Kreis Lübbecke

Kreis Lübbecke
Wappen Deutschlandkarte
Wappen des Kreises Lübbecke Deutschlandkarte, Position des Kreises Lübbecke hervorgehoben
52.3080568.623056
Basisdaten (Stand 1972)
Bestandszeitraum: 1816–1972
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Regierungsbezirk: Detmold
Landschaftsverband: Westfalen-Lippe
Verwaltungssitz: Lübbecke
Fläche: 564,8 km²
Einwohner:

91.762 (27. Mai 1970)

Bevölkerungsdichte: 162 Einwohner je km²
Kfz-Kennzeichen: LK
Kreisgliederung: 50 Gemeinden
Lage des Kreises Lübbecke in Nordrhein-Westfalen
Karte
Über dieses Bild

Der Kreis Lübbecke (1816–1832: Kreis Rahden und 1939–1969: Landkreis Lübbecke) war ein von 1816 bis 1972 bestehender Kreis. Der Kreis war zunächst Teil des Regierungsbezirks Minden in der preußischen Provinz Westfalen, ab 1946/47 Teil des nordrhein-westfälischen Regierungsbezirks Detmold. Verwaltungssitz war bis 1832 Rahden, danach Lübbecke. Der Kreis ging 1973 im Rahmen der nordrhein-westfälischen Gebietsreform im neu gegründeten Kreis Minden-Lübbecke auf. Landläufig wird das Gebiet heute Altkreis Lübbecke oder auch, nicht ganz korrekt, Lübbecker Land[1]genannt.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Geografie

Topographie
Landschaften
Bevölkerungsdichte im heutigen Altkreis Lübbecke, aufgeschlüsselt nach den Stadt-, Ortsteilen Stand 2010.
Kommunale Gliederung Ende des 19. Jahrhunderts

Der ehemalige Kreis Lübbecke lag im Nordosten Nordrhein-Westfalens und im Norden Ostwestfalen-Lippes. Sein ehemaliges Gebiet liegt größtenteils in der Norddeutschen Tiefebene und reicht im Süden bis zum Wiehengebirge. Im Südwesten bilden Egge und Wiehengebirge das Eggetal. Südlich des Wiehengebirges hatte der Kreis ab 1832 Anteil am Ravensberger Hügelland. Ganz im Nordwesten des ehemaligen Kreisgebiets liegen die Stemmer Berge. Der Tiefebenenanteil des ehemaligen Kreisgebiets lässt sich einteilen in das Lübbecker Lößland als schmalen Saum fruchtbarer Böden entlang des Wiehengebirges, sowie die Rahden-Diepenauer Geest weiter im Norden. Im Osten des ehemaligen Kreisgebiets liegt das Große Torfmoor. Der Mittellandkanal durchtrennte ab 1915 den Kreis in Ost-West-Richtung, wobei bis in die 1960er Jahre der Teil südlich des Kanals als eher industriell, der Teil nördlich davon als eher landwirtschaftlich dominiert galt. Der größte Teil der Fläche wird durch das Einzugsgebiet der Großen Aue sowie ihrer Nebenflüsse Kleine Aue und Großer Dieckfluss nach Norden zur Weser entwässert. Randbereiche gehören zum Einzugsgebiet der Bastau, der Hunte und der Werre. Aufgrund seiner geografischen Form und der starken landwirtschaftlichen Nutzung wurde der Nordteil auch als „grüne Krone Westfalens“ bezeichnet. Auf dem Gebiet des ehemaligen Kreises liegt der sogenannte NRW-Nordpunkt, der nördlichsten Punkt des Landes.

Angrenzende Gebiete

Der Kreis grenzte im Westen und im Norden zunächst an das Königreich Hannover, seit 1946 an Niedersachsen (zuletzt: Landkreis Osnabrück (Westen), Landkreis Grafschaft Diepholz (Norden), Landkreis Nienburg/Weser (Nordosten)). Im Osten lag der Kreis Minden. Im Süden grenzte der Kreis Lübbecke ab 1832 an den (Land-) Kreis Herford (ab 1969: Kreis Herford), bis 1831 an den dann aufgelösten Kreis Bünde.

Geschichte

Vorgeschichte

Das Gebiet des Kreises Rahden gehörte bis 1806 zum preußischen Verwaltungsgebiet Minden-Ravensberg. Der nördliche und östliche Teil des späteren Kreises gehörten zum Fürstentum Minden (Amt Rahden und größte Teile des Amts Reineberg sowie die Stadt Lübbecke) und der südwestliche Teil gehörte zur Grafschaft Ravensberg (nördlicher Teil des Amts Limberg), die beide ab 1648 zu Brandenburg-Preußen gehörten. Vor der umfassenden Durchführung von Verwaltungsreformen fiel das Gebiet 1806 an das napoleonische Frankreich. Zwischen 1807 und 1810 war das spätere Kreisgebiet daher Teil des de facto französischen Königreichs Westphalen (Weser-Departement, Distrikt Minden), zwischen 1811 und 1813 Frankreichs (Departement Ober-Ems, Distrikt Minden). Das Gebiet erhielt eine Verwaltung nach französischem Vorbild und gliederte sich in mehrere Kantone. Nach der Rückeroberung durch Preußen gehörte es ab 1813 bis zur Gründung der preußischen Provinz Westfalen provisorisch zum Zivilgouvernement zwischen Weser und Rhein.

Verwaltungsgeschichte

Lage des Kreises im Regierungsbezirk Minden 1816–1831
Lage des Kreises im Regierungsbezirk Minden 1832–1947
Lage des Kreises im Regierungsbezirk Detmold 1947–1968

Der Kreis wurde 1816 infolge der preußischen Verwaltungsreformen als Teil der Provinz Westfalen (Regierungsbezirk Minden) neu gegründet. Das Fürstbistum Minden und die Grafschaft Ravensberg wurden nun auch offiziell aufgehoben. 1816 hieß der Kreis zunächst Kreis Rahden, da die Kreisverwaltung in Rahden ihren Sitz hatte, und gliederte sich in 42 (40 ohne die 1821 nicht mehr genannten) Ortschaften in elf Kirchspielen:

Kirchspiel Ortschaften
Alswede Alswede, Fabbenstedt, Hedem, Lashorst, Vehlage, Fiestel (schon 1821 nicht mehr als Gemeinde genannt; gehörte zu Alswede)
Blasheim Blasheim, Obermehnen, Stockhausen
Börninghausen Börninghausen, Eininghausen
Dielingen1 Arrenkamp, Dielingen, Drohne, Haldem
Gehlenbeck Gehlenbeck, Nettelstedt, Isenstedt, Frotheim
Holzhausen unterm Limberg Heddinghausen, Holzhausen
Levern Destel, Levern, Niedermehnen, Sundern
Lübbecke2 Stadt Lübbecke
Oldendorf Engershausen, Getmold, Harlinghausen, Stadt Oldendorf, Offelten, Schröttinghausen
Rahden Großendorf, Kleinendorf, Ströhen, Varl, Wehe, Rahden (schon 1821 nicht mehr als Gemeinde genannt; Flecken aus einem Teil von Großendorf bestehend)
Wehdem Oppendorf, Oppenwehe, Wehdem, Westrup

1 Außerdem gehört bis heute der Ort Stemshorn zum Kirchspiel Dielingen, der jedoch politisch zum Königreich Hannover gehörte und nun zu Niedersachsen zählt.

2 Das Kirchspiel Lübbecke gliederte sich in die Ortschaften Lübbecke und Oberbauerschaft, letztere gehörte jedoch zum Kreis Bünde.

Lübbecke und Oldendorf besaßen Stadtrechte. Zum 1. Januar 1832 wurden die Kirchspiele Hüllhorst (Ortschaften Ahlsen, Büttendorf, Hüllhorst) und Schnathorst (Ortschaften Bröderhausen, Holsen und die Domäne Reineberg, Schnathorst, Tengern) sowie das zum Kirchspiel Lübbecke gehörende Dorf Oberbauerschaft aus dem aufgelösten Kreis Bünde in den Kreis eingegliedert; der Kreis gliederte sich damit in 48 Ortschaften. Zum gleichen Zeitpunkt wurde Lübbecke Kreisstadt und der Kreis entsprechend umbenannt. Das Amt des Landrats wurde durch Adolf von der Horst jedoch noch bis 1870 von der Ellerburg aus ausgeübt.

1843 wurden im Kreis Lübbecke elf Ämter gebildet, bei deren Einrichtung man sich stark an den alten Kirchspielen orientierte: Alswede, Blasheim, Börninghausen, Dielingen, Gehlenbeck, Holzhausen, Levern, Oldendorf, Rahden, Schnathorst (ab 1849 umbenannt in Amt Hüllhorst) und Wehdem. Die Anzahl der Ämter wurde in der Folgezeit durch Zusammenlegungen der Ämter Dielingen und Wehdem sowie Oldendorf, Börninghausen, Holzhausen und Blasheim auf sieben reduziert.

Reineberg gehörte 1816 zu Holsen, wird 1821 als selbständige Ortschaft genannt und kam später zu Ahlsen, das in Ahlsen-Reineberg umbenannt wurde. Zum 1. Januar 1849 wurde Sielhorst von Varl und zum 1. Mai 1858 Tonnenheide von Wehe abgetrennt und bildeten selbständige Gemeinden. 1858 und 1871 ist Twiehausen als selbständige Gemeinde genannt; vorher und bis 1936 gehörte der Ort zur Gemeinde Destel. Eininghausen, Heddinghausen, Obermehnen und Stockhausen sind in den Gemeindestatistiken des Kreises bis einschließlich 1871 gesondert aufgeführt, waren aber keine politisch selbständigen Gemeinden: Eininghausen gehörte zu Börninghausen, Heddinghausen zu Holzhausen und Obermehnen und Stockhausen zu Blasheim.

In den 1850er-Jahren entstanden die fünf Gutsbezirke Haldem (aus der Gemeinde Haldem) sowie Benkhausen, Ellerburg, Hollwinkel und Hüffe (aus der Gemeinde Alswede). Oldendorf hatte die Landgemeindeordnung angenommen und wurde im 19. Jahrhundert nicht mehr als Stadt geführt (1871 als Flecken). 1858 gliederte sich der Kreis in eine amtsfreie Stadt sowie 50 amtangehörige Gemeinden und fünf Gutsbezirke in sieben Ämtern:

Amt Gemeinden
amtsfrei Stadt Lübbecke
Alswede Alswede, Gut Benkhausen, Gut Ellerburg, Fabbenstedt, Hedem, Gut Hollwinkel, Gut Hüffe, Lashorst, Vehlage
Dielingen (später Dielingen-Wehdem) Arrenkamp, Dielingen, Drohne, Haldem, Gut Haldem, Oppendorf, Oppenwehe, Wehdem, Westrup
Gehlenbeck Frotheim, Gehlenbeck, Isenstedt, Nettelstedt
Hüllhorst (zuvor Schnathorst) Ahlsen-Reineberg, Bröderhausen, Büttendorf, Holsen, Hüllhorst, Oberbauerschaft, Schnathorst, Tengern
Levern Destel, Levern, Niedermehnen, Sundern, Twiehausen
Rahden Großendorf, Kleinendorf, Sielhorst, Ströhen, Tonnenheide, Varl, Wehe
Oldendorf Blasheim, Börninghausen, Eininghausen, Engershausen, Getmold, Harlinghausen, Heddinghausen, Holzhausen, Obermehnen, Oldendorf, Offelten, Schröttinghausen, Stockhausen

Diese Gliederung in Gemeinden, Ämter und amtsfreie Städte hatte prinzipiell bis 1972 Bestand. 1867 wurde Eilhausen durch Ausgliederung aus Gehlenbeck im Amt Gehlenbeck gebildet. 1905 erhielt die Stadt Oldendorf den Namenszusatz „Preußisch“, um 1910 ebenfalls die Gemeinde Ströhen. 1908 bestand der Kreis aus 52 Gemeinden, darunter die amtsfreie Stadt Lübbecke, die amtsangehörige Stadt Preußisch Oldendorf und die fünf Gutsbezirke. 1909 wurde Huchzen durch Ausgliederung aus Tengern im Amt Hüllhorst gebildet. Zum 1. April 1910 wurde dann Espelkamp durch Ausgliederung aus Großendorf im Amt Rahden gebildet. Ebenfalls 1910 wurde Großendorf in Rahden umbenannt. Die Gutsbezirke wurden 1929 den Gemeinden eingegliedert, aus denen sie in den 1850er-Jahren ausgegliedert worden waren. Zum 1. April 1936 wurde Twiehausen durch Ausgliederung aus Destel im Amt Levern gebildet. Das Amt Dielingen wurde in der ersten Hälfte des Jahrhunderts in Amt Dielingen-Wehdem umbenannt, der Amtssitz verblieb in Dielingen. Von 1939 bis 1969 trug der Kreis die Bezeichnung „Landkreis Lübbecke“.

Der Kreis Lübbecke war eine Hochburg der Nationalsozialisten. Bei der Reichstagswahl am 31. Juli 1932 erreichte die NSDAP einen Stimmenanteil von über 60 %.

Espelkamp entwickelte sich ab etwa 1938 verhältnismäßig rasant. Grundstein für diese Entwicklung bildete der Aufbau der Munitionsfabrik Muna 1938/1939. Am 4. April 1945 erreichten englische und kanadische Truppen den Kreis. Der Krieg war damit im Kreisgebiet beendet. Das Gebiet lag nach dem Krieg vollständig in der Britischen Besatzungszone. Die britischen Besatzer hatten ihr Hauptquartier zunächst in Bad Oeynhausen und quartierten sich daher auch lange Zeit in der Kreisstadt Lübbecke ein.

Mit der offiziellen Auflösung Preußens und damit auch der Provinz Westfalen durch den Alliierten Kontrollrat 1947 und der vorhergehenden Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 1946 wurde der Regierungsbezirk Minden und damit der Landkreis Lübbecke Teil des neuen Landes Nordrhein-Westfalen. Durch den Beitritt des Landes Lippe zum Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 1947 (1948 formal vollzogen) wurde der Regierungsbezirk Minden 1947 um die lippischen Gebiete vergrößert. Dem nun nach dem neuen Verwaltungssitz als Regierungsbezirk Detmold bezeichneten Bezirk (kurzzeitig und anfänglich als „Regierungsbezirk Minden-Lippe“ bezeichnet) gehörte der Kreis Lübbecke bis zu seiner Auflösung an. Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde 1949 auch der Landkreis Lübbecke Teil der Bundesrepublik. Espelkamp setzte auch nach dem Krieg und dem Ende der Munitionsfabrik seinen Weg zur dritten Stadt des Kreises Lübbecke fort, da in die zunächst leerstehenden Baracken der Munitionsfabrik die Einquartierung vieler Vertriebener erfolgte. 1959 erhielt Espelkamp Stadtrechte und wurde 1966 amtsfrei.

Der Kreis Lübbecke gliederte sich zuletzt (1972) in zwei amtsfreie Städte sowie 48 amtsangehörige Städte und Gemeinden in sieben Ämtern:

Amt Gemeinden
amtsfrei Stadt Espelkamp, Stadt Lübbecke
Alswede Alswede, Fabbenstedt, Hedem, Lashorst, Vehlage
Dielingen-Wehdem Arrenkamp, Dielingen, Drohne, Haldem, Oppendorf, Oppenwehe, Wehdem, Westrup
Gehlenbeck Eilhausen, Frotheim, Gehlenbeck, Isenstedt, Nettelstedt
Hüllhorst Ahlsen-Reineberg, Bröderhausen, Büttendorf, Holsen, Huchzen, Hüllhorst, Oberbauerschaft, Schnathorst, Tengern
Levern Destel, Levern, Niedermehnen, Sundern, Twiehausen
Rahden Kleinendorf, Preußisch Ströhen, Rahden, Sielhorst, Tonnenheide, Varl, Wehe
Oldendorf Blasheim, Börninghausen, Engershausen, Getmold, Harlinghausen, Holzhausen, Offelten, Stadt Preußisch Oldendorf, Schröttinghausen

Maßnahmen und Planungen im Zuge der Gebietsreform

Im Rahmen der nordrhein-westfälischen Gebietsreform wurde der Kreis im Zuge der Umsetzung des „Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Bielefeld (Bielefeld-Gesetz)“ zum 1. Januar 1973 mit dem Kreis Minden zum Kreis Minden-Lübbecke vereinigt. Ebenfalls durch dieses Gesetz festgelegt wurde der Zusammenschluss der Städte und Gemeinden des Kreises zu den sechs Städten und Gemeinden Espelkamp, Hüllhorst, Lübbecke, Preußisch Oldendorf, Rahden und Stemwede.

Einst war das Kennzeichen LK europaweit zu sehen, wie hier 1972 in Südtirol

Die Zusammenlegung mit dem Kreis Minden wurde vom Lübbecker Kreistag heftig bekämpft. Durch den Kreis Lübbecke wurden Gegenvorschläge erarbeitet: Zunächst gab es die Auffassung, dass es überhaupt kein Erfordernis gäbe, den Kreis Lübbecke aufzulösen. Ein Vorschlag der s. g. ersten Variante sah vor, die Kreise Lübbecke und Minden so zu belassen und nur den Landkreis Herford mit der kreisfreien Stadt Herford zu vereinen. Auch stritt man für einen durch Teile der Kreise Minden und Herford vergrößerten „Wiehengebirgskreis“ mit Sitz in Lübbecke. Als dieser Vorschlag auf wenig Gegenliebe bei der Landesregierung stieß, favorisierte man die Schaffung eines Großkreises „Minden-Ravensberg“, der die heutigen Kreise Minden-Lübbecke und Herford umfasst hätte, und der wirtschaftlichen und historischen Verflechtung im Bereich der Ravensberger Mulde Rechnung getragen hätte. Einige Zeit galt dieser Großkreis als aussichtsreicher Kandidat: Nachdem der Gesetzentwurf mit der 3er-Lösung Minden-Lübbecke-Herford die erste Lesung im Düsseldorfer Landtag überstanden hatte, wurde dann befürchtet, dass ein Großkreis Minden-Ravensberg mit über 500.000 Einwohnern zu einem Präzedenzfall für den Zuschnitt anderer Kreise werden könnte. In der 2. Lesung im Landtag wurde deutlich, dass der Großkreis keine Chance mehr haben würde.[2] Es kam dann somit zu der wenig gewünschten „Minden-Lübbecke-Lösung.“ Dass der neue Kreis auch „Lübbecke“ im Namen trägt, geht auf einen Fehler des Düsseldorfer Landtages zurück, der die ursprüngliche reine Arbeitsbezeichnung irrtümlich im Bielefeld-Gesetz für den neuen Kreis festlegte. Immerhin hat dieser Doppelname zur Folge, dass auch die Bewohner des Altkreises Lübbecke sich mehr und mehr mit dem neuen Kreis identifizieren können.[2]

Vorschläge des Kreises Lübbecke zur Kommunal- und Kreisreform - die Gegenvorschläge sahen bei einer Kommunalreform eine Gebietskontinuität der Amtsgrenzen vor. Die Neugliederumng der Gemeinden zu Großgemeinden sollte in zwei Schritten erfolgen. Zudem war nur eine moderate Vergrößerung der Städte Espelkamp und Lübbecke vorgesehen. Für Levern-Alswede und Dielingen-Wehdem war ein Sonderfall vorgesehen, da die jeweiliegen Hauptortschaften an der Perepherie lagen, sollte die Verwaltung geteilt, bzw. je zwei Teilgemeinden entstehen. Ein Weg, den man später dann in der Gemeinde Stemwede gegangen ist, die heute aus drei Gemeindebezirken besteht. Im Einzelnen sahen die vorgeschlagenen Stufen wie folgt aus: In der ersten Stufe wollte man an einer größeren Zahl von Gemeinden festhalten, die überwiegend, entsprechend den bisherigen Regelungen, durch Ämter zusammengefasst werden sollten: Es waren folgende Verwaltungseinheiten geplant:

  • Die Städte Espelkamp und Lübbecke
  • Amt Hüllhorst (mit den Gemeinden Hüllhorst, Oberbauerschaft, Schnathorst)
  • Amt Preußisch Oldendorf (mit den Gemeinden Preußisch Oldendorf, Holzhausen, Börninghausen)
  • Amt Rahden (mit den Gemeinden Rahden, Varl, Wehe, Tonnenheide, Preußisch Ströhen)
  • Amt Dielingen-Wehdem (mit den Gemeinden Dielingen, Haldem, Wehdem, Oppenwehe)
  • Amt Gehlenbeck (mit den Gemeinden Gehlenbeck, Nettelstedt, Isenstedt, Frotheim)
  • Amt Levern-Alswede (mit den Gemeinden Levern, Alswede)

Für die zweite Stufe der kommunalen Neuordnung war die Umwandlung der meisten Ämter in Einheitsgemeinden vorgesehen. Im Ergebnis sollte die Zahl der Gemeinden in der ersten Stufe von 50 auf 23 und dann in der zweiten Stufe weiter auf 10 reduziert werden. Nur für den Raum Dielingen-Wehdem und Levern-Alswede hielt man die Bildung von jeweils zwei Gemeinden unter der Klammer des Amtes auf Dauer für sinnvoll, da es dem Ämtern Alswede-Levern und Dielingen-Wehdem an einem unumstritteten Zentralort mangelte.



Einwohnerentwicklung

Bevölkerungsentwicklung im Kreis Lübbecke von 1818 bis 1970

Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen des Kreises Rahden/Lübbecke nach dem jeweiligen Gebietsstand. Eine Änderung des Gebietsstandes ergab sich durch die Eingliederung einiger Gemeinden des aufgelösten Kreises Bünde zum 1. Januar 1832. Bei den Zahlen handelt es sich um Volkszählungsergebnisse.[3][4][5] Die Angaben beziehen sich ab 1871 sowie für 1946 auf die Ortsanwesende Bevölkerung und ab 1925 auf die Wohnbevölkerung. Vor 1871 wurden die Einwohnerzahlen nach uneinheitlichen Erhebungsverfahren ermittelt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nach dem 1. Weltkrieg wanderten etwa 10.000 Bewohner des Kreises in die USA aus.[6][7]

Jahr Einwohner
1818 (31. Dez.) 30.582
1822 (31. Dez.) 33.763
1825 (31. Dez.) 35.951
1831 (31. Dez.) 39.005
1834 (31. Dez.) 44.876
1837 (31. Dez.) 46.543
1840 (31. Dez.) 48.515
1843 (31. Dez.) 49.479
Jahr Einwohner
1846 (3. Dez.) 49.343
1849 (3. Dez.) 49.128
1852 (3. Dez.) 50.249
1855 (3. Dez.) 49.002
1858 (3. Dez.) 48.045
1861 (3. Dez.) 48.792
1864 (3. Dez.) 49.566
1867 (3. Dez.) 48.992
Jahr Einwohner
1871 (1. Dez.) 47.593
1880 (1. Dez.) 47.928
1885 (1. Dez.) 45.957
1890 (1. Dez.) 46.877
1895 (1. Dez.) 47.742
1900 (1. Dez.) 49.103
1905 (1. Dez.) 50.830
1910 (1. Dez.) 53.546
Jahr Einwohner
1925 (16. Juni) 55.400
1933 (16. Juni) 57.955
1939 (17. Mai) 58.771
1946 (29. Okt.) 76.013
1950 (13. Sep.) 79.110
1961 (6. Juni) 84.620
1970 (27. Mai) 91.762

1960 zählten 15.700 Vertriebene aufgrund des Zweiten Weltkrieges zur Bevölkerung des Kreises.[8]

Heutige Zugehörigkeit

Gliederung des Altkreises ab 1973
Flächenmäßig sind die beiden Altkreise etwa gleich groß. Hinsichtlich des Umfangs der Wälder, landwirtschaftlichen Flächen und Gebirges dominiert der Altkreis Lübbecke (Flächenangaben in Km²)

Das Gebiet des ehemaligen Kreises Lübbecke entspricht heute dem westlichen Teil des heutigen Kreises Minden-Lübbecke. Im Volksmund ist die Bezeichnung Altkreis Lübbecke geläufig. So heißt es auf einer inoffiziellen Seite des Altkreises treffend: Der Altkreis-Lübbecke ist ein historischer gewachsener Kommunikationsraum im Kreis Minden-Lübbecke mit den Kommunen: Espelkamp, Hüllhorst, Lübbecke, Pr.Oldendorf, Rahden, Stemwede [9] Bei der Zusammenlegung 1973 blieben die Kreisgrenzen in gewisser Weise unangetastet. Die ehemalige Grenze zwischen den Kreisen Minden und Lübbecke wird heute durch die Ostgrenze von Espelkamp, Lübbecke und Hüllhorst, bzw. die Westgrenze von Hille und Bad Oeynhausen beschrieben. Die heutigen Kommunen sind daher klar und vollständig dem einen oder anderen Altkreis zuzuordnen, ein Umstand der die Identifikation mit dem Altkreis Lübbecke eher begünstigt, die hier auch stärker ausgeprägt ist als bei den Bewohnern des Altkreises Minden mit deren geographischem Teilbereich. Mit der Vereinigung der Kreise wurden Gebietskörperschaften zusammengelegt, die einerseits viele Ähnlichkeiten haben, andererseits aber auch signifikante Unterschiede aufweisen. Den Kreisteilen gemeinsam ist prinzipiell die natur- und kulturräumliche Gliederung mit einem Anteil an der Ravensberger Mulde im Süden und der flächenmäßig dominierenden Norddeutschen Tiefebene im Norden, getrennt durch das von Ost nach West querende Wiehen-/ Wesergebirge. Auch weisen beide Altkreise einen im Landes- und Bundesvergleich geringen Anteil von Waldflächen und einem entsprechend hohen Anteil landwirtschaftlicher Flächen auf. Der augenscheinlichste Unterschied besteht in dem Grad der Verstädterung: Der Altkreis Minden weist in weiten Bereichen Kennzeichen eines Verdichtungsraumes auf, während der Altkreis Lübbecke eher ländlich geprägt und dünn besiedelt ist.

Ausgewählte Strukturdaten
im Vergleich
Einwohner/km² Anzahl der
Kommunen
durchschnitt-
liche
Fläche
pro Kommune
durchschnitt-
liche
Einwohner
pro Kommune
Flächenanteil
Ravensberger
Hügelland
Waldflächen-
anteil im
jeweiligen Gebiet
Anteil-
landwirtschaftl.
Flächen im
jeweiligen Gebiet
Kreis Minden-Lübbecke 274 11 104,7 km² 28.708 14,0% 11,2% 65,7%
Altkreis Lübbecke 190 6 94,1 km² 17.877 6,3% 12.4% 69,6%
Altkreis Minden 355 5 117,5 km² 41.704 21,5% 10,0% 62,2%
zum Vergleich
OWL
314 70 93,1 km² 29.294 - 21,0% 67,0%
NRW 524 394 86,5 km² 45.362 - 25.5% 49,2%


Das ehemalige Kreisgebiet gliedert sich in die Städte Lübbecke, Espelkamp, Preußisch Oldendorf und Rahden sowie die Gemeinden Hüllhorst und Stemwede. Der Kreis Lübbecke hätte heute rund 107.300 Einwohner (Stand: 2009) auf einer Fläche von rund 565 km², was einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 190 Einwohnern je km² entspricht. Das Gebiet des Altkreises Lübbecke umfasst fast 49 % der Fläche und beherbergt etwa 34 % der Bewohner des heutigen Kreises Minden-Lübbecke.

Vergleich der Bodennutzung der Altkreise Lübbecke und Minden

Die Grenzen des Altkreises Lübbecke sind heute noch zu erkennen, Beispiele hierfür sind

  • der Evangelische Kirchenkreis Lübbecke (räumlich bis auf kleine Abweichungen[10] identisch mit dem Altkreis),
  • die Fußball-Kreisliga,
  • der DRK Kreisverband Altkreis Lübbecke,
  • der Schützenkreis Lübbecke,
  • die Volkshochschule Altkreis Lübbecke,
  • die Bezeichnung Volksbank Lübbecker Land
  • sowie die Lokalausgaben des Westfalen-Blattes („Lübbecker Kreiszeitung“) und der Neuen Westfälischen.

In Lübbecke erinnert die Kreishausstraße noch an den früheren Sitz der Kreisverwaltung. Daneben gibt es in Lübbecke mit einem Finanzamt und einer Zulassungsstelle des Straßenverkehrsamtes noch heute Institutionen einer Kreisstadt.

Politik und Verwaltung

Ergebnisse der Kreistagswahlen ab 1946

In der Liste werden nur Parteien und Wählergemeinschaften aufgeführt, die mindestens 1,95 Prozent der Stimmen bei der jeweiligen Wahl erhalten haben:

Jahr CDU SPD FDP BHE1
1946 61,5 36,7
1948
1952 31,8 40,0 22,8 3,2
1956 35,0 42,1 18,3 4,1
1961 36,1 41,8 18,3 3,3
1964 36,3 46,7 17,0
19692 40,7 44,7 9,6

1 BHE: 1952 und 1956: BHE, 1961: GB/BHE
2 1969: zusätzlich: NPD: 5,0 % (4,98 %)

Quelle: Jeweiliges Heft des Statistischen Landesamtes (LDS NRW), Mauerstr. 51, Düsseldorf, mit den Wahlergebnissen auf der Kreisebene. Die Zahlen von 1948 liegen nicht vor.

Landräte

Die Landräte des Kreises Rahden bzw. Lübbecke waren:

Oberkreisdirektoren

Die Oberkreisdirektoren des Kreises Lübbecke waren:

Wappen

Bis 1968 führte der Kreis ein Wappen mit folgender Blasonierung: In silbernem Schilde ein bis zum Schildhaupt hochgezogener mit einem silbernen Wellenbalken belegter roter Dreiberg.

Der Wellenbalken deutet auf die etymologische Bedeutung von Lübbecke hin, was sich von Hlid beki (Beki meint Bach) ableitet. Die Wappenfarben sind die Farben sowohl des Fürstbistums Minden als auch der Grafschaft Ravensberg. Dieses Wappen wurde 1935 durch das preußische Staatsministerium genehmigt.

Von 1968 bis 1973 führte der Kreis das folgende Wappen: In einem silbernen Schild ein zinnenbewehrter Turm aus blauem Mauerwerk auf rotem Dreiberg, der mit zwei silbernen, gekreuzten Schlüssel mit abgewendeten Barten belegt ist.

Turm und Dreiberg symbolisieren den Limberg und die Burg auf dem Limberg. Diese Symbole stehen für die die ehemals der Grafschaft Ravensberg zugehörigen Gebiete, die im Amt Limberg organisiert waren und später das südwestliche Teilgebiet des Kreises Lübbecke ausmachten. Schlüssel und rotes Feld stehen dabei für die restlichen Teile des Kreises, die ehemals dem Fürstentum Minden zugehörig waren. Diese Schlüssel auf rotem (mindischen) Grund finden sich daher auch im Wappen der Bischöfe von Minden, der Stadt Minden sowie im Wappen des Kreises Minden-Lübbecke. Auch letzteres kombiniert Symbole der Grafschaft Ravensberg und des Fürstentum Mindens. Die Schlüssel symbolisieren die Schlüssel des Heiligen Petrus.

Kfz-Kennzeichen

Das Kfz-Kennzeichen des ehemaligen Landkreises war LK. Vereinzelt tragen Fahrzeuge noch dieses Kennzeichen, die vor der Gebietsreform von 1974 für den Straßenverkehr zugelassen wurden. Dabei handelt es sich überwiegend um land- und forstwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge und Anhänger. Im Jahre 2011 waren im Altkreis noch 1.074 Kfz-Kennzeichen mit dem Kürzel LK vorhanden[11]. Durch einen Vorstoß der Verkehrsminister der Länder könnte es in 2011 bereist dazu kommen, dass im Altkreis Lübbecke das Kürzel LK als Wunschkennzeichen vergeben werden kann. Dies Möglichkeit wurde zwar vom (mehrheitlich mindisch geprägten) Kreistag abgelehnt, Lokalpolitiker des Lübbecker Landes, wie z.B. der Bürgermeister der Stadt Lübbecke, sprachen sich jedoch eindeutig für diese Möglichkeit aus.

Literatur

  • Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Statistische Rundschau für den Landkreis Lübbecke. Düsseldorf 1968.
  • Gerhard Stalling AG (Hrsg.): Der Kreis Lübbecke. Verlagsgruppe Kommunalpolitik + Wirtschaft, Oldenburg 1972.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Genaugenommen ist das Lübbeckerer Land nur der Teilbereich nördlich des Wiehengebirges, also ohne die Gemeinde Hüllhorst
  2. a b Dirk Möllering (Hrsg.): Aufbau und Strukturwandel im Altkreis Lübbecke. Lübbecke 2001, S. 427 ff.
  3. Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Gemeindestatistik des Landes Nordrhein-Westfalen: Bevölkerungsentwicklung 1816–1871. Düsseldorf 1966, S. 60–63.
  4. Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Gemeindestatistik des Landes Nordrhein-Westfalen: Bevölkerungsentwicklung 1871–1961. Düsseldorf 1964, S. 66–67.
  5. Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Die Wohnbevölkerung in den Gemeinden Nordrhein-Westfalens 1970 : Ergebnisse der Volkszählung am 27. Mai 1970. Düsseldorf 1972, S. 41.
  6. Heinz-Ulrich Kammeier: Die Vereinigten Staaten 1869, 1877, 1927 und 1928 in Briefen von Auswanderern aus dem Kreis Lübbecke. Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins, Jahrgang 56 (1984), S. 101-111.
  7. Heinz-Ulrich Kammeier: Aspekte der Amerika-Auswanderung aus den ehemaligen Ämtern Levern und Gehlenbeck zwischen 1850 und 1860. Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins, Jahrgang 59 (1987), S. 91-102.
  8. Verwaltungsgeschichte.de: Landkreis Lübbecke
  9. Internetauftritt des Altkreises Lübbecke
  10. Die niedersächsischen Orte Büscherheide und Stemshorn gehören auch zum Kirchenkreis Lübbecke
  11. Artikel zur Wiedereinführung der alten Kfz-Kennzeichen

Weblinks

 Commons: Kreis Lübbecke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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