Plattform (Automobil)

Plattform (Automobil)

Eine Plattform bezeichnet bei Automobilen eine technische Basis, auf der äußerlich verschiedene Modelle aufbauen. Sie verbindet ein Chassis mit einem Radkasten innen zu einer Einheit, die wenig Einfluss auf die Außenhaut (Karosserie) eines Fahrzeugs hat. Auf der Plattform können technische Komponenten wie Motor oder Getriebe im Baukastensystem montiert werden, so dass einzelne technische Entwicklungen in mehreren Modellen verwendet werden können. Dadurch werden die Entwicklungskosten pro Modell gesenkt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Vor dem zweiten Weltkrieg, als Karosserien nicht selbsttragend waren, sondern auf einem Fahrgestellrahmen (Chassis) aufsetzten, war die Plattform als technische Basis unabhängig. Besonders in der Oberklasse waren individuell gefertigte Karosserien kleiner Hersteller üblich.

Unterscheiden sich Fahrzeuge nur in Ausstattung und kleinen Gestaltungsmerkmalen wie dem Kühlergrill, dann sind sie baugleich (Badge-Engineering). Baugleiche Fahrzeuge werden auch häufig zeitlich versetzt als Lizenzproduktion gefertigt. Beispielsweise wurde der Opel Kadett E nach Auslaufen der Produktion als Daewoo Nexia weitergebaut, der Fiat Panda war als Seat Marbella erhältlich und viele alte Fiatmodelle wurden im Ostblock noch 20 Jahre weiterproduziert.

Damit verbunden ist eine stückkostengünstige Fertigung der Einzelteile. Ferner werden Entwicklungskosten eingespart. Nachteil ist bei Ausbleiben einer Komponente aus Gründen von Fertigungsproblemen, Streiks etc. ein Stillstand fast aller Bänder des jeweiligen Plattformmodells. Bei baugleichen Fahrzeugen findet nur eine Entwicklung statt, für den Austausch des Markenlogos sind keine zusätzlichen Crashtests notwendig.

Auch muss die technische Zuständigkeit bei der Konstruktion und Auslegung vollständig geklärt sein. Wird z. B. ein Blechteil ohne Absprache mit der technischen Entwicklung der anderen Konzernmarke geändert, so kann das negative Auswirkungen auf die planmäßige Fertigung eines Automobils haben.

Unterschiedliche Bauarten wie Schrägheck, Stufenheck oder Kombi nutzen auch die gleiche Plattform, die sich meist nur in der Länge unterscheidet. Zusätzlich ist hier meist auch die Karosserie bis zur B-Säule identisch.

Merkmale einer gemeinsamen Plattform

Plattformen werden häufig von verschiedenen Marken innerhalb eines Konzernverbunds genutzt. Wesentliche Merkmale einer gemeinsamen Plattform sind Fahrwerk und Antrieb.

Es gibt einen fließenden Übergang, in welchem Maß sich zwei oder mehr Autos gleichen oder auf gleiche Komponenten zurückgreifen. Typische Stufen sind:

  • Baugleichheit: Nur Markenlogo, Kühlergrill und ggf. Scheinwerfer sind unterschiedlich
  • Gleiche Plattform: Unterschiedliche Karosserien haben gleiche Fixationspunkte, so dass Radaufhängung, Motor, Getriebe etc. ausgetauscht werden können.

Beispiel VW Golf (4. Generation)

Beispielhaft für eine Plattformstrategie ist die der Volkswagen AG. Diese baute verschiedene Modelle auf einer gemeinsamen Plattform, die auf dem VW Golf der vierten Generation (in Deutschland zwischen 1997 und 2003 gebaut) basierte und u. a. auch für den VW Bora, VW New Beetle, Škoda Octavia, Seat Leon, Seat Toledo, Audi A3 und Audi TT benutzt wurde.

Die VW-interne Bezeichnung dieser Plattform lautet PQ34. Die Abkürzung bedeutet:

  • P = Plattform
  • Q = Einbaulage Motor, Q = Quer (von „links nach rechts“), L = Längs (von „vorne nach hinten“)
  • 3 = Fahrzeugtyp A-Klasse („Golfklasse“)
  • 4 = 4. Generation (vgl. Golf IV)

Analog sitzen aktuelle Projekte auf der Plattform PQ35 des Golf V. Der aktuelle Passat (Modelljahr 2005) baut auf der Plattform PQ46 auf, der Vorgänger war auf PL45 gebaut. Die anderen Bezeichnungen s.o.

Die Plattform beinhaltet beim VW-Konzern folgende Funktionsgruppen:

  • Aggregate (Motor, Getriebe nebst Lagerung)
  • Vorderachse
  • Lenkung und Lenksäule
  • Schaltung
  • Fußhebelwerk
  • Hinterachse
  • Bremsanlage
  • Kraftstoffbehälter
  • Abgasanlage
  • Räder (Größen)
  • Reifen
  • Vorderwagen (Längsträger, Radhäuser)
  • Stirnwand (inkl. Heizung und Klima)
  • Mittelboden (Boden vorn)
  • Hinterwagen (Boden hinten, Längsträger, Radhäuser innen)
  • Sitzgestelle
  • Verkabelung genannter Komponenten

Die restlichen Teile des Fahrzeuges werden in Hutteile und Systemteile unterteilt. Der Hut ist dann unter anderem die Rohkarosse, die sich erheblich unterscheiden kann (vergleiche VW Golf V und Seat Altea). Systemteile sind eigentlich Gleichteile (COP = Carry Over Parts), die übernommen, aber der jeweiligen Konzern-Marke angepasst werden. Beispiele: Radzierblende oder das Airbagmodul im Lenkrad, völlig gleich, nur anderes Markensymbol. Dies kann zu Produktionsproblemen führen, wie in der Anfangszeit der Plattform des VW Sharan / Seat Alhambra / Ford Galaxy, als Systemteile in die falschen Fahrzeuge verbaut wurden.

Kraftfahrzeuge mit gemeinsamer Plattform

Plattformen innerhalb eines Automobilkonzerns oder eines Gemeinschaftsunternehmens, das oft hierzu zur Kostensparung gegründet wird. Unterschiedliche Bauarten werden nur aufgeführt, sofern sie einen anderen Markennamen tragen.

PKW

DaimlerChrysler

DaimlerChrysler/Mitsubishi

Fiat

Fiat/PSA

Fiat/Ford

Ford

Siehe auch

GM

GM/Fiat

Lancia/Saab

Porsche

PSA

PSA und Toyota

Renault/Nissan

Volkswagen, Audi, Seat, Škoda, Bentley

Volkswagen, Audi und Porsche

Vans

GM

Volkswagen und Ford

Kastenwagen und Nutzfahrzeuge

DaimlerChrysler/Volkswagen

Fiat und PSA

PSA

Renault/Nissan und GM

Einzelnachweise

  1. Novo Gol - Mudanças para continuar na liderança

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