehrere Male befand sich die NVA über einen längeren Zeitraum im Zustand der erhöhten Gefechtsbereitschaft. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961, bei dem sie logistisch und absichernd mitwirkte, 1962 während der Kubakrise und 1968 bei der Intervention von vier Warschauer-Pakt-Staaten in der ČSSR sowie letztmalig in der Zeit der Wende im Herbst 1989.
Die Leistungen der NVA bei Manövern des Warschauer Pakts galten als gut. Die NVA war wegen ihres hohen Ausbildungsstandards, der ständigen Einsatzbereitschaft und ihrer guten Disziplin eine der schlagkräftigsten Armeen des Warschauer Pakts. Sie wurde von der Sowjetunion nicht immer mit der modernsten Technik ausgerüstet, um der sowjetischen Armee auch in dieser Beziehung eine Führungsrolle zu sichern.
Trotz ihrer anfänglich geringen Bedeutung wuchs die Nationale Volksarmee bis zum Zusammenbruch des Ostblocks zu einem der wichtigsten Bündnispartner der sowjetischen Streitkräfte heran und erlangte den Respekt der sowjetischen Führung und vermochte eine eigenständigere außenpolitische Rolle einzunehmen[8].
Ähnlich wie viele Armeen des sozialistischen Lagers und anders als die meisten westlichen Armeen wurde die NVA selbst im großen Umfang als wirtschaftliche Produzentin aktiv. Zahlreiche Soldaten wurden zeitweise als Erntehelfer, im Braunkohleabbau und für Bauaufgaben eingesetzt.
Seit Mitte der 1960er Jahre war die NVA auch in Afrika und dem Mittleren Osten präsent, wo sie Berater und Experten[9] für eine Reihe von Regierungen und Revolutionsbewegungen stellte und in der Auslandspräsenz der Ostblockstaaten nur von Kuba und der Sowjetunion übertroffen wurde[8].
Ende der 1970er Jahre, auch im Zusammenhang mit dem Tod der hochrangigen ZK-Mitglieder Werner Lamberz und Paul Markowski bei einer Libyenreise, wurden Militärhilfe- und Wirtschaftsprojekte der DDR in Entwicklungsländern in der westlichen Öffentlichkeit bekannt und diskutiert. Massive Kampfeinsätze, wie etwa 1980 mit dem Spiegeltitel „Honeckers Afrika-Korps“[10] suggeriert, waren von DDR-Seite aber nicht beabsichtigt. Laut Joachim Nawrocki[11] seien bis 1980 in Angola und Mosambik, Algerien, Libyen, den Irak, Syrien, Südjemen, Äthiopien, Guinea-Bissau, Benin, Nigeria, in der damaligen Volksrepublik Kongo (Kongo-Brazzaville), Tansania und Sambia zwischen 100 (Nigeria) und etwa 2000 (Angola) Offiziere und Soldaten der Nationalen Volksarmee und des MfS stationiert gewesen. Gordon A. Craig [9] führt Meldungen (1978) über die Stationierung von über 1200 NVA-Soldaten im Bereich Artillerie, Kommunikation und Logistik in Algerien und 450 Soldaten in Libyen an. Craig erwähnt darüber hinaus eine mögliche Beteiligung von NVA-Soldaten bei Kämpfen in Ogaden und Eritrea, nach Walter Döbler [12] wären NVA-Angehörige 1979 in bewaffnete Auseinandersetzungen in Mosambik verwickelt gewesen. Winrow führt zwischen um 1.550 und 1.700 (1978) und knapp mehr als 1.925 (1988)[8] in Afrika stationierte DDR-Militärberater auf. Die Einsätze beschränkten sich auf die Ausbildung und Unterstützung befreundeter Regierungen und Widerstandbewegungen parallel zu Rüstungsexporten, dem Aufbau militärischer Logistik und Infrastruktur und an die Begleitung und Absicherung von Wirtschaftsprojekten etwa im Bereich der Rohstofferschließung, so in Mosambik.
Das Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR schloss unter anderem mit folgenden 16 Staaten bzw. Organisationen Verträge zur Ausbildung der dortigen Militärs ab und bildete in der DDR bzw. vor Ort mehrere Tausend Soldaten und Sicherheitskräfte aus: Afghanistan, Äthiopien, Jemenitische Volksrepublik, Kambodscha, Volksrepublik Kongo, Kuba, Laos, Libyen, Mosambik, Nicaragua, Nordkorea, PLO, Tansania, Guinea, Syrien, Vietnam.[13]
Friedliche Auflösung der NVA ab 1990
1990 wurde die NVA demobilisiert und Standorte, Einrichtungen und Ausrüstung an die Bundeswehr übergeben, welche die Abwicklung durchführte. Die meisten der vorhandenen Standorte wurden geschlossen und die Ausrüstung entweder durch die Bundeswehr zunächst weitergenutzt, verschrottet, zu geringen Teilen auch an andere Staaten verkauft oder verschenkt, so etwa Schützenpanzerwagen an die Türkei, Pionierfahrzeuge an Schweden, Luftabwehrsysteme an Griechenland oder Schiffseinheiten an Indonesien. Eine Auswahl von allen Waffensystemen wurde in die USA zum Test und als interne Manövergegner überführt. Ein großer Teil des Unteroffizierkorps sowie nahezu das gesamte Offizierkorps wurden entlassen, nur 3200 dieser zuletzt noch 36.000 Personen zählenden Kader wurden eingestellt. Die ehemaligen NVA-Angehörigen wurden dabei häufig mit einem oder auch zwei Dienstgraden niedriger in die Bundeswehr übernommen, da die Beförderungen in der NVA früher erfolgten als in der Bundeswehr und daher der Übernahmedienstgrad so berechnet wurde, als hätte der ehemalige NVA-Angehörige von Anfang an in der Bundeswehr gedient.
Generell galt bis zum 1. März 2005 die in der deutschen Armee NVA geleistete Dienstzeit als „gedient in fremden Streitkräften“. Nunmehr lautet die Bezeichnung „gedient außerhalb der Bundeswehr“. Laut Einigungsvertrag ist es den ehemaligen NVA-Angehörigen nicht gestattet, in der Bundesrepublik ihren letzten Dienstgrad mit dem Anhang „a.D.“ (außer Dienst) zu führen.
Auftrag
Die NVA hatte die Sicherstellung der territorialen Integrität und die Wahrnehmung aller militärischen Bündnisverpflichtungen durch den Warschauer Vertrag zu gewährleisten. Die Angehörigen des Offizierskorps waren in der Regel Parteimitglieder. Des Weiteren oblag ihr als bewaffnetem Organ, entsprechend der DDR-Terminologie, die sozialistische Staatsform und die Führungsrolle der SED jederzeit auch gegen innere Feinde zu schützen.
Ihrem Selbstverständnis nach war die NVA in der DDR das Machtinstrument der Arbeiterklasse zum Schutz der sozialistischen Staatsform vor Angriffen von außen und innen. Demnach diente sie der Verteidigung der DDR und der im Warschauer Vertrag mit ihr verbündeten anderen sozialistischen Staaten gegen eine eventuelle „imperialistische Aggression“. Des weiteren hatte sie den politischen Auftrag, die sozialistischen Errungenschaften und die Vorherrschaft der SED im Falle eines inneren Angriffs zu schützen.
Allerdings waren antimilitaristische Grundhaltungen auch in der DDR weit verbreitet. Die Einführung einer sozialistischen Wehrerziehung in die Schulpläne um 1968 sowie eine zusätzliche Einführung eines regulären Fachs Wehrunterricht 1978 sollten dieser Haltung entgegen steuern. Die Evangelische Kirche der DDR protestierte gegen die damit verbundene „Erziehung zum Hass“[9].
Einer am 13. September 2008 in der NZZ vorgestellten Studie zufolge hätte der Warschauer Vertrag seit den 1960er Jahren im Kriegsfalle einen breiten und präemptiven Einsatz taktischer Nuklearwaffen in West-Deutschland vorgesehen. Neben der Verstrahlung und Verwüstung großer Gebiete Westdeutschlands wäre beim Vorrücken auch die Verstrahlung und daraus folgende Kampfunfähigkeit der 1. Welle eigener konventioneller Truppen, auch der NVA , hingenommen worden. Unter Gorbatschow wurden diese Kriegspläne 1986 geändert. In der DDR jedoch sei noch in der NVA-Übung „Stabstraining 1989“ der Einsatz von 76 teilweise grosskalibrigen Nuklearwaffen durchgespielt worden, was unter anderem grenznahe Landstriche Schleswig-Holsteins verwüstet hätte[14].
Im Verlauf der Wende 1989 wurde eine blutige „chinesische Lösung“ wie kurz zuvor beim Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens am 4. Juni 1989 befürchtet. Die bereits angeordnete Auflösung der Montagsdemonstration in Leipzig am 9. Oktober 1989 fand nicht statt und die bereits mobilisierten NVA-Einheiten zogen sich aus bis heute nicht vollkommen geklärten Gründen zurück.
Organisation
Die NVA war dem Ministerium für Nationale Verteidigung mit Sitz in Strausberg unterstellt. Der Führungsanspruch der SED wurde über deren Kommission für Nationale Sicherheit, den Nationalen Verteidigungsrat sowie die Sicherheitsabteilung des Zentralkomitees der SED gewährleistet.
Die politische Erziehung, die so genannte gesellschaftswissenschaftliche Weiterbildung, umfasste etwa zwei Tage im Monat bei Offiziersrängen. Die Offiziere waren in der Regel Parteimitglieder und unterlagen der ständigen Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit. Die der Partei direkt unterstellten Sicherheitskräfte wie die Grenzwachen und paramilitärischen Kampfgruppen hatten die Aufgabe selbstständigen Aktivitäten der NVA zuvorzukommen.
Die NVA gliederte sich in:
- das Kommando Landstreitkräfte (KdoLaSK) – Geltow (bei Potsdam)
- das Kommando Luftstreitkräfte/Luftverteidigung (KdoLSK/LV) – Strausberg
- das Kommando Volksmarine (KdoVM) – Rostock
Die NVA war eng mit den Truppen der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) – seit Juni 1989 in „Westgruppe der Truppen“ (WGT) umbenannt – verbunden. Der Befehlshaber der sowjetischen Truppen, mit Hauptquartier in Wünsdorf, übte die operative Kontrolle über die Streitkräfte der DDR aus. In den 1980er Jahren unterstanden diesem circa 365.000 Mann, 6.000 Kampfpanzer, 9.500 Schützenpanzer, 650 Kampfflugzeuge und 700 Hubschrauber.
Die Strukturen und Ausrüstung, Fahrzeuge und Kampftechnik waren fast völlig sowjetischen Ursprungs.
Landstreitkräfte
Die Landstreitkräfte der NVA waren gegliedert in:
- direkt dem KdoLaSK unterstellte Truppenteile/Einheiten
- Militärbezirk Nord = MB-V – Neubrandenburg
- 1. Mot.-Schützen-Division, 1.MSD – Potsdam
- 8. Mot.-Schützen-Division, 8.MSD – Schwerin
- 9. Panzerdivision „Heinz Hoffmann“, 9.PD – Eggesin
- Militärbezirk Süd = MB III – Leipzig
- 4. Mot.-Schützen-Division, 4.MSD – Erfurt
- 11. Mot.-Schützen-Division, 11.MSD – Halle
- 7. Panzerdivision, 7.PD – Dresden
Einen Sonderfall stellten die NVA-Fallschirmjäger innerhalb der Landstreitkräfte dar (vergleich Luftsturmregiment 40).
Chefs der Landstreitkräfte
(Anm.: Das Kommando der Landstreitkräfte wurde am 1. Dezember 1972 aufgestellt)
- Generalleutnant Horst Stechbarth 1. Dezember 1972 bis 31. Dezember 1989
- Generalleutnant Horst Skerra 1. Januar 1990 bis 14. September 1990
- Generalmajor Hans-Christian Reiche 15. September 1990 bis 2. Oktober 1990; mit der Führung beauftragt
Baupionierwesen
Die Grundlage für die Bildung der Baupioniereinheiten der NVA bildete ein Beschluss des Nationalen Verteidigungsrates der DDR vom 7. September 1964. Ursprünglich sollten die Einheiten vor allem zur Aufnahme von Bausoldaten dienen und damit eine Möglichkeit bieten, dem Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu entgehen, obwohl es in der DDR keine Wehrdienstverweigerung gab. Insbesondere in den letzten Jahren der DDR arbeiteten viele Mitglieder dieser Einheiten in Großbetrieben, die unter Arbeitskräftemangel litten, beispielsweise in der Chemischen Industrie oder im Braunkohle-Tagebau.
Die Landstreitkräfte erhielt anfangs vier Baupionierbataillone, Luftwaffe und Marine jeweils eines. Sie boten Platz für 256 waffenlose Wehrdienstverweigerer. Die übrigen Mitglieder waren reguläre Soldaten der Pioniertruppe. Die Mannschaften der Kompanien bestanden jedoch jeweils entweder vollständig aus unbewaffneten Baupionieren oder aus herkömmlichen bewaffneten Pionieren. Bis 1973 wurden diese Einheiten auch zum Bau von militärischen Anlagen eingesetzt. Nach Beschwerden der Kirchen erhielten zumindest die Wehrdienstverweigerer vergleichsweise „zivile“ Aufgaben in militärischen Einrichtungen als Gärtner, Krankenpfleger in Militärkrankenhäusern oder Küchenhelfer.
Bereits kurz nach der Gründung der Baueinheiten wuchs der Bedarf an Arbeitskräften dieser Art schnell an. 1966 wurden vier weitere Bataillone aufgestellt. In diesen Einheiten dienten jedoch keine Wehrdienstverweigerer. Vielmehr arbeiteten sie zum Teil unter Geheimhaltung am Bau von Raketenstellungen für die sowjetische Armee und am stark verbunkerten Hauptquartier der Volksmarine bei Rostock.
Am 1. Dezember 1975 wurden fünf neue Baubataillone gebildet, darunter das Pionierbaubataillon 22, das in den folgenden Jahren auf fast allen Großbaustellen Ost-Berlins tätig war. Zwei Bataillone waren den Chemiekombinaten Leuna, Buna und Bitterfeld fest zugeordnet. 1978 wurde Waldemar Seifert der neue Leiter des Baupionierwesens in der NVA. Unter ihm wurden sämtliche Baueinheiten wieder verstärkt mit dem Bau von militärischen Anlagen betraut, die Arbeit für das produzierende Gewerbe ging deutlich zurück. Zudem erhielten die Einheiten Reservisten zugeordnet und übten den Sperren- und Brückenbau für den Kriegsfall.
1982 kam es zu einem erneuten Schub von Einheitsgründungen. So entstanden in diesem und dem folgenden Jahr Straßenbaueinheiten und Truppen, deren Mitglieder vor allem in Materiallagern und bei Hilfsdiensten für die bewaffneten NVA-Einheiten verwendet wurden, sowie eine Fährenhafen-Baueinheit mit nominell 480 Angehörigen auf Rügen. Einige Einheiten arbeiteten an der Instandhaltung des Gleisnetzes der Deutschen Reichsbahn.
Mitte der 1980er Jahre änderte sich das Aufgabenspektrum der NVA-Baueinheiten erneut. Ab diesem Zeitpunkt rückte der Wohnungs- und Gewerbebau, zum Teil als Auftragnehmer Volkseigener Betriebe, in den Brennpunkt. Parallel dazu errichteten die Bautruppen weiter militärische Materiallager, Kommandoeinrichtungen und Raketenrampen. Verstärkt wurden ab dieser Zeit auch Bauregimenter statt Bataillonen aufgestellt. 1988 entstand unter anderem ein Regiment, das auf Kabelverlegung und Anlagenbau für das Postministerium spezialisiert war.
Militärische Baueinheiten gab es vereinzelt auch im Bauministerium der DDR.
Kurz vor dem Ende der DDR bestanden acht Bauregimenter und zehn schwere Bataillone. Mit der zunehmenden Wirtschaftskrise mussten ab 1988 alle Soldaten des dritten Diensthalbjahres für die zivile Wirtschaft arbeiten. 1989 wurden rund 10.000 Soldaten in dieser Art eingesetzt.
Luftstreitkräfte
→ Hauptartikel: Luftstreitkräfte der Nationalen Volksarmee
Mit Gründung der NVA wurden zwei Kommandos gebildet. Generalmajor Zorn wurde Chef der LSK und Chef der LV Oberst Bauer. Am 31. Mai 1957 wurde aus den bis dahin selbständigen Kommandos Luftstreitkräfte und Luftverteidigung das gemeinsame Kommando LSK/LV gebildet.
Die Luftstreitkräfte/Luftverteidigung waren gegliedert in:
- direkt dem Kdo LSK/LV unterstellte Truppenteile/Einheiten
- die 1. Luft-Verteidigungs-Division (1. LVD) – Cottbus
- die 3. Luft-Verteidigungs-Division (3. LVD) – Trollenhagen (bei Neubrandenburg)
- Führungsorgan der Front- u. Militärtransportfliegerkräfte (FMTFK) – Strausberg
Chefs der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung (LSK/LV)
- Generalmajor Heinz Keßler 31. Mai 1957 bis 14. März 1967
- Generalleutnant Herbert Scheibe 15. März 1967 bis 14. März 1972
- Generalmajor Wolfgang Reinhold 15. März 1972 bis 30. November 1989
- Generalleutnant Rolf Berger 1. Dezember 1989 bis 2. Oktober 1990
Volksmarine
→ Hauptartikel: Volksmarine
Die Seestreitkräfte, 1960 in Volksmarine umbenannt, gliederten sich (Stand etwa 1985) in
- die 1. Flottille in Peenemünde
- die 4. Flottille in Rostock-Warnemünde
- die 6. Flottille auf dem Bug bei Dranske auf Rügen
- die 6. Grenzbrigade Küste in Rostock (war der Volksmarine nur organisatorisch unterstellt)
Außerdem gab es ein Marinehubschraubergeschwader (MHG-18) in Parow, ein Marinefliegergeschwader (MFG-28), ein Marine-Pionierbataillon (MPiB-18), ein Kampfschwimmerkommando (KSK-18), ein Küstenraketenregiment (KRR-18), ein Küstenverteidigungsregiment (KVR-18, vormals Mot.-Schützenregiment-28) (ab 1988), ein Marineversorgungslager (VL-18), ein zentrales Munitionslager (ML-18), eine Wartungskompanie (WK-18), den Seehydrographischen Dienst der DDR (SHD) und weitere Ausbildungs-, Erprobungs-, und Sondereinrichtungen.
Chefs der Seestreitkräfte/Volksmarine
- Konteradmiral Felix Scheffler 1. März 1956 bis 31. Dezember 1956; als Kommandeur Seestreitkräfte
- Vizeadmiral Waldemar Verner 1. Januar 1957 bis 31. Juli 1959; als Kommandeur Seestreitkräfte
- Konteradmiral Wilhelm Ehm 1. August 1959 bis 31. Juli 1961
- Konteradmiral Heinz Neukirchen 1. August 1961 bis 24. Februar 1963; mit der Führung beauftragt
- Konteradmiral Wilhelm Ehm 25. Februar 1963 bis 30. November 1987
- Vizeadmiral Theodor Hoffmann 1. Dezember 1987 bis 17. November 1989
- Vizeadmiral Hendrik Born 11. Dezember 1989 bis 2. Oktober 1990
Verwaltung Aufklärung
Entsprechend der sowjetischen Militärtradition wurde mit der Gründung der NVA auch ein militärischer Nachrichtendienst (militärischer Aufklärungsdienst) eingerichtet, bei der die GRU Pate stand. Von dem jungen MfS argwöhnisch als unliebsamer Konkurrent betrachtet, setzte sich aber das sowjetische Militär damit durch und sorgte formal für eine relative Unabhängigkeit der Verwaltung Aufklärung, die direkt dem Büro des Ministers referierte. Der Dienst hatte sein Hauptquartier in Berlin-Treptow (Tarnbezeichnung am Objekteingang: Mathematisch-Physikalisches Institut der NVA) und war in der DDR weitgehend unbekannt. Obwohl rechtlich ein unabhängiger Nachrichtendienst, unterstand er faktisch jedoch der Kontrolle der Hauptabteilung I des MfS, die ihn sowohl mit Inoffiziellen Mitarbeitern infiltriert, als auch an entscheidenden Führungspositionen Offiziere im Besonderen Einsatz (OibE)s platziert hatte. Dennoch existierten offizielle Abkommen zwischen den beiden zuständigen Ministerien, die das Anwerben von Quellen untereinander regelten (keine Doppelanwerbung, gemeinsame Quellennutzung nur in Ausnahmefällen) und der Verwaltung Aufklärung alle Rechte gab, nachrichtendienstlich unabhängig zu arbeiten (Legenden, agenturische Arbeit, Führen von eigenen Quellen im Operationsgebiet Bundesrepublik Deutschland).
Rekrutierung und Ausbildung
Einberufung
Das allgemeine Wehrpflichtgesetz vom 24. Januar 1962 legte einen Grundwehrdienst von 18 Monaten fest. Es wurde nahezu jeder Mann vom 18. bis zum 26. Lebensjahr eingezogen. Altersgrenze für die Einberufung ungedienter Männer war in der Regel das 26. Lebensjahr. Es war jedoch möglich, z. B. bei Personen, die sich der Ableistung des Wehrdienstes entzogen haben, bis zum 31. Dezember des Jahres einberufen zu werden, in dem das 35. Lebensjahr vollendet wurde. Eine Einberufung zu den Grenztruppen, den kasernierten Einheiten der Volkspolizei (VP-Bereitschaften und weitere Truppenteile und Einheiten) und dem Wachregiment des MfS war als Wehrersatzdienst möglich.
Ein ziviler Wehrersatzdienst war in der DDR bis 1964 nicht möglich. Insbesondere auf Drängen der Kirchen wurden innerhalb der NVA die so genannten Baueinheiten geschaffen, in denen eine Ableistung des Wehrdienstes ohne Waffe als Bausoldat möglich war. Damit nahm die DDR eine Ausnahmestellung unter den Staaten des Warschauer Vertrages ein.
Längerdienende konnten Laufbahnen als Unteroffizier auf Zeit, mit einer Regeldienstzeit von 3 Jahren (für die Wehrdienstleistenden, die einen Studienplatz anvisierten, war diese Laufbahn bis auf wenige Ausnahmen bis 1986 in der Praxis obligatorisch), Laufbahn Berufsunteroffizier, mit einer Regeldienstzeit von 10 Jahren, Fähnrich (seit 1973) mit einer Regeldienstzeit von 15 Jahren, Offizier auf Zeit, mit einer Regeldienstzeit von 3, später 4 Jahren oder Berufsoffizier, mit einer Regeldienstzeit von 25 Jahren, einschlagen.
In den schwimmenden Einheiten der Volksmarine war die Dienstzeit für Matrosen 3 Jahre, für Maate 4 Jahre und bei fallschirmspringenden Einheiten 3 Jahre. Dies waren in der Regel freiwillige Soldaten auf Zeit oder Unteroffiziere auf Zeit.
Frauen konnten freiwillig die meisten Laufbahnen als Unteroffizier auf Zeit, Berufsunteroffizier, Fähnrich oder ab 1984 als Berufsoffizier einschlagen, soweit dies aus Gründen der körperlichen Belastung zulässig war. Der Einsatz erfolgte in den Rückwärtigen und Medizinischen Diensten. Der höchste dort von einer Frau erreichte Dienstgrad war Oberst.
Offiziere und Unteroffiziere
Die Offiziersausbildung erfolgte in den Offiziershochschulen:
- der Landstreitkräfte in Löbau und Zittau und in Seebad Prora/Rügen (ausländische Kader)
- der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung in Kamenz, später Ausbildung der Piloten in Bautzen und Rothenburg
- der Volksmarine in Stralsund, Schwedenschanze.
Für die Ausbildung von Sanitätsoffizieren bestand in Greifswald ab 1955 die Militärmedizinische Sektion an der Universität Greifswald und ab 1981 die Militärmedizinische Akademie Bad Saarow. Zur Vorbereitung auf die Offiziersausbildung gab es auch von 1956 bis 1960 eine Kadettenschule in Naumburg (Saale).
Weiterhin gab es mehrere Unteroffiziersschulen:
- Unteroffiziersschule I der Landstreitkräfte der NVA „Rudolf Egelhofer“ in Weißkeißel (Ausbildungszentrum 6 )
- Unteroffiziersschule II „Kurt Bennewitz“ in Delitzsch (Ausbildungszentrum 17)
- Unteroffiziersschule III „Max Matern“ in Eggesin (Ausbildungszentrum 20)
- Unteroffiziersschule IV „Paul Fröhlich“ in Zwickau und Schneeberg (Ausbildungszentrum 10)
- Unteroffiziersschule VI in Perleberg (Glöwen) (Grenztruppen)
- Unteroffiziersschule VII in Potsdam
- Unteroffiziersschule an der Offiziersschule Kamenz, ab 1973 Unteroffiziersschule VIII in Bad Düben, 1984 Umbenennung in Militärtechnische Schule „Harry Kuhn“ in Bad Düben (Luftstreitkräfte/Luftverteidigung) (auch Fähnrichausbildung)
- Unteroffiziersschule für Luftverteidigung in Zingst
- Militärtechnische Schule „Erich Habersaath“ in Prora, Rügen (auch für Fähnrichausbildung)
- Militärtechnische Schule der Nachrichtentruppen „Herbert Jensch“ in Frankfurt (Oder) (hauptsächlich für Fähnrichausbildung)
- Flottenschule „Walter Steffens“ der Volksmarine in Stralsund, Parow (seemännisch/technische Ausbildung)
Ausgewählte Kader konnten ab etwa Mitte der 1970er auch zu einem Direktstudium an verschiedene Offiziershochschulen in die Sowjetunion delegiert werden.
Führungskader
Die weiterführende Ausbildung der Führungskader ab Regiment aufwärts erfolgte an:
- der Militärakademie „Friedrich Engels“ der NVA in Dresden (einschließlich pro Jahr 10 VP-Offiziere).
- Ein nicht unbedeutender Teil der Führungskader der NVA absolvierte sowjetische Militärakademien, Militärhochschulen bzw. ähnliche Einrichtungen. Für den Dienst im Generalsrang war der Besuch der Woroschilow-Akademie erforderlich.
Im Jahre 1989 dienten 120.000 der 2,7 Millionen Mitglieder oder Kandidaten der SED in der NVA und den Grenztruppen der DDR. Unter den einfachen Soldaten und Gefreiten lag der SED-Anteil bei 6 bis 7 Prozent, bei den Unteroffizieren auf Zeit bei 14 Prozent, im gesamten Unteroffizierskorps aber etwa bei 35 Prozent, weil der Anteil bei den Berufsunteroffizieren etwa 60 Prozent betrug. Von der Gesamtanzahl aller Offiziere (1989 über 40.000, 1990 noch 36.000) und Fähnriche machten die sozialistischen Genossen einen Anteil von 94 Prozent (einschließlich der Offiziere auf Zeit 90 Prozent) aus, weitere 4 bis 5 Prozent gehörten den Blockparteien an. Politoffiziere jedoch waren ausnahmslos SED-Mitglieder.
Unter den Berufsoffizieren jedoch betrug der SED-Anteil 96 Prozent, ab dem Dienstgrad Major aufwärts 98 bis 99 Prozent, ab dem Dienstgrad Oberstleutnant aufwärts dann 100 Prozent. Bis 1989 war jeder Verteidigungsminister Mitglied des Politbüros und jeder (kommandierende) General Mitglied (oder zumindest Kandidat) des Zentralkomitees der SED.
Ausrüstung
Der Großteil der Waffen der NVA kam aus der UdSSR. Darunter befanden sich z. B.:
- Kampfpanzer: T-34, T-54, T-55 und T-72
- Schützenpanzer: BMP-1 und BMP-2
- Spähpanzer: BRDM-1, BRDM-2 und PT-76 (leichter Panzer)
- Transportpanzer: MT-LB, BTR-40, BTR-50, BTR-60, BTR-70 und BTR-152
- Artillerie: gezogene 100-mm-, 130-mm-, 152-mm-Geschütze, Selbstfahrlafetten 2S1 und 2S3, FROG (Rakete), Scud-B, RM-70, OTR-23 Oka (SS-23 Spider),OTR-21 Totschka (SS-21 Scarab)
- Flugabwehr:
- Flugabwehrraketen: SA-2, SA-3, SA-4, SA-5, SA-6, SA-7, SA-8, SA-10 (in der Version S-300PMU), SA-14 und SA-16
- Kanonenflugabwehr: S-60 (57 mm), ZSU-57-2 und ZSU-23-4
- Handfeuerwaffen: Makarow, Tokarew TT-33, Mosin-Nagant, Schpagin (PPSch-41), Mpi K(S) (AK-47), MPi KM (AKM), MPi KM(S)72, MPi AK(S)74(NK)(AK-74), RPD, RPK, PK, Dragunow, RPG-7 und RPG-18
- Fluggerät:
- Kampfflugzeuge und Jagdbomber: MiG-15, MiG-17, MiG-19, MiG-21, MiG-23, MiG-29, Iljuschin Il-28 und Suchoj Su-22
- Passagierflugzeuge: Antonow An-14, Il-14, Il-62, Tu-124, Tu-134, Tu-154
- Transportflugzeuge und sonstige: Antonow An-24, An-2, Let L-410 und Polikarpow Po-2
- Trainingsflugzeuge: Jakowlew Jak-11, Jakowlew Jak-18, Aero L-29, Aero L-39 und Zlin Z-226
- Hubschrauber: Mil Mi-2, Mil Mi-4, Mil Mi-8 und Mil Mi-24
Der Rest der Ausrüstung wurde in der DDR selbst produziert, oftmals mit Lizenz anderer Warschauer Vertragsstaaten. z. B.: Bekleidung; Schiffe; leichte militärische Fahrzeuge (LKW und PKW).
Beschaffungswesen und Rüstungsindustrie
Viele der rein staatlichen DDR-Rüstungsunternehmen waren fast gänzlich ohne ein ziviles „Standbein“ auf Produktion und Instandsetzung von Rüstungsgütern spezialisiert. Die direkte Rüstungsindustrie der DDR bestand 1989 aus 74 Unternehmen mit überwiegender bzw. anteiliger Rüstungsproduktion, in denen rund 42.000 Arbeitnehmer tätig waren. Dazu kamen noch eine Anzahl Zulieferbetriebe, so dass insgesamt etwa 130 Betriebe und Betriebsteile (Finalproduzenten und Zulieferer) mit der Produktion militärischer Güter sowie etwa 285 Betriebe und Betriebsteile (darunter 25 spezielle Instandsetzungsbetriebe) mit der Instandsetzung von militärischen Gütern beauftragt wurden und etwa 100.000 Arbeitnehmer beschäftigten[15].
Alle Unternehmen der Rüstungsindustrie verfügten über (im RGW Vergleich) moderne Betriebsstätten mit hoch produktiven Technologien und Ausrüstungen. Die in den Unternehmen beschäftigten Arbeiter und Ingenieure besaßen eine hohe Qualifikation und ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein. Die Rüstungsunternehmen waren als selbständige Betriebe oder Betriebsteile in die Kombinate eingeordnet, mit Ausnahme des Kombinates Spezialtechnik Dresden, das nur Rüstungsunternehmen umfasste. Dementsprechend unterstanden sie der Wirtschaftsleitung der Industrieministerien und später des Wirtschaftsministeriums der DDR und waren so (anders als etwa in der VR China) von der Armee deutlich getrennt. Die Initiative zu Rüstungsprojekten kam von entsprechenden Gremien in der SED. Der Anteil der Rüstungsproduktion an der industriellen Warenproduktion der Kombinate war je nach Erzeugnispalette unterschiedlich. Den größten Anteil Rüstungsproduktion hatten 1986 folgende Kombinate[16]:
- VEB Kombinat Spezialtechnik Dresden 100,0 Prozent
- VEB Kombinat Carl-Zeiss Jena 21,8 Prozent
- VEB Kombinat Schwermaschinenbau Magdeburg 15,9 Prozent
- VEB Textilkombinat Cottbus 14,4 Prozent
- VEB Kombinat Technische Textilien Karl-Marx-Stadt 12,7 Prozent
- VEB Kombinat TAKRAF Leipzig 8,7 Prozent
- VEB Kombinat Robotron 8,0 Prozent
Das produzierte Gesamtvolumen an wehrtechnischen Gütern und Dienstleistungen betrug 1989 insgesamt 3,7 Milliarden Mark, davon wurde Wehrtechnik in einem Wertvolumen von 1,4 Milliarden Mark exportiert. Hauptabnehmer war die Sowjetunion. Darunter fielen unter anderem Maschinengewehre der Serie Kalaschnikow, welche beim VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa faktisch in Lizenz gefertigt wurden[17]. Es gab auch Exporte in das NSW. Um 1980 beliefen sich die Rüstungslieferungen an afrikanische Länder auf etwa 200 Millionen Mark jährlich. Darüber hinaus wurden auch Reparaturen von Jagdflugzeugen (VEB Flugzeugwerft Dresden, heute Elbe Flugzeugwerke GmbH) für befreundete Länder durchgeführt, wie auch für den Iran und den Irak während deren gegeneinander geführtem Krieg.
Das Gesamtvolumen entsprach etwa einem Prozent der industriellen Warenproduktion der gesamten DDR. Die Hauptleistungen umfassten die Instandsetzung und Modernisierung sowjetischer Wehrtechnik sowie die Produktion von Wehrtechnik auf Basis sowjetischer Lizenzen und eigener Entwicklungen für die Nationale Volksarmee sowie für die Armeen der Warschauer Vertragsstaaten. Die DDR führte 86 Prozent aller Instandsetzungen an militärischen Gütern für die eigenen bewaffneten Kräfte durch.
Haupterzeugnisse und Leistungen lagen insbesondere bei:
- a) Instandsetzungen insbesondere sowjetischer Rüstungsgüter
- b) Produktion von
- Schützenwaffen und Schützenwaffenmunition,
- Handgranaten, Minen und pyrotechnischen Mitteln,
- Panzerabwehrlenkraketenkomplexen und Feuerleiteinrichtungen,
- Kampf- und Hilfsschiffen,
- Brückenlegepanzern
- mobilen Spezialauf- und -einbauten auf Kraftfahrzeugen,
- mechanischer und elektronischer Sicherungstechnik,
- Ausbildungs- und Trainingsgeräten
- Dienst- und Schutzbekleidung sowie Tarnmitteln;
- c) Wissenschaftlich-technische Leistungen auf den Gebieten
- Basistechnologien der Mikroelektronik und Fertigung von Bauteilen der Lichtleiternachrichtenübertragung
- Hochleistungs- und Infrarotoptik
- digitale und optisch parallele Bildverarbeitung
- optoelektronische Sensorik
- Lasertechnik
- Tarnmittel
- Technologien zur Instandsetzung von Wehrtechnik.
Im Gefolge des Nato-Doppelbeschluss von Dezember 1979 und der 1983 vom US-Präsidenten Ronald Reagan verkündeten Strategic Defense Initiative SDI wurden auch die Rüstungsanstrengungen in der DDR intensiviert, wobei man sich auf die Militärelektronik konzentrierte. Ein Politbürobeschluss vom 24. Mai 1983 plante die militärischen Produktionsanteile des Kombinates Carl Zeiss Jena von 15,7 Prozent im Jahr 1983 auf 28 Prozent im Jahr 1990 zu steigern. Kernvorhaben waren die Entwicklung und Produktion eines Zielsuchkopfes für Luft-Luft-Raketen, eines optoelektronischen Zielsuchkopfes für Seezielraketen und Fernerkundungssysteme für den Krieg im Weltraum. Die Militarisierung der Mikroelektronik betraf den ganzen Industriebereich. Bis 1990 war annähernd eine Verdreifachung der militärischen Exporte gegenüber 1981/85 vorgesehen – was durch die Wahl Michail Gorbatschows zum Generalsekretär der KPdSU am 11. März 1985 nicht mehr zum Tragen kam.
Durch dessen Entspannungspolitik verlor die Rüstungsindustrie der DDR schlagartig ihren größten Abnehmer, die Sowjetunion, wie auch die dagegen eingetauschten Rohstoffe. Bereits Mitte 1986 ließ der Generaldirektor vom Carl-Zeiss Jena Wolfgang Biermann auf persönliche Weisung Honeckers eine Konzeption zur faktischen Einstellung der Militärprojekte erarbeiten, eine Umstellung auf zivile Produktion führte wegen des zu hohen Anteils von Eigenproduktionen mikroelektronischer Bauelemente (1989 um 70 Prozent, Bundesrepublik rund 40 Prozent) zu aberwitzigen Kostenstrukturen, was mit zum faktischen Staatsbankrott der DDR Ende der 1980er Jahre beitrug.
Nuklearwaffen
Die NVA verfügte über keine eigenen Nuklearwaffen, aber über die Trägermittel, mit denen sowjetische Atomsprengköpfe hätten eingesetzt werden können, darunter das ab 1985 eingeführte Kurzstrecken-Raketensystem SS-23. Die nukleare Rolle der NVA unterlag strengster Geheimhaltung und war auch vielen hohen NVA-Offizieren unbekannt. Sie wurde erst nach Öffnung der NVA-Archive 1990 veröffentlicht. [18][19]. Der massive Einsatz taktischer Nuklearwaffen war einer 2008 erschienen Studie zufolge ein zentrales Element der Einsatzstrategie bei einem Krieg an der deutsch-deutschen Grenze und wurde in der DDR noch 1989 bei einer Stabsübung durchgespielt[14].
Verwertung des Wehrmaterials der NVA ab 1990
Die Hinterlassenschaft der NVA an Ausrüstung und Wehrmaterial war sehr umfangreich. Neben zahlreichem Großgerät übernahm die Bundeswehr große Mengen von Ausrüstung, Ersatzteilen, Verbrauchsmaterial der aktiven und nichtaktivenVerbände. Eine Materialübergabe mit entsprechender Dokumentation gemäß Bundeshaushaltsordnung und militärischer Vorschriften wurde nicht durchgeführt, es erfolgte vielmehr eine Übernahme vor Ort wie vorgefunden.[20]
Es erfolgte eine Einteilung in drei Kategorien, die sich unter anderem am Bedarf, der Eignung für die gesamtdeutschen Streitkräfte und der Funktions- und Betriebssicherheit gemessen an den Vorschriften der Bundeswehr orientierte. Einstufung in die Kategorie I bedeutete eine dauernde oder zeitlich begrenzte Nutzung, die Kategorie II einen vorübergehenden Einsatz zur Aufrechterhaltung des Betriebs bis zum Übergang in die Kategorie III, die den Ausschluss der Nutzung und die Verwertung kennzeichnete.
Beispiele für Gerät der Kategorie I waren das Kampfflugzeug MiG-29, der Hubschrauber Mi-8 und der BMP-1. Material der Kategorie III wurde in sogenannten „Konzentrierungspunkten“ zusammengezogen, um den Aufwand für Bewachung und Betrieb der Liegenschaften zu minimieren. Hierfür wurde die bundeseigene „Material Depot Service Gesellschaft mbH (MDSG)“ mit der Bewachung und Lagerhaltung des Materials beauftragt und die VEBEG mit der Verwertung. Die MDSG beschäftigte 1.820 Mitarbeiter, die überwiegend von der Bundeswehr übernommen wurden. 1994 wurde die Gesellschaft privatisiert. Soweit das Wehrmaterial nicht unentgeltlich an Berechtigte in den neuen Bundesländern, an andere Ressorts, an Museen, an befreundete Länder sowie im Rahmen humanitärer Hilfsleistungen an Drittländer abgegeben oder erlösbringend an diese verkauft werden konnte, wurde es vernichtet. Vor Verkauf wurde zivil nutzbare Technik demilitarisiert. Flugzeuge des Typs L-39 Albatros wurden beispielsweise vielfach an Privatleute in die USA verkauft und fliegen dort noch heute.
Hinterlassen wurden:
- 767 Luftfahrzeuge (Hubschrauber, Flugzeuge), davon 24 MiG-29
- 208 Schiffe
- 2.761 Kampfpanzer
- 133.900 Radfahrzeuge
- 2.199 Artilleriewaffen
- 1.376.650 Handfeuerwaffen
- 303.690 Tonnen Munition
- 14.335 Tonnen Treibstoffe und Reinigungsmittel
Schlagzeilen machte Anfang der 1990er Jahre der Verkauf von Schützenpanzerwagen SPW 60 an die Türkei mit einer vertraglichen Vereinbarung, dass diese nicht in inneren Konflikten, beispielsweise gegen die Kurden, eingesetzt werden durften.
Nicht immer waren die Wege des ehemaligen Materials der NVA eindeutig nachzuvollziehen. Beispielsweise zeigte das Fernsehen während des Kosovo-Konfliktes Kämpfer der UÇK, die mit NVA-Felddienstuniformen bekleidet waren.
Der Gesamtbestand der NVA belief sich 1989 auf [21]: (MOB = Mobilmachungsstärke)
- 6 (MOB:11) Divisionen
- 1719 (MOB: 2798) Kampfpanzer (T-55, T-72)
- 2792 (MOB: 4999) gepanzerte Gefechtsfahrzeuge (SPW40, 60, 70, BMP-1, BMP-2)
- 887 (MOB:1746) Artilleriesysteme (über 100 mm)
- 394 Kampf- und Übungskampfflugzeuge (MiG21, 23, 29, Su22…)
- 64 Kampfhubschrauber (Mi8TB, 24)
- 131 Kampfschiffe/Boote (+ 48 Hilfsschiffe)
Uniformen
Die ersten Militäreinheiten der Hauptverwaltung für Ausbildung (HV A) waren in Polizeiblau gekleidet gewesen. Mit der Umstrukturierung zur Kasernierten Volkspolizei (KVP) 1952 wurden khakifarbene Uniformen eingeführt, die in Schnitt und Farbton stark denen der sowjetischen Armee ähnelten. Auf der Suche nach einer eigenen „deutschen“ und „sozialistischen“ Militärtradition verordnete die Staatsführung jedoch alsbald eine Änderung des Erscheinungsbildes. Demzufolge wurden mit Gründung der NVA 1956 wiederum neue Uniformen eingeführt. Diese ähnelten stark denen der Wehrmacht. Sie bestanden aus steingrauem Tuch und waren von ähnlichem Schnitt, allerdings verzichtete man ab 1974/79 auf hochgeschlossene dunkle Kragen (außer an den Mänteln). Der eigentümlich abgeflachte NVA-Helm entsprach dem von Prof. Dr.-Ing. Fry und seinem Mitarbeiter Dr. Hänsel vom Institut für Wehrtechnische Werkstoffkunde, Berlin, entwickelten Versuchsmuster „B/II“ der deutschen Wehrmacht, das sich seit 1943 in der Erprobung befunden hatte, aber nicht mehr eingeführt wurde.[22]
Mit dem traditionellen Erscheinungsbild, welches, wie Kritiker bemängelten, auch dem der Wehrmacht nahe kam, galt es laut Willi Stoph und Walter Ulbricht den deutschen „Nationalcharakter“ der NVA zu betonen. Die NVA sollte sich in ihrem Aussehen bewusst von den „US-Söldnern“ der Bundeswehr abheben, deren Uniformen sich seit ihrer Gründung 1955 immer stärker an das Erscheinungsbild der US-Truppen anglichen, was Stoph als „übergehängtes kapitalistisches Kostüm“ und „Preisgabe der patriotischen Ehre“ bezeichnete.
Dienstgradabzeichen
Generalität der NVA Marschall der DDR Armeegeneral Generaloberst Generalleutnant Generalmajor Offizierkorps der NVA Oberst Oberstleutnant Major Hauptmann Oberleutnant Leutnant Unterleutnant Fähnriche der NVA Stabsoberfähnrich Stabsfähnrich Oberfähnrich Fähnrich Unteroffiziere der NVA Stabsfeldwebel Oberfeldwebel Feldwebel Unterfeldwebel Unteroffizier Mannschaftsdienstgrade der NVA Stabsgefreiter Gefreiter Soldat Auch die Ausführung der Dienstgradabzeichen war traditionell (nach Weisung Walter Ulbrichts: „… der Dienstgrad ist weiterhin ausschließlich anhand der Schulterstücken zu erkennen…“), jedoch mit einigen Modifikationen. So wurden die Armwinkel des Gefreiten und Stabsgefreiten durch ein bis zwei Quertressen auf den Achselklappen ersetzt. Der Tressenbesatz an Kragen und Achselklappen der Unteroffiziere und Unterfeldwebel blieben hingegen im Vergleich zum Letztgebrauch in der Wehrmacht ebenso unverändert wie die Sterndistinktionen für Feldwebel, Oberfeldwebel und Stabsfeldwebel. Die Schulterstücke der Offiziere stellten eine Kompromisslösung dar. Die Grundform aus Plattschnur oder Flechtwerk sowie die Gestalt der Rangsterne stimmten mit denen der Reichswehr überein. Die Anordnung der Rangsterne folgte jedoch dem Muster der Sowjetarmee – wie in allen anderen Warschauer Vertragsstaaten auch.
Mit der Einführung der sowjetischen Dienstgradstruktur für die Offiziere wurde auch der Dienstgrad des Unterleutnants wieder eingeführt (in Deutschland war die Bezeichnung Unterleutnant nach 1898 außer Gebrauch gekommen). Im Gegenzug entfiel der Rang des Generals der Waffengattung (General der Infanterie, Artillerie u.ä.), der bisher der nächst höhere über dem Generalleutnant war. Auf diesen folgte nun unmittelbar der Generaloberst, gefolgt vom Armeegeneral.
Ebenfalls dem sowjetischen Muster folgte die Einführung der Dienstgradgruppe der Fähnriche 1972 (1979 erweitert um die Dienstgrade Oberfähnrich, Stabsfähnrich und Stabsoberfähnrich). Diese rangierten zwischen den Feldwebeln und den Offizieren. Ihre Dienstgradabzeichen bestanden aus einer auf das Grundtuch der Achselklappen aufgelegten Spange aus Silberplattschnur. Zur Unterscheidung dienten ein bis vier senkrecht übereinander angeordnete Rangsterne, die anfangs silbern, seit 1979 aber goldfarben waren. Als besondere Kennzeichnung trugen die Fähnriche auf dem linken Oberarm der Uniform ein Ärmelabzeichen. Anfangs waren auf diesem Sterne für jede vollendeten fünf Dienstjahre abgebildet. Mit Einführung der Dienstgrade des Oberfähnrich und Stabsfähnrich entfielen diese. Die Fähnriche trugen Uniform und Ausrüstung der Offiziere, denen jedoch die zur Paradeuniform getragene silberne Feldbinde, der Ehrendolch und ab 1977 die Paradeschnur vorbehalten blieb.
Die Schulterstücke der Leutnante und Hauptleute bestanden aus einfacher Silberplattschnur. Den Unterleutnant zeichnete ein Rangstern aus, den Leutnant zwei nebeneinander gesetzte Rangsterne, den Oberleutnant drei zum gleichmäßigen Dreieck formierte Rangsterne. Beim Hauptmann saß über der Dreiecksformation ein weiterer Rangstern.
Stabsoffiziere hatten silbern geflochtene Schulterstücke mit einem Rangstern für den Major, zwei Sternen für den Oberstleutnant, drei Sternen für den Oberst.
Bei den goldfarbigen Generalsabzeichen (bestehend aus zwei außenliegenden Goldschnüren und einer innen liegenden Silberschnur) für den Generalmajor, Generalleutnant, Generaloberst und Armeegeneral waren die Rangsterne senkrecht übereinander gesetzt. Die Generalssterne waren im Gegensatz zu den Sternen der unteren Dienstgradgruppen fünfeckig und hatten einen Durchmesser von 15 mm. Die Ernennung eines Marschall der DDR wäre nur im Verteidigungsfall oder für besondere militärische Leistungen erfolgt. Sein Rangstern wäre ein fünfstrahliger Ordenstern mit Rubineinlage gewesen.
Waffenfarben
Die Waffenfarben wurde an der Unterlage der Schulterstücke und bis 1974/79 der Kantillenfüllung der Kragenspiegel sowie bei den Luftstreitkräften und den Grenztruppen an farbigen Biesen angezeigt. Die Landstreitkräfte waren seit 1961 einheitlich weiß paspeliert. Zuvor waren auch hier die Biesen in Waffenfarbe.
Die Waffenfarben wurden ursprünglich auch auf den Kragenspiegeln gezeigt. Später gab es nur noch Kragenspiegelvarianten für die Landstreitkräfte, die Luftstreitkräfte/Luftverteidigung, die Fallschirmjäger und die Grenztruppen.
Die Kragenspiegel zeigten bei allen Einheiten der Landstreitkräfte zwei schmale (Mannschaften) bzw. breite Balkentressen (Offiziere) aus Gespinst, später (bei Offizieren) auch aus Metall, die gegebenenfalls mit der jeweiligen Waffenfarbe ausgefüllt waren. Bis 1981 waren auch an den Ärmelaufschlägen jeweils zwei ähnlich gestaltete Ärmelpatten angebracht.
Die Kragenspiegel der LSK/LV sowie der Fallschirmjäger waren anders gestaltet: erstere wiesen bei den Mannschaften eine einfache Schwinge auf blauem Tuch auf, bei den Offizieren war dieses Tuch mit einer silbernen Tresse umgeben und die Schwinge mit einem halben bzw. ganzen (Stabsoffiziere) offenen Eichenlaubkranz umgeben, bei den Fallschirmjägern war das Tuch orangerot. Abgebildet war eine Schwinge an einem geöffneten Fallschirm. Bei Fähnrichen und Offizieren war der Kragenspiegel mit einer silbernen Tresse umrankt.
Die Waffenfarben der einzelnen Truppengattungen waren:
- Weiß: Mot.-Schützen, Aufklärer
- Ziegelrot: Raketentruppen/Artillerie, Truppenluftabwehr, Raketen-und Waffentechnischer Dienst
- Rosa: Panzer
- Gelb: Nachrichten (Fernmeldetruppe)
- Dunkelgrün: Rückwärtige Dienste (Nachschub)
- Schwarz: Pioniere, Militärtransportwesen, technische Einheiten, Chemische Dienste
- Hellblau: Luftstreitkräfte
- Grau: Luftverteidigung
- Orange: Fallschirmjäger
- Hellgrün: Grenztruppe
Die Seestreitkräfte, ab 1960 Volksmarine, verwendeten seit ihrer Gründung Uniformen, die stark an die der ehemaligen deutschen Kriegsmarine angelehnt waren, nämlich aus dunkelblauem Tuch mit goldener Doppelknopfreihe, ohne Kragenspiegel, die Waffenfarbe war ebenfalls dunkelblau. Eine Ausnahme bildeten die Marineflieger, denn diese hatten hellblaue Kragenspiegel und hellblau paspelierte Schulterstücke auf dem dunkelblauen Marineuniformrock.
Die Grenztruppen trugen seit der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur NVA (1961-1973) und darüber hinaus Uniformen, die denen der NVA entsprachen. Allerdings waren der Mützenbund und die Biesen der Uniform in der Waffenfarbe hellgrün gehalten.
Es gab auch eigenartige Kombinationen wie die Uniformen der Flieger der Grenzbrigade Küste: diese hatten auf den herkömmlichen Marineuniformen hellgrüne Kragenspiegel mit den Insignien der Luftstreitkräfte.
Die Angehörigen des Ministeriums für Staatsicherheit (vor allem des Wachregiments) trugen der NVA entsprechende Uniformen. Die Waffenfarbe war bordeauxrot.
Militärische Tradition
Die NVA sah ihre militärischen Vorbilder in den Kämpfern der Bauernkriege 1524/1525, der anti-napoleonischen Befreiungskriege 1813 und der Revolutionen von 1848 und 1918. Ferner dienten die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg 1936 und die „Rettung des Friedens durch die NVA am 13. August 1961“ (Mauerbau) als Vorbild. Die preußische Tradition wurde in Form des Großen Zapfenstreichs und im Beibehalt des Stechschritts (modifiziert als „Exerzierschritt“) gepflegt. Der Yorcksche Marsch war zudem der Ehrenmarsch der NVA.
An preußischen Militärs waren auch einige Orden und Ehrenzeichen der NVA orientiert, so der Blücher-Orden und der Scharnhorst-Orden. Die auf Vorrat produzierten Blücher-Orden sollten in Anlehnung an die Rheinüberschreitung Blüchers jene Soldaten der NVA erhalten, die als erste in einem künftigen Krieg die Rheinlinie erreichten. Der Scharnhorst-Orden war ein Orden der DDR, der für Leistungen zur militärischen oder sonstigen Stärkung der DDR verliehen wurde. Er war zudem der höchste militärische Orden.
Gerade für die Seestreitkräfte (ab 1960 Volksmarine) erwies sich die Konzentration auf den Kieler Matrosenaufstand von 1918 und die Volksmarinedivision als alleinigen Grundstock des offiziellen militärischen Marinebrauchtums allerdings als wenig förderlich für ein selbstbewusstes Verständnis, darüber hinausgehende Versuche, auch andere Szenen der deutschen Marinegeschichte oder Einzelschicksale deutscher Seesoldaten dafür in Beschlag zu nehmen, wurden von der politischen Führung stets als „politisch nicht opportun“ zurückgewiesen.
Literatur (Auswahl)
Zeitschriften
- Volksarmee, wöchchentlich erscheinende Zeitung
- Taschenkalender der Nationalen Volksarmee
- Militärwissenschaftliche Aufsätze, Verlag des Ministeriums für Nationale Verteidigung
- ar, monatlich erscheinendes Soldatenmagazin Armeerundschau
Sachbücher
- Immer gefechtsbereit sein. Gefechtbereitschaft in der NVA. Verlag des Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin, 1957.
- Die fortschrittlichen militärischen Traditionen des deutschen Volkes, Verlag des Ministeriums für nationale Verteidigung 1957
- Der Vorgesetzte und der Untergebene. Über einige Fragen der militärischen Erziehung, Berlin MInisterium für Nationale Verteidigung 1957
- Fricke, Hans: Unsere Luftstreitkräfte, Berlin Deutscher Militärverlag 1962
- Militärakademie der NVA (HGB): Deutsches Militärlexikon, /Deutscher Militärverlag, 1962
- Autorenkollektiv:Armee für Frieden und Sozialismus die Geschichte der NVA, Militärverlag der DDR, 743 Seiten 1984
Mediale Rezeption
- Drei Stern Rot von Holger Jancke (2001) ist ein tragikomödiantischer Film über die Grenztruppen der NVA.
- NVA (Film) behandelt das Leben in der Nationalen Volksarmee in einer Filmkomödie und hat auch biographische Erlebnisse von Regisseur Leander Haußmann und Drehbuchautor Thomas Brussig als Grundlage.
Verweise
Interne Verweise
- Armeerundschau
- Fahneneid der NVA
- Kyŏksul
- Offiziersschüler
- Soldatensprache
- Militärgefängnis Schwedt
- Entlassungskandidat
Literatur
- Klaus-Peter Möller: Der wahre E : ein Wörterbuch der DDR-Soldatensprache. Lukas-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-931836-22-3.
- Jürgen Fuchs: Fassonschnitt. Roman, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1984, 1989. Literarische Verarbeitung der ersten Tage einer militärischen Grundausbildung in Johanngeorgenstadt Ende November 1969.
- Jürgen Fuchs: Das Ende einer Feigheit. Roman, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1988, 1992.
- Siegfried Breyer, Peter Joachim Lapp: Die Volksmarine der DDR. Bernard & Graefe, Koblenz 1985, ISBN 3-7637-5423-7.
- Peter Joachim Lapp. Ein Staat – eine Armee. Von der NVA zur Bundeswehr. Hrsg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1992, ISBN 3-86077-027-6.
- Peter Joachim Lapp: Ulbrichts Helfer. Wehrmachtsoffiziere im Dienste der DDR. Bernard & Graefe, Bonn 2000, ISBN 3-7637-6209-4.
- Peter Joachim Lapp: General bei Hitler und Ulbricht. Vincenz Müller – Eine deutsche Karriere. Ch. Links Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-86153-286-7.
- Christoph D. Brumme: Tausend Tage. Roman von (1997), Unteroffizierskarriere in einer NVA-Kaserne der 1980er Jahre.
- Walter Jablonsky: NVA – Anspruch und Wirklichkeit, nach ausgewählten Dokumenten. Berlin/Bonn/Herford 1994.
- Klaus Froh, Rüdiger Wenzke: Die Generale und Admirale der NVA. Ein biographisches Handbuch. 4. Auflage. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-209-3.
- Stephan Fingerle: Waffen in Arbeiterhand?. Ch. Links, Berlin 2001, ISBN 3-86153-243-3.
- Hans Ehlert: Armee ohne Zukunft. 2. Auflage. Ch. Links, Berlin 2002, ISBN 3-86153-265-4.
- Wilfried Kopenhagen: Die Landstreitkräfte der NVA. Motorbuch, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02297-4.
- Gunnar Digutsch: Das Ende der Nationalen Volksarmee und der Aufbau der Bundeswehr in den neuen Ländern. Peter Lang, Frankfurt am Main/Berlin 2004, ISBN 3-631-53071-4.
- Ove Ovens: Die NVA zwischen Wende und Auflösung. Dissertation, Regensburg 2004.
- Klaus Behling: Der Nachrichtendienst der NVA. edition ost, Berlin 2005, ISBN 3-360-01061-2.
- Bodo Wegmann: Die Militäraufklärung der NVA. Verlag Dr. Köster, Berlin 2005, ISBN 3-89574-580-4.
- Michael Dullau: Grenzland. 2. Auflage. pro Literatur, Mammendorf 2005, ISBN 3-86611-017-0.
- Stefan Wolter: Hinterm Horizont allein – Der ´Prinz´ von Prora. Erfahrungen eines NVA-Bausoldaten. Projekte, Halle 2005, ISBN 3-86634-028-1.
- R. Fuchs: Genosse Matrose!. BS-Verlag, Rostock 2006, ISBN 3-89954-196-0.
- Horst Stechbarth: Soldat im Osten. Erinnerungen und Erlebnisse aus fünf Jahrzehnten. 1. Auflage Edition Stad + Buch, Hüllhorst 2006, ISBN 3-920621-10-7.
- Daniel Niemetz: Das feldgraue Erbe. Wehrmachtseinflüsse im Militär der SBZ/DDR. Ch. Links, Berlin 2006, ISBN 3-86153-421-5.
- Sebastian Kranich: Erst auf Christus hören, dann auf die Genossen. Bausoldatenbriefe – Merseburg, Wolfen, Welzow 1988/89. Projekte-Verlag, Halle 2006, ISBN 3-86634-125-3.
- Theodor Hoffmann: Das letzte Kommando. Ein Minister erinnert sich. Mittler-Verlag, Berlin/Bonn/Herford 1994, ISBN 3-8132-0463-4.
Weblinks
- Die Struktur der NVA am 1. Dezember 1986
- Strukturen und Einheiten der NVA 1989
- Ausbildungsfilme und Dokumentationsfilme der NVA
- Standortdatenbank der NVA- herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr
- Das Sondernetz (S-1)-eingebundene NVA Liegenschaften
- Besoldung der Soldaten und Offiziere
Einzelnachweise
- ↑ Samberg, Detlef Samberg.de: Die Nationale Volksarmee Stand: 1989 25. September 2008
- ↑ Kopenhagen, Wilfried Die Landstreitkräfte der NVA. Motorbuch-Verlag. Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02297-4, S. 20
- ↑ Brockhaus Kalender Abenteuer Geschichte. Brockhaus 2008, ISBN 3-7653-3177-5
- ↑ Stephan Fingerle, Waffen in Arbeiterhand - Die Rekrutierung des Offizierskorps der NVA und ihrer Vorläufer, Berlin 2001, S. 137f
- ↑ Brockhaus Kalender Abenteuer Geschichte, 10.07.2008
- ↑ Rüdiger Wenzke Wehrpflicht und Wehrdienst in der DDR
- ↑ in Hans Ehlert / Matthias Rogg (Hg.): Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR. Forschungsfelder, Ergebnisse, Perspektiven (= Militärgeschichte der DDR; Bd. 8), Berlin: Christoph Links Verlag 2004, X + 752 S., 15 s/w-Abb., ISBN 3-86153-329-4
- ↑ a b c The Foreign Policy of the GDR in Africa (Cambridge Russian, Soviet and Post-Soviet Studies) (Hardcover) by Gareth M. Winrow (Author), Cambridge University Press (November 30, 1990), ISBN 978-0-521-38038-6
- ↑ a b c Gordon A. Craig, Über die Deutschen, S.281 ff.; C.H. Beck 1982
- ↑ „Wir haben euch Waffen und Brot geschickt. Mit umfangreicher Militär- und Wirtschaftshilfe für Befreiungsbewegungen und linken Regierungen in Afrika ist die DDR zum erfolgreichen Partner sowjetischer Machtstrategie in der Dritten Welt aufgerückt. Gleichzeitig nutzt Ost-Berlin sein Engagement für die eigene Wirtschafts- und Deutschlandpolitik – zum Nachteil Bonns.“ DER SPIEGEL 10/1980 vom 03.03.1980
- ↑ Joachim Nawrocki Die Zeit Honeckers Volksarmisten in Afrika und Nahost Berlin, im Februar 1980
- ↑ http://www.newsatelier.de/html/simbabwe.html
- ↑ Bundesarchiv – Militärarchiv, Bestand DVW 1, MfNV, Band: Verträge, bearbeitet von Albrecht Kästner, Freiburg 1999
- ↑ a b Neue Zürcher Zeitung vom 13.09.2008, S. 9, NZZ-Online 13.9.08, Der Warschaupakt plante den nuklearen Überfall auf Westeuropa von Hans Rühle und Michael Rühle. Bei den Autoren Hans und Michael Rühle handelt es sich a) um dem ehemaligen Chef des Planungsstabes im Bonner Verteidigungsministerium und den Leiter des Planungsstab der politischen Abteilung der Nato in Brüssel
- ↑ Werner Hänsel • Heinz Michael Rüstungskonversion in den neuen Bundesländern
- ↑ Werner Hänsel • Heinz Michael Rüstungskonversion in den neuen Bundesländern
- ↑ heute Spezialwerkzeuge und Hydraulik GmbH Wiesa
- ↑ Sigurd Hess, NVA übte Atomwaffeneinsätze noch 1990, in: Marineforum 7/8-1999 S.3f
- ↑ Harald Nielsen, Die DDR und die Kernwaffen, Die nukleare Rolle der Nationalen Volksarmee im Warschauer Pakt, Nuclear History Program, Internationale Politik und Sicherheit Band 30/6, hrsg. von der Stiftung Wissenschaft und Politik Ebenhausen, Baden-Baden 1998
- ↑ Helge Bandow, Sylvester von Rudzinski-Rudno: „Im Neuland fast die Orientierung verloren“ In: Truppenpraxis 1/1993, S. 86ff.
- ↑ Private Webseiten über die NVA von Detlef Samberg
- ↑ Baer, Ludwig: Die Geschichte des Deutschen Stahlhelmes: von 1915 bis 1945 ; seine Geschichte in Wort u. Bild. L. Baer (Selbstverlag), Eschborn, 1977.
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