Zollparlamentswahl 1868

Zollparlamentswahl 1868
Bayern, Württemberg, Baden, Hessen und der Norddeutsche Bund 1868

Die Zollparlamentswahl 1868 fand in Bayern, Württemberg und Baden sowie im Südteil des Großherzogtums Hessen an verschiedenen Tagen im Februar und März des Jahres 1868 statt. Bei dieser Wahl wurden 85 süddeutsche Abgeordnete für das deutsche Zollparlament gewählt. Die Länder des Norddeutschen Bundes wurden im Zollparlament durch die 297 Abgeordneten vertreten, die bereits im August 1867 bei der Wahl zum Reichstag des Norddeutschen Bundes gewählt worden waren und nun automatisch auch Abgeordnete des Zollparlaments wurden. Insgesamt umfasste das Zollparlament somit 382 Abgeordnete.[1]

Inhaltsverzeichnis

Ergebnis

Insgesamt siegten die Gegner einer kleindeutschen Lösung unter preußischer Führung. Insbesondere in Bayern und Württemberg zeigte sich diese Tendenz. In Baden und in Hessen siegten die preußenfreundlichen Nationalliberalen. Die wichtigste politische Konsequenz der Wahl war, dass im Zollparlament die Gegner der Politik Otto von Bismarcks über eine Mehrheit verfügten.[2]

Gewählte Abgeordnete

In jedem der insgesamt 85 süddeutschen Wahlkreise wurde nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, wurde eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten durchgeführt. Eine vollständige Darstellung der Wahlergebnisse nach Parteien bzw. eine eindeutige parteipolitische Zuordnung aller Kandidaten ist nicht überliefert.

Bayern

Das Königreich Bayern entsandte 48 Abgeordnete ins Zollparlament. Ende der 1860er-Jahre konkurrierten in Bayern zwei politische Lager:

  • die konservativen, katholischen und großdeutsch orientierten Kräfte, die der kleindeutschen Politik Otto von Bismarcks ablehnend gegenüberstanden und aus denen 1869 die Bayerische Patriotenpartei hervorging
  • die in der Bayerischen Fortschrittspartei organisierten Liberalen, die einen zügigen Beitritt Bayerns zum Norddeutschen Bund als Schritt zu einer kleindeutschen Einigung befürworteten

Die Wahl in Bayern am 10. Februar 1868 erbrachte einen eindeutigen Sieg der preußenfeindlichen „Patrioten“, die etwa doppelt soviele Sitze gewinnen konnten wie die Liberalen.[3] Eine dritte Gruppe von Abgeordneten war keinem der beiden Lager eindeutig zuzuordnen. Die folgende Liste enthält die 48 bayerischen Wahlkreise mit den gewählten Abgeordneten und ihrer politischen Richtung.[4]

Oberbayern
1 München I (Altstadt, Lehel, Maxvorstadt) Gustav von Schlör
2 München II (Isarvorstadt, Ludwigsvorstadt, Au, Haidhausen, Giesing), München-Land, Starnberg, Wolfratshausen Franz Kester
3 Aichach, Friedberg, Dachau, Schrobenhausen Carl von Meixner Patriot
4 Ingolstadt, Freising, Pfaffenhofen Peter Karl von Aretin Patriot
5 Wasserburg, Erding, Mühldorf Andreas Freytag Patriot
6 Weilheim, Werdenfels, Bruck, Landsberg, Schongau Karl von Eichthal Patriot
7 Rosenheim, Ebersberg, Miesbach, Tölz Max von Neumayr Patriot
8 Traunstein, Laufen, Berchtesgaden, Altötting Wilhelm von Thüngen Patriot
Niederbayern
1 Landshut, Dingolfing, Vilsbiburg Karl von Ow Patriot
2 Straubing, Bogen, Landau, Vilshofen Joseph Lukas Patriot
3 Passau, Wegscheid, Wolfstein, Grafenau Adolf Krätzer Patriot
4 Pfarrkirchen, Eggenfelden, Griesbach Joseph Bucher Patriot
5 Deggendorf, Regen, Viechtach, Kötzting Aloys Hafenbrädl Patriot
6 Kelheim, Rottenburg, Mallersdorf Johann Nepomuk Sepp Patriot
Pfalz
1 Speyer, Ludwigshafen, Frankenthal Ludwig Römmich
2 Landau, Neustadt an der Haardt Ludwig Andreas Jordan liberal
3 Germersheim, Bergzabern Ferdinand von Soyer
Nachwahl 1869: Julius Petersen
liberal
4 Zweibrücken, Pirmasens Georg Adolf Schwinn liberal
5 Homburg, Kusel Joseph Benzino liberal
6 Kaiserslautern, Kirchheimbolanden Georg Friedrich Kolb
Oberpfalz
1 Regensburg, Burglengenfeld, Stadtamhof Johann Michael Diepolder Patriot
2 Amberg, Nabburg, Sulzbach, Eschenbach Joseph Gürster Patriot
3 Neumarkt, Velburg, Hemau Josef Edmund Jörg Patriot
4 Neunburg, Waldmünchen, Cham, Roding Karl von Schrenck von Notzing Patriot
5 Neustadt a. d. Waldnaab, Vohenstrauß, Tirschenreuth Albert Wild Patriot
Oberfranken
1 Hof, Naila, Rehau, Münchberg Friedrich Jansen liberal
2 Bayreuth, Wunsiedel, Berneck Friedrich Feustel liberal
3 Forchheim, Kulmbach, Pegnitz, Ebermannstadt Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst
4 Kronach, Staffelstein, Lichtenfels, Stadtsteinach, Teuschnitz Karl Pfretzschner liberal
5 Bamberg, Höchstadt Eugen Schneider
Mittelfranken
1 Nürnberg Carl Crämer liberal
2 Erlangen, Fürth, Hersbruck Heinrich Marquardsen liberal
3 Ansbach, Schwabach, Heilsbronn Franz August Schenk von Stauffenberg liberal
4 Eichstätt, Beilngries, Weissenburg Georg Arbogast von und zu Franckenstein Patriot
5 Dinkelsbühl, Gunzenhausen, Feuchtwangen Otto Erhard liberal
6 Rothenburg ob der Tauber, Neustadt an der Aisch Marquard Adolph Barth liberal
Unterfranken
1 Aschaffenburg, Alzenau, Obernburg, Miltenberg Heinrich Karl Kurz Patriot
2 Kitzingen, Gerolzhofen, Ochsenfurt, Volkach Hermann von und zu Guttenberg
3 Lohr, Karlstadt, Hammelburg, Marktheidenfeld, Gemünden Carl Franz Wilhelm Edel
4 Neustadt an der Saale, Brückenau, Mellrichstadt, Königshofen, Kissingen Friedrich von Luxburg
Nachwahl 1868: Ludwig von Zu Rhein
5 Schweinfurt, Haßfurt, Ebern Kaspar Meder Patriot
6 Würzburg Friedrich von Zu Rhein Patriot
Schwaben
1 Augsburg, Wertingen Karl Barth Patriot
2 Donauwörth, Nördlingen, Neuburg Aloys von Arco-Stepperg Patriot
3 Dillingen, Günzburg, Zusmarshausen Maximilian von und zu Arco-Valley Patriot
4 Illertissen, Neu-Ulm, Memmingen, Krumbach Karl Maria von Aretin
Nachwahl Mai 1868: Maximilian von Seinsheim-Grünbach
Patriot
5 Kaufbeuren, Mindelheim, Oberdorf, Füssen Jakob Miller Patriot
6 Immenstadt, Sonthofen, Kempten, Lindau Josef Völk liberal

Baden

Die Wahl im Großherzogtum Baden fand am 22. Februar 1868 statt. Nationalliberale kleindeutsch orientierte Abgeordnete gewannen acht Sitze; großdeutsch orientierte Katholiken und Konservative sechs Sitze.[3] Die folgende Liste enthält die 14 badischen Wahlkreise mit den gewählten Abgeordneten und ihrer politischen Richtung.[4]

1 Konstanz, Überlingen, Stockach, Meßkirch Roderich von Stotzingen konservativ
2 Donaueschingen, Villingen, Neustadt im Schwarzwald Ludwig Kirsner klerikal
3 Waldshut, Säckingen, Jestetten Joseph Hebting nationalliberal
4 Lörrach, Müllheim, Staufen, Breisach Franz von Roggenbach nationalliberal
5 Freiburg, Emmendingen, Waldkirch Eduard Fauler nationalliberal
6 Lahr, Offenburg, Kenzingen, Ettenheim Franz Roßhirt klerikal
7 Wolfach, Triberg, Gengenbach, Oberkirch, Achern Otto Dahmen klerikal
8 Rastatt, Bühl, Baden-Baden, Kehl Jakob Lindau klerikal
9 Pforzheim, Ettlingen, Gernsbach, Durlach August Dennig nationalliberal
10 Karlsruhe, Bruchsal Ernst von Göler-Ravensburg nationalliberal
11 Mannheim, Schwetzingen, Wiesloch, Philippsburg Heinrich Christian Diffené nationalliberal
12 Heidelberg, Buchen, Weinheim, Eberbach Gustav Herth nationalliberal
13 Bretten, Sinsheim, Eppingen, Mosbach Johann Caspar Bluntschli nationalliberal
14 Tauberbischofsheim, Wertheim, Adelsheim, Boxberg, Walldürn Ferdinand Bissing klerikal

Großherzogtum Hessen

Die Wahl in den Provinzen Rheinhessen und Starkenburg des Großherzogtums Hessen fand am 28. Februar 1868 statt. Die Provinz Oberhessen gehörte zum Norddeutschen Bund und hatte bereits 1867 drei Abgeordnete für den Reichstag des Norddeutschen Bundes gewählt, die automatisch auch Mitglieder des Zollparlaments wurden. In Hessen siegte 1868 die nationalliberale und bismarckfreundliche Richtung.[3]Die folgende Liste enthält die sechs hessischen Wahlkreise mit den 1868 gewählten Abgeordneten.[4]

4 Darmstadt, Groß-Gerau August Fabricius freikonservativ
5 Offenbach, Dieburg August Kugler nationalliberal
6 Erbach, Bensheim, Lindenfels, Neustadt im Odenwald Franz Fink freikonservativ
7 Worms, Heppenheim, Wimpfen Johann Pfannebecker nationalliberal
8 Mainz, Oppenheim Ludwig Bamberger nationalliberal
9 Bingen, Alzey August Metz nationalliberal

Württemberg

Die Wahl im Königreich Württemberg fand am 24. März 1868 statt. Es siegten ausschließlich antipreußische und großdeutsch orientierte Abgeordnete. Die kleindeutsch und nationalliberal orientierte Deutsche Partei konnte keinen einzigen Sitz gewinnen.[3] Die folgende Liste enthält die 17 württembergischen Wahlkreise mit den gewählten Abgeordneten.[4]

1 Ravensburg, Tettnang, Wangen, Leutkirch Constantin Franz von Neurath
2 Waldsee, Saulgau, Riedlingen, Ehingen Rudolf Probst
3 Ulm, Laupheim, Biberach Albert Schäffle
Nachwahl 1869: August Becher
4 Blaubeuren, Kirchheim, Urach Karl von Varnbüler
5 Gmünd, Göppingen, Geislingen, Heidenheim Karl Freisleben
6 Esslingen, Nürtingen, Schorndorf, Welzheim Karl Deffner
7 Aalen, Neresheim, Ellwangen, Gaildorf Moritz Mohl
8 Gerabronn, Crailsheim, Mergentheim Hermann von Mittnacht
9 Öhringen, Weinsberg, Künzelsau Gottlob Tafel
10 Heilbronn, Brackenheim, Besigheim, Maulbronn Karl Reibel
11 Hall, Backnang, Marbach, Vaihingen August Oesterlen
12 Cannstatt, Ludwigsburg, Leonberg, Waiblingen Johann Friedrich Ramm
13 Stuttgart Rudolf Knosp
14 Nagold, Calw, Böblingen, Neuenbürg Georg Martin Doertenbach
15 Reutlingen, Tübingen, Rottenburg Friedrich Ammermüller
16 Freudenstadt, Horb, Oberndorf, Herrenberg, Sulz Wilhelm Erath
17 Balingen, Rottweil, Tuttlingen, Spaichingen Wilhelm Vayhinger

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde, Bayern, Württemberg, Baden und Hessen, die Fortdauer des Zoll- und Handelsvereins betreffend. 8. Juli 1867, abgerufen am 11. März 2010 (Artikel 9).
  2. Gordon A. Craig: Deutsche Geschichte 1866–1945. C. H. Beck, 1993, ISBN 340607815X, S. 29, (Digitalisat)
  3. a b c d Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918. C. H. Beck, 1995, ISBN 3406348017, S. 11–75 (Digitalisat)
  4. a b c d Hirth’s Parlaments-Almanach für 1868. 7. Ausgabe, 6. Mai 1868. Verlag von Franz Duncker, Berlin 1868 (Digitalisat)

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