- Entwürfe für die Kfz-Kennzeichen in Deutschland
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Die Entwürfe für die Kfz-Kennzeichen in Deutschland waren begleitet von einem kontroversen Entscheidungsprozess. Das nach dem Zweiten Weltkrieg angestrebte Finden eines neuen Systems für die Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland gestaltete sich schwierig. Der Vergabeprozess wird in der folgenden Liste dargestellt.
Erster Entwurf 1950
In einem ersten Entwurf bekamen im Jahr 1950 die größeren Zulassungsstellen einen oder zwei Buchstaben als Unterscheidungszeichen zugewiesen. Für die kleineren Verwaltungseinheiten waren dreibuchstabige Unterscheidungszeichen vorgesehen. Dem oder den Unterscheidungsbuchstaben sollte eine mehrstellige Zahl vorangestellt werden oder folgen. Auch für die damaligen kreisfreien Städte und Kreise in der DDR wurden Unterscheidungszeichen festgelegt. Da man davon ausging, dass auch die unter polnischer und sowjetischer Verwaltung stehenden ehemaligen preußischen kreisfreien Städte und Kreise wieder zu Deutschland gehören würden, teilte man auch diesen Verwaltungsbezirken Unterscheidungszeichen zu (siehe Ostzonenverzeichnis).
Überarbeitungen des Systems ab 1951
Die den Verwaltungseinheiten zugedachten Buchstaben änderten sich mehrfach. Schließlich wurde entschieden, dass das Unterscheidungszeichen aus einem bis drei Buchstaben besteht, dem ein oder zwei Buchstaben und anschließend eine bis zu vierstellige Zahl folgen.
Einführung des neuen Systems 1956
Als nach dem Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 die Hoffnung auf eine baldige Wiedervereinigung begraben wurde, aber immerhin 1954 die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich den Termin der Saarabstimmung auf den 23. Oktober 1955 festlegten - als dessen Folge das Saarland zum 1. Januar 1957 ein vollwertiges Bundesland der Bundesrepublik wurde - entschloss man sich aus dieser Rechtssicherheit heraus (sog. "Kleine Wiedervereinigung") für die Verwaltungsgebiete in der Bundesrepublik Deutschland die vorgesehenen Kennzeichen nun ab dem 1. Juli 1956 auszugeben. Da ohnehin damit gerechnet wurde, dass die reale Umsetzung mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen würde, konnten ab dem 1. Januar 1957 die neuen Kennzeichen auch im Saarland als die Alleingültigen vergeben werden.
In der Liste werden zwei Vorschläge von 1950 und Ende 1951 sowie die tatsächliche Kennzeichenvergabe 1956 dokumentiert.
Synopse der Kennzeichenvorschläge für Westdeutschland
Die folgende Liste zeigt die vorgesehenen Kraftfahrzeugkennzeichen nach den Entwürfen von 1950 und 1951 sowie die 1956 tatsächlich zugewiesenen Abkürzungen. Gebiete, für die sich der Vorschlag veränderte, sind farbig hinterlegt.
Einzelheiten des 1956 eingeführten Systems
Ausgewählte Unterscheidungszeichen
Buchstaben in beiden Listen aus der zweiten Liste aus der ersten Liste in keiner Liste A 19 - - - B 28 9 1 3 C 9 2 - - D 13 6 1 1 E 13 5 2 - F 15 - - 3 G 15 10 - 2 H 23 11 - 1 I 4 - - - J 2 - - - K 16 9 - - L 15 8 1 1 M 20 10 1 2 N 14 9 1 - O 10 3 1 2 P 9 3 - - R 14 8 - 1 S 18 11 - 11 T 6 3 - 1 U 5 1 - - V 3 4 1 1 W 16 18 5 1 Z 1 2 - - zusammen 288 132 14 30 Anmerkungen
Von den 463 im Jahr 1950 ausgesuchten Unterscheidungszeichen wurden 1956 insgesamt 298 den betroffenen Gebietskörperschaften zugewiesen. In 163 Fällen wurde ein anderes Unterscheidungszeichen zugeteilt, bei zwei für jeweils eine Stadt plus einen Landkreis vorgesehenen Kennzeichen wurden diesen verschiedene Kennzeichen zugeteilt. Zwei Kennzeichen (LEV und WOB) wurden den nach 1950 neu entstandenen Gebietskörperschaften zugewiesen.
Die folgenden Unterscheidungszeichen stießen aus verschiedenen Gründen auf Widerstand und konnten deshalb nicht zugeteilt werden:
- KZ war für den Stadt- und den Landkreis Konstanz vorgesehen. Dieses Kürzel für „Konzentrationslager“ wird heutzutage nicht in Erkennungsnummern verwendet, siehe auch Kfz-Kennzeichen (Deutschland).
- WC war für den Landkreis Wittlich vorgesehen. Als gebräuchliche Abkürzung für die Toilette stieß dies bei den Bewohnern dieses Landkreises nicht auf Verständnis.
Der Fall Stade
Wegen der Abkürzung SD für den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS war der Landkreis Stade nicht bereit, dieses Unterscheidungszeichen zu akzeptieren. So vergab man ab dem 1. Juli 1956 widerrechtlich das Unterscheidungszeichen ST, bis kurzfristig entschieden wurde, dass der Landkreis STD für die Kennzeichen der in seinem Bezirk zugelassenen Fahrzeuge verwendet. Diese Kombination war allerdings für den Landkreis Stendal vorgesehen, der deshalb 1991 auf die Kennung SDL ausweichen musste. Dies war schon früh der erste Fall, dass ein Unterscheidungszeichen, das für einen Landkreis in der damaligen DDR vorgesehen war, für einen Landkreis in der damaligen Bundesrepublik vergeben wurde.
Eine kreisfreie Stadt und ein Landkreis, die es beide nicht mehr gab
Die Stadt Neustadt an der Weinstraße hieß früher Neustadt an der Haardt. Im Jahre 1936 erfolgte die erste Umbenennung. Allerdings wurde die Stadt 1945 wieder in Neustadt an der Haardt umbenannt. Schließlich fand 1950 die letzte Umbenennung statt. Seitdem hat die Stadt ihren heutigen Namen Neustadt an der Weinstraße. Der Landkreis führte diese Namensänderungen zeitgleich durch.
Als die ersten Vorschläge für die Unterscheidungszeichen im Rahmen der Einführung eines neuen Kennzeichensystems gemacht wurden, hießen die Stadt und der Landkreis Neustadt an der Haardt. Somit behielt man dieses ausgewählte Kürzel bei und wies es den seit sechs Jahren in Neustadt an der Weinstraße umbenannten Gebietskörperschaften zu, was natürlich im betroffenen Gebiet zu Unmut führte. Die Änderung konnte jedoch nicht so einfach vonstatten gehen.
Man kam auf die Idee, möglichst schnell statt des NH nun NW als Unterscheidungszeichen festzulegen. Mit dem Kennzeichen NW waren jedoch schon die ersten Fahrzeuge im Landkreis Neuwied zugelassen. Somit musste dieser ein neues Unterscheidungszeichen erhalten, nämlich NR (für Neuwied am Rhein, obwohl der Flussname kein Namensbestandteil der Stadt oder des Landkreises war und ist).
Cloppenburg, Wittlich
Mehrfach ist zu hören, bei der Einführung der Unterscheidungszeichen hätte der Landkreis Cloppenburg die Kennung CLO erhalten sollen. Erst nach heftiger Gegenwehr sei es den Politikern damals gelungen, diese Ungemach von den Autobesitzern im Landkreis abzuwenden. Als Unterscheidungszeichen sei nun CLP festgelegt worden. Die obige Liste widerspricht dieser Geschichte. Wahr ist allerdings, dass der Landkreis Wittlich WC als Kennung erhalten sollte und sich erfolgreich dagegen gewehrt hat.
Erweiterung des Systems auf das Saarland 1957
Als am 1. Januar 1957 das Saarland der Bundesrepublik Deutschland beitrat, erhielten die Stadt und der Landkreis Saarbrücken das Unterscheidungszeichen SB. Weitere Unterscheidungszeichen waren HOM für den Landkreis Homburg, IGB für den Landkreis Sankt Ingbert, OTW für den Landkreis Ottweiler, SLS für den Landkreis Saarlouis und WND für den Landkreis Sankt Wendel.
Möglicherweise gab es in den Jahren 1950 und 1951 noch keine Überlegungen für eine Zuteilung von Unterscheidungszeichen an die Stadt Saarbrücken und die sechs Landkreise.
Erweiterung des Systems auf die neuen Bundesländer 1991
Nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 war ein System der Kraftfahrzeugkennzeichen für das vereinte Deutschland zu finden. Im Gegensatz zum System der Postleitzahlen, wo die bisherigen vierstelligen west- und ostdeutschen Systeme 1993 von einem völlig neuen, gesamtdeutschen fünfstelligen System abgelöst wurden, entschied man sich bei den Kfz-Kennzeichen dazu, das 1956 in Westdeutschland eingeführte System beizubehalten und auf die neuen Bundesländer auszudehnen.
Neben der allgemeinen Tatsache, dass die Wiedervereinigung keine Fusion gleichberechtigter Partner, sondern ein Beitritt der DDR zur Bundesrepublik war, spielten für diese Entscheidung auch sachliche Gründe eine Rolle:
- Das westdeutsche System bezog sich auf kleinere geografische Einheiten als das ostdeutsche System. Im Westen waren die Landkreise und kreisfreien Städte die Zulassungsbehörden, das Kennzeichen erlaubte dadurch eine recht genaue geographische Zuordnung eines Fahrzeugs. In der DDR war auf den Kennzeichen nur der (räumlich wesentlich größere) Bezirk zu erkennen, was die lokale Zuordnung eines Fahrzeugs unmöglich machte.
- Die Kfz-Kennzeichen in Westdeutschland spielten eine – für amtliche Zulassungsgenehmigungen eher überraschend – bedeutende identitätsstiftende Rolle für die Bindung der Bürger an ihre Region. Diese von erheblichem Lokalpatriotismus geprägte Identifikation mit der Kennzeichenabkürzung spielte bereits bei den Gebietsreformen der 1970er Jahre eine große Rolle, wo bei der Zusammenlegung mehrerer Landkreise eifersüchtig darauf geachtet wurde, welcher Altkreis sein Kennzeichen für den neuen Großkreis durchsetzen konnte. In manchen Fällen diente die Weiterverwendung des Kennzeichens des einen Altkreises sogar als „Entschädigung“ für die Wahl der Kreisstadt des anderen Fusionspartners als Sitz der neuen Kreisverwaltung.[1] Die DDR-Kennzeichen waren auch in ihrer Buchstabenwahl weniger zur regionalen Identifikation geeignet, da sie sich nicht auf die Namen der Bezirke bezogen, sondern alphabetisch von Nord nach Süd durchnummeriert waren.
Nach der Entscheidung zur Ausdehnung des westdeutschen Systems mussten für die ostdeutschen Kreise und Städte neue Abkürzungen gefunden werden. Dabei wurden auch die bis 1953 für Ostdeutschland und die Ostgebiete erarbeiteten Pläne für eine Kennzeichenvergabe (Ostzonenverzeichnis) berücksichtigt.
Die letztlich für die Verwaltungsgebiete in den neuen Ländern festgelegten Kennzeichen wurden ab dem 1. Januar 1991 ausgegeben.
Synopse der Kennzeichenvorschläge für Ostdeutschland
Die folgende Liste zeigt die im Ostzonenverzeichnis vorgesehene Abkürzung, die Vorschläge vom Mai und Juli 1990 sowie die 1991 tatsächlich ausgegebenen Abkürzungen. Veränderungen in den Vorschlägen für einzelne Gebiete sind orange hinterlegt.
Einzelheiten der Erweiterung von 1991
Ausgewählte Unterscheidungszeichen
Buchstaben aus allen Listen aus der zweiten und dritten Liste aus der dritten Liste aus der zweiten Liste aus der ersten Liste in keiner Liste A 3 6 2 - - - B 2 9 1 - - - C 1 1 1 - - - D 1 6 - - - - E 1 5 - - - 1 F 1 7 - - - - G 1 16 - - - 1 H 3 8 5 - - 1 I - 1 - - - - J - 3 - - - - K 1 4 - - - 1 L 4 6 - - - - M 3 2 1 - - 1 N 2 6 (1) - (1) - O - 3 - - - 2 P 2 6 (1) - (1) - Q - - - - - 2 R 2 5 1 1 - - S 6 17 2 1 1 - T - 2 - - - 1 U - - 1 - - - W 5 8 - 1 - - Z - 6 - - - 1 zusammen 38 127 15 3 2 11 Anmerkung: Bei den Anfangsbuchstaben N und P gibt es zusammen zwei Unterscheidungszeichen - nämlich NDH und PCH -, die in der ersten und der dritten Liste stehen. Bei der Gesamtzahl wurde jeweils nur eines der beiden Unterscheidungszeichen berücksichtigt, um Doppeltzählungen zu vermeiden.
Anmerkungen
Von den 1953 ausgesuchten Unterscheidungszeichen wurden 1991 insgesamt 40 den betroffenen Gebietskörperschaften zugewiesen. In 156 Fällen wurde ein anderes Unterscheidungszeichen zugeteilt.
In den folgenden Fällen musste ein anderes Unterscheidungszeichen zugewiesen werden, da das ausgesuchte Zeichen bereits vergeben war:
- AS war für den Landkreis Arnstadt vorgesehen und wurde am 12. Februar 1979 dem Landkreis Amberg-Sulzbach zugewiesen.
- EI war für den Landkreis Eisenach vorgesehen und wurde am 12. Februar 1979 dem Landkreis Eichstätt zugewiesen.
- GT war für den Landkreis Gotha vorgesehen und wurde am 1. Januar 1973 dem Kreis Gütersloh zugewiesen.
- HS war für den Stadtkreis Halle (Saale) und den Saalkreis vorgesehen und wurde am 1. Januar 1972 dem Kreis Heinsberg zugewiesen.
- L war für den Stadt- und Landkreis Leipzig vorgesehen und wurde am 1. Januar 1977 der kreisfreien Stadt Lahn und dem Lahn-Dill-Kreis zugewiesen. Dennoch konnten der Stadt- und der Landkreis Leipzig das Unterscheidungszeichen nutzen, da der Lahn-Dill-Kreis das L freigab und die Kennung LDK erhielt. Das Unterscheidungszeichen L für die Stadt Lahn existierte bereits seit dem 15. Januar 1980 nicht mehr.
- STD war für den Landkreis Stendal vorgesehen, wurde aber bereits am 1. August 1956 dem Landkreis Stade zugewiesen.
Die folgenden Unterscheidungszeichen verstießen aus den verschiedensten Gründen gegen den guten Geschmack und konnten deshalb nicht zugeteilt werden:
- APO war für den Landkreis Apolda vorgesehen. Es verwies auf die außerparlamentarische Opposition.
- NS war für den Landkreis Neustrelitz vorgesehen. Es erinnert an den Nationalsozialismus.
- ZK war für den Stadt- und den Landkreis Zwickau vorgesehen. Es bedeutet auch Zentralkomitee.
Von der Liste aus dem Juli 1990 wurden nur noch wenige Unterscheidungszeichen geändert:
- Statt des EDL und des FUR erhielten die Landkreise Quedlinburg und Querfurt die Unterscheidungszeichen mit einem führenden Q, nämlich QLB und QFT.
- Statt des ESN erhielt der Landkreis Eisenach das Unterscheidungszeichen ESA wegen der damals gültigen Silbentrennung Ei-sen-ach.
- Statt des GRN erhielt der Landkreis Gransee das Unterscheidungszeichen GRS.
- Statt des GW erhielt die Hansestadt Greifswald wie die anderen Hansestädte das Unterscheidungszeichen mit dem führenden H, also HGW.
- Statt des HAL für den Stadtkreis Halle (Saale) erhielt der Saalkreis das eigene Unterscheidungszeichen SK, das auch schon vorher einmal für den Saalkreis vorgesehen war.
- Statt des HRO und des HWI erhielten die Landkreise Rostock und Wismar die Unterscheidungszeichen ROS und WIS.
- Statt des KLT und des OLS erhielten die Landkreise Klingenthal und Oelsnitz das gemeinsame Unterscheidungszeichen OVL für Obervogtland.
- Statt des OST erhielt der Landkreis Osterburg nach Protesten von Seiten seiner Bürger das Unterscheidungszeichen OBG.
- Statt des SHS erhielt der Landkreis Sangerhausen das schon 1953 vorgesehene Unterscheidungszeichen SGH.
- Statt des TW erhielt der Landkreis Teterow das Unterscheidungszeichen TET.
- Statt des ZU erhielten der Stadt- und der Landkreis Zwickau das einbuchstabige Unterscheidungszeichen Z.
Literatur
- Andreas Herzfeld: Die Geschichte der deutschen Kfz-Kennzeichen. 4. Auflage. Deutsche Gesellschaft für Flaggenkunde, 2010, ISBN 978-3-935131-11-7.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ So vergibt etwa der hessische Rheingau-Taunus-Kreis bis heute das Kennzeichen „RÜD“ (für Rüdesheim) des ehemaligen Rheingaukreises, obwohl die Kreisstadt Bad Schwalbach des ehemaligen Untertaunuskreises als Verwaltungssitz für den neugebildeten Kreis gewählt wurde.
Kategorie:- Straßenverkehr (Deutschland)
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